Echte Vielfalt

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Die WorldPride ist ein riesiges LGBTQIA+ Festival. Das erste Mal wurde sie im Jahr 2000 in Rom organisiert und findet seitdem in unregelmäßigen Abständen statt - außerhalb von Europa bis jetzt nur 2019 in New York.

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Die WorldPride wird grundsätzlich unter den Mitgliedern der Dach-NGO InterPride ausgeschrieben und von dieser lizenziert. Bei InterPride handelt es sich um ein Netzwerk von 400 Organisationen aus mehr als 70 Ländern, das global bei der Koordination von Prides unterstützt.

Mit Sydney wird 2023 zum ersten Mal eine Stadt der südlichen Hemisphäre ausgewählt, heißt es auf der offiziellen WorldPride Webseite. Daher findet das Festival auch nicht wie sonst im Juni, sondern bereits vom 17. Februar bis zum 5. März 2023 statt.

„Der Sydney WorldPride umfasst alle beliebten Veranstaltungen des schwul-lesbischen Karnevals in Sydney sowie ein breit gefächertes Festivalangebot in den Bereichen Kunst, Sport, Theater, Konzerte, Partys, Programme für die Ureinwohner und eine Menschenrechtskonferenz.“

Auch ohne die Veranstaltung der WorldPride ist Sydney für seinen „Schwulen und Lesben Karneval“ bekannt. Ungeachtet des irreführenden Namens handelt es sich beim „Gay and Lesbian Mardi Gras“ (SGLMG) um eine gemeinnützige, mitgliederbasierte LGBTQIA+ Organisation, die neben dem Karneval auch verschiedene andere Veranstaltungen und unterstützende Initiativen im Laufe des Jahres organisiert.  Somit mag die WorldPride zwar von Februar bis März stattfinden, die Veranstaltungen rundherum beginnen allerdings bereits im Januar. Wer Interesse hat, vielleicht auch nur als Inspiration, findet im Anschluss an diesen Artikel eine Liste aller Veranstaltungen im Zuge der WorldPride 2023.

Neben vielen künstlerischen Veranstaltungen wird zudem vom 1. bis 3. März eine Menschenrechtskonferenz stattfinden. Das Programm der Konferenz beinhaltet neben Vorträgen von über 60 lokalen und internationalen Redner*innen auch Podiumsdiskussionen und interaktive Workshops.

„Mitglieder der LGBTQIA+-Gemeinschaft aus der ganzen Welt werden zusammenkommen, um die großen Themen anzugehen, mit denen die LGBTQIA+-Gemeinschaft konfrontiert ist, und die Fähigkeiten und Netzwerke zu entwickeln, die einen positiven Wandel bewirken.“, heißt es auf der Seite der Veranstalter*innen. Mit Ticketpreisen von 147 australischen Dollar, also umgerechnet ca. 95€ ist die Konferenz allerdings nicht unbedingt als niedrigschwellig anzusehen.

Die Möglichkeit einer digitalen Teilnahme ist auf der Webseite leider nicht ersichtlich. Gerade in den letzten Jahren ist es allerdings üblich geworden, Podiumsdiskussionen und Vorträge zu streamen und bei YouTube hochzuladen.
Würden die Veranstaltenden hinter diesen Standard zurückfallen, wäre das nicht nur schade, sondern würde auch dem Anspruch, „einen positiven Wandel" bewirken zu wollen, kaum gerecht werden.

Link zur Webseite der WorldPride 2023 und direkt zu den Veranstaltungen

Link zur Webseite der Sydney WorldPride Menschenrechtskonferenz

Link zum Gay and Lesbian Mardi Gras

Link zur Dachorganisation InterPride

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Heute, am 23.09.2022, ist der Internationale Tag der Bisexualität. Was steckt dahinter? Der seit 1999 gefeierte Tag wurde von den US-amerikanischen Bürgerrechtler*innen Wendy Curry, Michael Page und Gigi Raven Wilbur ins Leben gerufen und bedeutet für viele Menschen, die sich als Bi+ verstehen, Sichtbarwerden und Aufklären.

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Nach Aussagen des Magazins L‑mag, der Gruppe Bi+Pride und des Bundesverbands Bi+ (BiNe) sind Bisexuelle selbst innerhalb der LSBTIQ* Szene immer wieder mit Unwissenheit, Ignoranz oder gar Mobbing konfrontiert. Das Problem sieht BiNe u.a. in einem „Dazwischen“:

„Knutschen zwei Frauen auf der Straße, denken alle, es wären Lesben. Knutschen zwei Männer, heißt es: schwul. Bei einem gemischten Pärchen: heterosexuell. Aber alle sechs könnten auch bisexuell sein“.

Es geht also darum, dass Bisexualität sich gerade dadurch auszeichnet, dass Menschen sich zwischen zwei oder mehreren für sie sexuell attraktiven Polen bewegen. BiNe schreibt, dass sich gerade bei jungen Menschen über ein Drittel nicht als völlig heterosexuell einordnet, ohne dass sich aber alle von ihnen als Bi+ verstehen. Gleichzeitig finden sich diese Personen seltener durch die LSBTIQ* Community repräsentiert. Um hierauf aufmerksam zu machen, veranstaltet die Gruppe Bi+Pride am 23.09. deutschlandweit eine Reihe von Flaggenhissungen (u. a. in Flensburg, Kiel, Pinneberg und Reinbek) und weitere Veranstaltungen. Gegenüber dem Magazin L-mag äußerte sich eine der Organisator*innen:

„Weil ich anscheinend eher heterosexuell gelesen werde, wird immer wieder erwartet, dass ich meine Sexualität irgendwie beweise.“

Man kann also selbst innerhalb des großen Sammelbegriffes der LSBTIQ* Szene immer noch zwischen den Stühlen stehen – egal wie weit „wir*“ als Gesellschaft schon gekommen oder gerade, weil „wir*“ schon so weit gekommen sind. So bleibt es wichtig, auch innerhalb der Szene kritisch nach blinden Flecken zu fragen und zu schauen, welche Person sich evtl. nicht artikulieren kann, weil sie sich keiner der repräsentierten Gruppen zugehörig fühlt.

Zugehörigkeit und Solidarität bleiben also weiterhin zentrale Themen. Der Tag der Bisexualität weist darauf hin, dass Unwissenheit und Ignoranz in jeder Position existieren können. Trotzdem sollte es ein Anlass sein, der nicht nur in der „Mahnung“ verharrt. Wer Interesse hat, schaut sich die Veranstaltungen an und kommt ins Gespräch.

Die „Bi Flag“ übrigens wurde bereits 1988 von Michael Page kreiert. Der pinke Streifen bedeutet dabei gleichgeschlechtliche Liebe, der blaue die Liebe zu einem anderen Geschlecht. Der violette Streifen in der Mitte zeigt die Liebe zu einem Menschen generell.

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Am Samstag, 17.09.2022, fand in Belgrad die EuroPride statt. Im Vorfeld hatten Rechtsradikale und Ultra-Konservative, gestützt durch die serbisch-orthodoxe Kirche und Teile der Regierung, massiv gegen die Veranstaltung aufgerufen. Der Gipfel war das Präsidial-Verbot.

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Die Veranstalter*innen legten daraufhin Widerspruch ein, jedoch ließ das Innenministerium das Verbot bestehen. Es bestünden Sicherheitsbedenken aufgrund rechtsextremer Gegendemonstrationen, zitiert die ZEIT. Obwohl auch die Gegendemonstrationen verboten waren, kündigten einige der Gruppen an, sich nicht daran zu halten, so der Bericht weiter.

Und doch fand am vergangenen Samstag eine – wenn auch verkürzte – Pride-Parade statt. Ana Brnabić, serbische Premierministerin, hatte nach Angaben von EPOA am Freitag die Veranstaltung bestätigt und ihre Sicherheit garantiert. Zu diesem Zweck waren zwischen 5.200 und 6.000 Polizist*innen im Einsatz gegenüber einer Teilnehmer*innenzahl von „an die Tausend“ nach Angaben des Spiegel u. a. Medien und bis zu 7.000 Teilnehmer*innen nach Angaben der Veranstalter*innen. Das Innenministerium sprach im Nachgang dennoch davon, dass das Verbot der EuroPride durchgesetzt worden sei. Es habe sich bei dem polizeilichen Einsatz lediglich um die „Eskorte der Menschen zu einem Konzert“ gehandelt, so die ZEIT weiter.

Während die EuroPride wohl auch wegen des großen Polizeiaufgebots sicher verlief, kam es am Rande zu Zusammenstößen. Der „Freitag“ und die „Friedrich Neumann Stiftung“ berichten, dass nach offiziellen Angaben 64 Personen festgenommen und 13 Polizist*innen verletzt wurden. Unter den Opfern der Zusammenstöße befanden sich u. a. auch deutsche Journalist*innen. Der Vorfall ereignete sich auf dem Rückweg ins Hotel, so der Tagesspiegel, dessen Journalistin Nadine Lange betroffen war.

Dennoch wird die EuroPride von den EPOA als Erfolg gewertet. Hält man sich den internationalen und europäischen Druck vor Augen, wie auch die Teilnahme von Politiker*innen wie die des Queerbeauftragten der deutschen Bundesregierung, so zeigt sich, dass zivile und politische Mechanismen auch in Serbien noch wirken, obwohl sich die Regierung in letzter Zeit sehr nach rechts und zum ultrakonservativen Lager orientiert hatte.

Gerade vor diesem Hintergrund bleibt allerdings offen, ob der Polizeischutz auch gewährleistet gewesen wäre, wenn sich keine internationalen Stimmen gegen Serbiens Regierung gerichtet und keine Vertreter*innen ausländischer Institutionen an der Parade teilgenommen hätten.

Es ist ein ziviler Erfolg, der umso stärker wiegt, bedenkt man, dass im Vorfeld vonseiten der Gegner*innen sogar Waffengewalt ins Spiel gebracht wurde. Gleichzeitig wird klar, dass ein solcher Erfolg ein Zusammenspiel zwischen den gesellschaftlichen Akteur*innen erfordert. Demonstrationen und Veranstaltungen wie die EuroPride sind ein wichtiger Ausdruck, brauchen aber den Rückhalt der (inter-)nationalen Gemeinschaft, der hier deutlich wahrzunehmen war.

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Der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučić untersagte den für den 12. bis 18. September geplanten EuroPride in Serbiens Hauptstadt Belgrad. Wie die taz am 28. August berichtete, waren im Vorfeld diverse homophobe und menschenverachtende Petitionen eingegangen. Der Kurs von Vučić und seiner Fortschrittspartei (SNS) ist dabei klar auf die Vergangenheit und national-konservative Strömungen des Landes gerichtet. Die Veranstaltenden (EPOA – European Pride Organiser Association) reagierten prompt auf das Verbot.

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Auf epoa.eu heißt es dazu:

“Neither the hosts of EuroPride 2022, Belgrade Pride, nor us as the licensor will cancel EuroPride in Belgrade.”

Der Verband beruft sich dabei auf Artikel 11 (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit), 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) und 14 (Diskriminierungsverbot) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Serbien ist zwar noch kein Mitglied der EU, aber seit 2003 Teil des Europarates und hat daher die EMRK ebenfalls unterzeichnet. So wichtig es ist, dass die Veranstaltenden nicht einfach nachgeben, sondern ihre Rechte und damit auch die darin verankerten Werte verteidigen, so sicher ist auch, dass sich der Diskurs nicht mit einem Rechtsstreit bereinigen lassen wird. Die „Neue Züricher Zeitung“ bemerkt:

„Wohl auch um national-konservative Kreise angesichts [des] vermeintlichen Tabubruchs [im Grenzstreit mit dem Kosovo] zu besänftigen, kündigte Vučić praktisch gleichzeitig an, den […] EuroPride nicht zum geplanten Zeitpunkt im September durchführen zu lassen.“

Neben politischem Kalkül spielt jedoch auch die christliche Ideologie des Landes eine ausschlaggebende Rolle. Gerade die Gruppe der serbisch-orthodoxen Christ*innen feierte das Pride-Verbot von Vučić. Bischof Nikanor Bogunović hatte bereits im Vorfeld die Diskussion in den Sozialen-Medien mitgeprägt und war zuletzt mit seiner Aussage: „Wenn ich eine Waffe hätte, ich würde sie benutzen!“ aufgefallen, wie das Portal freiheit.org zitiert.

Allen Widrigkeiten zum Trotz hält EPOA an der Durchführung der Veranstaltung fest. Aktuelle Informationen zum EuroPride 2022 unter https://www.europride2022.com/

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