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Schon seit Mai 2021 gilt im „Karolinska-Universitätskrankenhaus“ in Stockholm eine neue Leitlinie zur Therapie von Minderjährigen mit sogenannter Geschlechtsdysphorie. Demnach dürfen keine Medikamente zur Unterdrückung der Pubertät oder für gegengeschlechtliche Hormonbehandlungen bei Patient*innen unter 18 Jahren mehr verschrieben werden.

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Wie das Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) dazu auf seiner Webseite schreibt, warne das Krankenhaus vor potenziellen „irreversible[n] negative[n] Folgen“. Gleichzeitig distanziert es sich damit vom „Dutch Protocol“, das als international propagierte Leitlinie gilt, dessen Grundlage, so IMABE, jedoch lediglich eine einzige Studie bei 55 Jugendlichen bilde. Während die Studie Medikamententherapien ab zwölf bzw. bei Mädchen schon ab acht Jahren empfiehlt, werden auch andernorts Äußerungen vernehmbar, dass diese Studie nicht ausreichend sei. Auch die Washington Post berichtete über die unzureichende Datenlage.

Während die eine Seite auf die unerforschten Nebenwirkungen verweist, wird von der anderen Seite der Vorwurf von Verzögerungen bei nötigen Behandlungen geäußert. Laut Florence Ashley von der McGill University in Kanada in einem Artikel von 2019 begründe gerade der Umstand, dass die Identitätsfindung ein Prozess sei, die Gewährung von Pubertätsblockern als Standard. Stattdessen solle der Nichteinsatz begründungspflichtig sein. Pubertätsblocker und Hormontherapien würden den Zwang verhindern, eine bestimmte Identität einzunehmen, der durch eine Verzögerung der Transitionen jedoch erst verursacht würde, so Florence.

Anders als beim Selbstbestimmungsgesetz, das „ausschließlich die Änderungsmöglichkeit des Geschlechtseintrags und der Vornamen im Personenstandsregister“ betrifft, geht es bei einer medizinischen Transition aber eben nicht nur um eine Selbstdefinition, sondern um chemische bzw. chirurgische Eingriffe in den Körper. Wie wir bereits in einem früheren Artikel zur Detransition geschrieben haben, ist dabei das Ausmaß des Eingriffs ebenso ein Thema wie die Anmerkung, dass sich gerade junge Menschen - unabhängig davon, ob eine Geschlechtsdysphorie besteht oder nicht - in einer Selbstfindungsphase befinden und sich mit sich selbst und ihrer Beziehung zur sozialen Umwelt auseinandersetzen.

Doch würde eine pauschale Hormonbehandlung genauso wie eine pauschale Nichtbehandlung eine Norm schaffen, die sehr wahrscheinlich auch solche Menschen trifft, für die das eine oder andere ein medizinischer Übergriff bzw. eine Unterlassung bedeutete.

Gerade Jugendliche, die an einer Geschlechtsdysphorie leiden, benötigten hier einen interdisziplinären Ansatz, so die Washington Post weiter. Ärzt*innen sind aber - ebenso wie Aktivist*innen - keine Universalgelehrten. Beide benötigen die Einschätzung ihrer Kolleg*innen bzw. anderer Fachgruppen und Institutionen aus verschiedenen Feldern, wie zum Beispiel der Psychologie oder Pädagogik und Sozialen Arbeit. Wie jedoch der Artikel hervorhebt, haben viele Kliniken in den USA ein massives Personalproblem, gerade in Bezug auf Fachkräfte der Sozialen Arbeit.

Hier geht es eben nicht nur um die Fragen „Was ist Identität und wie entsteht sie?“, sondern auch darum, diese Identität „herzustellen“. Das Problem dabei entsteht, wenn einzelne Gruppen versuchen, hierauf eine abschließende und allgemeingültige Antwort zu finden.

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In den Jahren 2017 bis 2020 gab es in Niedersachsen insgesamt 289 Operationen an den Genitalien von Kindern unter 10 Jahren. Das ergab eine kleine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg und Meta Janssen-Kucz (beide Bündnis 90/Die Grünen) im September dieses Jahres.

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Hierbei handelt es sich zumeist nicht um Operationen im Rahmen einer selbstbestimmten Geschlechtsangleichung aufgrund einer Geschlechtsdysphorie, sondern um die chirurgische Anpassung an eine heteronormative Erwartungshaltung von Eltern und/oder Ärzt*innen, so das Queere Netzwerk Niedersachsen (QNN) in seinem Artikel zu diesem Thema.

Wie QNN weiter berichtet, dauert der Streit zwischen „intergeschlechtlichen Selbstorganisationen“ und Mediziner*innen sowie Eltern darüber, wie ein „normales“ Geschlecht auszusehen habe, bereits Jahrzehnte an. Das Problem ist, dass diese kosmetischen Eingriffe zum einen medizinische Spätfolgen haben können (z. B. beeinträchtigte Orgasmusfähigkeit) und zum anderen jede Fehleinschätzung bei der vermeintlichen Zuordnung zu entsprechenden Problemen führen kann. In den seltensten Fällen geht es dabei um medizinisch akute Eingriffe. QNN schreibt:

„Im Mai 2022 trat deshalb das ‚Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung‘ in Kraft: „Im Wesentlichen begrenzt das neue Gesetz die Personensorge von Eltern intergeschlechtlich geborener Kinder, in dem es klar formuliert, dass die Personensorge nicht das Recht umfasst, in die Behandlung nicht einwilligungsfähiger Kinder mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung einzuwilligen oder diese selber durchzuführen […], wenn dies allein in der Absicht erfolgt, das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das des männlichen oder weiblichen Geschlechts anzupassen (vgl. §1631e Abs. 1 BGB).“

Aber Vorsicht vor einer Fehleinschätzung. Sowohl bei früheren als auch beim aktuellen Gesetz liegt in dessen Auslegung ein hoher Interpretationsspielraum, sodass das Gesetz eine Hürde, aber kein Hindernis bedeutet. Auch der nun notwendige Beschluss des Familiengerichts erzeugt lediglich eine zusätzliche Kontrollinstanz, die ebenso interpretieren muss wie alle anderen. Zudem würde, selbst wenn ab sofort keine chirurgischen Eingriffe mehr durchgeführt würden, das Problem nur verlagert. Kinder und junge Erwachsene sind zeit ihres Lebens mit Normvorstellungen und Erwartungshaltungen konfrontiert. Die Belastung, die ein entsprechendes Missverhältnis zwischen dem Selbst, dem eigenen Körper und den externen Normen bedeuten kann, ist bereits aus der Debatte zum „Selbstbestimmungsgesetz“ bekannt. Ebenso wie dort besteht auch hier das Problem, dass gerade junge Menschen (unabhängig von einer formalen Volljährigkeit) nicht automatisch in allem sofort Mündigkeit erlangen. Wie die Notwendigkeit des Gesetzes zeigt, gilt dies nicht einmal für Erwachsene im Allgemeinen.

Wenn also der „Intergeschlechtliche Menschen Landesverband Niedersachsen e.V." und das „Queere Netzwerk Niedersachsen" neben einer konsequenten Evaluierung und Weiterentwicklung des Gesetzes intergeschlechtliche Selbsthilfe sowie Schulungen für Institutionen und medizinisches Personal fordern, trifft gerade letztere Maßnahme den Kern. Unsicherheiten, Unwissen und normative Überzeugungen, die auf die Entscheidungen von Eltern, Ärzt*innen, aber auch Kinder und später junge Erwachsene wirken, haben wenig mit einer spontanen Mündigkeit zu tun als vielmehr mit dem Bedarf einer Sicherheit schaffenden Beratung, um auch festgefahrene Überzeugungen und Ängste zu hinterfragen und zu begleiten. Dies gilt dabei für beide Seiten, wie das Thema der Detransition zeigt. Auch hinter einer vermeintlich progressiven und akzeptierenden Haltung können sich Fehleinschätzungen verbergen.

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Am 24. Juni verkündete der Oberste Gerichtshof der USA seine Entscheidung, die das garantierte, landesweite Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch effektiv aufhebt. Lesen Sie in diesem Artikel, was das Anti-Roe-Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA für die körperliche Autonomie von LGBTQ+-US-Amerikaner*innen bedeutet.

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Denn nicht nur die körperliche Autonomie cis-hetero-Frauen, sondern auch queere Menschen, trans Männer und Leute aller Geschlechter, die einen Uterus haben, sind von dem Urteil betroffen. Wie die Richter*innen Sotomayor, Breyer und Kagan in ihrer abweichenden Meinung anmerken, stehen wichtige Fragen der körperlichen Autonomie auf dem Spiel, sogar über den "Verlust der Autonomie und Würde" hinaus, der mit einer erzwungenen Schwangerschaft einhergeht. Da der Gerichtshof nicht mehr davon ausgeht, dass die Abtreibung durch den vierzehnten Verfassungszusatz geschützt ist, sind auch andere Rechte indirekt bedroht, darunter die Empfängnisverhütung und "familiäre Beziehungen", darunter die gleichgeschlechtliche Ehe und Ehen zwischen verschiedenen "races" (dass also weiße Menschen und Schwarze Menschen heiraten können).

Solche Befürchtungen kommen daher, dass Richter Thomas in seiner übereinstimmenden Stellungnahme ausdrücklich dafür plädierte, dass das Gericht "alle ... Präzedenzfälle des materiellen Rechtsschutzes, einschließlich [derer, die die obigen Rechte schützen,] überdenken sollte". So sind, im gegenwärtigen Klima der Gewalt und Einschüchterung gegen trans Personen, in dem die Regierungen einzelner Bundesstaaten offen ein Verbot von Transition in Erwägung ziehen, scheinen Bedenken darüber, ob das Gericht den Staaten solche Entscheidungen überlassen könnte, nicht unbegründet. Obwohl die Mehrheit darauf besteht, dass die Entscheidung nur für die Abtreibung gilt, machen die drei abweichenden Richter*innen also ihre Sorge deutlich: "Was auch immer die Mehrheit heute sagen mag, eines führt wirklich zum anderen", heißt es in der abweichenden Meinung. "Wir hoffen inständig, dass dies aufgrund der heutigen Entscheidung nicht der Fall sein wird. [...] Aber wir können nicht verstehen, wie irgendjemand zuversichtlich sein kann, dass das heutige Urteil das letzte seiner Art sein wird."

Was diese Entscheidung jedoch mehr als alles andere deutlich mache, so das queere US online-Magazin them berichtet, ist, dass sich die Zeit, in der LGBTQ+-Personen darauf hoffen konnten, dass das Gesetz sie zuverlässig schützt, dem Ende zuneigt. Doch auch wenn die Präzedenzfälle verschwunden sein mögen, bleibe „das aktivistische Feuer“, das diese Entscheidungen überhaupt erst erzwungen hatte, und die Entschlossenheit, die Abtreibungsaktivist*innen in den 1970er Jahren dazu brachte, Untergrundnetzwerke zu schaffen, um Gesetze zu umgehen. Wie die Demonstrations-Parolen sagen: "Wir sind nicht aufzuhalten, eine bessere Welt ist möglich".

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Ein angehender Beamter in Sachsen hatte sich vor seiner Transition bei der Polizei beworben. Laut seinem Anwalt Helmut Schwarz habe er dabei alle Sportprüfungen und den Aufnahmetest mit „Bestnoten“ absolviert. Doch dann wurde er, nach Bekanntgabe seiner Transition, gefeuert.

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Daraufhin hatte das Oberverwaltungsgericht Bautzen jedoch kürzlich entschieden, dass der Polizeianwärter zunächst weiterbeschäftigt werden müsse. Allerdings wurde ihm bislang weder eine Dienststelle zugewiesen, noch erhält er einen Beamtensold. Stattdessen muss er nun bei einem Arzt seine Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen.

Dies alles, weil die Polizei dem Mann „arglistige Täuschung“ und möglicherweise falsche Angaben bei der Eingangsuntersuchung vorwirft. Dabei gehe es, so sein Anwalt, darum, dass er die Frage, ob er schon einmal eine psychologische Beratung oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen hat, mit „nein“ beantwortet hatte. Außerdem gehe es bei den neuesten Untersuchungen um seine Einnahme von Testosteron, welche für trans Männer keineswegs unüblich ist. Für die sächsische Polizei stellt dies jedoch offenbar einen Grund dar, die Tauglichkeit des Azubis anzuzweifeln. Es scheine als man gäbe sich von Seiten des Dienstherrn große Mühe, einen Anlass zu finden, um den Mann nicht weiterbeschäftigen zu müssen, so Schwarz.

In der sächsischen Polizei gibt es bereits dutzende Disziplinarverfahren wegen Rechtsextremismus, bei denen auch Homophobie eine Rolle spielen soll, zudem beschwerte sich der rechtsextreme AfD-Politiker Björn Höcke bei einem Auftritt in Sachsen über die angeblich „verschwuchtelte“ Polizei in seinem Heimatland. Doch das Problem einer von toxischen Männlichkeit dominierten Polizei mit einem Rechtsextremismus-Problem scheint nicht nur Sachsen zu betreffen, sondern ein bundesweites zu sein: So wolle sich das CDU-geführte Innenministerium unter Anführung des Schutzes von Persönlichkeitsrechten zu dem Fall nicht äußern. Dabei wäre es, so ließe sich argumentieren, wichtig dass der Bund in solchen Fällen den Ton für Inklusion und Diversität vorgibt, gerade für Institutionen, bei denen ebendies oft zu kurz zu kommen scheint.

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Gender Dysphorie oder Geschlechtsdysphorie ist ein Begriff, der, seit in der Öffentlichkeit mehr über trans Themen gesprochen wird, zunehmend verwendet, jedoch auch missverstanden und fehlkonstruiert wird. Was genau bedeutet Geschlechtsdysphorie also für Betroffene? Was bedeutet überhaupt das Wort "Dysphorie"? Lesen Sie weiter, um mehr zu erfahren.

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Zunächst ist es hilfreich, sich das Wort "Dysphorie" anzusehen. Es kommt aus dem Griechischen und bezieht sich auf einen Zustand des Unbehagens oder Unwohlseins. In Bezug auf Menschen, die transgeschlechtlich sind, bedeutet Geschlechtsdysphorie also, dass eine Person immensen Stress empfindet, weil ihre angeborene Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihr bei der Geburt zugewiesen wurde. So können trans Männer und trans Frauen unter Geschlechtsdysphorie leiden, aber auch nicht-binäre Menschen können diese Erfahrung machen.

Die Äußerungen einer solchen Dysphorie lassen sich in drei verschiedene Unterkategorien unterteilen: Körperliche, soziale, und psychische/emotionale Dysphorie.

Körperliche Dysphorie

Von körperlicher Dysphorie spricht man, wenn eine trans Person sich bedrängt fühlt, weil ihre körperlichen Merkmale nicht mit dem Geschlecht übereinstimmen, das sie wirklich ist. Trans Männer empfinden zum Beispiel oft Dysphorie wegen ihrer Brust, da dieses körperliche Merkmal nicht zu ihrem wahren männlichen Geschlecht passt. In vielen Fällen kann dies durch einen Eingriff behoben werden, der als "Top-Surgery" („Oben-Operation“) bezeichnet wird und bei dem das Brustgewebe entfernt wird.

Soziale Dysphorie

Von sozialer Dysphorie spricht man, wenn sich eine trans Person in sozialen Situationen unwohl fühlt, weil sie befürchtet, falsch wahrgenommen, misgendered, or gedeadnamed zu werden. Dies kann zu einer starken Eskalation der Dysphorie führen, insbesondere in sozialen Situationen, in denen sich eine trans Person wahrscheinlich bereits ängstlich und dysphorisch fühlt. Die Verwendung des richtigen Namens und der richtigen Pronomen einer Person kann mehr bewirken als nur die Dysphorie zu lindern. So beschreibt der Begriff "Geschlechtseuphorie" das große Glück und Wohlbefinden, das eine Person erfährt, wenn sie in der Lage ist, ihre wahre Geschlechtsidentität zu leben und sich so zu präsentieren - und so gesehen zu werden.

Psychische/emotionale Dysphorie

Mentale oder emotionale Dysphorie kann sich auf die Gefühle beziehen, die eine transsexuelle Person erlebt, wenn sie sich Sorgen über ihre Transition macht und die Diskrepanz zwischen ihrem wahren Geschlecht und dem Geschlecht, das ihr bei der Geburt zugewiesen wurde, wahrnimmt. Diese Art von Dysphorie kann am schwierigsten zu bewältigen sein, da sie sich im Kopf festsetzt und es fast unmöglich ist, ihr zu entkommen, wenn die Person nicht die Hilfe erhält, die sie braucht, um ihre Transition so zu vollziehen, dass ihre Dysphorie gelindert wird.

Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, dass viele trans und nicht-binäre Menschen sich zwar für eine Veränderung ihres Aussehens, die Einnahme von Hormonen oder eine Operation entscheiden, dass dies aber kein zwingender Bestandteil des trans Seins ist.

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Muss man sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen, um trans zu sein? Führt das Reden von Lehrer*innen und Ärzt*innen über trans Themen dazu, dass Kinder und Jugendliche denken, sie seien trans, obwohl sie es nicht sind? Stimmt es, dass viele trans Menschen ihre Meinung über ihre Transition ändern und wieder „zurück“ wollen? Die einfach Antwort auf diese Mythen-gesteuerten Fragen, die in den Medien gerne ausgeschlachtet werden: Nein. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, warum all das nicht stimmt.

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Muss man sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen, um trans zu sein?

Nein. Man muss sich keiner Operation oder einem medizinischen Eingriff unterziehen, um trans zu sein. Doch viele Medienberichte konzentrieren sich auf die Körperteile und chirurgischen Eingriffe von trans Menschen, was invasiv und entmenschlichend ist. Für einige trans Personen ist eine Operation zur Linderung von Gender-Dysphorie ein wichtiger Teil ihres Übergangs. Doch der Zugang zu chirurgischen Eingriffen ist nicht immer leicht, und die Covid-19 Pandemie hat bereits bestehenden, lange Wartezeiten noch weiter verzögert. Es muss dringend mehr passieren, damit trans Menschen den Zugang zur Gesundheitsversorgung und die Eingriffe erhalten können, die sie benötigen. Für andere trans Menschen ist eine Operation nichts, was sie wollen oder brauchen, um sich mit ihrem Körper wohlzufühlen. Das Gleiche gilt für Hormonbehandlungen wie Testosteron und Östrogen. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass es beim trans Sein nicht darum geht, ein bestimmtes Aussehen oder bestimmte Körperteile zu haben. So bedeutet eine Transition für jeden Menschen etwas anderes: Es gibt nicht die eine "geschlechtsangleichende Operation" und kein Endziel, das über die Wünsche des Einzelnen hinausgeht. Zusätzlich geht es wohl niemanden etwas an, welche Art von Behandlung eine trans Person erhält oder nicht erhält.

Führt das Reden von Lehrern und Ärzten über trans Themen dazu, dass Kinder und Jugendliche denken, sie seien trans, obwohl sie es nicht sind?

Nein. Doch Länder wie beispielsweise Russland, Polen, Ungarn und jüngst auch US-Staaten haben Gesetze, die verhindern sollen, dass Schulen für Homosexualität oder trans Sein „werben“. Doch wenn Lehrer*innen, Ärzt*innen, Familien und Betreuer*innen mehr über Geschlecht und Sexualität sprechen, können Kinder ihre Identität besser und freier erforschen. Alle Kinder und Jugendlichen haben das Recht, glücklich zu sein und sie selbst zu sein. Diejenigen, die ihre Identität erforschen und erkennen, dass sie trans sind, verdienen Liebe, Unterstützung und altersgemäße Betreuung.

Stimmt es, dass viele Menschen ihre Meinung über ihre Transition ändern?

Nein. Die meisten trans Menschen, die eine Transition durchlaufen, tun dies, ohne es zu bereuen. Eine Abkehr davon ist sehr selten ist (weniger als 1%), kommt jedoch vor. Es gibt viele Gründe für eine Transition, und eine De-Transition an sich ist nicht gleichbedeutend mit Reue. Es kann bedeuten, dass eine Person sich nicht mehr als trans identifiziert oder dass sie sich jetzt einem anderen Geschlecht zugehörig fühlt als dem, mit dem sie sich zuvor identifiziert hat. Der häufigste Grund für eine De-Transition ist, dass eine Person mit der Transfeindlichkeit, die sie bei einer Transition erfahren hat, nicht zurechtkommt. Und diejenigen, die den Übergang abbrechen oder bedauern, verdienen fortlaufende Unterstützung und Betreuung, ebenso wie Menschen, die den Übergang vollziehen und für den Rest ihres Lebens in diesem Geschlecht leben. Doch es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Tatsache, dass einige Menschen ihre Transition aus verschiedensten, nachvollziehbaren Gründen, nicht vollziehen, nicht die Erfahrungen und die Existenz von trans Menschen weniger gültig oder real macht. Es bedeutet auch nicht, dass der Zugang zu einer auf Transition basierenden Gesundheitsversorgung noch schwieriger gemacht werden sollte, als er ohnehin schon ist.

Lesen Sie hier mehr Wahrheiten zum Thema trans. 

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Viele trans Personen ändern ihren Namen als Teil ihrer Transition, da es ihnen hilft, sich in ihrer richtigen Geschlechtsidentität einzufinden. Freund*innen und Familie können dabei eine Weile brauchen, um sich an den neuen Namen zu gewöhnen, auch, wenn sie ihr Bestes tun, um sie nicht mit ihrem Geburtsnamen anzusprechen. Wenn es doch passiert, nennt man dies „Deadnaming“ – und den meisten Menschen ist nicht bewusst, welchen Schaden sie damit anrichten können. Doch wie kann man es vermeiden?

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Ein "Deadname" ist der Name einer trans Person vor ihrer Transition. Die Definition von Deadnaming lautet also, dass eine trans Person mit ihrem früheren Namen statt mit ihrem neuen Namen angesprochen wird. Dies gilt als Deadnaming, unabhängig davon, ob es absichtlich geschieht oder nicht.

Während manche Menschen schlichtweg transfeindliche Meinungen haben, vergessen viele die Namensanpassung oder deren Bedeutung ohne bösen Willen, und sprechen trans Personen mit dem Deadname an (zum Beispiel: Peter sagt zu der trans Frau Anna, Deadname Tim: „Tim, kann ich das Wasser haben?“, statt „Anna, kann ich das Wasser haben?“). Es kommt auch häufig vor, dass trans Personen ge-misgendered werden, d.h. dass die falschen Geschlechtspersonen, mit denen sie sich nicht identifizieren, genutzt werden (zum Beispiel: Peter sagt über die trans Frau Anna: „Er ist gleich da“, statt „Sie ist gleich da“). Ständig werden trans Personen im Laufe ihres Lebens damit konfrontiert, sei es in der Familie, in persönlichen Beziehungen, in der Ausbildung oder im Arbeitsumfeld. Der häufigste Ort, an dem Deadnaming vorkommt, ist in staatlichen Einrichtungen oder bei Kontrollen, in denen Beamt*innen gesetzlichen Namen verwenden dürfen. Zudem ist es in vielen Ländern, unter anderem auch Deutschland, mit extrem viel Aufwand und Kosten verbunden, den Namen und Geschlechtseintrag ändern zu lassen.

Sowohl Deadnaming als auch Misgendering können für die Psyche von trans Personen durchaus schädlich sein, da sie sich in ihrer wahren Identität als entwertet und nicht respektiert fühlen können. Denn im Wesentlichen demonstriert Deadnaming, dass sie in ihrer wahren Geschlechtsidentität nicht unterstützt und wahrgenommen werden, sei es vor, während oder nach der Transition. Solche Diskriminierungen kommen häufig vor (nicht zuletzt im Deutschen Bundestag), wobei sich Menschen der Schwere ihrer Angriffe auf Identität entweder nicht bewusst sind, oder diese Angriffsfläche bewusst instrumentalisieren (wie nicht zuletzt durch Alice Schwarzer).

Für Menschen, denen es jedoch tatsächlich nicht bewusst ist: Die Selbstmordrate von trans Personen ist viel höher als die der Allgemeinbevölkerung. So ergab eine Studie, dass trans-männliche Jugendliche mit 50,8 Prozent die höchste Rate an Selbstmordversuchen aufweisen. Dies zeigt erschütternd, wie wichtig Empathie in solchen Situationen ist – vielleicht reicht aber auch schon der Gedanke, selbst bei einem Namen genannt zu werden, mit dem man sich nicht identifiziert – obwohl man sich unter einem anderen vorgestellt hat.

Natürlich kann es aus Versehen trotzdem geschehen – wie bei einem Freund, der sich vor kurzem als trans Mann geoutet hat, und noch immer Gewohnheit ist, ihn bei seinem alten Namen zu nennen. Wie also kann man "Deadnaming" vermeiden?

  • Sprich über eine trans Person mit ihrem neuen Namen, auch wenn sie nicht in der Nähe ist.
  • Korrigiere Dich auch selbst mental, wenn du aus Versehen mit dem falschen Namen über die Person nachdenkst.
  • Speichere die Person unter ihrem richtigen Namen in deinem Telefonbuch.
  • Korrigiere andere Menschen, die trans Personen mit ihrem Deadname anreden.
  • Korrigiere dich, wenn du versehentlich einen Deadname benutzt hast, und entschuldige dich.
  • Wenn es sich um jemanden handelt, den du vor der Transition noch nicht kanntest, frage die Person nicht nach ihrem Deadname.
  • Mache dir bewusst, dass trans Menschen das absolute Recht haben, zu entscheiden, wie sie genannt werden wollen.

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Im Juni diesen Jahres wurde ein sogenanntes „Kinderschutz“-Gesetz von der Fidesz-Partei des ungarischen Regierungschefs Orbán verabschiedet, welches das Verbot gewisser Inhalte, die bei Minderjährigen für Homosexualität und Geschlechtstransitionen „werben“ würden, generell ermöglicht. Nun hat die nationalistische Partei beschlossen, dass die Ungar*innen in einem Referendum die Möglichkeit haben werden, darüber abzustimmen, möglicherweise am Tag der nationalen Wahlen im nächsten Jahr.

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Das Gesetz verbietet LGBTQI*-Inhalte, inklusive Bildungsmaterial, für unter-18-jährige, und besagt, dass Minderjährigen keinerlei Inhalte gezeigt werden dürfen, die queer sein „unterstützen“. Dies gilt auch für alle öffentlichen Medienanstalten, die den Großteil der verfügbaren Medien in Ungarn ausmachen. Letztes Jahr wurde außerdem die Anpassung des legalen Geschlechtseintrags an die Geschlechtsidentität verboten, und die Verfassung wurde um den Satz „Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann“ ergänzt. Folglich sind gleichgeschlechtliche Paare auch von Adoption ausgeschlossen. Das von Orbán unterstützte Referendum ist also nur der jüngste Schritt, der nach Ansicht von Kritiker*innen Menschenrechte unterdrückt.

Die die regierende Fidesz-Partei beschloss also nun vier Fragen zum Sexualkundeunterricht an Schulen und zur Verfügbarkeit von Informationen über die sexuelle Orientierung von Kindern. Auf dem Stimmzettel werde auch die Frage stehen, ob die Wähler*innen die uneingeschränkte Präsentation von Medieninhalten unterstützen, die „die Entwicklung von Minderjährigen beeinflussen“. Die Opposition enthielt sich bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf. Mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Wahlen, die voraussichtlich im April stattfinden werden, scheint Orbán zu versuchen, eine Politik zu fördern, die „christliche Werte“ gegen den „westlichen Liberalismus“ schützt, indem er Genderfragen und das, was er wiederholt als „LGBT-Propaganda“ bezeichnet, zusammen mit Migration in den Mittelpunkt seiner Wiederwahlkampagne stellte. Diese Politik hat Orbán zum Teil in Konflikt mit der Europäischen Union gebracht, welche, wegen Maßnahmen, die die queere Community diskriminieren würde, im Juli in Rekordzeit rechtliche Schritte gegen Ungarn und Polen einleitete.

Und auch Aktivist*innen protestierten gegen das queerfeindliche Gesetz: So war der 26. CSD im Juli in Budapest mit zehntausenden Menschen der wahrscheinlich größte in seiner Geschichte, was auch zu der jüngsten Umfrage zur Einstellung zu queeren Themen in der Bevölkerung passt. Eine Ipsos-Umfrage vom letzten Mai ergab, dass 46 Prozent der ungarischen Befragten die gleichgeschlechtliche Ehe unterstützen, 62 Prozent seien der Meinung, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder genauso gut erziehen können wie heterosexuelle Eltern. Spannend wird, was die ungarischen Wähler*innen dazu bei dem Referendum sagen werden.

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In Deutschland sieht das derzeitige sogenannte „Transsexuellengesetz“ vor, dass trans Personen vor Gericht gehen müssen, um ihr rechtliches Geschlecht ändern zu lassen, erlaubt ein Veto des*der Ehepartners*in, und bestimmt, dass trans Personen drei Jahre warten müssen, bevor sie erneut einen Antrag auf die Änderung ihres rechtlichen Geschlechtes stellen können. Außerdem müssen sie von medizinischen Sachverständigen begutachtet werden und mindestens drei Jahre lang als offen transidente Person gelebt haben.

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So sind trans Personen in Deutschland noch immer gezwungen, sich einer langen und teuren „Begutachtung“ auszusetzen, um ihr legales Geschlecht zu verändern. Dieser Prozess sei, so die trans Aktivistin Felicia Rolletschke, „degradierend, teuer, und unlogisch“.

Dem neuen Ampel-Koalitionsvertrag zufolge würde eine Reform bedeuten, dass trans Personen in Deutschland ihr eigenes Geschlecht mit weniger dieser Hürden bestimmen könnten. So wolle die Koalition erreichen, dass die gesetzliche Krankenversicherung die medizinische Versorgung im Zusammenhang mit einer geschlechtsangleichenden Transition in vollem Umfang übernimmt. Demzufolge müsste es dann beispielsweise nicht mehr zu Verfahren wie vor einigen Wochen kommen, bei der eine trans Frau vor Gericht klagen und ihren Hals entblößen musste, um eine operative Reduktion ihres Adamsapfels von der Kasse übernommen zu kommen.

Es werde zudem ein Entschädigungsfonds für trans und inter Personen eingerichtet, die durch frühere Gesetze geschädigt wurden, zum Beispiel durch Zwangssterilisationen oder unnötige Operationen. Bis 2011 waren trans Menschen in Deutschland gezwungen, sich einer Zwangssterilisation zu unterziehen, um eine rechtliche Geschlechtsanerkennung zu erhalten. Und Anfang diesen Jahres wurde in Deutschland zwar ein gesetzliches Verbot sogenannter „normalisierender“ Operationen an intersexuellen Kindern und Jugendlichen erlassen, doch bei vielen wirke das Trauma der unnötigen Eingriffe noch immer nach. So veröffentlichte der Deutsche Ethikrat im Jahr 2012 einen Bericht, in dem festgestellt wurde, dass „viele Menschen, die in ihrer Kindheit einer 'normalisierenden' Operation unterzogen wurden, diese später als Verstümmelung empfunden haben und ihr als Erwachsene niemals zugestimmt hätten“. Mit einem solchen Entschädigungsfonds wäre Deutschland das zweite Land der Welt, das trans Personen für Zwangssterilisationen entschädigt, nachdem Schweden 2018 das erste war.

Nun fragen sich wohl gegenwärtig viele trans und inter Personen wann mit dem versprochenen Gesetz gerechnet werden könne. Darüber sprach Freddy Mo Wenner, eine Person die drei Jahre im Bundestag gearbeitet hat und sich mit trans Themen gut auskennt, in einem Interview mit queer.de. Auf die Frage, wann das Gesetz denn komme, sagte Wenner: „Der Referent*innenentwurf kann theoretisch in ein bis drei Monaten erarbeitet sein. Mit der Anhörung der Verbände und der Runde durch den Bundesrat sind wir bei insgesamt vier bis sechs Monaten – wenn alles gut und glatt läuft. Was aber immer sein kann, ist, dass im Kabinett Uneinigkeit herrscht, zum Beispiel, weil ein anderes Ressort einhakt. Dann wird es dort erst weiter politisch diskutiert, bevor es weitergeschoben wird.“

Trotz fortschrittlicher Projekte für die Rechte von queeren Menschen im Koalitionsvertrag und diesem „Meilenstein“, wie Julia Monro, von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI), dies bezeichnet, gilt es also hoffen, dass sich die Ampel nicht nur an die Versprechen ihres Koalitionsvertrages hält, sondern diese auch möglichst schnell erfüllt.

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Nachdem ihre Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Operation zur Reduktion eines deutlich sichtbaren Adamsapfels abgelehnt hatte, zog eine trans Frau vor das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz und bekam Recht. Die Krankenkasse hatte argumentiert, dass die beantragte OP als Schönheitsoperation zu bewerten sei, weil das Gesamterscheinungsbild der Klägerin bereits "deutlich erkennbar weiblich" sei.

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Demzufolge sei eine Kehlkopfreduktion nicht erforderlich gewesen, um eine weitere Annäherung an das "weibliche Erscheinungsbild" zu erreichen, sondern es handle sich dabei lediglich um eine Schönheitsfrage. Dafür müsse die Krankenkasse nicht aufkommen.

Doch der Kehlkopf der Klägerin sorgte regelmäßig für Irritationen, weil sie deshalb von anderen Menschen dem männlichen Geschlecht zugeschrieben wurde. Wie sie queer.de anonym erzählte, habe sie das schwer belastet und sogar depressive Phasen ausgelöst, weil ihr so immer wieder vor Augen geführt worden sei, dass sie von der Gesellschaft nicht als Frau wahrgenommen wurde. Als sie also Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme einlegte, sei sie zur Begutachtung einbestellt worden. Dort habe sich der Gutachter geweigert, sie als Frau anzusprechen, und ihr gesagt, dass sie eine Psychotherapie machen solle, wenn sie Probleme mit ihrem Kehlkopf habe.

Gegen diese Zurückweisung des Widerspruchs reichte die Frau schließlich Klage ein. Dies führte schließlich zu einem Berufungsverfahren am Landessozialgericht in Mainz, bei dem sie gebeten wurde, aufzustehen und ihren Schal abzulegen, so dass sich alle im Saal einen persönlichen Eindruck von ihrem Hals verschaffen konnten. Anschließend zog sich der Senat zur Beratung zurück und verkündete danach, dass er der Ansicht sei, dass der Adamsapfel der trans Frau deutlich einem "männlichen Erscheinungsbild" entspreche. Der Vertretung der Krankenkasse wurde deswegen die Möglichkeit gegeben, ihre Argumentation zu überdenken, diese blieb jedoch bei ihrer Position. So fällte das Gericht schließlich sein Urteil und gab der Klägerin Recht.

Die Inaugenscheinnahme ihres Halses durch den gesamten Gerichtssaal ging der Klägerin jedoch sichtlich sehr nahe. Der Vorsitzende Richter entschuldigte sich zwar für die Begutachtungsprozedur mit den Worten "Ich kann mir vorstellen, dass sich das entwürdigend anfühlen muss", langfristig kann es jedoch wohl keine Lösung sein, dass trans Personen sich in unterschiedlichen Stadien ihrer Transitionsphase bei jeder beantragten medizinischen Maßnahme einem oft entwürdigenden Begutachtungsprozess unterwerfen müssen.

Dazu erklärte Rechtsanwältin Katrin Niedenthal, die Prozessvertreterin der Klägerin in der zweiten Instanz, gegenüber queer.de: "Gerade wenn als Anspruchsvoraussetzung das äußere Erscheinungsbild einer Person bewertet werden soll oder – wie hier – eine Annäherung an ein 'weibliches' oder 'männliches' Erscheinungsbild, stellt sich die Frage, wie das objektiv überhaupt funktionieren soll". Petra Weitzel, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti), erklärte deswegen: "Geschlechtsangleichende Maßnahmen dürfen nicht der Willkür subjektiver Bewertungen unterliegen, die ihnen als vermeintlich objektiv vermittelt werden, sondern müssen einheitlich im Gesetz festgeschrieben sein."

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