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4. Mai 2022

Wegweisendes Urteil: Bahn darf nicht-binäre Person nicht als Mann oder Frau ansprechen

Die Deutsche Bahn darf einen nicht-binären Menschen bei der Nutzung von Angeboten wie dem Ticket- oder Bahncard-Kauf nicht dazu zwingen, bei der Anrede zwischen Mann oder Frau auszuwählen. So teilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am Dienstag mit, dass es bei einem Unterlassungsanspruch gegen das Unternehmen bleibe. Berücksichtige die Deutsche Bahn dies nicht, drohen ihr Strafzahlungen bis zu 250.000 Euro bei jedem Online-Ticketkauf.

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Wegweisend bestätigte das Gericht mit seiner bereits am Donnerstag getroffenen Entscheidung (AZ 9 U 84/21) ein Urteil des Frankfurter Landgerichts vom 26. August 2021 (AZ 2-30 O 154/20). Vor diesem Urteil hatte Robin Nobicht, eine nicht-binäre Person im Besitz einer Bahncard, gegen die Vertriebstochter der Bahn geklagt, weil es unmöglich war die für die Bahncard hinterlegten Daten hinsichtlich der geschlechtlichen Anrede richtigzustellen – obwohl Nobichts Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde seit Oktober 2019 „ohne Angabe“ lautet. Auch beim Onlineticketkauf müssten Menschen zwingend zwischen einer Anrede als Frau oder Herr auswählen.

Nobicht vertrat die Ansicht einen Anspruch auf Entschädigung und Unterlassung zu haben, weil das Verhalten der Bahn diskriminierend sei. Den Unterlassungsanspruch bestätigte Landgericht – eine zwingende Auswahl einer Anrede stelle nämlich eine Benachteiligung im Sinn des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar, so das Urteil. Einen Anspruch auf Entschädigung bestätige das Gericht jedoch nicht.

Das Urteil habe jedoch „Signalwirkung“, so Nobichts Rechtsanwältin Friederike Boll. „Wir hoffen, dass jetzt im Onlinehandel bald überall die Möglichkeit eingeführt wird, eine geschlechtsneutrale Anrede zu wählen.“ Die Bahn hat nun ein halbes Jahr Zeit, um ihre Frageformulare an die Realität nicht-binärer Existenzen anzupassen.

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