Echte Vielfalt

Familie

Nach der Bewusstwerdung über die eigene sexuelle oder geschlechtliche Identität – dem sogenannten „inneren“ Coming-Out -, folgt oft das „äußere“ Coming-Out gegenüber Familienmitgliedern und Freund:innen. Der Umgang von Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten bei dem Coming-Out queerer Kinder und Jugendliche kann starken Einfluss auf ihr Selbstbild haben. Daher ist es wichtig, sich als erwachsene Bezugsperson damit auseinanderzusetzen, wie ein unterstützendes Umfeld für das Kind geschaffen werden kann.

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Das Queer Lexikon hat in der Broschüre „Queere Kinder begleiten & unterstützen“ Tipps für erwachsene Bezugspersonen von queeren Kindern und Jugendlichen zusammengestellt. Dabei geht es unter anderem um die Frage, welche Reaktionen beim Coming-Out hilfreich sind. Viele der Hinweise können auch nachträglich wirksam sein, selbst wenn das Coming-Out Gespräch nicht optimal verlaufen ist.

In erster Linie ist es wichtig, das Kind in seiner sexuellen oder geschlechtlichen Identität ernst zu nehmen und zu unterstützen sowie zu zeigen, dass es nach wie vor geliebt und akzeptiert wird. Es kann auch hilfreich sein, das Kind direkt zu fragen, was es braucht. Dies gilt nicht nur einmalig, sondern Elternteile oder andere Erziehungsberechtigte sollten regelmäßig überprüfen, ob das Kind sich unterstützt fühlt oder was es braucht, um dahin zu kommen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass sich Eltern eigenständig über die queere Identität ihres Kindes informieren. Beratungsstellen und Elterngruppen können dabei eine wertvolle Unterstützung bieten. Zudem könnte es sinnvoll sein, gemeinsam mit dem Kind queere Themen zu erkunden – beispielsweise durch gemeinsames Anschauen von Filmen oder Serien (eine Übersicht mit Film- und Serientipps gibt es in unseren Listen zu Queeren Coming-of-Age Serien oder Queeren Filmempfehlungen).

Es ist ebenfalls wichtig, den eigenen Emotionen Raum zu geben; jedoch sollte dies nicht im Gespräch mit dem Kind geschehen. Für persönliche Anliegen gibt es Anlaufstellen wie

Für weitere konkrete Hinweise für erwachsene Bezugspersonen queerer Kinder und Jugendliche während und nach dem Coming-Out lohnt sich ein näherer Blick in die Broschüre des Queer Lexikons.

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Die AfD-Fraktion im Bundestag hat einen Antrag eingebracht, der die Abschaffung des Postens des Queerbeauftragten der Bundesregierung fordert. Dieses Amt wurde 2022 von der Ampel-Koalition geschaffen und mit dem Grünen-Politiker Sven Lehmann besetzt. Die AfD kritisiert die Regierung dafür, eine „Gender-Ideologie“ zu verfolgen, und bezeichnet das Amt als hinderlich für eine „familienfreundliche Gesellschaft“.

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Der Antrag (20/13903) argumentiert laut Bundestag, dass viele Kinder in Armut aufwachsen, sich schlecht ernähren und einen schlechten Gesundheitszustand hätten. Gleichzeitig bemängelt er: „Das derzeitige Familienministerium hingegen betreibt prioritär eine Politik, die in weiten Teilen der Gender-Ideologie folgt. Die Schaffung des Amtes des Queerbeauftragten untermauert dieses Bestreben […]“.

Dies ist eine perfide Rhetorik, da sich kaum bestreiten lässt, dass jedes Kind, das in Armut und unter schlechter Versorgung aufwächst, eines zu viel ist. Doch genau hier liegt der blinde Fleck. Wie auch das Magazin queer aufgreift: Der Antrag schlägt stattdessen Maßnahmen wie die Überprüfung von Gesetzen auf Familienfreundlichkeit und die Förderung traditioneller Familienbilder vor. Dabei werden Regenbogenfamilien und Alleinerziehende ausdrücklich ausgeschlossen.

Die gesamte Argumentation der AfD ist eine rhetorische Finte, um eben jene Polarisierung, die ihr politisch nützt, weiter zu verstärken. Mit der Kritik am Antrag der AfD allein ist jedoch wenig gewonnen. Vielmehr stellt sich die Frage, was diese Polarisierung verdeutlicht.

Unabhängig von einer grundsätzlichen Bewertung von Bundeskanzler Olaf Scholz und der vergangenen Politik: Die Diagnostik in seiner Rede zur Entlassung des Finanzministers war korrekt: „Niemals, niemals dürfen wir innere, äußere und soziale Sicherheit gegeneinander ausspielen. Das gefährdet unseren Zusammenhalt, das gefährdet am Ende sogar unsere Demokratie. […] Dieses Entweder-oder ist Gift [und] Wasser auf die Mühlen der Feinde unserer Demokratie.“

Nun ist der „Posten des Queerbeauftragten“ keine Frage der Außenpolitik. Das Entweder-oder zwischen queeren und „traditionellen“ Familienbildern spielt jedoch mit demselben Prinzip des „Gegeneinander-Ausspielens“. Dabei schaffen traditionelle Familienbilder weder mehr Essen auf den Tisch noch beseitigen sie die Kinderarmut.

Wenn jedoch die Frage nach sozialem Zusammenhalt gestellt wird, lautet die Antwort immer auch: mehr Geld für die Menschen und die Infrastruktur. Eine scheinbar banale Antwort, die jedoch vom früheren Finanzminister durch das Festhalten an der Schuldenbremse torpediert wurde – und die in den Medien oft unsachgemäß dargestellt wird.

Gemein ist allen Akteur*innen, dass sie mit ihrer Argumentation in die beschriebene Rhetorik des Entweder-oder verfallen. Hier gilt es, eine Sensibilität zu entwickeln, um nicht selbst an anderer Stelle darüber zu stolpern.

Wie Scholz wörtlich betonte, verfüge Deutschland als wirtschaftsstarkes Land mit geringer Verschuldung über die Ressourcen, um soziale Sicherheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Der Artikel 115 des Grundgesetzes erlaube in außergewöhnlichen Notsituationen einen Überschreitensbeschluss, der die nötigen Mittel freisetzen könne. Auch wenn damit nicht direkt die Sozialpolitik finanziert werden kann, könnten dennoch Mittel an anderer Stelle freiwerden.

Wer mehr über die Zusammenhänge zwischen einer solidarischen Gesellschaft und der Schuldenbremse erfahren möchte, dem sei die Sendung „Die Anstalt“ vom 12. März 2024 empfohlen. Für vertiefte ökonomische Analysen bietet Maurice Höfgen (Volkswirt und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag) eine kommentierter Fassung der Sendung.

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“Women’s rights are at the forefront of security risks - and resistance.“ Mit diesem Einstieg eröffnet das Magazin Foreign Policy (FP) ein Thema, das ständige Gültigkeit hat, allerdings mit der Wahl Trumps und vor dem Hintergrund eines immer deutlicheren Rechtsrucks in Europa eine mediale Präsenz bekommen hat wie seit Langem nicht.

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Erst vor Kurzem hatten wir beispielsweise über die Anti LGBTIQ*-Gesetze in Georgien berichtet, die ebenso wie die Gesetze in Russland oder Ungarn auf ein Verbot einer angeblichen „Propaganda“ für gleichgeschlechtliche Beziehungen und LGBTIQ* abzielen. Dabei wird das Argument angeführt, „Kinder und Familie“ schützen zu wollen.

Wie Foreign Policy berichtet, arbeitet die Partei Georgischer Traum darauf hin, Tiflis an Moskaus Interessen auszurichten und sich damit immer stärker von Europa zu entfernen. Dem entgegen steht Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili – und das sei kein Zufall. Weiter heißt es: Weltweit spielen Frauen eine beeindruckende Rolle als Bollwerk gegen den Aufstieg des Autoritarismus. Die moldawische Präsidentin Maia Sandu stellt sich einer Flut russischer Desinformation entgegen. In Polen spielten Frauen eine entscheidende Rolle bei den Bemühungen, die rechtspopulistische PiS-Partei (Recht und Gerechtigkeit) zu stürzen. In Hongkong sind Frauen weiterhin das praktische und normative Gesicht des Widerstands gegen die autoritäre Herrschaft Chinas.

Und schaut man sich die Diskurse der letzten Tage, Wochen, Monate und Jahrzehnte an, so lässt sich nicht leugnen, dass autoritäre, rechtspopulistische Strömungen ein Problem sind, das deutlich mit verzerrten Männlichkeitsbildern einhergeht.

Seit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs 2022, das den US-amerikanischen Bundesstaaten die Regelung von Abtreibungsrechten überlässt, haben 13 republikanisch regierte Staaten Schwangerschaftsabbrüche weitgehend verboten; weitere vier schränken Abtreibungen stark ein. Noch während der Wahl am 6. November 2024 ließen laut Tagesschau zehn der fünfzig Bundesstaaten darüber abstimmen, die Abtreibungsrechte in ihre Verfassung aufzunehmen. In sieben Staaten kam es zu einer Mehrheit. „Schon vor der Wahl hatte es Volksabstimmungen zum Abtreibungsrecht in sieben US-Staaten gegeben. In allen setzten sich die Befürworter der Wahlfreiheit für Frauen durch.“

Mit dem vorwiegend konservativen Obersten Gerichtshof in den USA, einem Präsidenten Trump im Amt und dem ehrgeizigen Projekt 2025 im Rücken erscheint die Zukunft der individuellen Freiheitsrechte zunehmend unsicher. Gleichzeitig berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass Russland Bußgelder gegen Menschen verhängt, die öffentlich äußern, keine Kinder bekommen zu wollen – ein weiteres Beispiel für die Einschränkung persönlicher Entscheidungen durch autoritäre Politik.

Auch in Deutschland, wo am 1. November das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft trat, zeigt sich, dass Selbstbestimmung keineswegs selbstverständlich ist. Vielmehr bröckeln weltweit die Freiheiten, die lange als Errungenschaften moderner Demokratien galten. Wie Foreign Policy treffend formuliert, stehen dabei Frauen mit ihren Rechten und ihrem Körper an vorderster Front dieser Entwicklungen – als Projektionsfläche und Werkzeug autoritärer, männlicher Machtpolitik.

Angesichts dieser Entwicklungen müssen sich nicht nur Frauen und die LGBTIQ*-Gemeinschaft, sondern auch Männer – insbesondere jene, die sich als solche definieren – die drängende Frage stellen: Wo steht Deutschland und wohin führt der Weg am 23. Februar 2025?

Bild/Frauenzeichen: Freepik

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Ein weiterer Rückschlag für Regenbogenfamilien: In Italien wurde ein Gesetz verabschiedet, welches das Engagieren von Leihmüttern im Ausland kriminalisiert. Das Gesetz reiht sich ein in die Anti-LGBTIQ*-Politik der rechtsextremen Regierung Georgia Melonis.

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Bereits im Sommer vergangenen Jahres wurde der Gesetzesentwurf verabschiedet. In der Zeit wurde auch bekannt, dass in Regenbogenfamilien die Elternschaft nicht mehr offiziell anerkannt werden sollte. Einige homosexuelle Elternteile wurden bereits aus der Geburtsurkunde ihrer Kinder gestrichen.

Leihmutterschaft innerhalb Italiens war bereits, wie auch in Deutschland, verboten. Jedoch konnten Paare mit Kinderwunsch in anderen Ländern, in denen die Praxis erlaubt ist, eine Person engagieren, ihr Kind auszutragen. Dazu gehören z. B. die Ukraine, Kanada und einige Bundesstaaten der USA. Eine solche internationale Leihmutterschaft ist aus verschiedenen Gründen umstritten, auch in Deutschland ist die Rechtslage für die angehenden Eltern nach einer Leihmutterschaft im Ausland kompliziert. Für LGBTIQ* sowie unfruchtbare Paare kann eine Leihmutterschaft eine Möglichkeit sein, ein biologisch verwandtes Kind zu bekommen. Homosexuelle Paare haben in Italien jedoch auch kein Adoptionsrecht. Auch die Ehe für queere Paare ist nicht erlaubt.

Die Regierung begründet das Verbot von Leihmutterschaft mit dem Schutz der traditionellen Familie. Der Senat stimmte mit 84 dafür, 58 waren dagegen. Zum Verbot des sogenannten Leihmutterschafts-Tourismus argumentiert Meloni, dass es gesunder Menschenverstand sei, gegen die Kommodifizierung des weiblichen Körpers und von Kindern zu sein (CNN). Eine ähnliche Position vertritt der Papst, der bereits Anfang des Jahres ein Verbot forderte. Mehrere Medien betonen den stärker werdenden Einfluss der katholischen Kirche auf das Land, der sich seit Melonis Amtszeit abzeichnet, insbesondere auch bei reproduktiven Angelegenheiten.

Das Gesetz sieht bei Verstößen Strafen von bis zu einer Millionen Euro vor und Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren. Die Familienministerin Eugenia Roccella sagte außerdem in einem Fernsehinterview, dass Ärzt*innen vermutete Verstöße gegen das Gesetz melden müssten. Der Ärzteverband kritisiert diese Forderung scharf, denn dies sei nicht mit dem medizinischen Ehrenkodex vereinbar (Zeit Online).

Der Großteil von den etwa 250 Paaren, die jährlich eine Leihmutter im Ausland engagierten, war heterosexuell, so Zeit Online. Jedoch hätten LGBTIQ*-Aktivist*innen, die vor dem Senat protestierten, nach Angaben von CNN geäußert, dass heterosexuelle Paare einfacher Kinder als ihre eigenen ausgeben und somit weiterhin heimlich Leihmütter beauftragen könnten. Deshalb würde das Verbot insbesondere gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch treffen.

Während das Gesetz in der Praxis also nur wenige Paare betrifft, die tatsächlich eine Leihmutter im Ausland engagieren können – auch finanzielle Mittel spielen hier eine Rolle – ist vor allem auch die Symbolik dahinter bedeutsam: Italiens rechte Regierung versucht auf verschiedenste Arten, queere Lebens- und Familienmodelle zu verhindern. Der LGBTIQ*-Aktivist Franco Grillini kritisiert das Gesetz gegenüber Reuters: „Wenn jemand ein Kind bekommt, sollte er eine Medaille bekommen. Stattdessen kommt man hier ins Gefängnis ... wenn man nicht auf traditionelle Weise Kinder bekommt“.

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Am 18. Juni 2024 hat der thailändische Senat mit großer Mehrheit die Ehe für alle eingeführt. Neben Taiwan und Nepal ist Thailand damit das dritte Land im asiatischen Raum.

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Wie die Tagesschau berichtet, stimmten 130 Mitglieder des Oberhauses für ein entsprechendes Gesetz – 18 enthielten sich, vier Abgeordnete stimmten dagegen. Zuvor hatte bereits im März das Unterhaus mit 400 von 415 Stimmen das Gesetz verabschiedet, wie ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) berichtet. Nun muss nur noch König Rama X. unterzeichnen, anschließend werde das Gesetz innerhalb von 120 Tagen in Kraft treten.

Besonders an dieser Gesetzeseinführung ist, dass die Tourismusbehörde teilweise als Mitorganisatorin auftritt. Wie die FAZ unter Berufung auf die „Bangkok Post“ schreibt, „erwarten die Behörden landesweit 860.000 Besucher und Umsätze in Höhe von 100 Millionen Euro. Das Land, das auch zunehmend Fernsehromanzen mit homosexuellen Themen exportiert, sieht seinen Ruf als schwulen- und lesbenfreundliches Reiseziel als eine Quelle der ‚Soft Power‘“. An dieser Stelle könnte man problematisieren, ob die Kommerzialisierung der Ehe für alle deren Wert untergräbt. Wie wir bereits in unserem Artikel zum Thema „Pinkwashing“ geschrieben haben, kommt es weniger darauf an, ob LGBTIQ* für kommerzielle Zwecke Einzug in den Mainstream hält. Im Gegenteil, Sichtbarkeit wird dadurch geschaffen. Allerdings ist zu klären, ob dadurch mögliche reale Probleme überdeckt werden könnten. Ob also das Gesetz rechtliche Diskriminierungen vollständig abschafft oder ob es möglicherweise weiterhin Diskriminierungen geben wird, bleibt auch in Thailand abzuwarten.

Eine weitere Besonderheit des Landes ist sein Medizintourismus. Wie die FAZ erwähnt, will das Land „auch zunehmend LGBTQ-Touristen anlocken, die dort Hormonbehandlungen und Geschlechtsangleichungen vornehmen lassen können“.

Während die administrative Ebene der Selbstbestimmung in Deutschland durch die Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes im April dieses Jahres gestärkt wurde, ist die physische Ebene weiterhin ein kontroverses Thema in der politischen Debatte. Wie wir bereits in unserem Artikel zu den beiden Diskursebenen der Selbstbestimmung ausgeführt haben, beinhaltet eine körperliche Veränderung meist eine invasive und schwerer reversible Veränderung, die immer auch zusätzliche Akteure wie Ärzt*innen oder bei Minderjährigen die Eltern mit einbezieht. Wie Thailands Tourismuspolitik unterstreicht, geht es dabei in der deutschen Diskussion nicht darum, ob dies Menschen ermöglicht werden sollte. Stattdessen stellt sich lediglich die Frage, unter welchen Bedingungen Menschen über ihren Körper bestimmen können und ob es gelingt, sichere Standards zu etablieren. Wer Geld hat, wird auch jetzt schon in anderen Ländern Angebote finden. Wer kein Geld hat, zwar auch, allerdings unter welchen Risiken, bleibt offen.

Eine rechtliche Regelung könnte hier zu mehr Sicherheit und weniger Diskriminierung führen. Auch in dem Sinne, dass eine vom Tourismus „unabhängige“ medizinische Beratung dazu führen darf, dass sich eine Person gegen einen invasiven Eingriff entscheiden kann und darf.

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Mitte März hat ein Oberstes Gericht in Japan das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen als verfassungswidrig eingestuft. Die Regierung wird aufgefordert, dies schnellstmöglich zu verändern.

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In der japanischen Verfassung wird Ehe als gegenseitiges Einverständnis der beiden Geschlechter definiert. Die Organisation „Marriage for All Japan“ argumentiert jedoch, dass dies kein Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen impliziert. Im Gegenteil „[W]eil das Recht zu heiraten, wen man möchte, ein grundlegendes Menschenrecht ist, das von der Verfassung geschützt wird, ist die Nicht-Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Ehen verfassungswidrig“.

In der Verfassung wird die gleichgeschlechtliche Ehe weder explizit verboten noch ausdrücklich erlaubt. In der Praxis werden gleichgeschlechtliche Paare jedoch nicht offiziell anerkannt. Japan ist somit der einzige G7-Staat, in dem die Ehe für homosexuelle Paare noch nicht legalisiert wurde. Dabei stehen nach einer Befragung von 2023 fast zwei Drittel der japanischen Bevölkerung hinter einer Einführung der „Ehe für alle“ (Reuters).

Im Juni letzten Jahres wurde ein erstes Gesetz verabschiedet, mit welchem versucht wird die Diskriminierung von LGBTIQ* abzubauen. Dies geschah auf Initiative von über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen, die sich in der Kampagne #EqualityActJapan zusammengeschlossen haben. Für die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ist das Gesetz jedoch unzureichend, um LGBTIQ* Personen umfassend vor Diskriminierung zu schützen. Es bedarf weiterer Antidiskriminierungsgesetze.

Die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe wäre ein weiterer wichtiger Schritt, um grundlegende Rechte von queeren Japaner*innen zu sichern. Die konservative „Liberal Democratic Party“ (LPD) stellt sich diesem Vorhaben jedoch entgegen. Das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen würde nach dem neuesten Beschluss des Obersten Gerichts in Sapporo das Recht auf Familie verletzen (Al Jazeera). Gleichgeschlechtlichen Paaren werden zudem steuerliche Vorteile sowie Gesundheits- und Sozialleistungen verwehrt, die heterosexuelle verheiratete Paare erhalten (Amnesty International, S. 16).

Für die LGBTIQ* Community in Japan ist der Beschluss des Gerichts zunächst ein Erfolg. Auch sechs Bezirksgerichte kamen zum Ergebnis, dass ein Verbot verfassungswidrig sei. Allerdings können die Gerichte das Gesetz nicht eigenständig ändern. Obwohl die Regierung aufgefordert wird, das Recht auf Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu gewährleisten, kann dies vorerst weiterhin verwehrt bleiben, bis das bestehende Ehegesetz geändert oder ein neues Gesetz erlassen wird (AP News).

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Am 5. Februar stellte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Grundlagen für die "Verantwortungsgemeinschaft" vor, eine neue Rechtsform, die es nahestehenden Volljährigen ermöglichen soll, bestimmte Rechte füreinander festzulegen.

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In seiner Pressemitteilung betonte Buschmann: „Das neue Institut soll […] Menschen das Leben etwas leichter machen – aber niemandem etwas wegnehmen." Auch der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), sieht das Gesetz als Fortschritt für die LGBTIQ* Gemeinschaft. Gerade in den Fällen, in denen Menschen nach ihrem Outing den Rückhalt in der eigenen Familie verlieren, bietet das neue Gesetz die Möglichkeit, ihre Wahlfamilie auch rechtlich abzusichern, so Lehmann laut RedaktionsNetzwerk Deutschland (rnd). Aber auch für Ältere und Personen ohne Familie bietet das Gesetz diesen Rahmen.

Voraussetzung der Verantwortungsgemeinschaft soll ein notariell beglaubigter Vertrag zwischen mindestens zwei und nicht mehr als sechs volljährigen Personen sein, die in einem tatsächlichen und überprüfbaren Näheverhältnis (z. B. WG oder Nachbarschaft etc.) stehen. Die Eckpunkte sehen dabei vier Modelle mit einem unterschiedlichen Grad der Verantwortungsübernahme vor. Buschmann erweiterte diese Liste bei seiner Vorstellung allerdings noch um eine sog. Grundstufe:

1: „Grundstufe“: Hier geht es darum, es den Vertragsparteien zu ermöglichen, als rechtliche Betreuer*in (§ 1816 BGB) oder in Fragen der Organspende (§ 8 des Transplantationsgesetzes) Berücksichtigung zu finden.

2: „Auskunft und Vertretung“: „[…] soll in einer gesundheitlichen Notsituation jeder Partner[in] der Verantwortungsgemeinschaft entsprechend dem Ehegattennotvertretungsrecht (§ 1358 BGB) Auskunft von behandelnden Ärzten verlangen und den oder die anderen Partnerin vertreten können“

3: „Zusammenleben“: Partnerschaften, die zusammenleben, sollen unabhängig von ihrer gemeinsamen Wirtschaftsführung eine gegenseitige Verpflichtungsermächtigung für die Haushaltsführung erhalten. Die Einzelheiten sind vertraglich individuell zu regeln. Im Einzelfall soll geprüft werden, ob und welche Partner*innen eine Einstandsgemeinschaft entsprechend § 7 SGB II bilden.

4: „Pflege und Fürsorge“: Hierbei soll explizit „keine Verpflichtung zur Pflege“ geschaffen werden. Es soll vielmehr geprüft werden, ob Personen, die für andere einstehen, Ansprüche nach dem Pflegezeitgesetz und dem Familienpflegezeitgesetz haben (Beispiele wären hier Freistellung von Arbeit und finanzielle Unterstützung durch den Staat).

5: „Zugewinngemeinschaft“: Dieses soll die Gemeinschaft für den Fall eines Auseinanderbrechens absichern. Dabei sollen aber grundsätzlich keine Ansprüche nach Erb- oder Steuerrecht bestehen. Es wird jedoch geprüft, ob das Rentensplitting möglich ist.

Wie zu erwarten, stößt der Entwurf dabei nicht nur auf Zustimmung. So weist die Oppositionspartei CDU nach Angaben des rnd darauf hin, dass solche notariellen Verträge bereits heute geschlossen werden können, ohne dass es dafür eines Gesetzes bedarf. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) macht, ebenfalls gegenüber dem rnd, deutlich, dass insbesondere Ältere, aber auch Pflegebedürftige und weitere Gruppen vor Vertragsmissbrauch geschützt werden müssten. Der Spiegel ergänzt die Befürchtungen, dass gerade Personen, die über lange Zeit unbezahlte Tätigkeiten im Haushalt oder in der Kinderbetreuung übernehmen (meist Frauen), keine Ansprüche auf Unterhaltszahlungen entwickeln und die Verantwortungsgemeinschaft zudem jederzeit einseitig aufgelöst werden könne.

Daraus folgt, dass vor allem die Punkte 3 bis 5 ein besonderes Augenmerk benötigen. Das gilt insbesondere für Personen, die bei Auflösung des Vertrags vor erheblichen Folgeproblemen stehen könnten und präventiv abgesichert werden müssen, um ihre Lebensperspektiven zu bewahren. Stichwort: Mangel an Unterhalt und/oder Rente, aber auch Hilflosigkeit, z. B. bei Älteren etc. In diesem Zusammenhang sollten gerade die großen Sozialverbände den Gesetzgeber daran erinnern, seinen Pflichten nach Art. 20 und 28 GG nachzukommen, die laut Deutschem Bundestag auch die soziale Absicherung beinhalten. Insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen Spardiskurses darf die Solidarität der Bürger*innen untereinander nicht als sozialstaatliche Sparmaßnahme missbraucht werden.

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Am Freitag, 02.01.2024, wurde in Griechenland trotz heftiger Debatten ein Gesetzentwurf zur Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe ins Parlament eingebracht. Der Entwurf zielt darauf ab, den Grundsatz der Gleichheit durch die Erweiterung der Eheschließungsmöglichkeiten auf Personen des gleichen Geschlechts zu gewährleisten.

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Nach Angaben von queer.de, die sich auf das griechische Parlament beziehen, wird die Abstimmung voraussichtlich am 14. oder 15. Februar stattfinden, wobei der Fraktionszwang für die Regierungspartei Nea Demokratia aufgehoben wird. Während sich der konservative Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gegen einen nicht kleinen Teil seiner eigenen Partei behaupten muss und sich auch die griechisch-orthodoxe Kirche offen gegen den Entwurf wendet, machte Mitsotakis deutlich, dass sich das Parlament die Bedenken der Kirche anhöre, aber die Legislative letztendlich beim Parlament liege, so queer.de weiter. Unterstützung kommt hingegen von der linken Oppositionspartei Syriza. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (rnd), aber auch queer.de oder der Tagesspiegel und weitere berichten, hatte Parteichef Stefanos Kasselakis die Unterstützung seiner Partei für entsprechende Pläne der Mitte-Rechts-Regierung angekündigt. „Zwar gehe ihm der am Mittwoch [...] vorgestellte Vorschlag nicht weit genug, er enthalte aber ‚einige positive Elemente‘“(rnd).

So soll das neue Gesetz diese Benachteiligung beenden und gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption von Kindern ermöglichen. Bis dato fehlt laut rnd beispielsweise der Rechtsanspruch auf Besuch der Kinder im Krankheitsfall oder das Recht, das Kind der Partnerin*des Partners aufzunehmen, sollte dieser*diesem etwas zustoßen. Wie weitreichend die Problematik einer Nichtanerkennung der Elternschaft sein kann, hatten wir bereits anhand des EU-Gesetzesentwurfs zur automatischen Anerkennung der Elternschaft in allen EU-Staaten, der am 14. Dezember 2023 eingebracht wurde, beschrieben. Damals wiesen wir darauf hin, dass es allerdings nicht nur auf das Recht, sondern auch auf seine Anwendung ankomme. Dass Griechenland nun auch im nationalen Recht diesen Schritt geht, schafft daher (sollte das Gesetz verabschiedet werden) auf jeden Fall dort einen Rechtsanspruch.

Die queere Community begrüßt den Gesetzentwurf, kritisiert jedoch, dass gleichgeschlechtlichen Paaren nach wie vor nicht erlaubt sei, ein Kind mit einer Leihmutter zu bekommen. Damit sind laut rnd Leihmutterschaften  weiterhin nur für heterosexuelle Paare gestattet, wenn die Frau aus gesundheitlichen Gründen nicht schwanger werden kann.

Aus politstrategischer Sicht ist die Entkopplung der beiden Diskursfelder dabei möglicherweise gar nicht unklug gewählt. Indem man die Themen getrennt zur Disposition stellt, können politische Akteure möglicherweise breitere Unterstützung für die Ehe für alle gewinnen, ohne gleichzeitig kontroverse Fragen zur Leihmutterschaft zu berühren. Daraus darf allerdings keinesfalls folgen, dass das Thema der Leihmutterschaft unangetastet bleibt.

Griechenland könnte das 16. der 27 EU-Mitgliedsstaaten werden, das die Ehe für alle öffnet. Es würde damit Estland folgen, das bereits am 20. Juni 2023 nach langem Ringen sein Gesetz zur gleichgeschlechtlichen Ehe verabschiedet hatte.

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Eine im Jahr 2021 veröffentlichte Studie deckte Fälle von Sorgerechtsentzügen lesbischer Mütter in Westdeutschland bis mindestens in die 80er Jahre auf. Ein ähnliches Forschungsprojekt beschäftigt sich nun mit dem Thema in Nordrhein-Westfalen, wofür noch Material und Zeitzeug*innen gesucht werden.

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Das erstgennannte, vom Land Rheinland-Pfalz geförderte Forschungsprojekt, dessen Bericht unter dem Titel „…in ständiger Angst. Eine historische Studie über rechtliche Folgen einer Scheidung für Mütter mit lesbischen Beziehungen und ihre Kinder in Westdeutschland unter besonderer Berücksichtigung von Rheinland-Pfalz (1946 bis 2000)“ erschien, lieferte einen wichtigen Beitrag zur historischen Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen in der Nachkriegszeit in Westdeutschland (echte vielfalt berichtete). Auch wenn die Studie abgeschlossen ist, müsse das Thema weiter untersucht werden, wie auf der Webseite des Forschungsprojekts betont wird.

Mit dem neuen Forschungsprojekt in Nordrhein-Westfalen soll die Geschichte rechtlicher Diskriminierung lesbischer Mütter zwischen 1946 und 2000 weiter erforscht und die Geschichten von Betroffenen sichtbar gemacht werden. Bisher gebe es noch einen Mangel an Informationen zu den Gerichtsentscheidungen über das Sorgerecht lesbisch lebender Mütter in NRW. So scheint es, als seien die Fälle kaum dokumentiert und absichtlich verschwiegen worden. Um dieser Informationslücke sowie der generellen Unsichtbarkeit lesbischer Beziehungen im 20. Jahrhundert zu entgegnen, sollen Zeitzeug*innenberichte einbezogen werden. NRW-Familienministerin Josefine Paul betont: „Mir ist es sehr wichtig, die Aufarbeitung der historischen Verfolgung und Ausgrenzung von LSBTIQ* Menschen weiter fortzusetzen. Diskriminierung und Entrechtung hatten auch in der Bundesrepublik viele Facetten. Daher wollen wir mit dem Forschungsprojekt zum Sorgerechtsentzug einen bisher wenig bekannten und erforschten Aspekt der Diskriminierung von LSBTIQ* in den Blick nehmen. Dabei ist es wichtig, die Opfer zu Wort kommen zu lassen, ihre Geschichten sichtbar werden zu lassen und das erlittene Unrecht anzuerkennen. Wir leisten damit auch einen Beitrag zur Aufarbeitung bundesrepublikanischer Rechtsgeschichte.“

Durchgeführt wird die Studie von Dr. Kirsten Plötz, die seit den 90er Jahren lesbisches Leben während des 20. Jahrhunderts in Deutschland erforscht und Expertin zum Thema Sorgerechtsentzug lesbischer Frauen ist. Das Forschungsprojekt steht in Trägerschaft des Queeren Netzwerks NRW und wird gefördert vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Zeitzeug*innen können sich an sorgerecht@queeres-netzwerk.nrw wenden.

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Die Ampelregierung machte in ihrem Koalitionsvertrag einige queerpolitische Versprechen, worunter eine Reform des Abstammungsrechts fällt, die gleichgeschlechtliche Elternpaare mitdenken soll. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FPD) will noch im Januar 2024 ein Eckpunktepapier zur geplanten Reform vorlegen.

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Bisher gilt die Person (im Gesetz: Frau), die das Kind gebärt, automatisch als rechtliche Mutter. Als Vater gilt entweder der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist. So kann es nach dem jetzigen Abstammungsrecht nur einen rechtlichen Vater geben. Bei lesbischen Paaren muss das zweite Elternteil das Kind im Rahmen einer Stiefkindadoption adoptieren. Dieser Umweg sei oft zeit- und kostenintensiv und mit Unsicherheit verbunden, so Buschmann.

Im Status quo des Abstammungsrechtes werden gleichgeschlechtliche Paare nicht mitgedacht. Die Ampelregierung versprach in ihrem Koalitionsvertrag, dass bei verheirateten lesbischen Paaren automatisch beide in die Geburtsurkunde ihres Kindes eingetragen werden sollen. LSBTIQ*-Verbände kritisierten im Herbst 2023, dass für die Umsetzung dieser Versprechung noch kein Zeitplan vorliege, was womöglich bedeuten könnte, dass „für die nächsten Jahre oder gar Jahrzehnte Familien mit zwei Müttern, zwei Vätern oder mit trans* Elternteilen Familien zweiter Klasse bleiben“. Im Januar 2024 soll nun ein erstes Eckpunktepapier vorliegen, doch wann dies umgesetzt wird, bleibt erstmal unklar.

Nach Angaben des Deutschlandfunks soll die Reform neben der Vereinfachung der Anerkennung rechtlicher Elternschaft bei lesbischen Paaren auch Neuerungen beim Umgangsrecht für getrennte Elternpaare beinhalten. Außerdem sollen sogenannte „Verantwortungsgemeinschaften“ eingeführt werden. Zudem kündigte das Bundesjustizministerium an, dass die Elternschaftsanerkennung außerhalb der Ehe unabhängig vom Geschlecht der anerkennenden Person oder von einem Scheidungsverfahren möglich sein sollte. Dass die Frau, die das Kind gebärt, automatisch als Mutter eingetragen wird, soll sich nicht ändern. Zudem sollen weiterhin nur zwei Personen als rechtliche Elternteile gelten. So scheint die Reform keine Möglichkeit zu beinhalten, zwei Väter in die Geburtsurkunde einzutragen.

Ob auch trans, inter und nicht-binäre Personen bei den Neuerungen mitgedacht werden, ist noch unklar. Trans Männer, die ein Kind gebären, werden wohl weiterhin als „Mutter“ eingetragen. Dass die rechtliche Geschlechtsidentität des Elternteils nicht anerkannt wird, sei diskriminierend, so der Bundesverband Trans*. Bereits im Jahr 2019 forderte die Organisation, dass eine Reform des Abstammungsrechts trans* und inter Personen inkludieren muss: „Gebärende Väter und zeugende Mütter sind eine gesellschaftliche Tatsache. Diese Tatsache muss in eine Reform des Abstammungsrechts einfließen!“

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