Das sperrige Wort Heteronormativität (englisch: Heteronormativity) wurde von Michael Warner in seinem Artikel Introduction: Fear of a Queer Planet geprägt, um ein System von Normen, also Verhaltenserwartungen zu bezeichnen, nach denen jeder Mensch heterosexuell ist bzw. sein sollte.
Mittlerweile ist der Begriff ein zentrales Konzept der Queer-Theorie. Die Idee der Heterosexualität als vermeintlich „natürliche“ oder höherwertige Form der Sexualität wird damit in Frage gestellt. Dazu gehört auch die alltagsweltliche Annahme, dass er nur zwei Geschlechter gäbe, die sexuell aufeinander bezogen sind: „Die Heteronormativität drängt die Menschen in die Form zweier körperlich und sozial klar voneinander unterschiedener Geschlechter, deren sexuelles Verlangen ausschließlich auf das jeweils andere gerichtet ist“ (Wagenknecht 2004).
Heteronormativität findet sich nicht nur in den Einstellungen von Menschen, sondern auch in den gesellschaftlichen Strukturen und Institutionen wieder, zum Beispiel wenn homosexuelle Paare oder Regenbogenfamilien rechtlich diskriminiert werden.
Auch in der Alltagskultur findet sich Heteronormativität wieder, wie die Geschlechterforscherin Sabine Hark in einem Interview erläutert: „Heterosexualität organisiert die gesamte Alltagskultur. Das beginnt mit den Fantasiewelten, die in Kinderbüchern oder -filmen gezeigt werden, geht über Lehrmaterialien in der Schule bis hin zu allgegenwärtiger Werbung, in der das romantische Glück von Heteropaaren inszeniert wird. Es wird schon früh vorausgesetzt, dass Kinder und Jugendliche eines Tages eine/n gegengeschlechtliche/n Partner/in finden.“
Doch natürlich gibt es auch Widerstand gegen die Norm der Heterosexualität und die Abwertung von Homosexualität. LSBTIQ-Personen, ihre Sichtbarkeit und ihr Engagement zeigen auf, dass die Gesellschaft vielfältiger ist, als es uns oft vermittelt wird.