Echte Vielfalt

Beratung und Recht

Nach der Bewusstwerdung über die eigene sexuelle oder geschlechtliche Identität – dem sogenannten „inneren“ Coming-Out -, folgt oft das „äußere“ Coming-Out gegenüber Familienmitgliedern und Freund:innen. Der Umgang von Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten bei dem Coming-Out queerer Kinder und Jugendliche kann starken Einfluss auf ihr Selbstbild haben. Daher ist es wichtig, sich als erwachsene Bezugsperson damit auseinanderzusetzen, wie ein unterstützendes Umfeld für das Kind geschaffen werden kann.

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Das Queer Lexikon hat in der Broschüre „Queere Kinder begleiten & unterstützen“ Tipps für erwachsene Bezugspersonen von queeren Kindern und Jugendlichen zusammengestellt. Dabei geht es unter anderem um die Frage, welche Reaktionen beim Coming-Out hilfreich sind. Viele der Hinweise können auch nachträglich wirksam sein, selbst wenn das Coming-Out Gespräch nicht optimal verlaufen ist.

In erster Linie ist es wichtig, das Kind in seiner sexuellen oder geschlechtlichen Identität ernst zu nehmen und zu unterstützen sowie zu zeigen, dass es nach wie vor geliebt und akzeptiert wird. Es kann auch hilfreich sein, das Kind direkt zu fragen, was es braucht. Dies gilt nicht nur einmalig, sondern Elternteile oder andere Erziehungsberechtigte sollten regelmäßig überprüfen, ob das Kind sich unterstützt fühlt oder was es braucht, um dahin zu kommen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass sich Eltern eigenständig über die queere Identität ihres Kindes informieren. Beratungsstellen und Elterngruppen können dabei eine wertvolle Unterstützung bieten. Zudem könnte es sinnvoll sein, gemeinsam mit dem Kind queere Themen zu erkunden – beispielsweise durch gemeinsames Anschauen von Filmen oder Serien (eine Übersicht mit Film- und Serientipps gibt es in unseren Listen zu Queeren Coming-of-Age Serien oder Queeren Filmempfehlungen).

Es ist ebenfalls wichtig, den eigenen Emotionen Raum zu geben; jedoch sollte dies nicht im Gespräch mit dem Kind geschehen. Für persönliche Anliegen gibt es Anlaufstellen wie

Für weitere konkrete Hinweise für erwachsene Bezugspersonen queerer Kinder und Jugendliche während und nach dem Coming-Out lohnt sich ein näherer Blick in die Broschüre des Queer Lexikons.

Bild: Freepik

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„Deutlicher Anstieg der Verfahren wegen Hasskriminalität im Internet“ – Dies geht aus der „Jahrespresseerklärung 2023“ vom 17. Mai 2024 der Generalstaatsanwaltschaft für das Land Schleswig-Holstein hervor.

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Demnach stieg die Anzahl der „Verfahren wegen Hasskriminalität im Internet“ deutlich. So wurden 59 statt zuvor 36 neue Verfahren aufgrund eines möglichen antisemitischen Hintergrunds eingeleitet, „die Anzahl der registrierten Verfahren, die eine Straftat aufgrund der sexuellen Orientierung des Opfers (z. B. LGBTIQ*) zum Gegenstand hatten, [stieg auf] 36.“ Leider wurde dabei nicht angegeben, von welchem Niveau dieser Anstieg ausging.

Dies klingt zunächst nicht sehr positiv. Schaut man allerdings auf den Wortlaut, so sagen die Zahlen etwas über den Anstieg der „Verfahren“ – also der Taten, die als mögliche Straftaten wahrgenommen und verfolgt wurden – und nichts über die Fälle selbst. Dies kann natürlich daran liegen, dass es mehr potenzielle Fälle gibt, es könnte aber auch daran liegen, dass die Polizei in Schleswig-Holstein genauer hinsieht.

Für Letzteres spräche eine Stellungnahme der Polizeigewerkschaft in Schleswig-Holstein vom 15. Februar 2024. Darin heißt es: „Landespolizei und auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind Mitglieder im ‚Bündnis für Vielfalt‘ und stehen damit zu den Inhalten der ‚Lübecker Erklärung für Akzeptanz und Respekt‘. Damit bekennen sich die Landespolizei und die GdP ausdrücklich zu Vielfalt und Toleranz und positionieren sich gleichzeitig gegen jegliche Form der Ausgrenzung und Diskriminierung. [Damit] verpflichteten sich die Landespolizei und die GdP mit der Unterzeichnung, jeglicher Form von Diskriminierung entgegenzutreten und sich für die Anerkennung und den Respekt von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und pansexuellen Mitmenschen zu engagieren. Gesellschaftliches und politisches Engagement gegen Rassismus und für unsere Demokratie sowie Bildungs-, Aus- und Fortbildungsangebote und -informationen unterstützen wir ausdrücklich.“

Diese Haltung ist nur zu befürworten und lässt hoffen, vor allem, da sie ihren Wert nur entfalten kann, wenn sie durch eben jene „Aus- und Fortbildungsangebote“ auch in die einzelnen Ebenen der Institutionen wie der Polizei, aber auch anderer Behörden, Einzug hält. Sollte die Zunahme der Verfahren gegen Hasskriminalität im Internet, die sich gegen LGBTIQ* Personen richten, also tatsächlich ein Indikator für ein genaueres Hinschauen sein, wäre das eine gute Nachricht. Aber auch wenn es nicht so sein sollte und die Hasskriminalität tatsächlich zugenommen hat, ist das öffentliche Bekenntnis durch die Stellungnahme umso begrüßenswerter, die Aus- und Fortbildungen umso notwendiger und die explizite Haltung der Polizei in SH umso bedeutsamer.

Bild von Gordon Johnson auf Pixabay

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Am 1. November ist das Selbstbestimmungsgesetz in Deutschland in Kraft getreten. Nun kann der Geschlechtseintrag beim Standesamt geändert oder gestrichen werden. Die queere Community feiert diesen Erfolg, auch in Schleswig-Holstein haben bereits zahlreiche Personen beim Standesamt einen Termin vereinbart.

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Das Selbstbestimmungsgesetz löst das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) ab, in dem die rechtliche Änderung von Geschlecht und Vornamen an ein sehr aufwendiges, kostspieliges und in der Umsetzung für die Betroffenen oft entwürdigendes Verfahren gekoppelt war. Der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, äußerte gegenüber dem Tagesspiegel: „Mit dem Selbstbestimmungsgesetz wird diese staatliche Bevormundung und Fremdbestimmung endlich beendet.“

Nun reichen eine Selbstauskunft und ein Termin beim Standesamt aus, damit trans*, inter* und nicht-binäre Personen ihre Identität rechtlich anerkennen lassen können. Bereits seit August konnten Termine dafür vereinbart werden. In Schleswig-Holstein sind laut einem Bericht des NDR (Stand Anfang Oktober) über 370 Anmeldungen zu verzeichnen. In Hamburg haben Ende Oktober bereits mehr als 540 Personen einen Termin zur Änderung des Geschlechtseintrags vereinbart (Der Nordschleswiger).

Doch wie läuft das Verfahren jetzt eigentlich genau ab und wo gibt es Informationen dazu? Einen allgemeinen Leitfaden für Erklärungsberechtigte in ganz Deutschland gibt es auf der Webseite zum Selbstbestimmungsgesetz sbgg.info.

Grundsätzlich gilt, dass frühestens drei Monate nach Anmeldung beim Standesamt - per Post oder persönlich - die Änderung beurkundet werden kann. Die Erklärung muss dann persönlich abgegeben werden. Darin werden der neue Geschlechtseintrag („weiblich“, „männlich“, „divers“ oder keiner) und Vorname festgelegt.

Die Anlaufstelle für LSBTIQ* HAKI e.V. weist darauf hin, dass der Bund nur wenige konkrete Informationen zur Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes in den Standesämtern bereitgestellt hat. Deshalb könnte es sowohl bei der alltäglichen Arbeit in den Ämtern als auch bei den Antragstellenden noch offene Fragen geben. HAKI sowie der queere Jugendverband lambda::nord haben mit den Standesämtern in Schleswig-Holstein Kontakt aufgenommen, um diese in dem Prozess zu begleiten.

Für Kiel hat HAKI bereits hilfreiche Hinweise zur Anmeldung beim Standesamt Kiel zusammengestellt. Die Stadt Itzehoe veröffentlichte ebenfalls ein Infoblatt zum Selbstbestimmungsgesetz, in dem die Schritte und wichtige Hinweise zusammengefasst werden.

Darin wird betont, dass mit einer Änderung des Geschlechtseintrages auch die Änderung des Vornamens vorgenommen werden muss, um die Geschlechtsangabe widerzuspiegeln. Jedoch können auch geschlechtsneutrale Namen beibehalten oder bei Änderung des Eintrags zu „divers“ gewählt werden. Die Angaben zum gewünschten Geschlechtseintrag und Vornamen, die bereits mit der Anmeldung gemacht werden, sind nicht bindend und werden erst bei dem persönlichen Termin endgültig festgelegt.

Falls es weitere Fragen gibt oder es bei einem Termin zu Queerfeindlichkeit kommen sollte, kann sich an HAKI e.V. gewendet werden.

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Der Bundesverband Trans* (BVT*) und der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) laden am 11.11.2024 von 17 bis 20 Uhr zur Online-Veranstaltung „Das Selbstbestimmungsgesetz tritt in Kraft – was bedeutet dieser Moment für die Communities?“ ein.

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Hintergrund ist das am 1. November in Kraft tretende Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), mit dem die Änderung des Geschlechtseintrages einfacher werden soll. Das Gesetz legt fest, dass Vornamen und Geschlechtseintrag durch eigenständige Erklärung geändert werden können. Das heißt, dass trans* und nicht-binäre Personen ihre Geschlechtseinträge ändern oder streichen lassen können, ohne wie bisher ein gerichtliches Verfahren durchlaufen und ein psychologisches Gutachten einholen zu müssen.

Ausführliche Informationen zum neuen Selbstbestimmungsgesetz wurden auf der Webseite sbgg.info von verschiedenen queeren Verbänden zusammengestellt, auch Kritik und weitere Schritte zur Selbstbestimmung finden sich dort wieder.

Vor Inkrafttreten bleiben offene Fragen zu der Umsetzung des neuen Verfahrens. Die Veranstaltung des LSVD+ und BVT* bietet hierzu einen Raum, um diese zu besprechen. Dabei richtet sich die Veranstaltung sowohl an Einzelpersonen, die eine Erklärung nach dem SBGG abgeben wollen, als auch an Berater*innen und Multiplikator*innen, die trans* und nicht-binäre Personen dabei begleiten.

Die Veranstaltung bietet einen Überblick über Informationsbeschaffung zum SBGG sowie rechtlichen Input zur Frage „Was tun, wenn das Standesamt eine Anmeldung oder Erklärung nach dem SBGG ablehnt?“. Außerdem wird in einem Panel-Gespräch diskutiert, was das Inkrafttreten des SBGG für die Communities bedeutet. Zuletzt ist ein Austausch in Kleingruppen geplant.

Die Veranstaltung findet über Zoom statt. Weitere Informationen und Anmeldung auf der Webseite des Bundesverband Trans*.

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„Queer Refugees Deutschland“ ist ein bundesweites Projekt des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) und wird seit 2017 durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gefördert.

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Das Projekt "Queer Refugees Deutschland" bietet LSBTIQ*, die nach Deutschland geflüchtet sind oder sich auf der Flucht befinden, eine zentrale Beratungs- und Vernetzungsstelle. Es verbindet dabei die Flüchtlingsberatung mit der LSBTIQ*-Beratung und bietet mehrsprachige Informationen, Schulungen und Empowerment-Arbeit an.

In diesem Zuge hat der LSVD zusammen mit „Fluchtgrund Queer“ und durch Förderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine neue „Terminologie-Liste“ veröffentlicht. Die Broschüre enthält Begriffe in den Sprachen Arabisch, Dari, Englisch, Französisch, Paschtu, Persisch, Russisch, Türkisch und Urdu und ist speziell darauf ausgelegt, Sprachmittler*innen zu sensibilisieren und ihnen die richtigen Begriffe im Kontext sexueller Orientierung und geschlechtlicher Vielfalt an die Hand zu geben. Die Begriffe decken ein breites Spektrum ab, von „Transition“ über „Geschlechtsausdruck“ bis hin zu „nicht-binär“, „transgeschlechtlich“ und „intergeschlechtlich“. Darüber hinaus enthält die Broschüre auch eine Liste von abwertenden Begriffen, die vermieden werden sollten, um eine respektvolle Kommunikation zu gewährleisten.

Sprachmittler*innen sind dabei keineswegs ausschließlich „offiziell bestellte“ Dolmetscher*innen. Auch in Schulen und Kitas oder im Freundes- und Bekanntenkreis, aber natürlich auch in der Familie, gibt es immer wieder Menschen, die sprachlich vermitteln und übersetzen, ohne dass es ihre Ausbildung ist - nicht zuletzt auch Minderjährige. Dabei kann es bspw. in Schulen, aber auch in allen anderen Kontexten darum gehen, dass das Thema LSBTIQ* besprochen und erklärt wird. Auch in diesem Fall kann diese Broschüre helfen, die richtigen Worte zu finden.

Konkret bleibt die Liste ein Werkzeug. Ob und wie es angewendet wird, hängt von den Institutionen und Menschen ab. Allerdings ist ihr Anwendungsbereich eben nicht nur auf Flucht beschränkt. Gleichzeitig sind es diese anderen Bereiche, wie bspw. die Bildung, in denen das Fundament für eine offene Gesellschft entsteht, von der nicht nur Geflüchtete profitieren.

In Papierform ist die Fibel kosten- und versandfrei erhältlich unter: queer-refugees@lsvd.de

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[Pressemitteilung] Da die kürzlich veröffentlichten Fallzahlen im Bereich der Hasskriminalität gegen queere Menschen auf einem neuen, beunruhigenden Höchststand sind, ist es Zeit zu handeln!

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velspol Schleswig-Holstein, das queere Netzwerk von Beschäftigten in Polizei, Justiz, Zoll und der Ordnungsbehörden, hat aus diesem Grund die Präventions- & Empowermentkampagne „STOP the
HATE“ entwickelt. Die Webseite https://stop-the-hate.de bietet eine umfassende Informationsbasis, die Transparenz schafft und über bestehende Rechte aufklärt. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung über Hate Crimes und deren Auswirkungen. Zusätzlich bereitet die Kampagne auf mögliche Interaktionen mit der Polizei vor und unterstreicht die Bedeutung, das Dunkelfeld solcher Straftaten aufzuhellen.
Darüber hinaus wird STOP the HATE eine Vielzahl von Maßnahmen umfassen, wie z.B. Aufklärungsveranstaltungen und Workshops für lokale queere Gemeinschaften sowie Sensibilisierungsmaßnahmen auf den Prides in Schleswig-Holstein. Außerdem beabsichtigt velspol, an berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein Awareness-Workshops in Bezug auf Hate Crime
durchzuführen.
Die Hauptziele sind, die Bemühungen zur Stärkung der queeren Community zu intensivieren und durch Präventionsarbeit das Bewusstsein für Straftaten gegen Queers zu schärfen.

STOP the HATE wird aus Mitteln des Landesdemokratiezentrums beim Landespräventionsrat Schleswig-Holstein sowie durch das Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport des
Landes Schleswig-Holstein gefördert.

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Georgiens Parlament hat am Donnerstag, den 27. Juni 2024, ein Gesetz gegen „LGBTQ-Propaganda“ in erster Lesung behandelt. Damit hat der EU-Beitrittskandidat einen weiteren Schritt auf einem Weg gemacht, der weg von der EU führen kann.

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Wie der Tagesspiegel berichtet, „[…] verabschiedete die Regierungspartei Georgischer Traum den Gesetzentwurf mit 78 Stimmen in erster Lesung. Die zur Annahme erforderlichen zwei weiteren Lesungen sind noch vor Ende des Jahres geplant“. Die Opposition boykottierte die Abstimmung.

Sollte das Gesetz beschlossen werden, stünde es im Gegensatz zu den Grundlinien der EU. Bereits vergangenes Jahr hatten wir über die Debatte um Georgien als „sicheres“ Herkunftsland berichtet und auf die Anmahnung von rechtsstaatlichen Missständen gegen die LGBTIQ-Gemeinschaft durch NGOs wie bspw. Pro Asyl verwiesen. Dennoch wurde das Land am 23. Dezember 2023 als sicheres Herkunftsland eingestuft. Seitdem hat sich die Lage weiter zugespitzt.

Wie „ZDF heute“ zusammenfasst, hatte Georgien bereits im Mai ein Gesetz gegen "ausländische Agenten" beschlossen. „Es sieht vor, dass Organisationen, die zu mehr als einem Fünftel aus dem Ausland finanziert werden, sich als ‚Agenten ausländischer Einflussnahme‘ registrieren lassen müssen. Über Wochen hatten teils Zehntausende Menschen dagegen protestiert. Die EU hatte erklärt, dass das Gesetz die weitere Annäherung des Beitrittskandidaten an die Gemeinschaft vorerst gestoppt habe“. Gleichgeschlechtliche Ehen sind in Georgien laut Verfassung bereits verboten.

Nun also ein weiteres Gesetz auf einem Weg, der laut ZDF und Tagesspiegel immer stärker an die Gesetzeslage in Russland erinnere. Über den Prozess in Russland und seine Konsequenzen hatten wir schon des Öfteren berichtet. Aber auch in den USA und in der Europäischen Union, wie bspw. in Polen, finden sich ähnliche Beispiele. Wie dort sieht auch der georgische Gesetzesentwurf vor, „Darstellungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen aus Schulen, Universitäten und Fernsehprogrammen zu verbannen. Nicht-heterosexuelle Paare dürfen danach zudem keine Kinder adoptieren. LGBT-Versammlungen könnten auf Grundlage des Gesetzes verboten werden“.

Auch wenn Georgiens Beitritt ausgesetzt wurde, stellt sich mit einem Blick vor die eigene Haustür die Frage: Wohin steuert Europa?

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Der Bundestag hat am Donnerstag, 6. Juni 2024, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts angenommen. Enthalten hatte sich lediglich die AfD. Ziel des Gesetzes ist die Verbesserung der juristischen Verfolgung in Deutschland von Verbrechen, die im Ausland begangen wurden und gegen das Völkerrecht verstoßen.

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„In den vergangenen Jahren hat [das Völkerstrafrecht] sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene zunehmend an Bedeutung gewonnen. Vor allem der massive Einsatz sexualisierter Gewalt hat zu einem gesteigerten Bewusstsein für die Lückenhaftigkeit des bestehenden deutschen Völkerstrafrechts geführt“, so heißt es zur Begründung des Gesetzes in seiner angenommenen Fassung. Auch die „‚sexuelle Orientierung‘ für die Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe“ soll dabei in den Tatbestand als Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§7 VStGB) aufgenommen werden.

Wie das Magazin queer in ihrem Artikel dazu betont, fasst das Gesetz den Begriff des 'Geschlechts' weit, um sämtliche geschlechtliche Identitäten „insbesondere auch die nicht-binäre Geschlechtsidentität sowie die trans- und intergeschlechtliche Identität“ zu integrieren. In unserem Artikel zur neuen FRA-Studie haben wir bereits auf den Umstand hingewiesen, dass insbesondere inter*, trans*, nicht-binäre und genderdiverse Personen häufig Belästigungen und Gewalt ausgesetzt sind. Was für Europa bereits zu verurteilen ist, wiegt im Falle, dass das Völkerrecht ins Spiel kommt, besonders schwer.

Das neue Gesetz legt Wert darauf, dass richterliche Entscheidungen den Kontext und den Standpunkt der Betroffenen berücksichtigen sollten. So heißt es: „As noted […], an 'act of sexual nature' must be seen in context. It may be informed by the survivor’s point of view.” Damit wird die Liste der explizierten Straftaten, die in §7 Abs. 1 Nr. 6 VStGB erweitert wurde (die aktuelle Fassung steht auf Seite 4 der Gesetzesfassung), zusätzlich um einen unbestimmten Rechtsbegriff ergänzt. Somit erfüllt „jede andere Form sexueller Gewalt von vergleichbarer Schwere“ ebenfalls den völkerrechtlichen Straftatbestand. Hinzu kommt, dass mit dem neuen Gesetz Opfer von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit die Möglichkeit erhalten, als Nebenkläger*innen aktiv am Prozess teilzunehmen. Auch ein Anspruch auf psychosoziale Betreuung ist zu gewähren.

Wie Sven Lehman (Queerbeauftragter der Bundesregierung) auf seiner offiziellen Webseite hervorhebt, wird „im Völkerstrafgesetzbuch […] nun unmissverständlich klargestellt, dass im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung auch die Verfolgung von LSBTIQ* ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. […]Eine Strafbarkeitslücke wird endlich geschlossen. Das erleichtert eine effektive Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen gegen LSBTIQ*.“

Insgesamt stärkt das Gesetz also das Recht, um gegen solche Verbrechen, die auf deutschem Boden verhandelt werden, besser vorzugehen. „Ferner [so der Bundestag,] wird im Gerichtsverfassungsgesetz nunmehr klargestellt, dass die sogenannte ‚funktionelle Immunität‘ eine Verfolgung von Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch nicht hindert“. Das heißt, Amtsträger*innen (bspw. Diplomat*innen oder Minister*innen anderer Länder etc.) sind nicht aufgrund ihres Status immun.

Wie wir allerdings schon in früheren Artikeln zu grenzüberschreitendem Recht erwähnt haben, wird es am Ende auf dessen Anwendung ankommen. Dennoch liefert das neue Gesetz eine rechtliche Handhabe für die deutschen Behörden, aber auch für NGOs und weitere zivile Akteure. Darüber hinaus erkennt der Bundestag durch seine Verabschiedung explizit an, dass sexualisierte Gewalt und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und  ein akutes Problem darstellen.

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Zum 75. Jubiläum des Deutschen Grundgesetzes wurde in Berlin vom 24. bis 26. Mai das „Demokratiefest“ gefeiert. Dabei wurde hochgehalten, dass das Grundgesetz das „Fundament unseres Zusammenlebens in einem freien und demokratischen Rechtsstaat“ sei. Während die feste Verankerung von demokratischen Rechten nach dem Nationalsozialismus ein Anlass zum Feiern ist, war das Jubiläum für die queere Community auch eine Gelegenheit, erneut darauf hinzuweisen, dass das Grundgesetz in Hinblick auf den Schutz von LSBTIQ* Lücken aufweist.

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußert sich anlässlich des Jubiläums und lobt das Grundgesetz als „eine freiheitliche Verfassung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, seine Würde, seine Rechte, die universelle Gleichheit aller vor dem Gesetz.“ Doch werden alle Personengruppen durch das Grundgesetz gleichermaßen geschützt? Nein, sagt der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), denn unter derselben der Verfassung fand bis in die 1990er Jahre eine Kriminalisierung und rechtliche Diskriminierung von Homosexualität statt.

Ein genauerer Blick in die Verfassung hilft, um die Kritik der LSBTIQ* Community zu verstehen. In Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes wird festgehalten: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Sexuelle Orientierung wird in keiner Weise erwähnt – und ist damit nicht durch das Grundgesetz geschützt.

Die Initiative „GRUNDGESETZ FÜR ALLE“, über die bereits 2021 auf echte-vielfalt berichtet wurde, nutzte den Anlass des Jubiläums, um ihre langjährigen Forderungen erneut laut zu machen und rief zu einer Kundgebung am 23. Mai auf. Neben der Erweiterung um die Kategorie sexuelle Identität müsste auch geschlechtliche Identität explizit aufgeführt werden. Denn dass Geschlecht als Kategorie im Grundgesetz erwähnt wird, würde nicht ausreichen, um vielfältige geschlechtliche Identitäten zu schützen. Auch trans* und inter* Personen müssten mitgedacht werden. Eine Erweiterung von Artikel 3 (3) GG um sexuelle und geschlechtliche Identität sei somit absolut notwendig, „um einen dauerhaften Diskriminierungsschutz zu sichern“.

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wurde sich bereits vorgenommen, Artikel 3 (3) GG „um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität [zu] ergänzen“. Doch noch warten queere Verbände ungeduldig auf die tatsächliche Umsetzung des Versprechens der Regierungsparteien. In Hinblick auf das Erstarken rechtspopulistischer Parteien wird eine Erweiterung des Grundgesetztes als „dringender denn je“ (LSVD) verstanden. Denn nur so können Fortschritte hinsichtlich der Gleichstellung von LSTBIQ* nicht einfach rückgängig gemacht werden. Bundesvorstand des LSVD Henny Engels warnt: „Rechtspopulist*innen warten nur darauf, die Uhr wieder zurückzudrehen: Errungenschaften wie die Ehe für Alle und das Selbstbestimmungsgesetz könnten wieder abgeschafft werden. Mit Blick auf die zunehmende Queerfeindlichkeit in Deutschland und Bedrohung durch Rechts ist es Zeit, jetzt zu handeln!“

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Am 9. Juni steht in Deutschland die Europawahl an. Welche Rolle spielt der Wahlausgang für Frauen* und die LSBTIQ* Community in der EU? Angesichts des Erstarkens rechter Parteien in vielen europäischen Staaten kann die Wahl entscheidend sein. Queere Verbände rufen deshalb zur Wahlteilnahme auf und der Landesfrauenrat Hamburg lädt zu einem feministischen Podiumsgespräch ein.

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Der LSVD ruft gemeinsam mit anderen queeren Verbänden zur Teilnahme an der Europa-Wahl am 9. Juni auf und dabei „die Parteien zu unterstützen, die sich glaubhaft für Menschenrechte und damit auch für Gleichheit und Akzeptanz von LSBTIQ in Europa einsetzen“. In dem Wahlaufruf wird betont, dass rechtsextreme und -radikale Parteien in vielen EU-Staaten bereits jetzt die Rechte von queeren Personen einschränken und Hass auf LSBTIQ* sowie andere marginalisierte Gruppen schüren würden. Deshalb sei die Europawahl eine „Richtungswahl“. Mit Wahlprüfsteinen hat der LSVD eine Einschätzung über die queerpolitischen Vorhaben der Parteien geliefert.

Auch für die Gleichstellung der Geschlechter könnte die Wahl eine bedeutende Rolle spielen. Strukturelle Diskriminierung und weitere Hürden stellen für Frauen* nach wie vor ein großes Problem dar. Besonders rechte Parteien und Gruppen verbreiten antifeministische Positionen. Die Ansätze zur Förderung der Gleichstellung von Frauen* unterscheiden sich stark zwischen den Parteien.

Doch welche Partei setzt sich wirklich für die Gleichstellung von Frauen* ein? Um Klarheit über die verschiedenen Positionen und Ansätze der Parteien zu bekommen, lädt der Landesfrauenrat Hamburg am 3. Juni 2024 zur Veranstaltung „Sie wählt! Was?“ ein. Mit Vertreter*innen der Parteien DIE LINKE, FDP, Die Grünen, SPD und CDU wird ein feministisches Podiumsgespräch zur Europawahl geführt.

In dem Podiumsgespräch soll herausgearbeitet werden, welche Lösungen von den Vertreter*innen der teilnehmenden Parteien vorgeschlagen werden.

Die Veranstaltung findet am 03. Juni 2024 um 19 Uhr im Landesfrauenrat Hamburg e.V. (Grindelallee 43, 20146 Hamburg, Im Sauerberghof) statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Auch eine Online-Teilnahme ist unter folgendem Link möglich: https://us06web.zoom.us/j/85489690426?pwd=dUjmasEyXUihpLm3zzs9gO5sc9xo5c.1

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