Echte Vielfalt

Schule

Gendergerechtes Sprechen und Schreiben in der Schule ist eine anhaltende Debatte. Immer wieder melden sich dazu Politiker*innen und weitere Personen in der Öffentlichkeit zu Wort. Leider werden dabei häufig verschiedene Themen miteinander vermischt, was zu Problemen führen kann.

Weiterlesen

Jüngst äußerte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach Angabe des SWR mit der Aussage:

„Die Schulen müssen sich an das halten, was der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgibt. Sonst haben wir am Ende keine einheitliche Rechtschreibung mehr."

Anders als es dieses Zitat suggeriert, haben Schulen jedoch in der Regel keine Wahl. Wie wir bereits im November berichteten, ist die deutsche Rechtschreibung für alle staatlichen Einrichtungen und damit auch für Schulen verpflichtend. Wenn Kretschmann, unterstützt von Teilen der CDU und FDP sowie dem Philologenverband Baden-Württemberg und anderen Bildungsverbänden, sich für einen genderfreien Deutschunterricht einsetzt, dann hat er das Recht auf seiner Seite. Folgt man allerdings seiner Argumentation weiter, so kommen Zweifel daran, ob mit der politischen Debatte ums Gendern nicht eine Strohpuppe entsteht, die das eigentliche Problem verschleiert. Der SWR zitiert weiter:

„Es ist schon schlimm genug, dass so viele unserer Grundschüler nicht lesen können. Man muss es denen nicht noch erschweren, indem man in der Schule Dinge schreibt, die man gar nicht spricht."

Dabei verkennt Kretschmann allerdings, dass Sprache fluide und stark vom sozialen und Bildungskontext abhängig ist. Dutzende Rechtschreibreformen sowie Jugendwörter und Anglizismen, die neu in den Duden aufgenommen werden, machen deutlich, dass das Problem nicht bei komplizierten Schreibweisen liegt. Ob man beim Sprechen über ein „…*innen“ stolpert, ist eine Frage des Trainings, so wie jede Lautkombination gelernt werden muss. Das, worauf es dabei ankommt, würden die Sozialwissenschaften als Habitus und Pfadabhängigkeit bezeichnen.

Beim Habitus geht es darum, dass erlebte Handlungsmuster von der Person als selbstverständlich verinnerlicht werden. Auch Sprache und Ausdrucksweisen sind solche Handlungsmuster. Das bedeutet, was die Kinder in ihrem Umfeld als „normale“ Sprache erleben und was ihnen in der Schule beim Schreiben als „selbstverständliche“ Regeln vermittelt wird, wird irgendwann als „so ist das richtig“ hingenommen. Mit Pfadabhängigkeiten ist gemeint, dass für „selbstverständlich“ erachtete Sprache nicht ohne weiteres hinterfragt wird und sich damit als „Norm“ selbst bestätigt. Daraus folgt jedoch nicht die Unveränderlichkeit von Sprache. Im Gegenteil, wenn nicht in der Schule, wo sonst gäbe es einen Ort - begleitet durch fachliche Kompetenz - sich mit Sprache auseinanderzusetzen.

Das eigentliche Problem ist jedoch die genannte Schwierigkeit, die Schüler*innen beim Lesen haben. Das hat aber wohl weniger mit Gendern zu tun als vielmehr mit anderen Gründen außer- und innerhalb der Schule. in dem Fall sollte sich die Schule diesem Problem stellen und benötigt nicht das Weglassen von Sternen und Strichen, sondern eine bessere personelle Ausstattung bei kleineren Klassen.

Bis dahin könnte der Vorschlag des Landesschülerbeirats zumindest eine Übergangslösung darstellen. Dieser fordere nach einem Bericht des Magazins queer: „Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache in schriftlichen Prüfungen dürfe nicht mehr als Fehler gewertet werden.“ Alles andere „sei nicht mehr zeitgemäß“ so die Schüler*innen.

Schließen


Mehr Vorbilder und Verbündete für queere Jugendliche! "Peer4Queer" unterstützt queere Jugendliche durch Mentoring in ihrer Identitätsfindung in Bezug auf ihre sexuelle und romantische Orientierung sowie geschlechtliche Identität. Dafür werden queere Menschen (bis zu 29 Jahren) zu Mentor*innen ausgebildet, damit sie als Vorbilder Jugendliche (bis zu 25 Jahren) ein Jahr lang begleiten und sie in ihrer Identitätsfindung unterstützen können.

Weiterlesen

Die Mentor*innen geben im Eins-zu-eins-Mentoring ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die Jugendlichen weiter.

Außerdem arbeitet Peer4Queer mit Hamburger Schulen zusammen: In Seminaren beschäftigen sich Schüler*innen mit dem Thema "queere Identitäten" und lernen, wie sie sich für die Belange queerer Jugendlicher einsetzen können.

Queer!? – Was meinen wir eigentlich damit?

Unter dem Wort "queer" verstehen wir einen Sammelbegriff, der für alle Menschen offen ist, die sich nichtheterosexuell und/oder nicht-cis-geschlechtlich (also sich mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, nicht identifizieren können) fühlen – oder die sich nicht sicher sind, wie sie sich definieren möchten oder können.

 

Kontakt:

Peer4Queer

KWB Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung e.V.

Haus der Wirtschaft

Kapstadtring 10, 22297 Hamburg

 

Hier geht's zur Homepage

Mail: peer4queer@kwb.de

Instagram: @peer4queer

Telefon: 040 334241-0

Schließen


Zwei Studierende des Masters 'Soziale Arbeit und Forschung' an der FH Münster möchten im Rahmen eines Forschungsprojektes herausfinden, wie es gender-queeren Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe geht, um deren Bedarfe, Lebenswege und Anliegen sichtbar zu machen. Dazu möchten sie gerne mehr zu subjektiven Erfahrungen vor und während der Heimunterbringung erfragen und bitten hier mit einem Fragebogen um Unterstützung.

Weiterlesen

Der Fragebogen umfasst fünf größere Themenkomplexe, die Anzahl der Fragen hängt von den jeweiligen Antworten ab. Die Bearbeitungsdauer beträgt etwa 30 bis 40 Minuten. Es kann aber auch jederzeit pausiert und später wieder an derselben Stelle weitergemacht werden. Alle Daten werden anonym erhoben, streng vertraulich behandelt und können nicht der jeweiligen Person zugeordnet werden.

Die Studierenden bitten darum, ihren Fragebogen an junge Menschen weiterzueiten, die zwischen 16 und 27 Jahren alt sind und entweder derzeit in stationärer Jugendhilfe leben oder einen Teil ihres Lebens in stationärer Jugendhilfe gelebt haben.

Hier ist der Flyer zur Umfrage: FLYER_FFA. Darauf sind sowohl der URL-Link als auch ein QR-Code zur Umfrage vorhanden. Gerne kann der Flyer auch in Einrichtungen ausgehängt oder auf anderen Wegen geteilt werden.

Die Umfrage wird bis zum 29.01.2023 freigeschaltet sein.

Rückfragen können gerne jederzeit per Mail an gender-queere.Umfrage@web.de gerichtet werden.

Schließen

   

Die Aussage „Don‘t say gay“, die auf eine Gesetzgebung in Florida vom März 2022 hinweist, steht für eine hoch ideologische und Menschen abwertende Politik. Das Gesetz verbietet den Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität vom Kindergarten bis zur dritten Klasse, so The Guardian im Frühjahr dieses Jahres.

Weiterlesen

Darüber hinaus gilt je nach Auslegung des jeweiligen Schulbezirks, dass auch diesbezügliche Vertrauensgespräche zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen oder Symbole wie die Regenbogenflagge in das Verbot eingeschlossen sind. In einem früheren Artikel haben wir hierzu ausführlicher berichtet.

Die Gesetzgebung bildet das „Vorbild“ für die Republikaner*innen, wie das Magazin schwulissimo betont, um in den gesamten Vereinigten Staaten die Grundrechte von Homosexuellen und LGBTIQ+ im Allgemeinen anzugreifen. „Doch es sollte nicht übersehen werden, dass Florida mit der Verabschiedung eines solchen Gesetzes, das den Bildungsbereich betrifft, nicht allein dasteht.“, mahnt die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Auch weitere Bundesstaaten haben bereits ähnliche Gesetze erlassen: „In Georgia etwa richtet sich ein gesetzliches Verbot der Verbreitung von ‚spalterischen Ideen und Konzepten‘ an Schulen nicht nur gegen LGBTQ+-Themen.“

Es ist also nicht „nur“ die LGBTQ+ Comunity, die hier von den Konservativen als Feind auserkoren wurde. Die Konservativen haben es geschafft, ähnlich wie schon bei dem Begriff „political correctness“ den umgangssprachlichen Begriff „woke“ (zu Deutsch: aufgewacht) zu einem Synonym für linken Autoritarismus umzudeuten. Der Begriff hat seinen Ursprung im afroamerikanischen Englisch und bedeutet eigentlich, dass eine Person „wachsam gegenüber Rassismus, Sexismus und anderen Unterdrückungsverhältnissen“ ist. Gesetze wie das in Florida werden als „Anti-woke-Gesetze“ bezeichnet und verfolgen den Zweck, Bildung und Verbreitung von Weltbildern, die nicht in das Bild „weißer christlicher Nationalist*innen“ passen, zu verbieten, so die Rosa-Luxemburg-Stiftung zusammenfassend.

Dabei geht es über ein Redeverbot bereits weit hinaus. Laut einer Studie von „Pen America“ wurden im vergangenen Schuljahr 2021/22 in den USA über 1.600 Schulbücher zu Themen von Rassismus, Sexualkunde, geschlechtliche Identität etc. auf den Index gesetzt, schreibt der Stern. Auf der Seite von Pen America ist dazu zu lesen, dass von diesem „Buchverbot“ fast vier Millionen Schüler*innen betroffen seien.

Wenn sich also die Konservativen – nach Angaben der Rosa-Luxemburg-Stiftung – neben den Bundesgerichten auf die Einzelstaaten und die lokalen Regierungen konzentrieren, um dort ihre Anliegen durchzusetzen, dann ist das eine nicht zu unterschätzende Bedrohung. Es geht hierbei um eine dezentrale Politik, deren konkrete Konsequenzen nicht nur auf die LGBTQ+ Community zielen, sondern alle betreffen, die nicht dem konservativen Weltbild entsprechen, wie bspw. Frauen, die sich gegen überkommene Reproduktionsvorstellungen stellen, People of Color oder all jene, die grundsätzlich von einem guten Bildungssystem abhängig sind, d. h. die Bildung und Sozialisation der nächsten Generationen.

Schließen


Weil queere Vielfalt in der Ausbildung von Kita-Personal bislang kaum eine Rolle spielt, hat das Queere Netzwerk NRW eine Broschüre mit dem Titel "Queer in der Kita" veröffentlicht. Diese liefert Hintergrundwissen zu Genderstereotypen, gesellschaftlichen Gender-Normen, politischen und rechtlichen Vorgaben im Bereich inklusiver frühkindlicher Bildung und vor Allem: Praxistipps für den vielfaltssensiblen Kita-Alltag.

Weiterlesen

Damit richtet sich die 68-seitige Broschüre an Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung, die sich näher mit der Bedeutung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in ihrem Arbeitsalltag auseinandersetzen möchten. Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sei überall ein Thema, wo Menschen sind – „und damit auch im Kita-Alltag", erklärte Netzwerks-Vorstandsprecherin Laura Becker. „Unsere Veröffentlichung bietet Fachkräften die Möglichkeit, anhand von Praxisbeispielen darüber zu reflektieren, wie sie zum Beispiel damit umgehen, wenn ein Kind, das sie als Junge kennen, Nagellack trägt oder wenn eine Familie mit zwei Müttern zum Vatertag eingeladen wird.“

Bislang sei in der Ausbildung dieser Fachkräfte, so das Queere Netzwerk NRW, kaum auf den Umgang mit Kindern oder Familien, deren Lebensrealitäten von cis- und heteronormativen Normen abweichen, eingegangen worden. Damit stünden Fachkräfte oft vor schwierigen Aufgaben. „Deshalb wollen wir Ihnen keine neuen Aufgaben auferlegen, sondern Ihnen mit den Impulsen in diesem Heft dabei helfen, den Inklusionsauftrag umzusetzen“, heißt es in der Broschüre.

Auf die häufig von rechts kommenden Behauptungen einer konstruierten „Gender-Propaganda“, (dass die Thematisierung queerer Vielfalt das Ziel hätte, möglichst viele Kinder möglichst früh ihre Heterosexualität oder Cis-Geschlechtlichkeit in Frage stellen zu lassen), sagt Becker schlicht: Das sei nicht zutreffend. Vielmehr gehe es darum, Kinder und Familien dort zu treffen, wo sie stehen – „und ihnen in Kindergarten und Kita einen Ort zu bieten, an dem sie ohne Stigma sein können.“

Schließen

 

Während Ungarns Machthaber Viktor Orbán eine vierte Amtszeit erlangte, scheiterte sein Referendum, das über das Schicksal der LGBT+-Rechte im Land entscheiden sollte. Doch für die queere Gemeinschaft war es dennoch eine Enttäuschung: Orbáns Herrschaft ist zunehmend von Angriffen auf die Rechtsstaatlichkeit, die Demokratie und die Menschenrechte geprägt, darunter zahlreiche Angriffe auf die Rechte von LGBT+ und Frauen.

Weiterlesen

Bei den Parlamentswahlen am 3. April erhielt Orbáns rechtsgerichtete Fidesz-Partei 53,1 Prozent der Stimmen und zerschlug damit einen Sechs-Parteien-Block der Opposition, der sich zusammengeschlossen hatte, um seine autokratische Herrschaft zu beenden.

Doch während Orbán aus den Wahlen als Sieger hervorging, scheiterte in der gleichen Nacht ein Referendum der Regierung, das sich gegen eine LGBT-integrative Bildung richtete. In dem Referendum waren die Wähler*innen nach ihrer Meinung zu einem Gesetzesvorschlag gefragt worden, der den Unterricht über LGBT+-Themen und -Identitäten in Schulen einschränken sollte, nachdem Orbán ein so genanntes "LGBT+-Propaganda-Gesetz" erlassen hatte. Es enthielt vier Fragen, in denen die Öffentlichkeit gefragt wurde, ob sie das Zeigen von Medieninhalten zur Geschlechtsumwandlung für Minderjährige unterstütze, sowie weitere Fragen zu Sexualerziehungsprogrammen in Schulen. Orbáns Regierung hatte die Öffentlichkeit dazu aufgefordert, "Nein" zu solchen Fragen zu sagen, und neun von zehn Ungarn stimmten im Einklang mit der Anti-LGBT+-Kampagne der Regierung.

Die Umfrage hatte jedoch nicht genügend Wähler angezogen, um sie rechtsverbindlich zu machen. Nach Angaben des Nationalen Wahlbüros nahmen nur 3,5 Millionen der acht Millionen registrierten Wähler*innen Ungarns teil - die Hälfte der Wahlberechtigten hätte sich beteiligen müssen, damit die Abstimmung verbindlich ist. Mehr als 1,5 Millionen Stimmen, also 20 Prozent, waren ungültig. Eine von Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International Ungarn und Budapest Pride durchgeführte Kampagne hatte dazu aufgefordert, ungültige Stimmen abzugeben, indem sie bei jeder Frage sowohl "Ja" als auch "Nein" ankreuzten.

Orbán hatte das Referendum als die jüngste Konfrontation Ungarns mit der Europäischen Union dargestellt. Die EU kämpft seit 12 Jahren gegen Orbáns hartes Durchgreifen gegen die Rechte von LGBT+, die Presse und das Justizsystem. Er schlug das Referendum im Juli vor, um die Kritik am Verbot der Diskussion über LGBT+ Menschen in Schulen und der Presse zu entschärfen. Parlamentarier*innen hatten fast einstimmig dafür gestimmt, die LGBT+-Gemeinschaft mit einem Gesetz zum Schweigen zu bringen, das dem russischen Gesetz über "Schwulenpropaganda" ähnelt.

Schließen

   

Der republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, hat ein Gesetz unterzeichnet, das den Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität vom Kindergarten bis zur dritten Klasse verbietet. Diese Maßnahme wurde landesweit heftig von Menschen kritisiert, die eine Gefahr der Ausgrenzung von LGBTQ+ Menschen sehen.

Weiterlesen

LGBTQ+-Allies, Studierende, Angehörige der Demokratischen Partei, die Unterhaltungsindustrie und das Weiße Haus haben das von Kritiker*innen als "Don't say Gay" bezeichnete Gesetz angeprangert. Das Thema hat zu einer Auseinandersetzung zwischen DeSantis und Disney, einem wichtigen Akteur in der Tourismusbranche Floridas, geführt.

Dabei argumentieren DeSantis und Republikaner*innen, die Maßnahme sei vernünftig und Eltern, nicht Lehrende, sollten mit Kindern über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität sprechen. "Wir werden dafür sorgen, dass Eltern ihre Kinder in die Schule schicken können, um eine Ausbildung zu erhalten, nicht um indoktriniert zu werden", sagte DeSantis vor seiner Unterschrift. Dabei stand er an einem Podium, an dem ein Plakat mit der Aufschrift "Protect Children/Support Parents" –„Kinder schützen/Eltern unterstützen“ angebracht war. Die überwältigende Mehrheit der Eltern lehne es ab, ihren Kindern „diese Art von Material einzuflößen“, sagte der Gouverneur, während er "Transgender-Bildungsmaterial" hochhielt.

Dagegen äußerte sich der US-Präsident mit den Worten: "Unsere LGBTQI+-Jugend verdient es, bejaht und akzeptiert zu werden, so wie sie ist. Meine Regierung wird weiterhin für Würde und Chancen für jeden Schüler und jede Familie kämpfen - in Florida und im ganzen Land." Kritiker*innen fürchten, das Gesetz in Florida sei so vage formuliert, dass freie Meinungsäußerung in allen öffentlichen Schulen unterbunden werden könnte.

So reiht sich das Gesetz in eine Reihe alarmierender Maßnahmen verschiedener Länder ein, darunter Polen, Ungarn, und nicht zuletzt Russland. Befürchtet werden muss, sollte es zu einer noch weiträumigeren Unterbindung von Bildung zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt kommen, Hass und Hetze mehr Platz geboten wird. Ereignisse wie kürzlich die Verprügelung eines 15-jährigen trans Mädchens in Herne könnten demnach an Schrecken verlieren. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden.

Schließen

 

In kaum einer anderen Alltagssituation wird so binär und stereotypisch zwischen Frau und Mann unterschieden wie beim Gang zur Toilette, oft sogar nur bildsprachlich mit „Rock“ und „Hose“ an der Tür. Doch die Realität ist nicht nur cis-männlich und -weiblich, sondern trans*, nicht-binär, agender, und genderdivers. Um für einen angenehmen Klogang für alle zu sorgen, wird fortan bei allen städtischen Neu- und Umbauten in Heidelberg geprüft, ob Unisex-Toiletten eingerichtet werden können.

Weiterlesen

So beschloss, wie queer.de berichtete, der Heidelberger Gemeinderat kürzlich mit großer Mehrheit, genderneutrale Toiletten in städtischen Einrichtungen auszubauen. Demnach soll die Heidelberger Koordinationsstelle LSBTIQ+ künftig bei allen städtischen Neu- und Umbauten über den Bedarf und die Möglichkeiten der geschlechtsneutralen Toiletten mitentscheiden.

"Für Menschen, deren Erscheinungsbild nicht den gängigen Geschlechterbildern entspricht, kann es durch fehlende sanitäre Angebote zu diskriminierenden Erlebnissen und Gefahrensituationen kommen", so begründete Marius Emmerich von der Koordinationsstelle LSBTIQ+ der Stadt Heidelberg die Initiative. "Sie erfahren nicht selten Beleidigungen, Raumverweise und sogar Gewaltandrohungen."

Als Grund für die Initiative verweist die Stadt Heidelberg auf dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 2017, „divers“ als drittes Geschlecht anzuerkennen. Ein WC-Angebot in öffentlichen Räumen, das von Menschen aller Geschlechter diskriminierungsfrei genutzt werden kann, sei entsprechend erforderlich, so die Stadt.

Auch die Universität Bremen, die Hochschule Hildesheim-Göttingen-Holzminden (HAWK), die Universität Göttingen und eine Göttinger Schule haben seit einigen Jahren Unisex-Toiletten, und in vielen großstädtischen Bars und Cafés ist dies ohnehin schon die Norm (gerade in Berlin).

Über das Göttinger Gymnasium sagte der Schulleiter: Die Klos sind einfach da, das sei gar kein so großes Thema mehr. Es würde zwar nicht so weit gehen, dass die Schüler*innen durch die Toiletten Toleranz lernten, doch: „Es trägt ein wenig dazu bei." Vielleicht kann dies auch außerhalb der Schule und Universität geltend gemacht. Und für alle, die sich nicht eindeutig als Frau oder Mann fühlen bzw. gelesen werden, erleichtern genderneutrale Toiletten den Alltag. Die binäre Entscheidung für Rock oder Hose fällt weg: Im Unisex-Klo sind alle richtig.

Schließen

   

Mehrere US-Bundesstaaten haben Gesetzesentwürfe eingebracht, die Bücher mit LGBTQ+-Themen oder -Charakteren verbieten oder zensieren würden, was Lehrende und Schulen über Geschlechtsidentität und Sexualität sagen dürfen. Diese seien Bedrohungen der Meinungsfreiheit, die darauf abzielten, LGBTQ+-Themen aus den Schulen zu verbannen.

Weiterlesen

Laut einem Bericht von PEN America – einer gemeinnützigen Organisation, die sich für den Schutz der freien Meinungsäußerung in den USA einsetzt – wurden in diesem Jahr bereits mehr als 100 Gesetzesentwürfe zur Zensur von Lehrer*innen in den Bundesstaaten eingebracht, was die Organisation als "nationalen Angriff auf unser Bildungssystem" bezeichnet. So nähmen Republikaner*innen die Rechte von LGBTQ* – ähnlich wie ich Russland, Polen und Ungarn – durch eine Welle von "pädagogischen Knebelverordnungen" ins Visier, warnte eine Gruppe für freie Meinungsäußerung, wobei Konservative darum kämpften, Diskussionen über Rassismus und geschlechtliche und sexuelle Identität in den Schulen zu zensieren. Die Warnung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Konservative in verschiedenen Bundesstaaten versuchen, Bücher über Rassismus und LGBTQ+-Themen aus den Klassenzimmern zu verbannen, und einige Gesetzgeber*innen darauf drängen, Gesetze einzuführen, die es Lehrenden verbieten würden, im Klassenzimmer über Homosexualität zu sprechen. "Es besteht die Bereitschaft, ja sogar der Eifer, das Gewicht und die Macht der Regierung einzusetzen, um die Rede im Klassenzimmer zu kontrollieren“, so PEN America.

Im letzten Jahr zählte PEN America 155 Gesetzesentwürfe in 38 Staaten, die zensieren würden, was Lehrer im Klassenzimmer sagen oder lehren dürfen. Im Jahr 2022 gab es einen "steilen Anstieg" bei der Einführung von Gesetzen, die PEN America als "Gag Orders" bezeichnet, so die Organisation. Ein Beispiel ist der Verbotsversuch der „queeren Bibel“ in Mississippi, die von Jack Guinness herausgegeben wurde. Auch Floridas "Don't Say Gay"-Gesetzentwurf, der die Diskussion über Sexualität und Geschlechtsidentität in Schulen verbieten würde, ist bereits weithin kritisiert worden. Der Gesetzentwurf, der den gesamten Senat und das Repräsentantenhaus Floridas passieren muss, bevor er in Kraft tritt, würde es Eltern ermöglichen, gegen Schulbehörden zu klagen, wenn sie der Meinung sind, dass die Schulpolitik gegen das Gesetz verstößt. Ein Gesetzentwurf, der am 9. Februar im Repräsentantenhaus von Kansas eingebracht wurde, würde das Obszönitätsgesetz des Staates ändern und es zu einem Vergehen der Klasse B machen, wenn Lehrende Material, das "Homosexualität" darstellt, im Klassenzimmer verwenden. In Arizona hat die Republikanische Partei einen Gesetzesentwurf eingebracht, der die Zustimmung der Eltern voraussetzt, damit Schüler*innen einem Schulclub beitreten können, in dem es um Sexualität oder Geschlechtsidentität geht. „Dies hätte zur Folge", so PEN America, "dass homo- und bisexuelle Schüler*innen, die Unterstützung von ihren Mitschüler*innen suchen, sich im Grunde genommen erst einmal bei ihren Eltern outen müssten."

PEN America erklärte, dass das Verbot in einigen Bundesstaaten über die heutigen Auswirkungen des historischen Rassismus in den USA (Critical-Race-Theorie) zu unterrichten, „die Öffentlichkeit dazu gebracht [habe], eine umfassende Zensur der Rede im Klassenzimmer zu unterstützen.“ Für Konservative sei dies daher „eine einmalige Gelegenheit, Gesetze durchzusetzen, die viel restriktiver sind als alles, was die Öffentlichkeit normalerweise akzeptieren würde“, heißt es in dem Bericht von PEN America.

Schließen

   

Ein Bürgermeister aus Mississippi hat die städtische Bibliothek aufgefordert, LGBTQ+-Bücher aus ihren Regalen zu entfernen und gedroht, ihr sonst die Finanzierung zu streichen. Eines der Bücher, die als Beispiel genannt wurden, war die Queer Bible, eine Sammlung von Essays zur Geschichte von LGBTQ+, die von Jack Guinness herausgegeben wurde. Der britische Schriftsteller zeigt sich schockiert, im Zentrum einer beispiellosen Welle von Buchverboten in den USA zu stehen.

Weiterlesen

Der republikanische Bürgermeister von Ridgeland, Gene McGee, hat sich geweigert, die Mittel für die Bibliothek freizugeben, bis "homosexuelle Materialien" zurückgezogen werden. Tonja Johnson, Geschäftsführerin der Bibliothek, sagte, als sie McGee darauf hinwies, dass der Ort der gesamten Gemeinde diene, habe er geantwortet, er diene nur "dem großen Herrn da oben".

Guinness erfuhr auf Twitter, dass seine Anthologie von dem Buchverbot betroffen war. "Ich konnte meinen Augen nicht trauen", sagte er dem Observer. "Wenn man ein Buch schreibt, stellt man sich irgendwie vor, dass die Leute es lesen könnten, aber man stellt sich nicht vor, dass jemand es verbieten würde. Es als 'homosexuelles Material' zu bezeichnen - das ist die Art von Formulierung, die meine Großmutter benutzt hätte, um über meine Jeans zu sprechen."

The Queer Bible ist ein Buch mit Essays "von queeren Held*innen über ihre queeren Held*innen". Es wurde von der gleichnamigen Website übernommen, auf der LGBTQ+ Menschen und Geschichten vorgestellt werden. "Ich habe Lücken in meinem Wissen über Persönlichkeiten der queeren Geschichte entdeckt. Menschen mussten in der Vergangenheit ihre Identität verbergen, um sich zu schützen, oder Geschichten wurden zurechtgebogen, um in ein akzeptiertes Narrativ zu passen."

Guinness und andere Mitwirkende der Queer Bible schlossen sich den Crowdfunding-Bemühungen an, um die vom Bürgermeister einbehaltenen 110.000 Dollar zu ersetzen. Das Ziel wurde inzwischen erreicht. Er sagt, er sei genauso überrascht wie alle anderen, dass er sich als Wahlkämpfer wiederfindet. "Ich hätte nie gedacht, dass das passieren würde. Ich habe die Queer Bible nur für mich selbst geschrieben, weil ich über queere Held*innen lesen wollte. Jetzt nehme ich an einer Kampagne teil, um gegen einen Bürgermeister aus Mississippi zu kämpfen. Das ist eine surreale Situation, und ich fühle mich sehr geehrt. Was mich antreibt, ist die Tatsache, dass es nicht um mich geht. Es geht darum, meine Plattform zu nutzen, damit andere Menschen ihre Geschichte erzählen können.“

Die American Library Association verzeichnete im letzten Jahr einen beispiellosen Anstieg von Kampagnen zum Verbot von Büchern. Neue Gesetze, die in Bundesstaaten wie Texas und Oklahoma eingeführt wurden, erleichtern die Entfernung von Büchern über schwarze und LGBTQ+-Geschichten mit der Begründung, dass sie "zu Unruhe oder Stress führen können".

"Es ist erschreckend zu denken, dass ein Einzelner aufgrund seiner persönlichen Überzeugungen einer ganzen Gemeinschaft Texte vorenthalten kann", so Guinness. "Ich bin unter Paragraf 28 aufgewachsen, der die Förderung von Homosexualität in Schulen verbot. Eine ganze Generation wuchs ohne Informationen über ihre Geschichte und ohne das Wissen auf, dass sie keine Freaks sind. Jegliches Buch zu verbieten sei ein gefährlicher Weg. In einigen Ländern genießen LGBTQ+-Menschen zwar gleiche Rechte, aber das zeigt, wie leicht die Dinge entgleiten können. Es gibt eine Verschiebung, eine Idee, bestimmte Gemeinschaften zu kriminalisieren oder auszulöschen. Heute ist es die queere Gemeinschaft - morgen könnte es Ihre Gemeinschaft sein.

Schließen