Echte Vielfalt

LSBTIQ

Seit 2008 wird jährlich der „Tag der lesbischen Sichtbarkeit“ gefeiert. Der Tag wurde von der spanischen Organisation „Federación Estatal de Lesbianas, Gais, Trans, Bisexuales, Intersexuales y más (FELGTBI+)“ initiiert, um die vielfältige Kultur und Geschichte von Lesben zu feiern und ihre Sichtbarkeit in der Gesellschaft zu erhöhen.

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Lesbische Frauen leiden oft unter Mehrfachdiskriminierung auf Basis ihrer geschlechtlichen Identität und ihrer sexuellen Orientierung. Somit erfahren sie oft Sexismus und Queerfeindlichkeit gemeinsam. Der LSVD+ – Verband queerer Vielfalt e. V bemerkt, dass die Sichtbarkeit und Akzeptanz von Lesben in der Gesellschaft noch nicht vollständig erreicht sei und sie auch innerhalb der LSBTIQ*-Community oft unterrepräsentiert seien.

Deshalb ist es umso wichtiger, mit dem „Tag der lesbischen Sichtbarkeit“ die vielfältigen Lebensrealitäten von Lesben in den Vordergrund zu rücken, Solidarität zu zeigen und ihre Beiträge zu Kultur und Geschichte zu feiern. Darunter muss auch die Rolle von Lesben in der Frauenbewegung und anderen emanzipatorischen Kämpfen genannt werden (siehe dazu einen Beitrag vom Regenbogenportal).

Es gibt diverse Veranstaltungen im ganzen Land, die auf unterschiedliche Art und Weise den Tag der lesbischen Sichtbarkeit und damit lesbischen Kultur und Geschichte feiern:

  • In Berlin werden unter anderem eine Fahrraddemo, eine Lesung und ein Flaggenhissen organisiert.
  • In der Region Mannheim gibt es einen ganzen Aktionsmonat zu lesbischer Sichtbarkeit – im Rahmen des Open Dykes Festival 2024 wird unter anderem am 27. April der Dyke*March in der Heidelberger Altstadt geplant.
  • In Köln wird um den Tag die „Lesbian Visibility Week 2024“ gefeiert, mit einem umfassenden Veranstaltungsprogramm, darunter ein Dyke* Pub Quiz, ein Vortrag rund um lesbische Geschichte, ein Filmabend und eine Wanderung. Weitere Informationen rund um die Lesbian Visibility Week 2024 in Köln auf dem Instagram-Kanal @queer.koeln.
  • In Frankfurt findet am 24. April 2024 die ARCO-Ladies Lounge, ein Panel-Talk unter dem Thema "Demokratie stärken"
  • In München lädt das LeZ – lesbisch-queeres Zentrum zu einem entspannten Beisammensein zum Tag der lesbischen Sichtbarkeit ein.
  • Auch in Würzburg wird anlässlich des Tags der lesbischen Sichtbarkeit am 27. April ein Dyke*March veranstaltet
  • In Nürnberg gibt es verschiedene Programmangebote, darunter eine Kranzniederlegung und Kundgebung am Magnus-Hirschfeld-Platz.
  • In Hamburg feiert die Gruppe „Lesben und Kirche Hamburg“ (LuK) in der evangelischen Nordkirche ihr 30-jähriges Bestehen.

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Am 12. April 2024 verabschiedete der Bundestag das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ (SBGG), das dann am 1. November in Kraft tritt. Bereits ab August sollen jedoch die Anmeldungen für die Änderung des Geschlechtseintrags möglich sein und mit Inkrafttreten im November direkt Wirksamkeit erlangen.

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Wie die Tagesschau berichtet, war der Verabschiedung eine ziemlich emotionale Debatte im Bundestag vorausgegangen. Die AfD bezeichnet das Gesetz als "ideologischen Unfug", während das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kritisiert, dass es das Geschlecht von einer biologischen Tatsache zu einer Frage der Gemütsverfassung mache. Von Seiten der Union kam indes der Vorwurf, der Staat vernachlässige seine Schutzpflicht gegenüber Minderjährigen. Die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke), Leiterin der Debatte, musste zwischenzeitlich zu Respekt und Sachlichkeit mahnen. Die Debatte machte ein weiteres Mal deutlich, dass es bei dem gesamten Diskurs immer auch um Deutungshoheit und politische Macht geht. Am Ende stimmten allerdings 374 Abgeordnete für das Gesetz, 251 stimmten mit Nein. Eine Zustimmung des Bundesrats ist darüber hinaus nicht notwendig.

Laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beinhalten die zentralen Änderungen folgendes:

  • Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens durch eine "Erklärung mit Eigenversicherung" ohne ein Sachverständigengutachten und gerichtliche Anhörung. Die Person muss versichern, dass die beantragte Änderung ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht und sie sich der Folgen bewusst ist. Allerdings bedarf es einer dreimonatigen Voranmeldung beim Standesamt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) sieht diesen Punkt neben anderen als nicht ausreichend begründet und unverhältnismäßig, begrüßt aber insgesamt die Verabschiedung. Nach Änderung tritt eine einjährige Sperrfrist für eine erneute Änderung in Kraft. Auch an dieser Stelle sieht der LSVD die Regelung als nicht ausreichend begründet.
  • Für Minderjährige gilt, dass Sorgeberechtigte die Änderungserklärung für Kinder bis 14 Jahre abgeben können, jedoch bedarf es der Einwilligung des Kindes, wenn es älter als fünf Jahre ist. Ab 14 Jahren können Minderjährige die Änderungserklärung selbst abgeben, aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten ist erforderlich. Diese kann vom Familiengericht ersetzt werden. Bei minderjährigen Personen gilt jedoch die notwendige „Abgabe einer Erklärung, Beratung in Anspruch genommen zu haben“, obwohl das Gesetz eigentlich keine Beratungspflicht vorsieht. Der LSVD mahnt hier vor einer Beratungspflicht durch die Hintertür.
  • Des Weiteren haben Eltern nun die Möglichkeit, in der Geburtsurkunde ihrer Kinder "Elternteil" anstelle von "Vater" oder "Mutter" einzutragen zu können.
  • Mit dem sogenannten Offenbarungsverbot bleibt es verboten, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und offen zu legen. Ein Verstoß kann mit Bußgeld geahndet werden. Es gibt jedoch kein explizites Verbot von "Misgendern" oder "Deadnaming". Auch hier zeigt sich eine Lücke.
  • Das Gesetz berührt nicht das private Hausrecht und die Vertragsfreiheit. Es ändert nichts an den bestehenden Regelungen bezüglich des Zugangs zu geschützten Räumen oder der Autonomie des Sports. Zur Debatte ums Hausrecht haben wir bereits in einem früheren Artikel festgestellt, dass entsprechende Betonungen die Gefahr von Stigmatisierung bergen, während Verbände für Frauen wie Frauenhaus Koordinierung e.V. betonen, dass das SBGG die Ausgestaltung von Schutzräumen nicht infrage stelle.

Das BMFSFJ verweist zusätzlich darauf, dass das Selbstbestimmungsgesetz „ausdrücklich keine Regelungen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen [beinhaltet]“. Eine wichtige Unterscheidung in der öffentlichen Debatte um Selbstbestimmung. Wer sich weiter damit befassen möchte, findet in unserem Artikel „Die beiden Diskursebenen der Selbstbestimmung“ einen ersten Einstieg.

Des Weiteren empfehlen wir für einen umfangreicheren Einblick in das Gesetz und seine Eckpunkte den Artikel vom LSVD, der sich neben einem Überblick auch mit weiteren immer noch bestehenden Kritikpunkten sowie der langen historischen Entwicklung bis zum SBGG beschäftigt.

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Wie jedes Jahr im März sollte mit Aktionen im Rahmen des Bisexual Health Month im vergangenen Monat in Schleswig-Holstein und Hamburg die Sichtbarkeit von bisexuellen Personen gestärkt werden. Unter dem Motto „Diskriminierung macht krank“ lief eine Aufklärungskampagne mit neun Großflächenplakaten im Norden Deutschlands.

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Der Aktionsmonat wurde 2014 von der US-amerikanischen Organisation Bisexual Resource Center ins Leben gerufen. Mit dem Bisexual Health Month soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass bisexuelle Personen häufiger unter psychischen Krankheiten leiden als heterosexuelle sowie lesbisch und schwule Menschen. Die Diskriminierung von Bisexualität findet nicht nur im Rahmen von Homofeindlichkeit statt, sondern ist auch innerhalb der LGBTIQ*-Community ein Problem. Bisexualität wird beispielsweise oft als „Phase“ oder „Experimentieren“ mit Sexualität verklärt, womit die Identität von Bi+ Personen unsichtbar gemacht wird (siehe auch unseren Artikel „Was ist Bifeindlichkeit?“).

Die hamburgische Organisation Bi+Pride problematisiert die gesundheitsgefährdende Diskriminierung von bisexuellen Personen und macht sich insbesondere für ihre Sichtbarkeit stark. Dies sei insbesondere in der aktuellen politischen Lage relevant:

„Ähnlich wie die gesamte queere Community, leidet auch die bisexuelle Community unter den Folgen des Rechtsrucks in Deutschland. Hinzu kommt, dass gerade die bisexuelle Community an dem Problem leidet, dass sie in vielen Situationen grundsätzlich falsch verstanden wird. Egal ob polysexuell, pansexuell oder einfach nur bisexuell, grundsätzlich müssen sich alle erklären oder werden erst gar nicht wahrgenommen. Bi-Erasure ist nicht nur ein Teil der heteronormativen Gesellschaft. Auch in der queeren Community findet dies statt. Dieses ständige Auslöschen bzw. Missachten unserer Sexualität belastet und macht krank.“ (Bi+Pride)

Um der gesundheitlichen Gefährdung zu entgegnen, fordert die Organisation mehr politische Teilhabe und Anerkennung von Bi+ sowie Bildung und Aufklärung zu dem Thema. Die Plakataktion in Schleswig-Holstein und Hamburg, gefördert vom Sozialministerium Schleswig-Holstein und der Gleichstellungsbehörde Hamburg, sollte einen Beitrag dazu leisten. Vom 15.03. bis 08.04.2024 waren in Elmshorn, Neumünster, Reinbek, Rendsburg, Wedel und Hamburg Plakate zu sehen, die auf die mentale Gesundheit von bisexuellen Personen hinweisen.

Mit dem Ende des Bisexual Health Month soll das Thema aber nicht aus der Öffentlichkeit verschwinden. Der Initiator der Kampagne Frank Thies erklärt, dass auch am Tag der Bisexualität am 23. September Aktionen wie das Hissen der Bi+-Flaggen in Hamburg geplant sind (MADS).

Ein Interview zu der Aktion mit Frank Thies wurde auf dem Pink Channel veröffentlicht.

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Der Vatikan veröffentlichte vor kurzem die Erklärung „Digntias infinita“, in der auch Verstöße gegen die Würde von LGBTIQ* Personen problematisiert werden. Gleichzeitig positioniert sich der Vatikan gegen eine ‚Gender-Ideologie‘.

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Bereits Ende des vergangenen Jahres gab es eine positive Entwicklung der katholischen Kirche in Richtung LGBTIQ*-Rechte: Homosexuelle Paare dürfen nun offiziell gesegnet werden. Während dies einen wichtigen Schritt darstellt, gibt es auch Kritik, denn kirchlich heiraten können LGBTIQ*-Paare weiterhin nicht (echte vielfalt berichtete).

Im April diesen Jahres gibt es eine neue Diskussion der katholischen Kirche in Bezug auf queere Menschen. Die Erklärung „Dignitas infinita“ wurde nun nach fünf Jahren Diskussion und Bearbeitung veröffentlicht. Unter Punkt 55 der Erklärung über die unendliche menschliche Würde steht:

„Die Kirche möchte vor allem „bekräftigen, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, in seiner Würde geachtet und mit Respekt aufgenommen werden soll und sorgsam zu vermeiden ist, ihn ‚in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen‘ oder ihm gar mit Aggression und Gewalt zu begegnen“ […]. Aus diesem Grund muss es als Verstoß gegen die Menschenwürde angeprangert werden, dass mancherorts nicht wenige Menschen allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung inhaftiert, gefoltert und sogar des Lebens beraubt werden.“

So wird deutlich formuliert, dass die menschliche Würde von homosexuellen Personen verteidigt werden muss, was erstmal einen Fortschritt bedeutet. Gleichzeitig muss vermerkt werden, dass der Punkt über dem Überbegriff „Gender-Theorie“ steht, worunter in den vier darauffolgenden Punkten ausgeführt wird, dass die „gefährliche“ Theorie zu einer „ideologischen Kolonisierung“ führe und den wesentlichen Unterschied zwischen Menschen – Geschlecht auslöschen wolle.

Während Papst Franziskus also im Verhältnis zu weiten Teilen der katholische Kirche liberale Einstellungen in Bezug auf schwule und lesbische Katholik*innen zu haben scheint, die er bereits 2018 als von Gott erschaffen und geliebt beschrieben hat, werden trans Personen als Gefahr konstruiert, die die Grenzen zwischen Mann und Frau verblassen lassen (them). Im Wortlaut wird meist von „Gender-Theorie“ gesprochen, was oft als Platzhalter für Transgeschlechtlichkeit angewendet zu werden scheint.

So werden insbesondere trans, inter und nicht-binäre Personen von den Zugeständnissen der „Digntias infinita“-Erklärung ausgenommen. Geschlechtsangleichende Eingriffe, die im Wortlaut als „Geschlechtsumwandlungen“ beschreiben sind, würden die menschliche Würde bedrohen. Nur zur Behebung „genitale[r] Anomalien“ würden solche medizinischen Eingriffe erlaubt werden. (Geschlechtliche) Selbstbestimmung hingegen würde „der uralten Versuchung des Menschen nach[…]gehen, sich selbst zu Gott zu machen“, was der Vatikan in der Erklärung klar ablehnt.

Auch Leihmutterschaft wird in der Erklärung kritisiert, eine aus verschiedenen Gründen und Richtungen umstrittene Praxis, die jedoch insbesondere LGBTIQ*-Paaren zur Verwirklichung eines Kinderwunsches behilflich sein kann (siehe einen früheren Artikel von echte vielfalt). Ob die jetzige Erklärung also wirklich fortschrittlich für die LGBTIQ*-Gemeinschaft ist, kann diskutiert werden. Zumindest wird die Diskriminierung von Personen auf Basis ihrer sexuellen Orientierung nun explizit abgelehnt. Bei vielen anderen Punkten hat die katholische Kirche noch einen weiten Weg vor sich.

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Das Verfassungsgericht in Uganda hat eine Klage gegen das „Anti-Homosexualitätsgesetz“ abgewiesen. Das Gesetz wurde im Mai vergangenen Jahres (2023) trotz internationalen Drucks und Sanktionen verabschiedet. Seitdem wurden bereits mehrere Menschen angeklagt, in einem bekannten Fall auch wegen „schwerer“ Homosexualität. Für letzteres zieht das Gesetz sogar die Möglichkeit der Todesstrafe in Betracht.

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Wir hatten zuletzt im November 2023 über die Situation berichtet und dabei auch die Verflechtungen zu evangelikalen Finanzgebern aus den USA herausgestellt. Dabei kamen wir zu dem Schluss, dass das Gesetz nicht nur zu rechtlicher Verfolgung führt, sondern auch den Weg für eine Zunahme privater Gewalt gegen LGBTIQ* Personen ebnet. Es ist ebenso ein Signal an die Bevölkerung wie an die internationalen Finanziers von Anti-LGBTIQ*-Propaganda. Trotz einiger minimaler Abschwächungen bestätigt das Gericht nun das Gesetz und stärkt damit auch seine symbolische Bedeutung.

Wie die Tageschau zusammenfasst, kam die Klage von einer Gruppe aus Menschenrechtsaktivist*innen, Rechtswissenschaftler*innen und zwei Parlamentsabgeordneten der regierenden Partei Nationale Widerstandsbewegung (NRM). „Die Kläger sehen in dem Gesetz einen Verstoß gegen die Menschenrechte sowie gegen das von Ugandas Verfassung garantierte Recht auf Schutz vor Diskriminierung und das Recht auf Privatsphäre“. Wie die Deutsche Welle (DW) berichtet, räumten die fünf Richter dabei ein, dass das Anti-Homosexualitätsgesetz "inkonsistent mit dem Recht auf Gesundheit, Privatsphäre und Religionsfreiheit" sei. Wie das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) allerdings feststellt: „In ihrer Entscheidung hoben die Richter lediglich Einschränkungen beim Zugang von Homosexuellen zu medizinischen Diensten auf. Auch die Pflicht, Aktivitäten von Homosexuellen den Behörden zu melden, strichen sie.“ Darüber hinaus blieb das Gesetz allerdings erhalten. Auch der Passus zur Todesstrafe blieb unangetastet.

Damit erzeugt das Gesetz auch weiterhin einen Rahmen aus Angst und Denunziation sowie ein grundlegendes Klima von Diskriminierung und daraus resultierender Gewaltpotenziale. Verschärft wird das Ganze durch die Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung. Selbst wenn Homosexuelle zukünftig wieder medizinische Dienste in Anspruch nehmen dürfen, bleibt die Angst erhalten.

Wie die UNAIDS-Regionaldirektorin Anne Githuku-Shongwe nach einem Zitat der DW unterstreicht, führt allein die Kriminalisierung von Menschen, die besonders anfällig für HIV sind, zu einem erschwerten Zugang zu lebensrettenden Gesundheits- und HIV-Leistungen. Es braucht also kein aktives Verbot, um Menschen den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erschweren.

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Mitte März hat ein Oberstes Gericht in Japan das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen als verfassungswidrig eingestuft. Die Regierung wird aufgefordert, dies schnellstmöglich zu verändern.

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In der japanischen Verfassung wird Ehe als gegenseitiges Einverständnis der beiden Geschlechter definiert. Die Organisation „Marriage for All Japan“ argumentiert jedoch, dass dies kein Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen impliziert. Im Gegenteil „[W]eil das Recht zu heiraten, wen man möchte, ein grundlegendes Menschenrecht ist, das von der Verfassung geschützt wird, ist die Nicht-Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Ehen verfassungswidrig“.

In der Verfassung wird die gleichgeschlechtliche Ehe weder explizit verboten noch ausdrücklich erlaubt. In der Praxis werden gleichgeschlechtliche Paare jedoch nicht offiziell anerkannt. Japan ist somit der einzige G7-Staat, in dem die Ehe für homosexuelle Paare noch nicht legalisiert wurde. Dabei stehen nach einer Befragung von 2023 fast zwei Drittel der japanischen Bevölkerung hinter einer Einführung der „Ehe für alle“ (Reuters).

Im Juni letzten Jahres wurde ein erstes Gesetz verabschiedet, mit welchem versucht wird die Diskriminierung von LGBTIQ* abzubauen. Dies geschah auf Initiative von über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen, die sich in der Kampagne #EqualityActJapan zusammengeschlossen haben. Für die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ist das Gesetz jedoch unzureichend, um LGBTIQ* Personen umfassend vor Diskriminierung zu schützen. Es bedarf weiterer Antidiskriminierungsgesetze.

Die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe wäre ein weiterer wichtiger Schritt, um grundlegende Rechte von queeren Japaner*innen zu sichern. Die konservative „Liberal Democratic Party“ (LPD) stellt sich diesem Vorhaben jedoch entgegen. Das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen würde nach dem neuesten Beschluss des Obersten Gerichts in Sapporo das Recht auf Familie verletzen (Al Jazeera). Gleichgeschlechtlichen Paaren werden zudem steuerliche Vorteile sowie Gesundheits- und Sozialleistungen verwehrt, die heterosexuelle verheiratete Paare erhalten (Amnesty International, S. 16).

Für die LGBTIQ* Community in Japan ist der Beschluss des Gerichts zunächst ein Erfolg. Auch sechs Bezirksgerichte kamen zum Ergebnis, dass ein Verbot verfassungswidrig sei. Allerdings können die Gerichte das Gesetz nicht eigenständig ändern. Obwohl die Regierung aufgefordert wird, das Recht auf Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu gewährleisten, kann dies vorerst weiterhin verwehrt bleiben, bis das bestehende Ehegesetz geändert oder ein neues Gesetz erlassen wird (AP News).

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Am 31. März war der Trans Day of Visibility (TDOV). An diesem Tag „feiern trans* und nicht-binäre Personen – ihre Perspektiven auf das Leben, ihre Schönheit, ihre Lebensfreude, ihre Widerstandsfähigkeit, ihre Existenz“ (Bundesverband Trans*). In unserem heutigen Artikel nehmen wir dies als Anlass, uns aus einer philosophischen Perspektive dem Trans- und Nichtbinär-Sein zu nähern und einen Bogen zu schlagen, der nicht nur die LGBTIQ* Gemeinschaft verbindet.

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Wie der Bundesverband Trans (BVT*) in seinem Grußwort zum TDOV festhält, ist Trans*- oder Nichtbinär-Sein „eine Bereicherung für unser Leben“. Gleichzeitig werden trans und nichtbinäre Personen zu oft als die Leidenden dargestellt, die gerettet werden müssen - ein Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Sichtbarmachen von Problemen und dem Aufzeigen von Lebensfreude, das keinesfalls nur das Transsein betrifft.

In seiner Einführung zum Thema Transsein verdeutlicht der Moderator und Philosoph Gert Scobel auf seinem YouTube-Kanal, wie Ressentiments insbesondere dann zum Vorschein kommen, wenn abstrakte Werte in konkreten Situationen herausgefordert werden. Als Beispiel eröffnet Scobel die Frage: Wann gebe ich Widerworte, wenn in meinem Bekanntenkreis, meiner Familie oder unter Freund*innen Äußerungen getätigt werden, die die Würde von Menschen verletzen? Ein weiteres Beispiel betrifft die Verantwortung in Bezug auf Transition bei Jugendlichen, zu der wir bereits letzte Woche einen Artikel verfasst haben. Ein Thema, das an grundsätzliche Fragen zu Selbstbestimmung und Selbstdisziplin anschließt und Menschen und Gesellschaften schon von jeher beschäftigte.

Dabei wird deutlich, dass es uns insbesondere dann schwerfällt, unsere Ängste und Ressentiments unter Kontrolle zu halten, wenn uns etwas sehr nahe geht. Auf der gesellschaftlichen Ebene ist die Debatte allerdings keineswegs eine rein persönliche Angelegenheit. Das Selbstbestimmungsgesetz (das voraussichtlich am 01.11.2024 in Kraft tritt) und die Diskurse im Zuge seines Entwurfes verdeutlichen, wie politisch das Ganze ist. Scobel macht darauf aufmerksam, dass die Frage im Raum steht: Wie ehrlich und offen gehen wir mit „den anderen“ und mit uns selbst um?

Der öffentliche Diskurs über Transidentität, Nichtbinarität und die LGBTIQ* Gemeinschaft im Allgemeinen verhandelt damit nicht weniger als die grundlegenden Fragen nach der menschlichen Identität und dem Wesen des Menschen. Das Problem dabei ist, dass wir immer auf unser Gegenüber angewiesen bleiben. Wie bereits der Moralphilosoph Adam Smith (1723 -1790) feststellt, können wir niemals das tatsächliche Empfinden unseres Gegenübers nachempfinden, sondern nur unsere eigene Interpretation basierend auf den Empfindungen, die wir selbst in diesem Moment haben.

Der sichtbare Bruch, den Trans- und Nichtbinär-Sein dabei mit den hergebrachten Kategorien herbeiführen, beinhaltet deshalb die Chance des Wechsels von einem statischen oder zumindest fragmentierten Blick hin zu einer Perspektive, die der Vorstellung Rechnung trägt, dass Identität und Geschlecht eher einem Spektrum entsprechen. Eine Denkweise, die vor dem Hintergrund von Transformationsdebatten (Klima, Krieg, Rechtsruck etc.) den gesellschaftlichen Diskursen ebenso guttun würde wie auf der persönlichen Ebene, um „die anderen“ in der eigenen Familie und im Freundeskreis ein wenig besser zu verstehen.

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Dem ältesten queeren Wohnprojekt in Berlin droht möglicherweise das Aus, denn das Haus wurde im Februar verkauft. Die Bewohner*innen fürchten, dass sie aufgrund von Luxussanierungen und steigenden Mieten gezwungen sein könnten, das Haus zu räumen. Es gibt jedoch politische Maßnahmen, die die Stadt ergreifen könnte, um dies zu verhindern.

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Das Tuntenhaus ist Teil des ehemals besetzten Haus Kastanienallee 86 im Prenzlauer Berg. Seit den 1990ern ist es ein „Ort des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Vielfalt“ an dem „queere, oft marginalisierte, Menschen aus vielen Teilen der Welt ein Zuhause“ finden würden, so die Selbstbeschreibung des Wohnprojekts. Das Tuntenhaus ist ein sicherer Ort für die queere Community und gilt als ihr Wahrzeichen in der Hauptstadt. Das Wohnprojekt beweist außerdem, wie durch kollektive Anstrengungen bezahlbarer Wohnraum für eine vulnerable Personengruppe erkämpft wurde.

Der Verkauf des Tuntenhauses könnte sein Ende bedeuten, da die Mieten durch Sanierungen rasant steigen könnten. Über die neuen Eigentümer*innen liegen keine Informationen vor; ein früherer Besitzer äußerte gegenüber der taz jedoch, dass keine Luxussanierungen geplant seien.

Dennoch setzt sich die Kampagne „Tuntenhaus Bleibt“ gegen den Verkauf ein. Nach einer Prüfung wurde festgestellt, dass der Bezirk Pankow von seinem kommunalen Vorkaufsrecht Gebrauch machen könnte, um das Haus beispielsweise in eine Genossenschaft zu überführen. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass das Haus in der Kastanienallee 86 nicht dem profitorientierten spekulativen Wohnungsmarkt überlassen wird, sondern als gemeinnütziges Projekt erhalten bleibt.

Die Grüne und Linke Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus unterstützen den Erhalt des Tuntenhauses und fordern den Senat auf, finanzielle Mittel für einen Vorkauf bereitzustellen. Der Abgeordnete Klaus Lederer (Die Linke) bekräftigt dies in einer Rede an den Senat: „Das Tuntenhaus kann ein Ort sein, an dem wir zeigen, dass es anders geht. Dass Stadtentwicklung nicht dem freien Kampf der großen Marktmacht überlassen wird, sondern wo Stadt auch gestaltet wird.“ (rbb)

Lederer appellierte an die Verantwortung der Regierungsparteien SPD und CDU, die sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet haben: „Safer Spaces und diskriminierungssensible Begegnungsräume schützen wir vor Verdrängung.“ Doch genau diese Verdrängung bedroht aktuell das Tuntenhaus.

Bis Anfang Mai besteht die Möglichkeit, das Haus durch den Vorkauf des Bezirks zu retten. Unter der Kampagne „Tuntenhaus Bleibt“ finden Veranstaltungen und Kundgebungen statt sowie eine Petition für den Erhalt des queeren Schutzraums und Wohnprojekts. Am 21. März versammelten sich rund 100 Personen vor dem Abgeordnetenhaus, um ihre Forderung nach Erhalt des Tuntenhaus zum Ausdruck zu bringen.

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Mehrfachdiskriminierungen sind die Spitze der Probleme, denen Menschen aufgrund mangelnder Strukturen und Institutionen, aber auch aufgrund von Unwissenheit oder Ignoranz ausgesetzt sein können. Eine besondere Gefahr dabei ist, dass gerade Einrichtungen, die sich konkret für eine Form von Diskriminierung engagieren, blinde Flecken für andere Formen entwickeln, was dazu führt, dass hier besonders die Dachverbände gefragt sind, die Augen offen zu halten und gegebenenfalls Fortbildungen zu konzipieren.

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In unseren vergangenen Artikeln haben wir in diesem Zusammenhang bereits die Themen LGBTIQ* und Asyl und LGBTIQ* im Alter aufgegriffen. Gemein ist beiden Themen, dass besonders diejenigen gefährdet sind, die es nicht schaffen, aus eigener Kraft Anschluss zu finden, Kontakte zu knüpfen oder zu wissen, wohin sie sich wenden können. Im Alltag entsteht hier besonders dort Handlungsbedarf, wo die Hilfeeinrichtungen wenig oder nichts über die jeweils andere Thematik und ihre Schnittstellen mit dem eigenen Schwerpunkt wissen.

Eine weitere Gruppe, die in dieses Spektrum fällt, sind LGBTIQ* Personen mit Behinderungen. Aufgrund der Komplexität ihrer Identität erfahren auch sie multiple Formen der Diskriminierung und zusätzliche Hindernisse beim Zugang zu spezifischer Unterstützung und Ressourcen. Auf diese Gruppe macht die Fachstelle Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) in ihrem Newsletter vom Dezember 2023 aufmerksam.

Unter anderem geht es dabei auch um Sexualität. Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, ihr Recht auf sexuelle Entwicklung wahrzunehmen, ist als solches bereits ein Thema, das von Fachkräften eine adäquate Haltung und Bildung verlangt. Informationen dazu bietet unter anderem die Lebenshilfe. Dass diese Menschen aber auch LGBTIQ* sein können, findet dabei selten Erwähnung.

Die EUTB zielt darauf ab, LGBTIQ* Personen mit Behinderungen dabei zu unterstützen, ihre Rechte wahrzunehmen und eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Die Angebote sind dabei ergänzend zu den bereits existierenden Beratungsangeboten von Leistungsträger*innen und Leistungserbringer*innen. Konkret auf Sexualität bezogene Angebote finden sich hier allerdings nicht. Dennoch ist das Angebot der EUTB ortsunabhängig, sodass Betroffene, Vereine und Einrichtungen sich auch dann an die EUTB wenden können, wenn sie nicht in der Nähe wohnen.

Potenzielle Mehrfachdiskriminierung erfordert Aufklärung, das gilt ebenso für LGBTIQ* Personen mit Behinderung. Insbesondere Dachverbände und Träger sollten dabei auf Lücken achten, die im Alltag vielleicht übersehen werden. Das Angebot der EUTB kann dabei eine Ergänzung bieten und einen Einstieg ins Thema ermöglichen. Gerade wenn es aber konkret um das Thema Sexualität geht, werden Verantwortliche sowie Betroffene nicht umhinkommen, sich Beratung von verschiedenen Richtungen zu holen.

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Aktuell laufen in den USA die Vorwahlen für die anstehenden Präsidentschaftswahlen im November. Dabei nominieren üblicherweise Demokraten und Republikaner jeweils ihren Kandidaten. Während bei den Demokraten Joe Biden bereits als gesetzt gilt, fand am vergangenen Dienstag (05. März), dem sogenannten Super Tuesday, die erwartete Vorentscheidung zwischen Donald Trump und Nikki Haley statt. Dabei hatten bereits die meisten Wahlbeobachter*innen Haley kaum Chancen eingeräumt, was sich im Nachhinein als korrekt erweisen sollte.

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Laut der Tagesschau gelang es Trump, 14 der 15 Wahlstaaten für sich zu gewinnen, womit er seinen Vorsprung komfortabel ausbaute. Die Wahlbeobachter*innen betonen, dass in den vergangenen Jahrzehnten kein anderer Kandidat die Vorwahlen so klar dominiert hat. Trump konnte Texas, Oklahoma, Tennessee, Alabama und North Carolina mit einem Vorsprung von jeweils 50 Prozentpunkten und mehr vor Nikki Haley gewinnen, indem er vor allem Wähler*innen ohne Hochschulabschluss mobilisierte. Haley kündigte noch am selben Tag den Rückzug ihrer Kandidatur an, jedoch rief sie ihre Wähler*innen nicht dazu auf, stattdessen Trump zu unterstützen, und auch Trump erwähnte Haley nicht in seiner Siegesrede.

Damit läuft alles scheinbar auf ein erneutes Duell zwischen Biden und Trump im Herbst 2024 hinaus. Während die Tagesschau allerdings über eine Spaltung der Republikanischen Partei spekuliert und betont, dass Trump auch diejenigen braucht, die ihn nicht als Kandidaten gewählt haben, bleiben trotz zahlreicher Gerichtsverfahren die Mobilisierung, die er bei seinen Anhänger*innen erreicht, und seine mediale Präsenz weiterhin hoch. Selbst wenn also ein Teil der republikanischen Basis gegen Trump ist, bleibt die Frage, wie sich die Wahlleute und Gouverneure verhalten, die ein Interesse an einem Gewinn ihrer Partei haben könnten, egal wer Präsident wird. Ob sie also am Ende ihre Partei opfern, um Trump zu verhindern, und wie hoch die allgemeine Wahlbeteiligung sein wird, sind alles sehr ungewisse Faktoren.

Doch was hat das nun mit Deutschland zu tun? Bereits letzte Woche wurde auf echte vielfalt darauf hingewiesen, dass eine gerechte und offene Gesellschaft nicht nur davon lebt, dass man sich symbolisch gegen rechtspopulistische Bewegungen stellt, sondern ebenso ein institutionelles Fundament benötigt, das die Schwächsten schützt - und zwar alle. Schafft das unsere Gesellschaft nicht, zeigt Trumps Mobilisierung der "Wähler ohne Hochschulabschluss", wie sich die Tagesschau ausdrückt, oder um in Europa zu bleiben, die Mobilisierung von Spaniens Jugend durch die rechtspopulistische VOX bei gleichzeitig hoher Jugendarbeitslosigkeit, dass Abgehängte und Marginalisierte sich eben nicht automatisch solidarisieren.

Ein weiteres Mal präsentieren sich die USA somit als Bühne für den ideologischen Kampf im „Westen“. Dabei kamen wir letztes Jahr bereits zu dem Schluss, dass es um mehr geht als Wahlen und Gesetze, sondern dass Werte wie die Würde aller immer wieder aufs Neue aktiv verteidigt werden müssen. Gelingt es hier nicht, die Schwächsten und Abgehängten mit an Bord zu holen, bleibt die Frage nach einer offenen Gesellschaft auch für LGBTIQ* unbeantwortet. Das „Bord“ meint damit den Grundsatz der Menschenwürde, auf dessen Fundament sich gerne und viel gestritten werden darf. Am Ende steht das Ideal, über Positionen des Miteinanders streiten zu können, ohne dass auch nur implizit die Existenzberechtigung einer Gruppe oder Person infrage gestellt wird.

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