Echte Vielfalt

13. Februar 2021

Queeres Leben in Zeiten des Nationalsozialismus: LSVD fordert mehr Forschung

Bis 1977 wurden lesbische Verhältnisse in Deutschland rechtlich eindeutig als eine „schwere Eheverfehlung“ verstanden. Bis 1994 wurden homosexuelle Männer auf Basis des Paragrafen 175 des deutschen Strafgesetzbuches teils zu langen Haftstrafen verurteilt. Wie die Historikerin Kirsten Plötz berichtet, haben Gerichte sehr konservative Vorstellungen davon, wie sich Frauen und Männer zu verhalten haben, durchgesetzt: „Diejenigen, die abgewichen sind, haben das zu spüren bekommen.“

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Des Weiteren schildert Plötz, die im Rahmen einer Studie für das Institut für Zeitgeschichte und der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld Fälle von lesbischen Müttern in Westdeutschland aufgearbeitet hat, dass davon ausgegangen werden müsse, dass Tausende betroffen waren. Weil Gerichte eine „heterosexuelle Weltordnung“ durchsetzen wollten, wurde lesbischen Frauen Sorgerecht und Unterhalt genommen, sichtbar lesbisches Leben wurde unterdrückt. Viele Frauen hätten ihre Homosexualität aus Angst verschwiegen, weswegen auch nur wenig Statistiken und Quellen existieren, auf die sich die Studie stützen könne.

In diesem Zusammenhang äußerte sich auch LSVD-Bundesvorstandsmitglied Henny Engels. Wie Queer.de berichtet sei es insbesondere „unabdingbar, die Unsichtbarkeit der Verfolgung von Lesben zu thematisieren und darauf zu drängen, dass Forschung und Lehre den unbeantworteten Fragen zu Leben, Verfolgung und Ermordung lesbischer Frauen im Nationalsozialismus weiter nachgehen“.

Nicht nur bei der Verfolgung von Lesben, sondern auch bei der Situation von trans- und intergeschlechtlichen Menschen, homosexuellen Männern, und anderen queeren Menschen, jedoch, gäbe es noch Wissenslücken. Bisherige Forschung sei oft außerhalb des universitären Kontextes entstanden: In der Geschichtswissenschaft würden queere Schicksale „immer noch viel zu oft als Rand- und Fußnotenthema betrachtet“. Engels forderte deswegen im Namen des LSVD inklusive Ansätze zu verfolgen, wofür Bund, Länder, und Kommunen ausreichend Mittel stellen müssten.

Außerdem erinnerten die queeren Bundestagsabgeordneten Ulle Schauws, Sven Lehmann und Kai Gehring (alle Grüne) in einer gemeinsamen Erklärung am Holocaust-Gedenktag daran, dass LGBTI-Feindlichkeit bis heute nicht besiegt sei: „Bis heute bestehen Vorurteile und Ablehnung gegenüber queeren Menschen in weiten Teilen der Bevölkerung.“ Deswegen fordert auch die Linke.queer, dass man die „Aufklärung über den deutschen Faschismus und seine Folgen intensivieren müsse“.

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