Fibel Echte Vielfalt
Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Sichtbarkeit sind grundlegende Themen für jeden Menschen und sollen auch für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter* und Queere (LSBTIQ*) gelten. Damit sich alle angesprochen fühlen können und sichtbar sind, formuliert die Fibel geschlechtersensibel.
Die Fibel „Echte Vielfalt“ will interessierten Menschen den Zugang zu Begriffen der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt erleichtern. Die Fibel will Irrtümer und Vorurteile ausräumen, Interesse und Verständnis wecken. Einblicke in die Begriffs-und Lebenswelten von LSBTIQ* können einen Einstieg dazu bieten. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird ausdrücklich nicht erhoben. Die Fibel lädt vielmehr ein, neugierig zu bleiben und sich über die angebotenen Inhalte hinaus zu informieren.
Vier Versionen der Fibel
- Auf dieser Seite finden Sie die gesamte Fibel in digitalisierter Form.
- Die Fibel kann in gedruckter Form direkt hier angezeigt bzw. selbst gedruckt werden. Sie können Sie auch auf der Seite des Sozialministeriums bestellt werden.
- Einen Teil der Fibel haben wir in Leichte Sprache übersetzen lassen und auf dieser Seite veröffentlicht.
- Einen Teil der Fibel haben wir in Deutsche Gebärdensprache übersetzen lassen und auf dieser Seite veröffentlicht (noch nicht auf die Version von 2023 aktualisiert).
Grundlagen
Die Buchstaben stehen für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter*, Queere, das Sternchen steht für alle weiteren geschlechtlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen.
(englisch: schräg, seltsam)
Das Wort steht für lsbtiq* Menschen. Ursprünglich war es eine Beleidigung. Mittlerweile haben sich viele lsbtiq* Personen diesen Begriff angeeignet und positiv besetzt. Er steht für Personen, die nicht cisgeschlechtlich (siehe unten) und/oder heterosexuell sind.
Queersein ist eine Lebensweise und eine Selbstbezeichnung.
Ausführlichere Informationen zum Begriff queer gibt es auch in diesem Artikel.
(englisch: Gemeinschaft)
Menschen in einer Gemeinschaft befinden sich in ähnlichen Lebenssituationen. Die Menschen der queeren Community etwa haben gemeinsam, dass sie in Bezug auf ihre geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Orientierung ähnliche Erfahrungen, Probleme, politische Anliegen oder Sorgen haben. Gemeinsam möchten sie ihre Lebenslagen verbessern.
(lateinisch tolerare: dulden, ertragen / lateinisch accipere: annehmen, anerkennen)
Ein toleranter Mensch erduldet oder erträgt einen anderen Menschen mit seinen Eigenschaften.
Ein akzeptierender Mensch nimmt einen anderen Menschen mit seinen Eigenschaften an. Dies ist ein aktiver Vorgang und geschieht freiwillig, bspw. indem Vorurteile gezielt verlernt werden. Einander akzeptierende Menschen begegnen sich auf Augenhöhe.
Queere Menschen verdienen Akzeptanz, weil ihnen als Menschen das Recht auf Würde zusteht. Sie sind nicht mehr oder weniger wert als andere Menschen.
Seit Dezember 2018 berücksichtigt das deutsche Personenstandsrecht, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt.
Für den Geschlechtseintrag existieren die Möglichkeiten ‚weiblich‘, ‚männlich‘, ‚divers‘ und kein Eintrag. Menschen können ihre Pronomen und Anreden selbst wählen und erweitern so unsere deutsche Sprache. Neben den Pronomen „sie“ und „er“ gibt es neue Pronomen (Neopronomen), wie z. B. sie*r, they, hen, div, dey oder es wird kein Pronomen verwendet.
Eine geschlechtersensible Anrede kann lauten: „Guten Tag [Vorname Nachname].“
Um alle Geschlechter deutlich zu machen, nutzen viele Menschen das Gendersternchen (*). Beispiele sind „Arbeitnehmer*innen, liebe*r Leser*in.“ Gesprochen wird es durch eine kurze Pause beim Sprechen, wie beim Wort Spiegelei. Neben dem Stern gibt es noch den „Gender-Gap“ „_“, z. B. Erzieher_in und den Doppelpunkt wie in Maurer:in.
Die Sonderzeichen können inzwischen von den meisten Screenreadern erkannt werden.
Ausführliche Informationen zum Thema geschlechtersensible Sprache finden Sie auch hier.
Stellt eine Person für sich fest, dass sie queer ist, erlebt sie ihr inneres Coming-out. Wenn sie sich dazu entschließt, weiteren Menschen ihr Queersein zu nennen, beginnt sie das äußere Coming-out. Zwischen beiden Phasen können lange Zeiträume liegen.
Keine Person muss ein Coming-out durchführen, um in ihrer Identität „echt“ zu sein.
Das äußere Coming-out ist jeweils ein aktiver, selbstbestimmter Prozess. Mit jeder neuen Begegnung entscheiden queere Menschen neu, ob sie ihre geschlechtliche Identität und/oder ihre sexuelle Orientierung mitteilen. Viele Menschen fühlen sich nach dem äußeren Coming-out erleichtert und befreit.
Weitere Informationen zum Thema Coming-out finden Sie in diesem Beitrag.
Outen bedeutet, dass eine Person das Queersein einer anderen Person bekannt macht. Wenn die geoutete Person nicht einverstanden ist, dann verstößt das gegen die Selbstbestimmung.
Eine Person gegen ihren Willen zu outen kann für sie Probleme bereiten, z. B. für ihre Sicherheit oder in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen.
(englisch pride: Stolz)
CSD ist die Abkürzung für „Christopher Street Day“. 1969 haben sich u. a. Schwarze und lateinamerikanische trans*, homo- und bisexuelle Menschen in der Christopher Street in New York in der Kneipe „Stonewall Inn“ gegen Diskriminierung durch die Polizei gewehrt. Der Aufstand nahm schnell die umliegenden Straßen ein und dauerte drei Tage an.
Damit begann international eine neue Bewegung für die Gleichberechtigung queerer Menschen.
Ein CSD ist eine politische Demonstration queerer Menschen für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. In immer mehr deutschen Städten gibt es CSDs, auf denen sich queere Menschen sichtbar machen. In anderen Ländern werden die CSDs „Pride“ genannt.
Es demonstrieren nicht nur queere Menschen: Auch Allies können die Anliegen queerer Menschen unterstützen.
(englisch ally: Verbündete*r)
Nicht-queere Menschen, die für die Rechte von LSBTIQ* eintreten, werden als „Allies“ bezeichnet. Ein erster Schritt dazu kann sein, sich mit queeren Begriffen und Lebenswelten zu befassen.
Weitere Informationen zum Thema Ally-Sein finden Sie hier.
IDAHOBIT ist die Abkürzung für den „Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-, und Transfeindlichkeit“. Er findet jährlich am 17. Mai statt. An diesem Tag hat die Weltgesundheitsorganisation im Jahr 1990 festgelegt, dass Homosexualität keine Krankheit ist.
Mehr über den IDAHOBIT erfahren Sie hier.
Wenn queere Menschen im Alltag ganz offen und selbstverständlich sichtbar sind, können Vorurteile abgebaut werden. Seit mehreren Jahren berichten zum Beispiel mehr Medien über queere Menschen. Sie sind häufig in Serien und Nachrichten zu sehen. Für viele queere Menschen ist das sehr wichtig. Sie sehen, dass sie okay sind, wie sie sind. Queere Menschen in Sport, Kunst, Kultur oder Politik können so zu Vorbildern werden. Vorbilder können das Coming-out erleichtern. Auch im täglichen Leben, auf der Straße,auf CSDs, in der Schule, im Beruf, im Club oder im Freundeskreis ist es wichtig, queere Menschen zu sehen.
Cisgeschlechtliche, heterosexuelle Menschen erhalten durch die Sichtbarkeit queerer Menschen Wissen über verschiedenste Möglichkeiten der Lebensführungen und Identitäten. So können neue Perspektiven entstehen.
Die Fibel nennt Bezeichnungen, welche die meisten lsbtiq* Personen auch für sich nutzen. Diese Bezeichnungen sind nicht alle, die es gibt. Menschen können sich auch anders bezeichnen als hier dargestellt. Nicht alle Menschen finden sich in dieser Auflistung wieder.
Die von Menschen gewählten Selbstbezeichnungen für ihre geschlechtliche Identität und/oder ihre sexuelle Orientierung haben immer Vorrang!
Geschlecht
Das Verständnis von Geschlecht hat biologische, identitätsstiftende, soziale und rechtliche Aspekte.
Weitere Informationen zu Geschlecht und einigen der nachfolgenden Begriffe gibt es auch in diesem Beitrag.
Aus dem biologischen Blickwinkel betrachtet, spielen äußere und innere Geschlechtsorgane, Hormone und Chromosomen eine wichtige Rolle. Vulva, Vagina, Eierstöcke, Östrogen, Brüste, Progesteron und XX-Chromosomen gelten als weiblich. Hoden, Penis, Testosteron und XY-Chromosomen gelten als männlich.
Menschen werden bei ihrer Geburt je nach Beschaffenheit der äußeren Geschlechtsorgane einem Geschlecht zugewiesen.
(englisch: gender)
Im Englischen gibt es das Wort „gender“. In die deutsche Sprache wird der Begriff übernommen oder als „soziales Geschlecht“ übersetzt.
Je nach Gesellschaft, Ort und Zeit gibt es verschiedene Erwartungen an das Gender. Eine ist der Geschlechtsausdruck: Menschen drücken ihr Gender zum Beispiel durch Kleidung, Stimme, Frisur und Verhalten aus. Andere Menschen nehmen diesen Geschlechtsausdruck wahr und deuten ihn. Diese Deutung kann zutreffen oder nicht. Die Bilder, die Menschen von Geschlechtern im Sinn haben, wenden sie auf andere an.
Geschlechtliche Identität ist das innere und persönliche Wissen, zu einem oder zu keinem Geschlecht zu gehören.
In Deutschland werden Menschen bei der Geburt zumeist den Geschlechtern „männlich“ oder „weiblich“ zugeordnet bzw. zugewiesen. Dies kann mit der geschlechtlichen Identität übereinstimmen (das wird oft „cis“ genannt). Sie kann sich aber auch von ihr unterscheiden (das wird oft „trans“ genannt). Die geschlechtliche Identität ist die Antwort auf die Frage „Welches Geschlecht habe ich?“
In Deutschland steht das zugeschriebene Geschlecht jedes Neugeborenen im Personenstandsregister. Die Geschlechtszugehörigkeit bringt einige Folgen im deutschen Recht mit sich, zum Beispiel die Anrede, das Recht auf Gebärendenschutz und Frauenförderung.
Während es für die Eltern leichter ist, für das neugeborene Kind den Geschlechtseintrag offen zu lassen und einen Namen einzutragen, ist das für den betroffenen Menschen später aufwändiger.
Geschlechtliche Vielfalt
(lateinisch cis: diesseits)
Cisgeschlechtlich sind diejenigen, deren Geschlechtsidentität dem Geschlecht entspricht, dem sie bei der Geburt zugeordnet wurden.
Beispiel: Eine Person wird geboren, als weiblich eingeordnet und hat die innere Gewissheit, Mädchen oder Frau zu sein.
(lateinisch trans: jenseits)
Bei trans* Menschen unterscheidet sich das bei der Geburt zugeordnete Geschlecht von der geschlechtlichen Identität.
Zum Beispiel können trans* Männer Männer sein, denen bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugeordnet wurde.
Es gibt verschiedenste Möglichkeiten und Varianten des trans* Seins.
Die Transition beschreibt den Prozess, die eigene geschlechtliche Identität zu finden und auszuleben. Dies kann alle Aspekte der geschlechtlichen Identität umfassen.
Zum Beispiel gibt es trans* Menschen, die ihren Körper der Geschlechtsidentität angleichen wollen. Dafür benötigen sie medizinische Maßnahmen, z. B. Hormontherapie, Logopädie, geschlechtsangleichende Operationen. Es gibt trans* Menschen, die sich für einige oder auch keine Maßnahmen entscheiden.
Auch genutzte Formulierungen: transgender, transident, transgeschlechtlich. Der Begriff ‚transsexuell‘ wird mittlerweile seltener genutzt und vermehrt kritisiert, weil er als medizinischer Begriff die trans* Identität als Krankheit beschrieben hat. Außerdem ist er irreführend, da es sich um keine sexuelle Orientierung handelt.
(lateinisch bina: doppelt, paarweise / englisch non-binary: nicht binär / lateinisch a: ohne, nicht vorhanden)
Das Verständnis, das von nur zwei Geschlechtsidentitäten (Mann, Frau) ausgeht, ist binär. Die Realität ist deutlich vielfältiger.
Wenn Menschen sich nicht vollständig mit einem der Geschlechter „weiblich“ oder „männlich“ identifizieren oder eine weitere Geschlechtsidentität haben, bezeichnen sie sich häufig als nicht-binär. Nonbinär ist ein Oberbegriff auch dafür, dass die Identität sich immer wieder verändert (genderfluide), zwischen mehreren Gendern wechselt, ein Gender teilweise vorhanden ist oder gar kein Gender vorhanden ist (agender).
Auch genutzte Formulierungen für nicht-binär bzw. nonbinary: enby, genderqueer, gender non-conforming.
In der indigenen Gemeinschaft in Deutschland und auf der Welt gibt es bspw. das nicht-binäre Geschlecht ‚Two Spirit‘. Weltweit gibt es weitere anerkannte Weisen der Nicht-Binarität.
(lateinisch inter: zwischen)
Körperliche Merkmale werden nach dem binären Verständnis als weiblich oder männlich angesehen. Inter* Personen haben körperliche Merkmale, die aus dieser Sicht in beide Kategorien fallen.
Hier werden z. B. die äußeren und inneren Geschlechtsorgane, die Hormonproduktion oder Chromosomen in den Blick genommen. Manchmal fällt schon bei der Geburt auf, dass das Neugeborene inter* ist, in anderen Fällen entspricht das Kind äußerlich dem als typisch angesehenen Bild eines Jungen oder Mädchens. Entsprechend erfolgt dann die Zuweisung zu einem Geschlecht. Bleibt später z. B. die Geschlechtsreife aus oder verläuft die Pubertät nicht dem zugeordneten Geschlecht entsprechend, wird oft festgestellt, dass eine Person inter* ist.
Inter* ist eine natürliche Entwicklung mit sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen. Zunehmend wird der Begriff „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ verwendet. Dies ist die Grundlage für die Eintragung „divers“ in die Geburtsurkunde.
Auch genutzte Formulierungen: zwischengeschlechtlich, intergeschlechtlich, Varianten oder Varianten der Geschlechtsentwicklung.
Der Begriff ‚intersexuell‘ wird immer weniger verwendet, da dieser mit einer sexuellen Orientierung verwechselt werden kann. Er wurde auch aus der Medizin definiert, und durch die Erfahrungen mit der Medizin wird er ebenfalls kritisiert.
Sexuelle Orientierungen
Die sexuelle Orientierung ist ein Teil der Persönlichkeit. Im Laufe eines Lebens kann sie sich ändern, sie ist aber nicht zielgerichtet manipulierbar. Die sexuelle Orientierung sagt aus, auf welches Geschlecht oder welche Geschlechter sich das Begehren und die Zuneigung richten.
Als die Bezeichnungen heterosexuell, homosexuell und bisexuell entstanden, waren die anerkannten Geschlechter ausschließlich weiblich oder männlich.
Die sexuelle Orientierung ist die Antwort auf die Fragen „Wen liebe ich?“ und „Von wem fühle ich mich angezogen?“
Neben der sexuellen Orientierung gibt es auch den Begriff romantische Orientierung. Hier geht es nicht um die Frage, wen ich sexuell begehre, sondern zu wem ich mich emotional hingezogen fühle.
Informationen zu den Unterschieden der Begriffe "sexuelle Orientierung", "sexuelles Verhalten" und "sexuelle Identität" finden Sie hier.
(griechisch heteros: verschieden, ungleich / lateinisch sexus: Geschlecht)
Heterosexuelle Menschen empfinden sexuelle Anziehung und Begehren zu Menschen eines anderen Geschlechts. Zum Beispiel lieben heterosexuelle Frauen Männer. Die meisten Menschen definieren sich als heterosexuell und setzen diese Orientierung als selbstverständlich voraus. So wird auch von einer heteronormativen Mehrheitsgesellschaft gesprochen. Heterosexuelle Menschen brauchen nicht über ein Coming-out wegen ihrer sexuellen Orientierung nachzudenken.
(griechisch homos: gleich / lateinisch sexus: Geschlecht)
Homosexuelle Menschen empfinden sexuelle Anziehung und Begehren zu Menschen des eigenen Geschlechts. Homosexualität ist ein Oberbegriff.
Eine verbreitete Selbstbezeichnung von homosexuell liebenden und begehrenden Frauen ist: Lesben/lesbisch. Die männliche Entsprechung ist: Schwuler/schwul. Nicht binäre Menschen können mit ihrem jeweiligen Gender genauso homosexuell sein.
(lateinisch bi: zwei)
Bisexuelle Menschen empfinden sexuelle Anziehung und Begehren zu mehr als einem Geschlecht. Die Vorstellung, dass Bisexualität sich nur auf Frauen und Männer ausrichtet, ist überholt.
(griechisch pan: umfassend, alles / griechisch poly: viele)
Pansexuelle Menschen empfinden sexuelle Anziehung und Begehren für Menschen, unabhängig von deren Geschlecht. Sie können sich in alle Menschen verlieben.
Polysexuelle Menschen empfinden sexuelle Anziehung und Begehren zu Menschen vieler Geschlechter, jedoch nicht zu allen.
Asexuelle Menschen haben kein oder wenig Verlangen nach Sexualität mit anderen Menschen. Sie empfinden keine oder wenig sexuelle Anziehung.
Informationen über Aromantik finden Sie in diesem Beitrag.
Formen des Zusammenlebens
Von 2001 bis 2017 konnten gleichgeschlechtliche Paare eingetragene Lebenspartnerschaften eingehen. Diese hatten nicht die gleichen Rechte wie Ehen, z. B. konnten diese Lebenspartner*innen gemeinsam kein Kind adoptieren.
Seit 2017 ist die Ehe für alle Paare geöffnet. Diese Paare dürfen auch gemeinsam Kinder adoptieren. Die Ehe für alle ist ein großer Schritt zur Gleichberechtigung von lsbtiq*-Menschen.
Seit der Ehe für alle können Paare keine eingetragenen Lebenspartnerschaften mehr eingehen. Bereits geschlossene Lebenspartnerschaften können die Standesämter rückwirkend zu Ehen umwandeln.
Bei einer „Regenbogenfamilie“ ist mindestens ein Elternteil queer. Am bekanntesten sind Regenbogenfamilien mit zwei Müttern oder zwei Vätern. Es sind viele weitere Konstellationen möglich, z. B.: cis-Frau und trans* Frau, heterosexuelle Frau und bisexueller Mann, non-binary-Eltern, ein schwuler alleinerziehender Vater. Die Kinder stammen etwa aus vorherigen Beziehungen oder werden in die Regenbogenfamilie geboren. Auch Adoptionen und Pflegeelternschaften sind möglich.
Weitere Informationen über Familien mit zwei Müttern finden sich in diesem Beitrag.
In der Community gibt es auch selbstgewählte Familienverhältnisse, unabhängig von den ‚biologischen‘ Eltern. So können sich familiär zusammenhaltende Gemeinschaften bilden.
(griechisch poly: viele / lateinisch amor: Liebe)
Polyamorie ist der Begriff für eine Mehrfachbeziehung. Eine Person liebt mehrere Menschen und unterhält mit ihnen Liebesbeziehungen. Alle beteiligten Menschen wissen voneinander und haben diesem Beziehungsmodell zugestimmt. Polyamorie kann unabhängig von der geschlechtlichen Identität und der sexuellen Orientierung gelebt werden.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Werten Menschen andere aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Minderheit ab, grenzen sie aus oder begehen Straftaten gegen diese, wird von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gesprochen. Diese menschenfeindliche Haltung kann sich in Feindseligkeit, sozialer Abneigung bis hin zu körperlicher Gewalt zeigen.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit beinhaltet auch diskriminierende Regeln, Prozesse oder Strukturen in Institutionen, z. B. Gesetzgebung.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit äußert sich u. a. in Vorurteilen, Abneigungen, Aggressionen sowie Feindseligkeiten gegen LSBTIQ*.
Ausführlichere Informationen über Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit finden Sie hier.
auch genutztes Wort: homophob/Homophobie
Gegner*innen von Homosexualität betonen die veraltete Norm, dass allein die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau rechtlichen Schutz verdiene. Weitere Liebesformen werten sie ab. Besonders im Sport halten sich Vorbehalte gegen Schwule und Lesben.
Ausführlichere Informationen über Homofeindlichkeit finden Sie auch in diesem Beitrag.
Die Bundesrepublik Deutschland übernahm den von den Nationalsozialisten verschärften § 175 unverändert ins Strafgesetzbuch (StGB). Erst 1969 wurde der Paragraph entschärft und homosexuelle Männer mussten kein Gefängnis mehr fürchten. Es bestand aber bis 1973 das höhere Schutzalter von 21 statt 18 Jahren für männliche Homosexuelle. Erst ab dem Alter von 21 Jahren blieben homosexuelle Handlungen unter Männern straffrei.
In der DDR regelte der neue § 151 seit 1968 das Schutzalter bei sexuellen Handlungen mit Menschen des gleichen Geschlechts bei Männern und Frauen: es lag bei 18 Jahren. Dieses Gesetz strich die DDR zum Dezember 1988.
Das vereinte Deutschland schaffte den § 175 Strafgesetzbuch im Jahr 1994 endgültig ab. Seit 2017 erst gibt es die Möglichkeit, dass nach § 175 StGB verurteilte Menschen rehabilitiert werden können.
Auch heterosexuelle trans* Frauen, die mit Männern schliefen, wurden als homosexuelle Männer eingeordnet und inhaftiert.
Bisexuelle Menschen können von den gleichen Diskriminierungen betroffen sein wie homosexuelle Menschen. Darüber hinaus werden sie häufig auch innerhalb der LSBTIQ* Community diskriminiert.
Mehr über Bifeindlichkeit gibt es in diesem Artikel.
Trans* Personen machen oft die Erfahrungen, dass andere sie nicht ernst nehmen, z. B. wenn sie ihren Namen ändern, die entsprechende Toilette nutzen und ihrer Identität entsprechend leben wollen. Viele trans* Menschen kennen die Erfahrung, dass sie nicht so angesprochen werden, wie es für sie richtig ist.
Inter* Kinder wurden häufig schon als Babys operiert oder mit Medikamenten behandelt. Es wurden geschlechtszuweisende Operationen oder hormonelle Eingriffe durchgeführt, damit die äußeren Geschlechtsorgane nach dem binären Modell „eindeutig“ wurden. Oft wurden dazu mehrere Operationen an Kindern ohne deren Einwilligung durchgeführt. Außerdem müssen nach dem Entfernen der Keimdrüsen lebenslang schwer zu dosierende Hormone eingenommen werden. Auch die möglicherweise vorhandene Fortpflanzungsfähigkeit wurde so zerstört. Viele inter* Menschen beschreiben diese Behandlungen als entwürdigend, wenn nicht gar verstümmelnd. Sie forderten ein Verbot dieser Operationen, wenn die Betroffenen diesen nicht freiwillig zustimmen.
Seit Mai 2021 sind geschlechtszuweisende Operationen an inter* Kindern, die nicht einwilligungsfähig sind, verboten. Kinder, die bereits operiert wurden, fordern im Erwachsenenalter teils Entschädigungen. Die Bundesregierung stellt dazu einen Fond in Aussicht.
Die Geschlechtsidentität kann dem durch Operation(en) zwangsweise zugewiesenen Geschlecht entsprechen. Es gibt allerdings auch viele Menschen, bei denen sich die Geschlechtsidentität vom zugewiesenen Geschlecht unterscheidet.
Das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ wird AGG abgekürzt. Seit 2006 gibt es dieses Gesetz. Das AGG soll vor Rassismus und anderen Benachteiligungen schützen, wenn diese an Persönlichkeitsmerkmale anknüpfen wie ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter (jedes Lebensalter) und/oder sexuelle Identität.
Das AGG gilt für das Zivilrecht und für die meisten Fälle des
Arbeitsrechts. Die sexuelle Identität ist der Oberbegriff für die
geschlechtliche Identität und die sexuelle Orientierung.
Beispiele: Vorstellungsgespräche, Mietverträge oder der Eintritt in Clubs, Sportstudios usw. dürfen nicht wegen eines im AGG genannten Merkmals verweigert oder erschwert werden.
Wenn in Schleswig-Holstein gegen das AGG verstoßen wird, kann die Antidiskriminierungsstelle Schleswig-Holstein den betroffenen Menschen helfen. Sie bietet kostenlos unabhängige Beratungen und Unterstützung an. Die Antidiskriminierungsstelle schreibt regelmäßig einen Bericht, in dem sie u. a. Fälle darstellt, in denen gegen das AGG verstoßen wurde und beschreibt, wie sie helfen konnte.
Dennoch werden viele Fälle nicht erfasst, da es Hürden gibt, ein
AGG-Gerichtsverfahren zu führen. Diskriminierung ist in unserer
Gesellschaft alltäglich, die Gerichtsverfahren sind es nicht.