Echte Vielfalt

Erfahrungen

Die wiederholte Zerstörung von Regenbogen-Bannern in Flensburg wirft erneut die Frage auf, wie Teile unserer Gesellschaft mit Symbolen der LGBTIQ*-Gemeinschaft umgehen.

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Laut NDR haben Unbekannte in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai erneut Regenbogenflaggen von Brücken entfernt. Später fand man diese zerschnitten auf den Bahngleisen. Der Staatsschutz ermittelt. In Deutschland kann das Verbrennen von Pride-Flaggen als symbolische „böswillige Verächtlichmachung“ gegen eine Gruppe oder einen Teil der Bevölkerung verstanden werden. Damit würde es sich nach §130 StGB um Volksverhetzung handeln.

Während solche Angriffe in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden, bleibt eine Verfolgung jedoch immer reaktiv. In den USA hingegen zeigen einige Städte, dass es auch einen proaktiven Weg gibt: Sie erklären die Pride-Flagge offiziell zum Symbol, um gesetzliche Einschränkungen zu umgehen und ein klares Zeichen für Vielfalt und Akzeptanz zu setzen. Zwar reagieren sie damit auf einen Angriff auf die Freiheit durch die Bundesstaaten selbst – etwas, das in Deutschland nicht der Fall ist –, doch gleichzeitig zeigen sie, dass nicht nur Rechtspopulismus und ultrakonservative Kräfte den Rechtsstaat und seine Instrumente nutzen können.

In einigen republikanisch geführten Bundesstaaten der USA – insbesondere Idaho und Utah – wurden inoffizielle Fahnen an öffentlichen Gebäuden verboten, darunter auch die Regenbogenflagge, so berichtet der RND in einem Artikel vom 14. Mai 2025. Um dem entgegenzuwirken, haben sich Städte wie Boise und Salt Lake City dazu entschlossen, die Flaggen offiziell zu einem Symbol der Stadt zu erklären. Kathy Corless, Stadträtin von Boise, betont, dass es sich bei dem Verbot nicht um eine bloße politische Aktion, sondern um eine klare Zensur handelt. Dies ist umso schwerwiegender, da „Zensur“ genau der Vorwurf ist, der inflationär aus dem konservativen Trump-nahen Lager kommt. Auf dem Instagram-Kanal von Salt Lake City heißt es: Die Stadtverwaltung hat einstimmig drei neue Stadtflaggen genehmigt, die von der Bürgermeisterin vorgeschlagen wurden. Alle enthalten das Symbol der Sego-Lilie, das bereits auf der aktuellen Stadtflagge zu sehen ist und für Widerstandsfähigkeit, Akzeptanz und Zugehörigkeit steht. Chris Wharton, Vorsitzender des Stadtratsbezirks 3, betont, dass die Pride-Flagge ein Symbol für gemeinsame Werte und Menschlichkeit sei. Angesichts der staatlichen Einschränkungen für Fahnen an öffentlichen Gebäuden sieht er es als wichtigen Schritt, dass die Stadt ihre Werte weiterhin innerhalb des gesetzlichen Rahmens vertreten kann.

Der Politikwissenschaftler Christian Lammert bewertet diese Maßnahme gegenüber dem RND als mehr als reine Symbolpolitik. Seiner Ansicht nach sendet sie eine starke Botschaft für Vielfalt, Akzeptanz und Gleichberechtigung – mit potenziell positiven gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Städte. Diese Entscheidung verdeutlicht auch die politischen Spannungen zwischen republikanisch dominierten Bundesstaaten und demokratisch geführten Stadtverwaltungen. Sie zeigt zudem, dass sich nicht nur Rechtspopulisten das Recht zunutze machen können. Die Flaggen sind ein Beispiel dafür, dass auch Verwaltungs- und Zivilrecht zu einem Schutzwall werden können. Allerdings hängt es maßgeblich davon ab, wie sie von den jeweiligen Institutionen – ob kommunal oder nicht – interpretiert und angewandt werden. Am Ende braucht es immer wieder Menschen – hier Politiker*innen –, die Recht erlassen, anwenden und darüber hinaus auch zivile Akteure, die solches Recht einfordern.

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Muss ein Mann um jeden Preis stark, potent und unverwundbar sein? Diese Frage stellt sich die Arte-Dokumentation „Starke Männer: Die Wurzeln des Männlichen“.

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Dabei liefert sie einen Rundumschlag von der Antike bis in die heutige Zeit und schafft es, die „Uneindeutigkeit“ von Männlichkeit erkennbar werden zu lassen, an der sich bis heute nichts geändert hat. Durch den historischen Rückblick wird deutlich, dass Männlichkeit oft in einem Spannungsfeld zwischen unerreichbaren Idealen und gesellschaftlichen Erwartungen stand und steht, die von Krieg und Hierarchien geprägt sind.

Die Doku hinterfragt, ob Männer wirklich stark, potent und unverwundbar sein müssen, und zeigt auf, wie diese Ideale oft zu einer Überforderung und einem Scheitern führen. Damit steht sie in einem deutlichen Gegensatz zum aktuellen öffentlichen und politischen Diskurs wie zum Beispiel um eine Reaktivierung der Wehrpflicht. Gleichzeitig wird deutlich, dass Männlichkeit keineswegs die „selbstbestimmte“ Machtposition ist, als die sie immer verkauft wurde.

Männlichkeit wird stark von gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen „Codes“ sowie elterlichen Vorbildern und sozialen Medien geprägt. Diese Einflüsse bestimmen, wie Männer ihre Identität und ihr Verhalten formen. Dabei ist Männlichkeit keine individuelle Eigenschaft, sondern basiert immer auch auf routinierten und unhinterfragten Glaubenssätzen, die von der Kindheit bis ins Arbeitsleben verinnerlicht werden. Teilweise werden diese Rollenbilder dabei konkret abgewendet, um Männer dazu zu bringen, sich blind einer Sache zu opfern wie bspw. Krieg, an dessen Ende sie gebrochen oder tot herausfallen.

Am Ende steht die Aufforderung: „Damit Männer ihren Blick auf Frauen ändern, müssen sie ihren Blick auf sich selbst ändern.“ Wer das kann, soll es tun. Diese Selbstermächtigung ist jedoch keine rein individuelle Angelegenheit, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es zeigt sich, dass Männlichkeit oft wie ein ideologisches Gefängnis wirkt, insbesondere für Männer außerhalb von Machtpositionen. Aktuell wird Männlichkeit weiterhin oft reaktionär gelebt, sei es in der Rolle des Soldaten oder des „toxischen“ Karrieresubjekts à la „Wolf of Wall Street“.
Um allerdings mit diesen Narrativen zu brechen, braucht es mehr als nur den Willen. Ein solcher Bruch gelingt nur, wenn gleichzeitig alternative positive Visionen von Männlichkeit angeboten werden. In der Doku finden sich hierzu einige Künstler*innen. Einen breiten Entwurf positiver Männlichkeitsbilder lässt sie allerdings offen. Eine absolute Empfehlung für alle, die sich mit den gesellschaftlichen und kulturellen Konstruktionen von Männlichkeit auseinandersetzen möchten.

Hier geht es zur Doku auf Arte und YouTube

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Weltweit liegt unbezahlte Care-Arbeit zum Großteil bei Frauen – denken wir an Kindererziehung, Pflege von Angehörigen oder Hausarbeit.“ Die politische Aktivistin und Philosophin Olga Shparaga gilt als eine Vordenkerin der Proteste in Belarus 2020 und setzt sich für eine „female Utopia“ ein. Sie lebt im Exil und engagiert sich in internationalen Forschungs- und Aktivismusprojekten.

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Am 10. Februar spricht sie in Hamburg mit Hanna Grześkiewicz, Programmleitung bei filia, über die Rolle von Care-Arbeit in revolutionären Kontexten, insbesondere in Belarus. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen die Erfahrungen politischer Gefangener. Shparaga beschreibt, wie Fürsorge und Solidarität unter Frauen und queeren Personen auch unter extremen Bedingungen bestehen. Sie thematisiert zudem die Bedeutung von Care-Arbeit im belarussischen Exil und deren Beitrag zu einer demokratischen Vision. Neben dem Interview liest die Schauspielerin Marion Gretchen Schmitz Texte von Olga Shparaga.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Hamburger Tage des Exils statt. Der Eintritt ist frei.

 

Eckdaten

Termin: Montag, 10. Februar 2025, 19:30 Uhr

Ort: Gemeindesaal St. Petri, Schmarjestraße 33, Hamburg-Altona

Anmeldung per Mail an: info@filia-frauenstiftung.de

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Die aktuellen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg mit einem erschreckenden Abschneiden der AfD und die immer schärfer werdende verbale Aufrüstung im Migrationsdiskurs bilden Indikatoren dafür, dass gesamtgesellschaftliche Werte wie beispielsweise Solidarität und allgemeine Menschenwürde immer stärker zwischen die Räder des rechten Populismus geraten.

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Die Ursachen dafür sind vielfältig und sollten keineswegs nur auf einen Nenner gebracht werden. Gleichzeitig wäre es ignorant, nicht zuzugestehen, dass es die sozioökonomischen Lebensumstände einiger Menschen sind, die dazu beitragen, dass sie sich immer stärker radikalisieren. Hierbei geht es nicht darum, dass sich Menschen, denen es ökonomisch schlechter geht, automatisch unsolidarisch verhalten. Sondern um das Verschieben der sozialen Last durch den Populismus auf die Schultern des marginalisierten Individuums. So schreibt bspw. Bundesfinanzminister Christian Lindner auf der Seite seines Ministeriums:

„Zum einen werden die Anforderungen verschärft gegenüber denjenigen, die das Bürgergeld beziehen. Mitwirkungspflichten – wenn man also einen Termin verpasst, dann wird das Bürgergeld um 30 Prozent für drei Monate reduziert. Wer Bürgergeld bezieht, muss sich einmal im Monat bei der Behörde melden. Dadurch soll auch der Kontakt und der Vermittlungserfolg verbessert werden.“

Liest man sich diese Formulierungen durch, könnte man den Eindruck bekommen, man hätte es mit Straftäter*innen zu tun, die ihre Auflagen erfüllen müssten. Diese Formulierung wirkt, denn ihr ideologisches Prinzip wird im Kopf auch auf Asyl und andere Sozialhilfen angewandt. Völlig unabhängig davon, ob Personen selbst solche Hilfen beziehen, wird suggeriert, hilfebedürftige Menschen seien schlecht und vor allem selbst schuld. Dabei wird ignoriert, dass jegliche soziale Hilfe – wenn sie berechtigt ist – eine Maßnahme zur Erfüllung des Grundrechts auf ein würdevolles Leben darstellt.

Aber auch faktisch sprechen die Zahlen eine andere Sprache, wie Franz Segbers, emeritierter Professor für Sozialethik am Fachbereich Evangelische Theologie an der Philipps-Universität Marburg, im Interview mit der Tagesschau aufzeigt: Zieht man nämlich von den rund 5,5 Millionen Arbeitslosen rund ein Drittel Kinder und Jugendliche ab sowie jene, die nicht arbeiten können, dann kommt man nur noch auf 1,7 Millionen. Davon wiederum begehen nur noch 16.000 Fälle sogenannten „Sozialbetrug“. „Wenn wir das umrechnen, sind das im Monat etwa 1.300 Menschen. Das ist bei 5,5 Millionen Bürgergeldbeziehern eine marginal kleine Gruppe. Wenn wir diese Quote bei Steuerbetrügern hätten, hätten wir eine traumhafte Quote. Aber darüber wird nicht diskutiert, sondern es wird über diese kleine Gruppe von Totalverweigerern geredet.“

Es ist diese Diskursverschiebung bei gleichzeitiger Stagnation der Reallöhne, die dazu beiträgt, dass in den Köpfen eine Verbindung zwischen dem eigenen „Nicht“-Wohlergehen und marginalisierten Gruppen entstehen kann. Auch hier gilt: Diese Verbindung ist nicht selbstverständlich, aber sie ist auch nicht völlig ausgeschlossen und wird von Populist*innen genutzt.

Vor diesem Hintergrund bieten Zahlen der aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung zum gesellschaftlichen Zusammenhalt „ein deutliches Warnsignal, die Entwicklungen im gesellschaftlichen Gefüge nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.“ Demnach ist der Index für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt von Beginn 2020 um neun Punkte auf 52 von maximal 100 Punkten im Oktober 2023 gesunken. Zwar liegt er damit immer noch in der oberen Hälfte, wie die Stiftung betont, aber die Luft wird dünner. Laut Bertelsmann Stiftung verzeichnete der Index dabei einen Rückgang in allen neun Sozialindikatoren, darunter auch „Akzeptanz von Diversität“ und „Solidarität und Hilfsbereitschaft“.

War es bis jetzt schon schwierig und ein langfristiges Projekt, für die Würde und die Rechte der LGBTIQ*-Gemeinschaft einzutreten, wird das Fundament immer wackeliger. Hier haben vor allem jene die Verantwortung, die gut vernetzt sind und denen es gut genug geht, sich über die Grenzen der eigenen Gruppe hinweg für mehr Solidarität einzusetzen und sich die Frage zu stellen: Was bedeutet das politische „Nach-unten-Treten“ für mich?

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Das Literarische Colloquium Berlin (LCB) widmet sich vom 08. bis zum 10. August dem Thema „Coming Out, Inviting In“ in der Literatur. Neben dem Diskurs um das Thema in und mit diversen Texten geht es auch um die Synergie zwischen Literatur und Film.

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Coming Outs sind persönlich und doch jedes Mal aufs Neue politisch. „Längst ist das Konzept des Coming Out jedoch nicht unhinterfragt. Wie wird es aus intersektionalen Perspektiven geframed? Was bedeutet ein Inviting In? Wie sieht eine Gesellschaft aus, in der sich ein Outing erübrigt? Welche Rolle spielt die Literatur als (Auto-)fiktion, als Archiv, als Entwurf von Narrativen? Wo sind Spielfilme, Comics, Pornos Orte der Selbstimagination? Und wo (er-)findet die Lyrik ihre Sprache? Was erzählen historische Quellen? Wie recherchieren Schreibende und wie nähern sich Texte der historischen Komplexität queerer (Un-)Sichtbarkeit?“ Mit all diesen Fragen will sich das LCB dieses Jahr befassen.

Gegenüber dem Tagespiegel begründete die Kuratorin Anna Hetzer: „[Es gehe darum,] wie Erfahrungen als queere Person zusammenhängen mit dem eigenen Schreiben [und] wie Film und Literatur sich gegenseitig beeinflussen. Schriftsteller*innen gucken auch Filme. Literarisch werden wir die Rolle von Archiven diskutieren und sicher das große Thema Autofiktion, das gerade in der queeren Community eine Tradition hat.“

Auf den Veranstaltungsnamens angesprochen erklärt Hetzer, dass sich beim Coming Out immer auch die Frage stelle, ob es sich um ein einmaliges Ereignis oder einen Prozess handele. Hierzu haben wir bereits in unserem Artikel „Auf der Suche nach der Wahrheit über unsere sexuelle Orientierung“ festgestellt: Sexualität ist ein Spektrum, auf dem sich Menschen bewegen, und dieses Spektrum ist nicht statisch. Im Gegenteil, es kann sich über das Leben in beide Richtungen verändern. Dabei sind wir nie außerhalb unserer sozialen Beziehungen. Wir treffen auf Ressentiments oder haben selbst welche, wie wir in unserem Artikel „Philosophische Überlegungen zur Bedeutung von Trans- und Nichtbinär-Sein“ aufgegriffen haben. Hier kamen wir allerdings auch zu dem Schluss, dass in diesen Auseinandersetzungen immer auch die Chance liegt, das eigene und gemeinschaftliche (Nach-)Denken zu schulen und das Selbst und seine Beziehungen als dynamischen Prozess zu begreifen. Auch ging es darum, dass man selbst und das Gegenüber auf die jeweils andere Person angewiesen ist, um sich zu verstehen. Das wird umso bedeutender, wenn Personen aufgrund von Gesundheit nicht mehr über das eigene Selbstbild bestimmen kann, wie es bspw. bei Demenz vorkommen kann. Was dabei die Rolle und was das „tatsächliche Selbst“ ist, bleibt für das Gegenüber zunächst offen. Ein Coming Out ist damit immer auch auf die Community, in der man sich bewegt, bezogen und kann bedeuten, dass sich eine ehemals homosexuelle Person nun zu beiden oder nur zum anderen Geschlecht hingezogen fühlt.

Literatur und Film bieten hier eine faszinierende Brücke in fremde, aber immer auch in eigene Gedanken - und haben die Möglichkeit, mit allen denkbaren Kombinationen von Selbst und Rolle in Gesellschaften verschiedenster Art zu spielen.

Wie Anna Hetzer ausführt, versteht die Veranstaltung unter Coming Out das Kommunizieren einer Person ihrer Sexualität und Geschlechtsidentität nach außen, was sie immer auch „ein Stück weit der Reaktion von anderen aus[setzt]“. Inviting In bedeutet in diesem Zusammenhang: „Menschen werden eingeladen, zuzuhören und etwas sehr Persönliches zu erfahren. Gleich zu Beginn des Festivals gibt es eine Diskussionsrunde zu den Begriffen und ihren Perspektiven.“

Ein umfangreiches Ziel, das Erwartungsmanagement verlangt. Es wird vermutlich politisch, philosophisch und, wenn es gut läuft, auf eine positive Weise kontrovers. Auf jeden Fall darf damit gerechnet werden, dass man am Ende mit mehr offenen Fragen nach Hause geht.

Interessierte finden hier das Programm.

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Politische Rechtsakte wie das Gesetz zur Selbstbestimmung sind das eine, reale Strukturen das andere. So haben es LGBTIQ*-Personen auf dem Land immer noch mit tief verwurzelten Vorurteilen und Diskriminierung zu kämpfen. Besonders in strukturschwachen Regionen fehlen oft die notwendigen Netzwerke und Unterstützungsstrukturen, was dazu führt, dass Menschen ihre Identität verstecken oder in größere Städte abwandern.

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Um dem entgegenzuwirken, hat sich 2021 in Bayern der Verein „Allgäu Pride“ gegründet. Ziel des Vereins ist es, das queere Leben im ländlichen Raum von Bayern und Baden-Württemberg zu fördern. Wie das Magazin schwulissimo in einem aktuellen Artikel über Allgäu Pride schreibt, organisiert der Verein regelmäßig Stammtische und Treffpunkte für LGBTI*-Menschen, um Gemeinschaft und Unterstützung zu bieten. Besonders im ländlichen Raum bieten diese Treffen eine wichtige Plattform für Austausch und Zusammenhalt.

Der Artikel verweist dabei auf Studien, die zeigen, dass die Fälle von Hasskriminalität gegen LGBTI*-Menschen in Bayern zugenommen haben und viele Betroffene Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen erfahren. Zu erwähnen wäre z.B. der neuste Bericht der EU-Agentur für Grundrechte (FRA), der zu dem Ergebnis kommt, dass LGBTIQ* Personen zwar insgesamt offener ihre Identität leben, gleichzeitig aber mehr Gewalt, Belästigung und Mobbing ausgesetzt sind als zuvor.

Auch die Hessenschau berichtete im November 2023 mit Bezug auf das Projekt "Queere Worte – Queere Orte", über das Problem der Diskriminierung und dem Verstecken queeren Lebens im ländlichen Raum. Hier zeigt sich eine deutliche Kluft in der Akzeptanz und Sichtbarkeit queeren Lebens zwischen ländlichen und urbanen Gebieten. Trotz einiger Fortschritte bleibt die Anerkennung sexueller Vielfalt in ländlichen Regionen mangelhaft. Dennoch finden sich auch in dem Bericht aus Hessen ein Beispiele für Engagement im ländlichen Raum.

In diesem Zusammenhang kritisierte die tageszeitung bereits im Juli 2021, dass politische Gesten häufig nicht die notwendigen Strukturen und Ressourcen bereithielten, um Diskriminierung und tief verwurzelten Vorurteilen und Stereotypen entgegenzuwirken. Damit wird die Arbeit von „Allgäu Pride“ zu einer Selbsthilfe, die allerdings nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass es handfeste Unterstützung braucht. Im Klartext heißt das auch, Antidiskriminierung benötigt „mehr Geld“ für ländliche und strukturschwache Regionen.

Auch wenn sich die Beispiele auf Hessen und Bayern bezogen, so lässt sich auch für ländliche Regionen in Schleswig-Holstein und den übrigen Bundesländern vermuten, dass die Probleme ähnlich sein werden. Auch in Schleswig-Holstein gibt es bereits Stammtische (hier finden Sie die aktuellen Termine), allerdings sind auch diese vor allem in den Ballungszentren anzutreffen. Ein ländliches Pendant wäre hier vielleicht ein erster Schritt, gleichzeitig sollte der Politik bzgl. Infrastruktur weiter auf die Füße getreten werden.

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Die Aufarbeitung der Geschichte queerer Verfolgter im Nationalsozialismus weist noch Lücken auf, wie Historiker*innen und queere Verbände kritisieren.

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Der LSVD forderte schon vor einigen Jahren mehr Forschung zur Verfolgung von Lesben sowie trans, inter und anderen queeren Personen unter dem deutschen Faschismus. Erst 2022 erinnerte der Deutsche Bundestag erstmals am internationalen Holocaust-Gedenktag offiziell auch an die queeren Verfolgten des NS-Regimes. Dieser Beitrag soll eine (unvollständige) Übersicht über den aktuellen Forschungsstand zu insbesondere weiblichen queeren Verfolgten des Nationalsozialismus liefern.

Denn vor allem die Geschichten queerer Frauen im Holocaust haben in der deutschen Erinnerungskultur noch nicht genug Aufmerksamkeit bekommen, wie einige Historiker*innen betonen. Diese Unsichtbarkeit spiegelt sich in der historischen Aufarbeitung um Homosexualität und Nationalsozialismus wieder, in der Frauen oft marginal bleiben, so Sébastian Tremblay: „Da sich der Großteil der Erinnerungspolitik auf den §175 StGB und die Kriminalisierung von gleichgeschlechtlichem Begehren und Sexualitäten in der Vergangenheit konzentrierte, erlaubte das Fehlen eines solchen ‚gespenstischen‘ Abschnitts des Strafgesetzbuchs für queere weibliche Sexualitäten queeren (meist) männlichen Historikern, neue Formen des Erinnerungsaktivismus zurückzuweisen.“

Die Historiker*innen Claudia Schoppenmann und Christian-Alexander Wäldner weisen im Portal „Lesbengeschichte“ ebenfalls auf die systematische Unsichtbarkeit lesbischer Frauen in den Archiven hin, was mitunter aus einer anhaltenden Tabuisierung weiblicher Homosexualität rühren könnte. Dennoch scheint sich in den letzten Jahrzehnten etwas in der Forschung getan zu haben:

Wichtige Beiträge zur Erforschung der Verfolgung von lesbischen und anderen queeren Frauen im Holocaust lieferte Schoppmann u.a. mit ihrem Buch „Nationalsozialistische Sexualpolitik und weibliche Homosexualität“ von 1997 (Springer Verlag).

Eine weitere Vorreiterin in dem Forschungsfeld ist die Holocausthistorikerin Anna Hájková, die neben ihrer eigenen wichtigen Forschung[1] im Rahmen des Projekts „Sexuality and Holocaust“ eine Literaturliste mit Beiträgen zusammengestellt hat, die die Verfolgung von lesbischen und trans Frauen in der NS-Zeit erforschen. Die bereits veröffentlichten Werke sollen Anstöße dazu liefern, dass weiter zu dem Thema geforscht wird. Denn es wird gleichzeitig auf die Lücken hingewiesen, die es insbesondere im deutschsprachigen akademischen Diskurs zum Thema gibt.

Unter die gelisteten Publikationen fallen diverse Beitragsformen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: von biographischen Spurensuchen[2] zu Analysen der medizinischen, rechtlichen und politischen Diskurse um homosexuelle Frauen und die damit einhergehende Stereotypisierung weiblicher Homosexualität[3]. Die deutschsprachige Forschung zu trans Frauen in der NS-Zeit scheint noch weniger vorangeschritten zu sein, dennoch bieten Beiträge wie u.a. von Ingeborg Boxhammer und Christiane Leidinger[4] wichtige Perspektiven, um dieses Thema weiter zu ergründen. Das Projekt „Sexuality and Holocaust“ ruft auch dazu auf, weitere Beiträge zum Forschungsfeld, die noch nicht in der Literaturliste aufgenommen sind, zu ergänzen. Solche öffentlichen und kollektiven Projekte sind wichtig, um ein möglichst breites Wissen um die Situation lesbischer, trans, inter und anderer queerer Frauen unter den Schrecken des Nationalsozialismus zu sammeln und zu verbreiten.

[1] Um nur wenige zu nennen: Queere Geschichte und der Holocaust. In: APuZ, 38–39, 2018, S. 42-47; Menschen ohne Geschichte sind Staub, Wallstein Verlag, 2024. In München veranstaltet das Forum Queeres Archiv gemeinsam mit dem Buchladen Rauch & König am 27.06.2024 eine Lesung mit Anna Hájková zuihrem Buch „Menschen ohne Geschichte sind Staub“, das erst kürzlich in zweiter erweiterter Ausgabe erschienen ist. Zur Veranstaltung.

[2] Tamara Breitbach: Lea Gertrud Schloß – Jüdin, Lesbe, Schriftstellerin und Sozialdemokratin: Biografischer Essay. In: Gertrud Schloß: Die Nacht des Eisens: Gedichte, Éditions trèves, 2019, S. 41-87.

[3] Brunner, Andreas & Sulzenbacher, Hannes: Homosexualität und Nationalsozialismus in Wien. Mandelbaum Verlag, 2023.

[4] Sexismus, Heteronormativität und (staatliche) Öffentlichkeit im Nationalsozialismus. Eine queer-feministische Perspektive auf die Verfolgung von Lesben und/oder Trans* in (straf-)rechtlichen Kontexten, in Michael Schwartz: Homosexuelle im Nationalsozialismus: Neue Forschungsperspektiven zu Lebenssituationen von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen 1933 bis 1945, De Gruyter, 2014.

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Der Rechtsruck „hat die Mitte der Gesellschaft erreicht“ und führt zu einer Verstärkung von rassistischer, antisemitischer, LSBTIQ*-feindlicher Hetze und demokratiefeindlichen Ideologien.

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Mit diesem Ausgangspunkt will sich der Fachtag „Selbstbestimmung stärken! Demokratie leben!“ einigen zentralen zivilgesellschaftlichen Fragen rund um den Umgang der demokratischen Zivilgesellschaft mit dem Rechtsruck und seinen Auswirkungen auf marginalisierte Gruppen, insbesondere die LSBTIQ*-Community, widmen. Veranstalter ist das Kompetenznetzwerk „Selbst.verständlich Vielfalt“.

Auch wenn es sich bei der eingangs verwendeten Formulierung „hat die Mitte der Gesellschaft erreicht“ um eine gezielte Zuspitzung handelt, ist festzustellen, dass rechte Themen und ihre Vertreter*innen in der medialen Berichterstattung angekommen sind. Wieviel vorher allerdings bereits unausgesprochen in „der Mitte der Gesellschaft“ existierte, bleibt an dieser Stelle offen.

Die Veranstaltung wird am 18. Juni 2024 von 10:00 bis 16:00 Uhr abgehalten. Auf der Webseite finden sich eine Programmübersicht sowie ein Anmeldeformular. Nach Anmeldung ist die Teilnahme kostenfrei. Zudem wird der Fachtag durch Gebärdensprachdolmetschende (DGS) und ein „Awareness-Team“ begleitet.

Die Ausgangsfragen, die sich die Veranstalter*innen stellen, lauten:

  • „Wie kann die demokratische Zivilgesellschaft diesem Rechtsruck standhalten, den Zusammenhalt stärken und sich gegenseitig unterstützen?“
  • „Wie können queere Menschen in ländlichen und strukturschwachen Räumen empowert werden?“
  • „Was ist nötig, um die Regenbogenkompetenz in Bereichen wie Bildung, Sport oder in den Regelstrukturen der Wohlfahrtspflege sowie in Verwaltungen zu erhöhen?“
  • „Wie können etablierte Regelstrukturen und Selbstvertretungen der LSBTIQ*-Communitys zusammenwirken, um für ein selbstbestimmtes Leben in der Demokratie zu werben und Anfeindungen entgegenzuwirken?“

Unterstrichen wird die Bedeutung dieser Fragen durch eine starke Präsenz rechter Populist*innen in den sozialen Medien, wie wir am Beispiel Spaniens und der rechtspopulistischen VOX bereits aufgegriffen haben. Gerade vor dem Hintergrund der Jugendarbeitslosigkeit von 28% in diesem Land wird die sozialökonomische Sicherheit der breiten Bevölkerung zu einem zentralen Thema. Übertragen auf Deutschland und die gesamte EU lässt sich damit die Behauptung aufstellen, dass jegliche Frage, wie mit dem Rechtsruck umzugehen und ihm entgegenzuwirken sei, nicht ohne die Frage der sozioökonomischen Absicherung gestellt werden kann.

Neben Vorträgen und Diskursen bietet der Fachtag außerdem die Möglichkeit, an einem von vier Workshops teilzunehmen, die anschließend ihre Ergebnisse kurz präsentieren. Dabei geht es um folgende Themen:

  • Workshop 1: „TIN* – ein Thema für die Menschenrechtsbildung?“ (Mit: Silvia Rentzsch, Christin Richter, Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e. V.)
  • Workshop 2: „Let’s Talk About Queer Spaces: Austauschformat zur Etablierung queerer Räume in ländlichen Regionen“ (Mit: Matthias Gothe, Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Thüringen e. V.)
  • Workshop 3: „Heilig und Teufel zugleich – Transgeschlechtlichkeit und Queerness zwischen religiöser Ehrfurcht und Anxiety“ (Mit: Dr. Leyla Jagiella, Ethnologin, Religionswissenschaftlerin und Autorin)
  • Workshop 4: „Wer organisiert Transfeindlichkeit und was organisieren wir?“ (Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena)

Alle Informationen zum Ablauf und kurze Beschreibungen der Workshops, ebenso wie das Anmeldeformular, findet Ihr unter folgendem Link.

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Das Exilmuseum Berlin ist eine privat gemeinnützige Stiftung. Gegründet wurde sie zwischen 2017 und 2018 mit dem Ziel, ein Museum zu errichten, das sich mit dem Thema Exil befasst und eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlägt. Seit 2022 ist das Grundstück am Anhalter Bahnhof, an dem während der Zeit des Nationalsozialismus viele Menschen ihre Reise ins Exil begannen, offiziell als Fläche für das Museum gesichert. 2028 soll das Museum eröffnet werden.

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Ausgangspunkt des Museums ist die Zeit zwischen 1933 und 1945. Damals waren es nicht nur Jüdinnen und Juden, sondern ebenfalls Personen der LGBTIQ* Gemeinschaft, die vom Anhalter Bahnhof in das Exil flohen. „Von den Menschen, denen dieses Schicksal widerfuhr, möchte das Exilmuseum Berlin erzählen – und dabei auch die Brücke zur Gegenwart schlagen: Wie wurden Flucht und Entwurzelung zu zentralen Erfahrungen unserer Zeit? Welche Verbindung besteht zwischen dem Exil damals und heute? Und was können wir aus der Geschichte für das Heute lernen?“ (Werkstatt Exilmuseum)

Fragen, die in der aktuellen Asyl- und Migrationspolitik nur allzu sehr durch ihre Abwesenheit glänzen. Ein Beispiel ist der EU-Asylkompromiss, über den wir bereits letztes Jahr geschrieben haben.

„[…] Das Risiko der Flucht, das verstörte Leben in der Fremde, Armut, Angst und haltloses Heimweh. All das erleben Menschen bis heute jeden Tag. […] Erzählt man von den Geschichten damals, versteht man auch die Menschen besser, die heute in Deutschland Zuflucht suchen“, so Literaturnobelpreisträgerin und Schirmherrin des Exilmusems Herta Müller auf der Webseite des Museums.

Diese Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist zentral. Das Museum kann hier ein Ort der Kommunikation werden. Ob es gelingt, bleibt abzuwarten - solange Fremdenhass und eine regressive Asylpolitik existieren, bleiben sie unleugbare Indikatoren für ein Unverständnis von Exil und unserer speziell deutschen Geschichte. In unserem Artikel über die Ausstellung "gefährdet leben. Queere Menschen 1933–1945", die sich ebenfalls mit dieser Zeit befasst, haben wir mit Kant bereits darauf hingewiesen, dass die Menschenwürde das fundamentalste Prinzip ist. Wird sie hintergangen, reißt der Boden, auf dem jede Freiheit und jedes Recht erkämpft wurde.

Für Interessierte hat das Magazin queer am 09. Mai unter dem Titel "Queer im Exil: Ein wichtiger Teil unserer Geschichte" dem Exilmuseum einen Artikel gewidmet, der die queere Seite des Exils etwas umfangreicher in den Blick setzt. Dabei macht der Artikel deutlich, dass bspw. Homophobie nicht an der Landesgrenze haltmacht. Also nicht nur der Weg birgt Gefahren, auch im neuen Land angekommen sind Offenheit und Hilfe nicht garantiert. Dies gilt es als Verantwortung der Gegenwart in einem Deutschland und Europa, das vielfältig sein will, anzuerkennen.

Wer sich beteiligen möchte, für den ist die Werkstatt jeden Donnerstag von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Sie soll als Veranstaltungsort, Labor und Ausstellung fungieren und den Ansatz des künftigen Exilmuseums sichtbar machen. Darüber hinaus werden regelmäßig Veranstaltungen und Ausstellungen organisiert und kuratiert:

  • 23. Mai 2024: Exile Promenade (Drei Guides laden zu einem performativen Spaziergang durch die Straßen Berlins ein), dabei u.a.: Die nicht-binäre Komponist:in Alina Anufrienko, die Russland nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verlassen hat, nimmt mit auf eine akustische Reise – durch den Lärm der Kriegspropaganda, der versucht, queere, feministische und Anti-Kriegsstimmen zum Schweigen zu bringen.
  • Dienstag, 28. Mai 2024, 19 Uhr: „Frag nach!“ – Von der Vergangenheit für die Zukunft lernen
  • Donnerstag, 6. Juni 2024, 19 Uhr: Hans Keilson – Immer wieder ein neues Leben

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Ende 2023 wurde in Russland die "internationale LGBT-Bewegung" als "extremistisch" eingestuft und verboten. Nun hat ein Gericht in Orenburg zwei junge Leute auf dieser Grundlage inhaftiert und erstmalig ein Strafverfahren eröffnet.

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Das Perfide an diesem Gesetz ist vor allem der Umstand, dass die „internationale LGBT-Bewegung“ als Gruppe im Sinne dieses Gesetzes überhaupt nicht existiert. Bereits in unserem Artikel zur Einführung des Gesetzes hatten wir mit Bezug auf die Deutsche Welle festgehalten, dass durch das Verbot auch kleine Organisationen und unpolitische Einrichtungen, die sich in ihren Gemeinden engagieren, in den Fokus geraten könnten. Es entsteht dabei die Gefahr, dass mit der Einstufung von LGBTIQ*-Personen als „pauschal extremistisch“ nicht-heterosexuelle Lebensweisen als politische Gefahr konstruiert werden (hier mehr dazu).

Mit dem nun eingeleiteten Strafverfahren gegen die Geschäftsführerin und den künstlerischen Leiter eines bei sexuellen Minderheiten beliebten Klubs namens "Pose" werden diese Befürchtungen nun untermauert. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, durchsuchte die Polizei das "Pose" am 9. März, nachdem der Klub durch eine Gruppe namens "Russische Gemeinde Orenburg" denunziert worden war. Weiter heißt es, dass sogar unter der "repressiven russischen Gesetzgebung" die Inhaftierung der beiden Mitarbeiter*innen nicht rechtens sei. Hinzu kommt, dass die Veröffentlichung der "nicht traditionellen sexuellen Orientierung" durch das Gericht die Angeklagten zusätzlichen Gefahren innerhalb des Gefängnisses aussetzen könnte.

Die FAZ kommt zu dem Schluss, dass mit diesem Verfahren nun weitere „sogenannte Gay-Clubs“ in Russland schließen werden, "da ihre Mitarbeiter riskieren, sogar für die bloße Arbeit dort verfolgt zu werden". Zumindest nach jetzigem Erkenntnisstand handelt es sich bei den Inhaftierten nicht um politische Aktivist*innen, sondern um Bürger*innen, die einen Klub betrieben und nicht der ideologisierten Norm entsprachen.

Damit spitzt sich die Lage im Land noch weiter zu. Mögliche Selbstzensur und Klubschließungen sind dabei nur ein Aspekt. Gleichzeitig macht es deutlich, wie wichtig es ist, gerade vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine-Krieges zwischen staatlichen bzw. nationalistischen Akteuren und der allgemeinen Bevölkerung eines Landes zu unterscheiden. Nur wenn das gelingt, wird deutlich, dass Hilfe und Solidarität nicht an die Ideologie einer politischen Führung gebunden sind. Das gilt auch für andere Staaten und Situationen. Konkret heißt das, wer sich im Land dazu entschließt, aktivistisch tätig zu werden, kann das tun; wer sich dagegen entscheidet und sich aus Angst um sich und seine Familie zurückzieht, hat ebenfalls alle Rechte dazu. Selbstzensur ist niemals die Verantwortung der Verfolgten. Damit ist eine Debatte über politisches Asyl für die Zukunft nicht ganz auszuschließen. Es bleibt aber offen, mit welchen Ressentiments diese geführt werden wird.

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