Echte Vielfalt

Erfahrungen

Am Samstag, 17.09.2022, fand in Belgrad die EuroPride statt. Im Vorfeld hatten Rechtsradikale und Ultra-Konservative, gestützt durch die serbisch-orthodoxe Kirche und Teile der Regierung, massiv gegen die Veranstaltung aufgerufen. Der Gipfel war das Präsidial-Verbot.

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Die Veranstalter*innen legten daraufhin Widerspruch ein, jedoch ließ das Innenministerium das Verbot bestehen. Es bestünden Sicherheitsbedenken aufgrund rechtsextremer Gegendemonstrationen, zitiert die ZEIT. Obwohl auch die Gegendemonstrationen verboten waren, kündigten einige der Gruppen an, sich nicht daran zu halten, so der Bericht weiter.

Und doch fand am vergangenen Samstag eine – wenn auch verkürzte – Pride-Parade statt. Ana Brnabić, serbische Premierministerin, hatte nach Angaben von EPOA am Freitag die Veranstaltung bestätigt und ihre Sicherheit garantiert. Zu diesem Zweck waren zwischen 5.200 und 6.000 Polizist*innen im Einsatz gegenüber einer Teilnehmer*innenzahl von „an die Tausend“ nach Angaben des Spiegel u. a. Medien und bis zu 7.000 Teilnehmer*innen nach Angaben der Veranstalter*innen. Das Innenministerium sprach im Nachgang dennoch davon, dass das Verbot der EuroPride durchgesetzt worden sei. Es habe sich bei dem polizeilichen Einsatz lediglich um die „Eskorte der Menschen zu einem Konzert“ gehandelt, so die ZEIT weiter.

Während die EuroPride wohl auch wegen des großen Polizeiaufgebots sicher verlief, kam es am Rande zu Zusammenstößen. Der „Freitag“ und die „Friedrich Neumann Stiftung“ berichten, dass nach offiziellen Angaben 64 Personen festgenommen und 13 Polizist*innen verletzt wurden. Unter den Opfern der Zusammenstöße befanden sich u. a. auch deutsche Journalist*innen. Der Vorfall ereignete sich auf dem Rückweg ins Hotel, so der Tagesspiegel, dessen Journalistin Nadine Lange betroffen war.

Dennoch wird die EuroPride von den EPOA als Erfolg gewertet. Hält man sich den internationalen und europäischen Druck vor Augen, wie auch die Teilnahme von Politiker*innen wie die des Queerbeauftragten der deutschen Bundesregierung, so zeigt sich, dass zivile und politische Mechanismen auch in Serbien noch wirken, obwohl sich die Regierung in letzter Zeit sehr nach rechts und zum ultrakonservativen Lager orientiert hatte.

Gerade vor diesem Hintergrund bleibt allerdings offen, ob der Polizeischutz auch gewährleistet gewesen wäre, wenn sich keine internationalen Stimmen gegen Serbiens Regierung gerichtet und keine Vertreter*innen ausländischer Institutionen an der Parade teilgenommen hätten.

Es ist ein ziviler Erfolg, der umso stärker wiegt, bedenkt man, dass im Vorfeld vonseiten der Gegner*innen sogar Waffengewalt ins Spiel gebracht wurde. Gleichzeitig wird klar, dass ein solcher Erfolg ein Zusammenspiel zwischen den gesellschaftlichen Akteur*innen erfordert. Demonstrationen und Veranstaltungen wie die EuroPride sind ein wichtiger Ausdruck, brauchen aber den Rückhalt der (inter-)nationalen Gemeinschaft, der hier deutlich wahrzunehmen war.

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Auf einer Alpaka-Ranch in Colorado gedeiht eine queere Gemeinschaft: Der Tenacious Unicorn Ranch. Sie dient als Ort des Trostes und der Erholung für LGBTQ+ Menschen. Viele trans Personen suchen hier Zuflucht in einer Welt, die zunehmend von Transfeindlichkeit geprägt ist. So begann die Geschichte der Ranch 2018, als die Miteigentümerin Penny Logue nach Möglichkeiten suchte, der trans Community zu helfen.

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"Ich suchte wirklich nach Möglichkeiten, das Problem der Obdachlosigkeit und der Arbeitslosigkeit einzudämmen, das durch [die Trump-Regierung] entstanden war", sagt sie. Jetzt züchten und scheren sie auf einem Stück gemieteten Land in Westcliffe, Colorado Alpakas und bauen eine offene und akzeptierende Gemeinschaft auf.

"Wir sind wirklich begeistert von dem, was [die Ranch] geworden ist und wohin sie sich entwickelt", sagt Logue. "Von Anfang an war es unser Ziel, in jedem Bundesstaat ein Tenacious Unicorn einzurichten, damit queere Menschen Zugang haben", erklärt sie. "Mein Zeitplan dafür war 15 Jahre in die Zukunft gerichtet. Ich wollte eine gute Geschäftsfrau sein und nicht zu viel vorhersagen."

Doch die Mission und die Idee für die Ranch haben sich tatsächlich durchgesetzt. Logue sagt, dass es nichts ist, was sie absichtlich getan haben. Es ist etwas, das in der Trans- und Queer-Community gebraucht wurde. Das Wachstum war organisch. Bonnie Nelson, Miteigentümerin der Ranch, sagt, die Idee sei nicht neu, wohl aber die Umsetzung. "In der Trans-Gemeinschaft ist es fast so etwas wie ein Meme, dass Menschen eine Kommune gründen wollen, um von allem wegzukommen und ein bisschen freier zu leben als im normalen Leben", sagt Nelson. Die Ranch dient als Zufluchtsort für Menschen für einen Tag oder mehrere Wochen, je nachdem, was die Person, die dort hingeht, braucht und was die Ranch leisten kann. "Zu sehen, wie die Gemeinschaft reagiert und wie die Menschen auf das reagieren, was wir hier draußen tun, hat uns für alle Schwierigkeiten entschädigt, die wir hatten", sagt Logue. "Das ist der Grund, warum wir so hart arbeiten.

Letztes Jahr jedoch erhielt die Ranch Drohungen aus dem Internet. Freiwillige Wachleute mussten in der Gegend patrouillieren, nachdem ein paar bewaffnete Personen das Gelände von Tenacious Unicorn betreten hatten. Die Viehzüchter von Tenacious Unicorn haben Waffen, und viele von ihnen wissen, wie man schießt. Letztendlich sei die Ranch eine große Familie. Und Logue, Nelson und die anderenseien bereit, sie zu verteidigen.

"Wenn man andere wie eine Familie behandelt und sich wirklich um sie kümmert, für ihre Bedürfnisse da ist und offen für Gespräche ist, dann bildet sich eine Gemeinschaft", sagt Nelson. "Wir tun alle, was wir können, um unser Bestes zu geben und auf diese Weise weiterzukommen." Die Tenacious Unicorn-Crew arbeitet mit anderen Gruppen zusammen, um weitere Tenacious Unicorns in den USA zu gründen, einschließlich der Zusammenarbeit mit indigenen queeren Gruppen. "Wir haben noch eine Menge vor", sagt Logue.

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„Freddy ist 30 Jahre alt und Trans*mann. Sein größter Wunsch ist es, eine Familie zu gründen und sein eigenes Kind auf die Welt zu bringen. Schnell bemerkt er, dass sein Pragmatismus nicht von anderen geteilt wird. Freddy wird mit äußeren Vorstellungen von Geschlechterzuschreibungen und Körperkonzepten konfrontiert. Er selbst kann dabei nicht auf bestehende Vorbilder zurückgreifen, sondern muss sich als schwulen, schwangeren Vater selbst entwerfen.“ Darum geht es in dem WDR-Dokumentarfilm „Der schwangere Mann“ von Jeanie Finlay.

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Diesen können Sie hier in der ARD-Mediathek bis zum 19.01.2025 abrufen. Darin begleitet die Filmemacherin Jeanie Finlay Freddy über den gesamten Prozess seiner Schwangerschaft. Dabei ist ihr ein intimer und poetischer Film gelungen – über Familie, Schwangerschaft, Geburt und Identität.

Vor dem Hintergrund einer recht transfeindlichen Welt, muss Freddy sich seiner eigenen Naivität stellen und über sie hinauswachsen. Dabei braucht er jede Hilfe, die er kriegen kann – vor allem jene seiner Mutter. Mit Mut und Leidenschaft entscheidet Freddy sich für die Schwangerschaft und all ihre Herausforderungen und Konsequenzen.

Der schwangere Mann ist eine Grain Media Produktion in Zusammenarbeit mit Glitter Films, The Guardian und WDR.

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Ein Bürgermeister aus Mississippi hat die städtische Bibliothek aufgefordert, LGBTQ+-Bücher aus ihren Regalen zu entfernen und gedroht, ihr sonst die Finanzierung zu streichen. Eines der Bücher, die als Beispiel genannt wurden, war die Queer Bible, eine Sammlung von Essays zur Geschichte von LGBTQ+, die von Jack Guinness herausgegeben wurde. Der britische Schriftsteller zeigt sich schockiert, im Zentrum einer beispiellosen Welle von Buchverboten in den USA zu stehen.

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Der republikanische Bürgermeister von Ridgeland, Gene McGee, hat sich geweigert, die Mittel für die Bibliothek freizugeben, bis "homosexuelle Materialien" zurückgezogen werden. Tonja Johnson, Geschäftsführerin der Bibliothek, sagte, als sie McGee darauf hinwies, dass der Ort der gesamten Gemeinde diene, habe er geantwortet, er diene nur "dem großen Herrn da oben".

Guinness erfuhr auf Twitter, dass seine Anthologie von dem Buchverbot betroffen war. "Ich konnte meinen Augen nicht trauen", sagte er dem Observer. "Wenn man ein Buch schreibt, stellt man sich irgendwie vor, dass die Leute es lesen könnten, aber man stellt sich nicht vor, dass jemand es verbieten würde. Es als 'homosexuelles Material' zu bezeichnen - das ist die Art von Formulierung, die meine Großmutter benutzt hätte, um über meine Jeans zu sprechen."

The Queer Bible ist ein Buch mit Essays "von queeren Held*innen über ihre queeren Held*innen". Es wurde von der gleichnamigen Website übernommen, auf der LGBTQ+ Menschen und Geschichten vorgestellt werden. "Ich habe Lücken in meinem Wissen über Persönlichkeiten der queeren Geschichte entdeckt. Menschen mussten in der Vergangenheit ihre Identität verbergen, um sich zu schützen, oder Geschichten wurden zurechtgebogen, um in ein akzeptiertes Narrativ zu passen."

Guinness und andere Mitwirkende der Queer Bible schlossen sich den Crowdfunding-Bemühungen an, um die vom Bürgermeister einbehaltenen 110.000 Dollar zu ersetzen. Das Ziel wurde inzwischen erreicht. Er sagt, er sei genauso überrascht wie alle anderen, dass er sich als Wahlkämpfer wiederfindet. "Ich hätte nie gedacht, dass das passieren würde. Ich habe die Queer Bible nur für mich selbst geschrieben, weil ich über queere Held*innen lesen wollte. Jetzt nehme ich an einer Kampagne teil, um gegen einen Bürgermeister aus Mississippi zu kämpfen. Das ist eine surreale Situation, und ich fühle mich sehr geehrt. Was mich antreibt, ist die Tatsache, dass es nicht um mich geht. Es geht darum, meine Plattform zu nutzen, damit andere Menschen ihre Geschichte erzählen können.“

Die American Library Association verzeichnete im letzten Jahr einen beispiellosen Anstieg von Kampagnen zum Verbot von Büchern. Neue Gesetze, die in Bundesstaaten wie Texas und Oklahoma eingeführt wurden, erleichtern die Entfernung von Büchern über schwarze und LGBTQ+-Geschichten mit der Begründung, dass sie "zu Unruhe oder Stress führen können".

"Es ist erschreckend zu denken, dass ein Einzelner aufgrund seiner persönlichen Überzeugungen einer ganzen Gemeinschaft Texte vorenthalten kann", so Guinness. "Ich bin unter Paragraf 28 aufgewachsen, der die Förderung von Homosexualität in Schulen verbot. Eine ganze Generation wuchs ohne Informationen über ihre Geschichte und ohne das Wissen auf, dass sie keine Freaks sind. Jegliches Buch zu verbieten sei ein gefährlicher Weg. In einigen Ländern genießen LGBTQ+-Menschen zwar gleiche Rechte, aber das zeigt, wie leicht die Dinge entgleiten können. Es gibt eine Verschiebung, eine Idee, bestimmte Gemeinschaften zu kriminalisieren oder auszulöschen. Heute ist es die queere Gemeinschaft - morgen könnte es Ihre Gemeinschaft sein.

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Eine neue Aufsatzsammlung beschreibt die Diskriminierung und Ausgrenzung, die queere Menschen in der katholischen Kirche in Deutschland erfahren, und erhöht damit den Druck auf die umstrittene Institution, Reformen durchzuführen. 68 Texte sind es, die der Pfarrer Wolfgang Rothe in dem Buch "Gesucht. Geliebt. Gesegnet. Queer sein in der katholischen Kirche" sammelte.

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Dabei stammen einige Aufsätze von Verwandten oder Freund*innen und jeder vierte Beitrag wurde anonym veröffentlicht, denn es gibt enormen Druck auf queere Menschen, weil die katholische Kirche bislang jede sexuelle Orientierung, die von Heterosexualität abweicht, ablehnt. So können queere Menschen, die für die katholische Kirche arbeiten - ob in Pfarreien, Kindergärten oder Altenheimen - jederzeit entlassen werden. Drei der anonymen Beiträge stammen aus dem kirchlichen Bereich. „Ich bin ein Priester. Und ich bin schwul“, heißt es in einem Beitrag, der den Schmerz darüber zum Ausdruck bringt, dass Homosexuelle, selbst wenn sie zölibatär leben, nach den vatikanischen Vorschriften überhaupt nicht Priester werden dürfen.

Wolfgang Rothe, der das Buch herausgegeben hat, sagte gegenüber der DW, er wolle mit dem Manuskript die Realität queerer Menschen in der katholischen Kirche "so umfassend wie möglich" darstellen und damit "einen Perspektivwechsel in unserer Kirche herbeiführen". Rothe sagte, er selbst sei "in Tränen ausgebrochen", als er viele der Beiträge zum ersten Mal gelesen habe. Er hoffe, dass es den Leserinnen und Lesern ähnlich gehe und sie verstehen, wie sehr queere Menschen in der Kirche unter Diskriminierung und Ausgrenzung leiden. "Dieses Leiden muss ein Ende haben", sagte er.

Das Buch wurde acht Tage nach dem Coming-out von 125 queeren Kirchenmitarbeitern veröffentlicht, das in Deutschland großes Aufsehen erregte. Das Timing war zufällig, aber es zeigt den wachsenden Ruf nach Reformen. Noch am vergangenen Sonntag hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, das Coming-out zahlreicher queerer Mitarbeiter seiner Kirche begrüßt. "Wir haben Menschen tief verletzt und tun das auch heute noch", sagte er in der ARD. So ist auch die Sammlung ein Katalog von Verletzungen, Ängsten und Frustrationen, aber auch von Hoffnungen, die an den Glauben geknüpft sind, und von schmerzhaften Erfahrungen mit der Idee von Heimat und Identität.

Viele drängen mittlerweile auf die Anerkennung von queeren Menschen in der Kirche, auch Geistliche wie Bischof Heinrich Timmerevers und Cardinal Reinhard Marx. Der Ruf nach entschlossenem Handeln wird also immer lauter – es bleibt nun abzuwarten, ob ihn die katholische Kirche auch hören kann.

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Im ostafrikanischen Land Kenia haben Aktivist*innen und Filmproduzent*innen die Entscheidung der hiesigen Filmklassifizierungsbehörde kritisiert, einen Dokumentarfilm zu verbieten, der die Geschichte eines kenianischen Mannes erzählt, der mit seiner Sexualität kämpft.

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Der Film, der über fünf Jahre hinweg gedreht wurde und dessen Bearbeitung zwei Jahre in Anspruch nahm, zeigt das Leben eines jungen Mannes, der in Kenia auf dem Land aufwächst und von seiner Sexualität gequält wird, und der nach seinem Umzug in die Hauptstadt Nairobi Akzeptanz findet.

Laut Aktivist*innen spiegele das Verbot Kenias „intolerante und aufdringliche religiöse und kulturelle Überzeugungen“ wider: „Die anhaltende Kriminalisierung von LGBTQ+-Personen in Kenia ist ein trauriger Trend, der an Diskriminierung und Verfolgung von Personen grenzt, die als Minderheit wahrgenommen werden. Der Schritt wird von sehr intoleranten und aufdringlichen religiösen und kulturellen Überzeugungen diktiert“, sagte Kamau Ngugi, der geschäftsführende Direktor der Defenders Coalition, einer Dachorganisation von Rechtsorganisationen und Aktivist*innen.

Die Filmklassifizierungsbehörde erklärte letzte Woche, dass der Film „offensichtlich“ gegen die Gesetze des Landes verstoße, die jede Form von Homosexualität oder gleichgeschlechtlicher Ehe unter Strafe stellen, und dass die Handlung ein „klarer und bewusster Versuch des Produzenten sei, die gleichgeschlechtliche Ehe als akzeptable Lebensform zu fördern“. Das kenianische Gesetz stellt jeden unter Strafe, der „fleischliche Kenntnisse von einer Person entgegen der natürlichen Ordnung“ erlangt. Bei einer Verurteilung drohen bis zu 14 Jahre Gefängnis. In der kenianischen Verfassung heißt es, dass die Ehe eine Verbindung zwischen zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts ist. Die Regierung bezeichnete den Film auch als Blasphemie gegen den christlichen Glauben. Zwei junge Männer werden gezeigt, wie sie einen Gottesdienst abhalten, was „ein Versuch ist, die Religion zu benutzen, um die gleichgeschlechtliche Ehe zu befürworten“, so die Regierung. Sie hat gewarnt, dass jede*r, der*die versucht, den Film in Kenia „auszustellen, zu verbreiten, zu senden oder zu besitzen“, „mit der vollen Härte des Gesetzes“ bestraft wird.

Toni Kamau, eine der Produzent*innen des Films, bezeichnete das Verbot jedoch als einen Affront gegen die in der kenianischen Verfassung verankerte Redefreiheit. Sie sagte, sie sei zutiefst betrübt über die diskriminierende Sprache, die die Regierung verwendet, um die Erfahrungen der Menschen zu beschreiben, die ihnen Einblick in ihr Leben gewährt haben. Sie glaube, dass es hier um eine größere Diskussion über die Meinungsfreiheit gehe. Jede*r habe das Recht, seine*ihre Lebenserfahrung, seine*ihre Wahrheit zu teilen: „Was bedeutet es, ein religiöser kenianischer Mann in einem Land zu sein, das seine Liebe kriminalisiert? Wir hielten es für wichtig, diese Geschichte zu erzählen, weil es eine kenianische Geschichte ist.“

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C.O.C.K. – „Collective Opulence Celebrating Kindred“ (Kollektive Opulenz feiert Verwandte) ist der Slogan für eine Kollektion, in deren Mittelpunkt, wie die Designer*innen Tourmaline und Becca McCharen-Tran es ausdrücken, „Mädchen, die sich nicht verstecken, trans Frauen, nicht-binäre Menschen, Frauen, Männer“ oder einfach alle stehen, die Lust haben. In der Praxis bedeutet dies eine neue Reihe von Bademode mit Platz in den Höschen.

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Für die Designerin Tourmaline war es ein persönliches Projekt, eine Kollektion zu entwerfen, die die Sicherheit von trans Frauen, die sich nicht verstecken wollen, in den Mittelpunkt stellt. „Ich gehe seit etwa 16 Jahren ins Riis [an den Strand] und es gab immer wieder Momente, in denen ich mich unwohl fühlte“, erzählt sie in einer Journalistin des Magazins them. „Ich kann mich daran erinnern, dass ich im Wasser war und Angst hatte, wieder herauszukommen, weil ich nicht wollte, dass die Leute meinen Körper sehen.“ Sie fährt fort und erklärt, was sie sich von dieser Kollektion erhofft: „Bei dieser Kollektion geht es darum, ein Leben zu retten. Es geht um die Rückbesinnung auf die Grundlagen von Mode und Ästhetik: Unsere Selbstgestaltung ist ein mächtiger Akt, und durch unsere Macht haben wir eine größere Fähigkeit, Sicherheit für andere zu schaffen.“ Auch betont sie noch einmal die weltbildenden Visionen, die der Kollektion zugrunde liegen: „Wir modellieren die Welt, in der wir leben wollen, durch unser Handeln in diesem Moment. Wir erschaffen also buchstäblich unsere Zukunft in unserem jetzigen Moment: Wir wollen eine Zukunft mit allen Arten von Körpern, einer Fülle von Körpern, einer Fülle von Menschen am Strand, die sich kraftvoll, vergnüglich, sexy und lebendig fühlen.“

Die Schauspielerin Gia Love, die für die Bademode modelte, sagte darüber: „Diese Kollektion ist revolutionär. Es ist so wichtig, Raum für Frauen zu schaffen, um Freude zu erleben und Zugang zu Anzügen zu haben, die unsere Körper bestätigen.“

Lesen Sie hier einen Artikel darüber, was inklusive und genderbefreite Kleidung bedeuten kann. 

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Alok Vaid-Menon, ein*e amerikanische*r Schriftsteller*in, Performance-Künstler*in und selbstbezeichnete*r „fashionist@“, hat sich das Ziel Gesetzt Mode zu „DeGendern“, das heißt Kleidungsstücke von ihren geschlechtlichen Konnotationen zu befreien.

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In einem Essay für das Magazin theseptemberissues hat Alok Vaid-Menon darüber einen Essay geschrieben. Der folgende, übersetzte Abschnitt stammt hieraus, und beschreibt den Grund für die Befreiung von Binaritäten in der Mode wie folgt:

„Ich habe den Begriff ‚nicht-binär‘ immer als unbefriedigend empfunden, da er von uns verlangt, uns durch unsere Abwesenheit zu definieren und nicht durch unsere übermäßige Präsenz. Ich bevorzuge die Unendlichkeit. Es gibt so viele Möglichkeiten, eine Frau zu sein und wie eine Frau auszusehen, wie es Frauen gibt, es gibt so viele Möglichkeiten, ein Mann zu sein und wie ein Mann auszusehen, wie es Männer gibt, und es gibt so viele Möglichkeiten, so zu sein und auszusehen, wie das eigene Geschlecht ist. Kleidung kann ein Mittel des geschlechtlichen Ausdrucks sein, um anders, neu und alt zu werden. Aber wir sollten entscheiden können, was das bedeutet, und nicht gesagt bekommen. Wo sie ‚einen Mann in einem Kleid‘ sehen, sehen wir eine unendliche Möglichkeit des Seins. Wie können wir es wagen, uns anzumaßen, es zu wissen, wenn wir einfach fragen können?“

Vaid-Menon wirft damit wichtige Fragen auf, und fordert mehr Freiheit in der Modewelt – einer Welt, die in unserer Gesellschaft, wohl oder übel, eine maßgebliche Rolle spielt. Lesen Sie hier einen Artikel über eine neue Kollektion inklusiver Bademode, und was diese für ihre Träger*innen bedeuten kann.

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Schon vor dem Aufstand der Taliban in Afghanistan war das Leben des schwulen Mannes Abdul (sein Name wurde geändert) gefährlich. Hätte er damals mit der falschen Person über seine Sexualität gesprochen, hätte Abdul nach afghanischem Recht verhaftet und wegen seiner Sexualität vor Gericht gestellt werden können. Doch seit die Taliban letzte Woche die Kontrolle über die wichtigsten Städte Afghanistans übernommen haben, würde er, bei Offenlegung seiner Sexualität „auf der Stelle getötet“.

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Die Taliban sind eine militärische Gruppe, die die Kontrolle über das Land übernommen hat und dafür bekannt ist, dass sie extreme islamische Ideale durchsetzt. Nach der Auslegung der Scharia durch die Taliban ist Homosexualität streng verboten und wird mit dem Tod bestraft. Als die Taliban das letzte Mal in Afghanistan an der Macht waren, zwischen Ende der 90er Jahre und 2001, war der 21-jährige Abdul noch nicht geboren.

„Ich habe gehört, wie meine Eltern und die Älteren über die Taliban gesprochen haben“, sagte er gegenüber Radio 1 Newsbeat, „Wir haben einige Filme gesehen. Aber jetzt ist es, als wäre ich in einem Film“.

Eigentlich sollte Abdul in dieser Woche seine letzten Universitätsprüfungen ablegen, mit Freund*innen zu Mittag essen und seinen Freund besuchen, den er vor drei Jahren in einem Schwimmbad kennen gelernt hat. Stattdessen sitzt er nun schon den vierten Tag in Folge in seinem Haus. Vor seiner Haustür stehen derzeit Taliban-Soldaten. „Selbst wenn ich die Taliban von den Fenstern aus sehe, habe ich große Angst. Mein Körper beginnt zu zittern, wenn ich sie sehe“, erzählt er. „Es werden Zivilisten getötet. Ich glaube nicht, dass ich jemals vor ihnen sprechen werde“.

Doch nicht nur die neuen Machthaber des Landes dürfen nichts von Abduls Sexualität erfahren. „Als schwuler Mensch in Afghanistan darf man sich nicht zu erkennen geben, nicht einmal seiner Familie oder seinen Freunden gegenüber. Wenn ich mich meiner Familie offenbare, werden sie mich vielleicht schlagen, vielleicht töten“.

Doch, obwohl er seine Sexualität verbarg, genoss Abdul sein Leben im pulsierenden Stadtzentrum des Landes. „Mein Studium verlief perfekt. Es war Leben in der Stadt, es gab viele Menschen in der Stadt.“ Nun, innerhalb einer Woche, hat Abdul das Gefühl, sein Leben vor seinen Augen verschwinden zu sehen. „Es gibt keine Zukunft für uns.“

„Ich glaube nicht, dass ich jemals meine Ausbildung fortsetzen werde. Zu meinen Freund*innen habe ich den Kontakt verloren. Ich weiß nicht, ob es ihnen gut geht. Mein Partner sitzt mit seiner Familie in einer anderen Stadt fest. Ich kann nicht dorthin gehen, er kann nicht hierherkommen.“

„Ich leide unter schweren Depressionen. Ich denke daran, diese Sache einfach zu beenden. Ich will so ein Leben nicht mehr führen. Ich will eine Zukunft, in der ich frei leben kann und nicht von Leuten darauf hingewiesen werde, dass man hier nicht schwul sein darf.“ Abdul macht sich keine Hoffnungen auf die Versprechen der Taliban, anders zu regieren. „Selbst wenn die Taliban eine Frau in der Regierung oder in der Schule akzeptieren, werden sie niemals schwule oder LGBT-Menschen akzeptieren. Sie werden sie alle auf der Stelle töten.“

Abdul sagt, er warte darauf, „einen Weg zu finden, das Land zu verlassen“. Es gibt einige Organisationen und Aktivist*innen, die versuchen, queere Afghan*innen in Sicherheit zu bringen. Abdul habe gehört, dass das Vereinigte Königreich die Aufnahme von 20 000 Geflüchteten aus seinem Land plane, aber niemand wisse, wie man sich bewerben oder registrieren lassen könne.

„Ich bin 21 Jahre alt. Mein ganzes Leben habe ich im Krieg verbracht, in Bombenangriffen, ich habe Freunde und Verwandte verloren“ – „Ich möchte nur sagen, falls jemand meine Botschaft hört, dass ich als junger Mensch das Recht habe, frei und sicher zu leben“, sagt Abdul abschließend.

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  Wie bei jedem Thema, das marginalisierte Menschen betrifft, nehmen sich viele selten die Zeit, über Behinderung nachzudenken. Viele erkundigen sich nicht nach den Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen aus erster Hand, sondern diskutieren das Thema stattdessen lieber mit anderen Menschen ohne Behinderungen. So werden queere Menschen mit Behinderung oft von LGBTQI*-Räumen ausgeschlossen: Das spaltet die Community.

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In einem Artikel der Independent Zeitung beschreibt Umber Ghauri, die selbst queer ist und eine Behinderung hat, dass viele in der Community gar nicht fragen würden, was sie als Mensch mit Behinderung braucht. So würden sie nach ihren eigenen Vorstellungen Räume für Menschen mit Behinderung schaffen, und dann perplex darüber sein, warum Menschen mit Behinderung nicht dabei sind. Es sei deswegen wichtig, als Community ein tiefergehendes Gespräch über Barrierefreiheit führen.

Ein Beispiel, welches sie dafür anbringt, ist dass LGBTQ+-Initiativen oft über wenig finanzielle Mittel verfügen, so dass ein stufenloser Zugang wie ein Luxus erscheinen könne. Für Menschen, die einen stufenlosen Zugang benötigen, ist er jedoch eine Notwendigkeit. Und selbst wenn ein Raum über einen stufenlosen Zugang verfügt, sind möglicherweise keine barrierefreien Verkehrsmittel in der Nähe verfügbar. Darüber hinaus hätten sich viele queere Communities um Nachtleben und Aktivismus herum gebildet – mit einer Behinderung sind Proteste, Märsche und Clubnächte jedoch oftmals nicht gut zugänglich. „Diese Orte sind daher oft enttäuschend exklusiv“, schreibt Ghauri, und weiter: „Menschen mit Behinderung werden als lästig betrachtet, als Nachzügler. Und wenn wir nicht von Anfang an mitgedacht werden, kann man darauf wetten, dass das Ergebnis eines ist, das uns ausschließt“.

Dieser Mangel an Barrierefreiheit dränge queere Menschen mit Behinderung immer weiter aus der Community heraus. Es müsse ein Verständnis entstehen, dass zwar alle unterschiedliche Bedürfnisse und Herausforderungen haben, man aber immer noch eine Gemeinschaft sei. Dabei hätten alle LGBTQI* die Verantwortung, Menschen mit Behinderung nicht nur einzubeziehen, sondern zu unterstützen, denn, so Ghauri: „Ohne uns übersehen Sie einen großen Teil der LGBTQ+ Menschen und repräsentieren daher unsere Gemeinschaft nicht ausreichend“.

Einige Lösungen seien hier einfach: stufenlose Zugänge, genügend Sitzgelegenheiten, viel Platz, Berücksichtigung barrierefreier Verkehrsmittel. Andere jedoch seien schwieriger: die Annahme zu zerstören, dass Behinderung immer sichtbar sei, die Annahme in Frage zu stellen, dass Menschen mit Behinderung weniger zu bieten hätten als Menschen ohne Behinderung, und die Stimme von Menschen mit Behinderung zu verstärken: „Für viele von uns ist eine Behinderung genauso ein Teil unserer Identität wie LGBTQ+ zu sein“. Wenn behinderte Menschen also von queeren Räumen ausgeschlossen werden, spalte das die ganze Community.

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