Echte Vielfalt

18. Februar 2022

Neues Buch über Queer-Sein in der katholischen Kirche Deutschland

Eine neue Aufsatzsammlung beschreibt die Diskriminierung und Ausgrenzung, die queere Menschen in der katholischen Kirche in Deutschland erfahren, und erhöht damit den Druck auf die umstrittene Institution, Reformen durchzuführen. 68 Texte sind es, die der Pfarrer Wolfgang Rothe in dem Buch „Gesucht. Geliebt. Gesegnet. Queer sein in der katholischen Kirche“ sammelte.

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Dabei stammen einige Aufsätze von Verwandten oder Freund*innen und jeder vierte Beitrag wurde anonym veröffentlicht, denn es gibt enormen Druck auf queere Menschen, weil die katholische Kirche bislang jede sexuelle Orientierung, die von Heterosexualität abweicht, ablehnt. So können queere Menschen, die für die katholische Kirche arbeiten – ob in Pfarreien, Kindergärten oder Altenheimen – jederzeit entlassen werden. Drei der anonymen Beiträge stammen aus dem kirchlichen Bereich. „Ich bin ein Priester. Und ich bin schwul“, heißt es in einem Beitrag, der den Schmerz darüber zum Ausdruck bringt, dass Homosexuelle, selbst wenn sie zölibatär leben, nach den vatikanischen Vorschriften überhaupt nicht Priester werden dürfen.

Wolfgang Rothe, der das Buch herausgegeben hat, sagte gegenüber der DW, er wolle mit dem Manuskript die Realität queerer Menschen in der katholischen Kirche „so umfassend wie möglich“ darstellen und damit „einen Perspektivwechsel in unserer Kirche herbeiführen“. Rothe sagte, er selbst sei „in Tränen ausgebrochen“, als er viele der Beiträge zum ersten Mal gelesen habe. Er hoffe, dass es den Leserinnen und Lesern ähnlich gehe und sie verstehen, wie sehr queere Menschen in der Kirche unter Diskriminierung und Ausgrenzung leiden. „Dieses Leiden muss ein Ende haben“, sagte er.

Das Buch wurde acht Tage nach dem Coming-out von 125 queeren Kirchenmitarbeitern veröffentlicht, das in Deutschland großes Aufsehen erregte. Das Timing war zufällig, aber es zeigt den wachsenden Ruf nach Reformen. Noch am vergangenen Sonntag hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, das Coming-out zahlreicher queerer Mitarbeiter seiner Kirche begrüßt. „Wir haben Menschen tief verletzt und tun das auch heute noch“, sagte er in der ARD. So ist auch die Sammlung ein Katalog von Verletzungen, Ängsten und Frustrationen, aber auch von Hoffnungen, die an den Glauben geknüpft sind, und von schmerzhaften Erfahrungen mit der Idee von Heimat und Identität.

Viele drängen mittlerweile auf die Anerkennung von queeren Menschen in der Kirche, auch Geistliche wie Bischof Heinrich Timmerevers und Cardinal Reinhard Marx. Der Ruf nach entschlossenem Handeln wird also immer lauter – es bleibt nun abzuwarten, ob ihn die katholische Kirche auch hören kann.

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