Echte Vielfalt

Erfahrungen

Am 05. Oktober 2023 eröffnen das Schwule Museum (SMU) und das Archiv der deutschen Jugendbewegung (AdJb) ihre Ausstellung zum Thema „Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Zeichen von Emanzipation“. Die Veranstaltung wird bis zum 26. Februar 2024 im Schwulen Museum zu sehen sein.

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Als Gedächtnisorte emanzipatorischer Bewegungen finden sich in den Archiven beider Institutionen Dokumente und Zeugnisse bis hin zu „künstlerischen“ Produktionen über Verharmlosungen und ideologische Rechtfertigung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche.

Die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die zusammen mit dem Hauptstadtkulturfonds (HFK) die Ausstellung fördert, beschreibt, dass sich bereits seit den 1970er-Jahren Pädosexuelle für eine Straffreiheit sexueller Handlungen von Erwachsenen mit Kindern und Jugendlichen einsetzten. Dabei instrumentalisierten sie nicht nur Bewegungen wie etwa die Schwulenbewegung, die sich damals für die Entkriminalisierung von Sex zwischen Männern einsetzte, sondern auch politische Parteien und Teile der Wissenschaft.

Ziel der Ausstellung ist ein Anstoß für eine kritische Aufarbeitung ihrer Archive. Dabei legen SMU und AdJb die Frage zugrunde, „wie dieses verstörende Kapitel der eigenen Geschichte in Erinnerungskultur und Geschichtsschreibung eingearbeitet werden kann“. Mit der Aufarbeitung handeln die Veranstalter nach eigenen Angaben ausdrücklich im Auftrag von Betroffenen und ihren Verbänden. Es soll darum gehen, Täter nicht nur der Strafverfolgung zu überlassen, sondern gesellschaftliche Zusammenhänge in den Blick zu nehmen.

Dass dieses Thema emotionalisieren kann und von Gruppen außerhalb, aber auch innerhalb der LSBTIQ* Gemeinschaft zu politischen Zwecken „missbraucht“ werden könnte, unterstreicht dabei nur die Wichtigkeit einer Auseinandersetzung. Mehr noch entsteht durch die Kritik am historischen Prozess der Emanzipation selbst ein weiterer Schritt zur Emanzipation, um aktiv und kritisch am Diskurs der eigenen Vergangenheit teilzunehmen.

Die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs bietet darüber hinaus ein kostenfreies und anonymes Infotelefon. „Hier können Sie sich zum Beispiel über die Arbeit der Kommission informieren oder Fragen darüber stellen, wie Sie von Ihren Erfahrungen berichten können“.

Nummer: 0800 40 300 40

Sprechzeiten:

montags, mittwochs und freitags von 9 bis 14 Uhr

sowie dienstags und donnerstags von 15 bis 20 Uhr.

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Schleswig-Holstein sieht sich wie alle Bundesländer vor dem Problem einer wachsenden Anzahl von Flüchtlingen. In Glückstadt soll daher eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für 600 geflüchtete Menschen eröffnet werden. Eine Angelegenheit, die nicht nur im Rahmen des Diskurses über sichere Herkunftsländer die LGBTIQ* Gemeinschaft betrifft.

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Während die Meinungen der Bürger*innen Glückstadts einem Bericht des NDR zufolge erwartungsgemäß auseinander gehen, betont Glückstadts Bürgermeister Rolf Apfeld (parteilos), dass die Stadt es bereits 2015 „geschafft habe“ und auch jetzt mit ihren 11.000 Einwohner*innen 600 Menschen aufnehmen könne. Kritik von Verbänden gibt es hingegen an der Nähe der geplanten Unterkunft zum örtlichen Gefängnis. „Außerdem sei eine dezentrale Unterbringung für Flüchtlinge immer besser als eine Ballung und Zentrierung in einer Sammelunterkunft“, so die „Besuchsgruppe Abschiebehaft Glückstadt" in einem Bericht des NDR, die sich ehrenamtlich bei der Betreuung von Personen in Abschiebehaft engagiert.

Dabei liegt das Problem eindeutig nicht bei den ankommenden Menschen. Im Gegenteil. Wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, besteht vor dem Hintergrund einer nicht nur alternden, sondern auch schrumpfenden Gesellschaft der dringende Bedarf an jungen Menschen. Eine zunehmende Rentenlücke und der Anstieg von Pflegebedürftigen bis 2055 (tagesschau) benötigen eine neue Generation an Mitgliedern der Gesellschaft, die in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen und entsprechende Jobs übernehmen. Gerade die Rente mit ihrem Umlageverfahren, bei dem die aktuell arbeitende Generation die Rente der aktuellen Rentengeneration finanziert, ist darauf angewiesen.

Das Argument einer zielgerichteten Facharbeitermigration geht hingegen am Problem vorbei. Sprachbarrieren können abgebaut werden und Menschen können durch Schule und Ausbildung qualifiziert werden. Das Hauptproblem sind nicht mangelnde Fähigkeiten der Ankommenden, sondern mangelnde Strukturen und Angebote an guten Schul- und Ausbildungsplätzen. Am 22. September 2023 fand eine deutschlandweite Protestaktion für bessere Bildung statt. Wie der mdr berichtet, „[haben] in mehr als 30 Städten in Deutschland […] tausende Menschen für eine bessere Bildung demonstriert. Die Organisatoren sprachen von bundesweit 15.000 Demonstrierenden.“ Aufgerufen hatte das Bündnis „Bildungswende jetzt“. Kritisiert wurde der großen Mangel an Lehrkräften und Erzieher*innen und das unterfinanzierte Bildungssystem mit seinen veralteten Strukturen, die die soziale Ungleichheit zudem verstärken. Bereits im April 2023 hatte das ifo-Institut im Chancenmonitor nochmals festgestellt, dass Bildungschancen weiterhin stark vom Elternhaus abhängen.

Das Problem ist also vor allem ein finanzielles. Zwar bleibt Bildung zunächst Ländersache, allerdings hatte Bundeskanzler Olaf Scholz noch bei Amtsantritt selbst über einen Schuldenschnitt bei den Ländern nachgedacht, wie er im Interview mit KOMMUNAL vom Dezember 2021 betonte. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung nach 100 Milliarden Euro Sondervermögen, die „Bildungswende jetzt“ formuliert, keine provokante Spitze, sondern eigentlich eine notwendige Investition in die Zukunft des Landes. Dass das Ganze dabei auch real finanzierbar ist, zeigt der Ökonom Maurice Höfgen auf seinem YouTube-Kanal „Geld für die Welt“ (GfW).

Auch aus Perspektive der LGBTIQ* Gemeinschaft geht es dabei um mehr als „nur“ eine Solidarität mit LGBTIQ* Geflüchteten, wie ein aktueller Artikel des Magazins queer mit Verweis auf die Landeskoordinierungselle queeres Brandenburg bemerkt. Demnach sorgen sich immer mehr LGBTIQ* um ihre Sicherheit. Die AfD habe Hemmschwellen eingerissen, die zu immer mehr „Hass und Gewalt gegen Minderheiten“ führen. Dass ein Abbau des Sozialstaats und eine schlechte Bildung den Rechtspopulisten in die Hände spielt, wurde auf echte-vielfalt bereits in Bezug auf Spaniens hohe Jugendarbeitslosigkeit thematisiert. Aber auch in Deutschland zeigt sich diese Tendenz, so Sarah-Lee Heinrich im Interview mit GfW.

Für die die LGBTIQ* Gemeinschaft scheint es vor diesem Hintergrund immer stärker auch um allgemeine sozialpolitische Themen zu gehen, um weiter an einer Gesellschaft des Miteinander zu arbeiten.

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Seit dem 15. Juni und noch bis Ende Juli 2023 läuft eine Umfrage der „European Union Agency for Fundamental Rights“ (FRA) mit dem Ziel, Erfahrungen, Geschichten und Sorgen von LGBTIQ* Menschen zu erfassen.

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Die FRA ist eine unabhängige Einrichtung der Europäischen Union zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte innerhalb der EU mit Sitz in Wien. Gegründet wurde die FRA 2007 von der EU selbst. Ihr Zweck ist eine regelmäßige Evaluation der Umsetzung der EU‑Grundrechtecharta und darauf basierenden Empfehlungen zur Durchsetzung von Rechten sowie zur Verbesserung der Gesetzgebung und ihrer Umsetzung. Darüber hinaus unterstützt sie politische Maßnahmen in diesem Zusammenhang und versucht, die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren innerhalb des großen Feldes der Grundrechte zu stärken.

Hier die offizielle Pressemitteilung zur aktuellen Umfrage:

Sind Sie lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, inter* oder queer (LGBTIQ) und leben in Europa? Bitte lassen Sie von sich hören! Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (EU Agency for Fundamental Rights, FRA) startet [...] eine EU-weite Umfrage, welche die Erfahrungen, Ansichten und Bedenken von LGBTIQ-Personen erfassen soll. Die Ergebnisse werden zum Vorantreiben der politischen Maßnahmen zum weiteren Schutz und zur Förderung der Rechte von LGBTIQ-Personen beitragen.

Die Umfrage richtet sich an LGBTIQ-Personen ab 15 Jahren in 30 Ländern: den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Albanien, Serbien und Nordmazedonien. Ihr Ziel ist es, LGBTIQ-Personen die Gelegenheit zu geben, ihre Erfahrungen, Geschichten und Sorgen zu teilen.

Sie können noch bis Ende Juli 2023 an der Umfrage teilnehmen. Die Ergebnisse werden 2024 veröffentlicht und ermöglichen es der FRA, die Fortschritte seit der letzten Umfrage im Jahr 2019 zu bewerten.

Die LGBTI-Umfrage 2019 hat verdeutlicht, dass die Gleichstellung von LGBTI-Personen in Europa noch lange nicht erreicht ist. Nach wie vor herrscht ein hohes Maß an Gewalt und Diskriminierung gegen LGBTI-Personen, ebenso wie Angst, sich als LGBTI-Person frei zu bewegen.

Die Ergebnisse haben zur Gestaltung der LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie 2020-2025 der Europäischen Kommission beigetragen. Sie förderten die Entwicklung von Richtlinien zur Gleichbehandlung und Initiativen zur Unterstützung und zum Schutz von LGBTIQ-Personen in ganz Europa.

Die FRA ermutigt die LGBTIQ-Gemeinschaft, an der Umfrage teilzunehmen, ihre Meinung zu äußern und sie im Familien- und Freundeskreis zu verbreiten. In den sozialen Medien können Sie die Umfrage unter dem Hashtag #LGBTIQsurvey mit verfolgen.

Das Ausfüllen der Umfrage nimmt nur 20 Minuten in Anspruch. Ihre Teilnahme ist anonym. Daten werden lediglich lokal auf Geräten gespeichert. Sobald die Umfrage abgeschlossen ist, werden sie gelöscht.

Die statistischen Beratungsunternehmen Agilis und Metron Analysis sowie die Agentur für LGBTIQ-Kommunikation Homo Evolution unterstützen die FRA bei der Durchführung der Umfrage.

Link zur Umfrage

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Wie der Leichtathletik-Weltverband „World Athletics“ (WA) am 23. März bekannt gab, werden in Zukunft nicht nur die Testosteron-Grenzwerte stärker beschränkt. Ab dem 31. März dürfen zudem keine Trans-Leichtathletinnen, die eine männliche Pubertät durchlaufen haben, an offiziellen Weltranglistenwettkämpfen der Frauen teilnehmen.

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Zur Begründung sagte der WA, dass es derzeit keine transgender Athlet*innen gebe, die international in der Leichtathletik antreten, und folglich auch keine leichtathletikspezifischen Beweise für die Auswirkungen, die diese Athlet*innen auf die Fairness des weiblichen Wettkampfs in der Leichtathletik haben würden. Unter diesen Umständen beschloss der Rat, der Fairness und der Integrität des Frauenwettbewerbs Vorrang vor der Aufnahme in die Liste einzuräumen.

Gabriel Nox Koenig vom Bundesverband Trans* e.V. kritisierte diese Entscheidung gegenüber der Deutschen Well (DW):

"Es wurde hier nicht versucht, einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, sondern Transfrauen und nicht-binäre Personen, bei denen bei Geburt das männliche Geschlecht eingetragen wurde, gezielt auszuschließen […], Theoretisch ist es zwar möglich, mit Pubertätsblockern die Pubertät von trans- und nicht-binären Jugendlichen zu verzögern. In der Praxis ist die Zahl derer, die Zugang zu dieser Behandlung haben, aber sehr gering. Die Regelungen des Leichtathletik-Weltverbands sind also quasi für niemanden einhaltbar."

Koenig befürchte, dass mit dieser Entscheidung junge trans Frauen noch stärker im Sport diskriminiert und sich daher vermehrt gegen Vereinssport entscheiden würden. An dieser Stelle muss betont werden, dass Diskriminierung im Sportverein auch ohne Aussichten auf eine Karriere im Spitzensport ein Thema ist. Auf der anderen Seite bleibt Spitzensport allgemein selektierend, was in der Natur von hohem Leistungsdruck plus viel Geld liegt. Auch wenn es derzeit keine Athletinnen im Frauen-Spitzensport gibt, die in die vom WA ausgeschlossene Kategorie fallen, so kündigte dieser dennoch eine Arbeitsgruppe zum Thema an. In den nächsten zwölf Monaten soll die Arbeitsgruppe speziell Transgender-Athletinnen nach ihren Ansichten über die Teilnahme an Leichtathletikwettbewerben befragen sowie zusätzliche Informationen überprüfen oder ggf. in Auftrag geben. Wie die Sportschau berichtet, äußerte Sebastian Coe, Präsident von World Athletics, dass der Verband die Teilnahme von trans Leichtathletinnen nicht für immer ausschließe. Es brauche jedoch belastbare Daten, um darüber letztendlich entscheiden zu können.

Aber nicht nur trans Sportlerinnen sind von der Weltrangliste ausgeschlossen. Auch Athletinnen mit einer Variante in der Geschlechtsentwicklung (DSD) sind vorläufig betroffen. Bei DSD handelt es sich nach Angaben der Deutschen Welle „[…] um eine seltene Kondition, bei denen die Hormone, die Gene und/oder die Fortpflanzungsorgane eines Menschen eine Mischung aus männlichen und weiblichen Merkmalen aufweisen können. Einige der Betroffenen bevorzugen den Begriff ‚intersexuell‘“. Allerdings, so die DW weiter, sehen die verschärften Richtlinien bei Sportlerinnen dieser Gruppe eine Reduzierung des Testosterongehalts im Blut von fünf auf 2,5 Nanomol pro Liter über zwei Jahre statt wie bisher nur einem Jahr vor. Damit ist dieser Ausschluss lediglich temporär, solange der Richtwert eingehalten wird. An den Olympischen Spielen 2024 könnten die 13 betroffenen Athletinnen laut WA wieder teilnehmen.

Im Endeffekt schließt die neue Richtlinie damit an die Stelle an, an der sich der Gesamtdiskurs scheidet: Welche Unterscheidungen zwischen Menschen sind wann und warum zulässig und wann überschreiten diese Differenzierungen die Grenze zur Diskriminierung. Eine Frage, die sich vermutlich auch durch eine Arbeitsgruppe des WA nicht klären lassen wird, aber vielleicht neue Gedanken aufwirft.

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Als einziger Staat in der G7-Gruppe hat Japan bis heute die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkannt. Erst im November 2022 war eine Klage vor dem Bezirksgericht in Tokyo abgewiesen worden.

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Nach einem Bricht der Tagesschau hatten acht Personen auf Schmerzensgeld geklagt, weil ihnen mit der Verweigerung einer Ehe seelischer Schaden zugefügt worden sein. Das wies das Gericht zurück und bestätigte nochmals, „[…] dass die Weigerung des Staates, gleichgeschlechtliche Ehen rechtlich anzuerkennen, nicht gegen die Verfassung verstößt“. In Gegensatz dazu hatte allerdings 2021 ein Bezirksgericht in der nördlichen Stadt Sapporo die staatliche Weigerung zur Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe durchaus als Verletzung des in der Verfassung garantierten Rechts auf Gleichbehandlung angesehen. Damit stellt das Urteil aus Tokyo einen Rückschritt dar. Hinzu kommt, dass viele Menschen immer noch ihre sexuelle Orientierung oder ihre Geschlechtsidentität aus Angst diskriminiert zu werden verstecken. Um dieser Angst zu begegnen, gibt es in einigen Gemeinden inzwischen die Möglichkeit einer eingetragenen Partnerschaft. Diese sei zwar rechtlich nicht bindend, soll aber gerade bei der Wohnungssuche oder einem Krankenhausbesuch der Diskriminierung entgegenwirken, so das Argument. Hiermit ist zwar immer noch nichts gewonnen, es zeigt aber, dass das Thema vor den japanischen Gerichten und in der Öffentlichkeit angekommen ist.

Dass dieser Diskurs auch in der obersten politischen Ebene verfängt, machen aktuelle Berichte von Tagesschau und Deutschlandfunk vom 4. und 5. Februar deutlich. Masayoshi Arai, Mitarbeiter des Büros des Ministerpräsidenten Fumio Kishida, hatte sich vergangene Woche gegenüber dem Sender NHK abfällig über gleichgeschlechtliche Paare geäußert. Aria sagte „[…] er wolle gleichgeschlechtliche ‚Paare nicht einmal ansehen‘ und sie auch nicht zu Nachbarn haben“. Zudem glaube er, dass Menschen das Land verlassen würden, wenn es die Ehe für alle gebe. Zwar entschuldigte sich Aria später für seine Aussage, dennoch musste er seinen Posten räumen. Der Vorfall nötigte letztendlich auch Ministerpräsidenten Kishida zu einer Reaktion, der zuvor eher durch sein Zögern bei diesem Thema aufgefallen war.

Laut Kishida stehe die Bemerkung im Widerspruch zur Regierungshaltung, die eine vielfältige und inklusive Gesellschaft anstrebe und Diversität anerkenne. Gleichzeitig, so die Tagesschau mit Berufung auf die Nachrichtenagentur AFP, äußert Kishida gegenüber dem Parlament Bedenken, dass gleichgeschlechtliche Ehen „die Gesellschaft beeinträchtigen" könnten und mahnte die Abgeordneten zur vorsichtigen Prüfung des Vorhabens.

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Das Thema um Transgender Personen und ihre Rechte ist in Schottland eine heiß debattierte Angelegenheit, die auch über die Region hinaus Beachtung findet. Hauptstreitpunkt ist dabei das Selbstbestimmungsgesetz, über das echte vielfalt schon mehrfach berichtet hat. Ein zentrales Argument der Gegner*innen des Selbstbestimmungsgesetzes ist dabei, dass besonders für Frauen und Mädchen die Gefahr besteht, dass geschlechtsspezifische Schutzräume verletzt werden. Dabei wurde neben öffentlichen Toiletten oder Frauenhäusern immer wieder auch auf Gefängnisse verwiesen.

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Erst vor wenige Tagen berichtete echte vielfalt darüber, dass die britische Zentralregierung das schottische Gesetz durch ihr Veto blockiert hatte und sich dabei u.a. auf das Argument der Schutzräume bezog. Vor diesem Hintergrund entbrannte nun eine Zuspitzung des Diskurses, als zwei trans Gefangene in ein Frauengefängnis verlegt werden sollten. In einem Fall handelt es sich um eine Sexualstraftäterin, die vor ihrer Geschlechtsanpassung zwei Frauen vergewaltigt hatte. Im anderen Fall um eine trans Straftäterin, die wegen einer Gewalttat gegen eine Krankenschwester und Stalking einer 13-Jährigen verurteilt wurde. Wie die Magazine queer und schwulissimo zusammenfassend berichten, wurde die Verlegung inzwischen nach massiver öffentlicher Kritik gestoppt. Auch wenn dieser Stopp gerechtfertigt ist, so kann an solchen extremen Beispielen nicht oft genug die Gratwanderung der Identitätsdebatte gezeigt werden.

Wie die BBC mit Verweis auf den „Scottish Prison Service“ zeigt, befinden sich momentan 15 Transgender Straftäter*innen in schottischen Gefängnissen, darunter drei trans Männer und fünf trans Frauen, die in Frauengefängnissen untergebracht sind. Wie Justizminister Keith Brown gegenüber der BBC erklärte, gebe es in den Frauengefängnissen jedoch keine Transgender Gefangenen, die wegen Gewalt gegen Frauen verurteilt wurden. In Bezugnahme auf die beiden aktuellen Fälle erließ Brown nun eine Anordnung, dass keine bereits inhaftierte trans Person mit einer Vorgeschichte von Gewalt gegen Frauen von der Männer- in die Frauenabteilung verlegt werde. Gleiches gelte auch für neu verurteilte oder in Untersuchungshaft befindliche trans Gefangene mit einer Vorgeschichte von Gewalt gegen Frauen. Gleichzeitig dementierte Brown, dass im Falle von Tiffany Scott (s.o., Fall zwei) überhaupt eine Genehmigung für einen Transfer vorgelegen habe.

Beide Fälle machen dabei deutlich, dass das Argument zur Bewahrung geschlechtsspezifischer Schutzräume auch von den Befürworter*innen nicht abgetan werden sollte. Allerdings läuft die Debatte dabei Gefahr, mit dem Fokus auf Transgender die eigentliche Problematik aus dem Blick zu verlieren.

Bereits in einem früheren Artikel wurde an dieser Stelle auf den Umstand hingewiesen, dass es eine schwierige, aber explizite Aufgabe der staatlichen Organe ist, zwischen den Bedürfnissen und Gefahren verschiedener Gruppen abzuwägen. Anders als bei öffentlichen Räumen müssen Gefängnisse ihre Insass*innen grundsätzlich auch vor Gewalttaten des eigenen Geschlechts schützen. Solange also keine dritte Gefängniskategorie existiert, geht also darum, Gefahren zu managen. Bei insgesamt 15 trans Straftäter*innen kann von der schottischen Justiz entsprechend erwartet werden, die Gefährdungsbeurteilungen im Einzelfall durchzuführen, auch um den Schutzbedarf von trans Gefangenen zu gewähren. Das bedeutet allerdings zu akzeptieren, dass es keine pauschale Lösung geben wird.

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"Wie war es, als schwuler Mann oder lesbische Frau, in den Sechziger-, Achtziger oder Zweitausenderjahren in Schleswig-Holstein zu leben? Und wie hat sich das queere Leben im nördlichsten Bundesland in sechs Jahrzehnten entwickelt? Erstmals gibt nun eine Publikation Auskunft zu diesen Fragen: 14 queere Menschen erzählen aus ihrem Leben."

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Die dargestellten Lebensgeschichten ergeben "ein beeindruckendes Gesellschaftsbild", insbesondere die sich verändernden Vorstellungen und Menschenbildern in dieser Zeitspanne von sechzig Jahren. Deutlich wird aber auch, "wie sich die queere Community aus eigener Kraft in die Mitte der Gesellschaft brachte – und dort auch nicht wirklich glücklich ist." Die Geschichten wurden von  Oliver Pries gesammelt. Der Journalist wurde in Bad Oldesloe geboren und lebt seit 30 Jahren in Lübeck.

Der Aktionsplan „Echte Vielfalt“ hat das Projekt »Broschüre „60 Jahre queeres Schleswig-Holstein: Lebensgeschichten von 1960 – 2020“« gefördert. Die Publikation ist in einer ersten Auflage (300 Exemplare) im August erschienen. Die zweite Auflage (1.000 Exemplare) kam im November aus der Druckerei und wird momentan verteilt. Inzwischen wurden bereits zwei Lesungen aus den Lebensgeschichten veranstaltet.

Parallel haben sich die Autor*innen (der Lübecker CSD e.V.) beim Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ 2022 der Bundeszentrale für politische Bildung beworben und ganz aktuell die Nachricht bekommen, dass die Auswahljury die Projektidee als vorbildlich einstuft und mit einem Preis von 4.000€ auszeichnet.

Das Projekt wird hier vorgestellt: www.luebeck-pride.de/news/lebensgeschichten

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt stellt das Projekt hier vor: www.buendnis-toleranz.de/arbeitsfelder/anlaufstelle/initiativen/initiativenlandkarte/177223/60-jahre-queeres-schleswig-holstein-lebensgeschichten-von-1960-2020

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Schon seit Mai 2021 gilt im „Karolinska-Universitätskrankenhaus“ in Stockholm eine neue Leitlinie zur Therapie von Minderjährigen mit sogenannter Geschlechtsdysphorie. Demnach dürfen keine Medikamente zur Unterdrückung der Pubertät oder für gegengeschlechtliche Hormonbehandlungen bei Patient*innen unter 18 Jahren mehr verschrieben werden.

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Wie das Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) dazu auf seiner Webseite schreibt, warne das Krankenhaus vor potenziellen „irreversible[n] negative[n] Folgen“. Gleichzeitig distanziert es sich damit vom „Dutch Protocol“, das als international propagierte Leitlinie gilt, dessen Grundlage, so IMABE, jedoch lediglich eine einzige Studie bei 55 Jugendlichen bilde. Während die Studie Medikamententherapien ab zwölf bzw. bei Mädchen schon ab acht Jahren empfiehlt, werden auch andernorts Äußerungen vernehmbar, dass diese Studie nicht ausreichend sei. Auch die Washington Post berichtete über die unzureichende Datenlage.

Während die eine Seite auf die unerforschten Nebenwirkungen verweist, wird von der anderen Seite der Vorwurf von Verzögerungen bei nötigen Behandlungen geäußert. Laut Florence Ashley von der McGill University in Kanada in einem Artikel von 2019 begründe gerade der Umstand, dass die Identitätsfindung ein Prozess sei, die Gewährung von Pubertätsblockern als Standard. Stattdessen solle der Nichteinsatz begründungspflichtig sein. Pubertätsblocker und Hormontherapien würden den Zwang verhindern, eine bestimmte Identität einzunehmen, der durch eine Verzögerung der Transitionen jedoch erst verursacht würde, so Florence.

Anders als beim Selbstbestimmungsgesetz, das „ausschließlich die Änderungsmöglichkeit des Geschlechtseintrags und der Vornamen im Personenstandsregister“ betrifft, geht es bei einer medizinischen Transition aber eben nicht nur um eine Selbstdefinition, sondern um chemische bzw. chirurgische Eingriffe in den Körper. Wie wir bereits in einem früheren Artikel zur Detransition geschrieben haben, ist dabei das Ausmaß des Eingriffs ebenso ein Thema wie die Anmerkung, dass sich gerade junge Menschen - unabhängig davon, ob eine Geschlechtsdysphorie besteht oder nicht - in einer Selbstfindungsphase befinden und sich mit sich selbst und ihrer Beziehung zur sozialen Umwelt auseinandersetzen.

Doch würde eine pauschale Hormonbehandlung genauso wie eine pauschale Nichtbehandlung eine Norm schaffen, die sehr wahrscheinlich auch solche Menschen trifft, für die das eine oder andere ein medizinischer Übergriff bzw. eine Unterlassung bedeutete.

Gerade Jugendliche, die an einer Geschlechtsdysphorie leiden, benötigten hier einen interdisziplinären Ansatz, so die Washington Post weiter. Ärzt*innen sind aber - ebenso wie Aktivist*innen - keine Universalgelehrten. Beide benötigen die Einschätzung ihrer Kolleg*innen bzw. anderer Fachgruppen und Institutionen aus verschiedenen Feldern, wie zum Beispiel der Psychologie oder Pädagogik und Sozialen Arbeit. Wie jedoch der Artikel hervorhebt, haben viele Kliniken in den USA ein massives Personalproblem, gerade in Bezug auf Fachkräfte der Sozialen Arbeit.

Hier geht es eben nicht nur um die Fragen „Was ist Identität und wie entsteht sie?“, sondern auch darum, diese Identität „herzustellen“. Das Problem dabei entsteht, wenn einzelne Gruppen versuchen, hierauf eine abschließende und allgemeingültige Antwort zu finden.

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In den Jahren 2017 bis 2020 gab es in Niedersachsen insgesamt 289 Operationen an den Genitalien von Kindern unter 10 Jahren. Das ergab eine kleine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg und Meta Janssen-Kucz (beide Bündnis 90/Die Grünen) im September dieses Jahres.

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Hierbei handelt es sich zumeist nicht um Operationen im Rahmen einer selbstbestimmten Geschlechtsangleichung aufgrund einer Geschlechtsdysphorie, sondern um die chirurgische Anpassung an eine heteronormative Erwartungshaltung von Eltern und/oder Ärzt*innen, so das Queere Netzwerk Niedersachsen (QNN) in seinem Artikel zu diesem Thema.

Wie QNN weiter berichtet, dauert der Streit zwischen „intergeschlechtlichen Selbstorganisationen“ und Mediziner*innen sowie Eltern darüber, wie ein „normales“ Geschlecht auszusehen habe, bereits Jahrzehnte an. Das Problem ist, dass diese kosmetischen Eingriffe zum einen medizinische Spätfolgen haben können (z. B. beeinträchtigte Orgasmusfähigkeit) und zum anderen jede Fehleinschätzung bei der vermeintlichen Zuordnung zu entsprechenden Problemen führen kann. In den seltensten Fällen geht es dabei um medizinisch akute Eingriffe. QNN schreibt:

„Im Mai 2022 trat deshalb das ‚Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung‘ in Kraft: „Im Wesentlichen begrenzt das neue Gesetz die Personensorge von Eltern intergeschlechtlich geborener Kinder, in dem es klar formuliert, dass die Personensorge nicht das Recht umfasst, in die Behandlung nicht einwilligungsfähiger Kinder mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung einzuwilligen oder diese selber durchzuführen […], wenn dies allein in der Absicht erfolgt, das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das des männlichen oder weiblichen Geschlechts anzupassen (vgl. §1631e Abs. 1 BGB).“

Aber Vorsicht vor einer Fehleinschätzung. Sowohl bei früheren als auch beim aktuellen Gesetz liegt in dessen Auslegung ein hoher Interpretationsspielraum, sodass das Gesetz eine Hürde, aber kein Hindernis bedeutet. Auch der nun notwendige Beschluss des Familiengerichts erzeugt lediglich eine zusätzliche Kontrollinstanz, die ebenso interpretieren muss wie alle anderen. Zudem würde, selbst wenn ab sofort keine chirurgischen Eingriffe mehr durchgeführt würden, das Problem nur verlagert. Kinder und junge Erwachsene sind zeit ihres Lebens mit Normvorstellungen und Erwartungshaltungen konfrontiert. Die Belastung, die ein entsprechendes Missverhältnis zwischen dem Selbst, dem eigenen Körper und den externen Normen bedeuten kann, ist bereits aus der Debatte zum „Selbstbestimmungsgesetz“ bekannt. Ebenso wie dort besteht auch hier das Problem, dass gerade junge Menschen (unabhängig von einer formalen Volljährigkeit) nicht automatisch in allem sofort Mündigkeit erlangen. Wie die Notwendigkeit des Gesetzes zeigt, gilt dies nicht einmal für Erwachsene im Allgemeinen.

Wenn also der „Intergeschlechtliche Menschen Landesverband Niedersachsen e.V." und das „Queere Netzwerk Niedersachsen" neben einer konsequenten Evaluierung und Weiterentwicklung des Gesetzes intergeschlechtliche Selbsthilfe sowie Schulungen für Institutionen und medizinisches Personal fordern, trifft gerade letztere Maßnahme den Kern. Unsicherheiten, Unwissen und normative Überzeugungen, die auf die Entscheidungen von Eltern, Ärzt*innen, aber auch Kinder und später junge Erwachsene wirken, haben wenig mit einer spontanen Mündigkeit zu tun als vielmehr mit dem Bedarf einer Sicherheit schaffenden Beratung, um auch festgefahrene Überzeugungen und Ängste zu hinterfragen und zu begleiten. Dies gilt dabei für beide Seiten, wie das Thema der Detransition zeigt. Auch hinter einer vermeintlich progressiven und akzeptierenden Haltung können sich Fehleinschätzungen verbergen.

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Der Dachverband Lesben und Alter lädt im Oktober zu einem zweitägigen Fachtag ein, bei dem es insbesondere um die Sichtweise älterer lesbischer Frauen auf das große gesellschaftliche Thema der Einsamkeit gehen soll.

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Inzwischen ist die Erkenntnis, dass Einsamkeit als sozialer Stressfaktor krank macht, weit verbreitet. Verbundenheit und Gemeinsamkeit auf der anderen Seite können dem entgegenwirken. „Welche Erfahrungen und Perspektiven bringen ältere lesbische Frauen in die Debatte um das gesellschaftliche Großthema ein?“, kündigt Lesben und Alter e.V. vor diesem Hintergrund auf dem Flyer zum geplanten Fachtag als Leitfrage an.

Damit zusammenhängend sollen unter anderem folgende Fragen und Themen auf der Fachveranstaltung Raum finden:

  • „Was bedeutet Einsamkeit und wie erleben wir sie?
  • Welche Folgen haben Rückzugstendenzen aus einer beschleunigten, widersprüchlichen Welt?
  • Wie verschaffen sich ältere (lesbische) Frauen Zugehörigkeit?
  • Tragen die Wahlverwandtschaften – Freundschaften, Netzwerke – oder werden sie überschätzt?
  • Verbundenheit braucht Begegnung: Wo sind unsere Orte?
  • Bewältigungsstrategien in der Pandemie – Chancen und Grenzen der Digitalisierung“.

Die zweitägige Fachveranstaltung beginnt am Freitag (21.10.2022) nach der Eröffnung mit Grußworten – unter anderem vom Staatsekretär und Queer-Beauftragten der Bundesregierung Sven Lehmann – mit einem Impulsvortrag von Prof. Dr. Sonia Lippke zu Alter, Teilhabe und Einsamkeit, bevor Barbara Bossard, Präsidentin von queerAltern aus Zürich, unter dem Titel „Engagement schafft Zugehörigkeit“ referiert. Am Nachmittag ist unter anderem eine Talkrunde angesetzt, bei der auch Silbernetz-Gründerin Elke Schilling Teil des Podiums sein wird.

Am Samstag (22.10.2022) folgt dann der Fachaustausch „Allein, aber nicht einsam!“ für Fachfrauen und Mitgliedsorganisationen, bei dem die Erkenntnisse des Vortages aus Sicht von Frauen/Lesben/queeren Initiativen diskutiert werden soll.

Mitglieder des Dachverbands nehmen kostenfrei an der Tagung teil, Nicht-Mitglieder werden „um einen kleinen Obolus von 20 Euro“ gebeten. Es wird allerdings auch darauf aufmerksam gemacht, dass Reisekosten zumindest anteilig übernommen werden können, ein entsprechendes Reisekostenformular wird den Teilnehmer*innen zur Verfügung gestellt. Eine Anmeldung ist unter diesem Link möglich, dort finden Sie auch Details zum Programm und Veranstaltungsort.

Nach Angaben des Verbands leben in Deutschland mindestens 500.000 lesbische Frauen über 65 Jahre. Lesben und Alter e.V. sieht sich als Interessenvertretung für diese Frauen gegenüber Gesellschaft, Politik, Medien und Verbänden und will die Wahrnehmung für die spezifische Lebenssituation älterer lesbischer Frauen stärken.

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