Echte Vielfalt

22. Juli 2022

Russland kündigt an, Gesetz gegen „schwule Propaganda“ auf Erwachsene auszuweiten

Russische Gesetzgeber*innen haben vorgeschlagen, das bestehende Gesetz zur „Homosexuellen-Propaganda“ noch in diesem Jahr auf Menschen aller Altersgruppen auszuweiten. Das bereits bestehende Gesetz wurde 2013 von Wladimir Putin unterzeichnet und verbietet jegliche „Werbung“ für „nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen“ unter Minderjährigen.

Weiterlesen

Jeder, der im Rahmen dieses Gesetzes für schuldig befunden wird, kann zu hohen Geld- oder Haftstrafen verurteilt werden. Die Maßnahme sei bislang genutzt worden, um gegen LGBTQ+-„Befürworter*innen“ vorzugehen, Kindern den Zugang zu inklusiver Literatur zu verwehren und Minderjährige daran zu hindern, LGBTQ-Inhalte auf Streaming-Plattformen anzusehen.

Alexander Khinshtein, Vorsitzender des Informationsausschusses der Staatsduma, beschloss nun, dass das Gesetz aus dem Jahr 2013 für Minderjährige „unzureichend“ sei (Radio Free Europe/Radio Liberty). Er sagte, die Gesetzgeber*innen würden in Erwägung ziehen, die Gesetzgebung weiter voranzutreiben, um Darstellungen der LGBTQ+-Gemeinschaft für ein „Publikum aller Altersgruppen“ in den Medien und online zu verbieten. „Wir schlagen vor, das Verbot dieser Art von Propaganda auf ein Publikum aller Altersgruppen auszuweiten (offline, in den Medien, im Internet, in den sozialen Medien und in den Kinos)“, schrieb Khinshtein auf Telegram.

Nach den vorgeschlagenen Änderungen könnte jede Veranstaltung oder Handlung, die als Versuch der „Förderung der LGBTQ+-Gemeinschaft“ angesehen wird, eine Geldstrafe nach sich ziehen, berichtete Reuters. Khinshtein sagte, sein Ausschuss werde die vorgeschlagenen Änderungen und sogar die Verhängung strengerer Strafen für Verstöße gegen das so genannte „Schwulen-Propaganda-Gesetz“ prüfen, wenn er im Herbst wieder zusammentritt.

Der Sprecher des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, erklärte, das Land werde die Förderung „nicht-traditioneller Werte“ verbieten, nachdem es seine Beziehungen zum Europarat, der wichtigsten Menschenrechtsorganisation des Kontinents, abgebrochen habe. „Forderungen, gleichgeschlechtliche Ehen in Russland zu legalisieren, gehören der Vergangenheit an“, sagte Wolodin. „Die Versuche, unserer Gesellschaft fremde Werte aufzuzwingen, sind gescheitert.“ Russland hat sich im März aus dem Europarat zurückgezogen, nachdem das Land in die Ukraine einmarschiert war.

Die LGBTQ+-Lobbygruppe IGLA-Europe stufte Russland als eines der am wenigsten queer-freundlichen Länder Europas ein. Im diesjährigen „Rainbow Europe“-Index belegte Russland den 46. Platz von 49 europäischen Ländern – knapp vor Armenien, der Türkei und Aserbaidschan.

LGBTQ+ Russ*innen haben PinkNews berichtet, dass die Hoffnung auf Veränderungen im Land mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine geschwunden ist und viele aus dem Land geflohen sind, in der Hoffnung, anderswo eine bessere Zukunft zu finden. Maria – eine LGBT+-Aktivistin in Russland, deren Name zum Schutz ihrer Identität geändert wurde – sagte, dass queere Menschen erkannt hätten, dass, wenn das „System repressiv wird“, dies wahrscheinlich bedeute, dass die Regierung „Minderheitengruppen, gefährdete Gruppen“ angreifen werde: „Wir wissen nicht, ob wir morgen in einer Welt aufwachen, in der es wieder so ist wie vor den 90er Jahren, in der LGBT+-Beziehungen unter Strafe stehen und wieder kriminell sind. Ich glaube, die Menschen haben Angst davor, und deshalb gehen sie weg“. Sie fühle sich manchmal „verzweifelt“ und sagte, sie wisse nicht, ob sie glaube, dass es noch „möglich sei, eine LGBT+-Aktivistin in Russland zu sein“.

Schließen



Weitere interessante Beiträge zu diesem Thema finden Sie auch in: Beratung und Recht, Jugend, LSBTIQ