Echte Vielfalt

6. März 2023

Die USA als Weltbühne im Kampf um die Rechte von LSBTIQ*

Den Kampf der LSBTIQ* Gemeinschaft um ihre (Menschen-)Rechte wie Würde, Selbstbestimmung und Gleichheit als Kampf der Ideologie zu bezeichnen, ist problematisch, denn der Begriff „Ideologie“ beinhaltet die Möglichkeit, dass es auch anders sein kann.

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„Im politischen Sinne dienen Ideologien zur Begründung und Rechtfertigung politischen Handelns und sind daher immer eine Kombination aus bestimmten Weltanschauungen und spezifischen Absichten“. Dabei haben sie eine spezifische Art des Denkens und des Wertsetzens zur Folge und sind in ihren Zielen in der Regel nicht als uneigennützig zu begreifen.

Und dennoch, so richtig es ist, dass die einzelnen Gruppen und Personen der LSBTIQ* Gemeinschaft grundsätzlich dieselben Rechte haben sollten wie andere Menschen, so richtig ist es auch, dass diese Rechte nicht unabhängig von politischen Ideologien verfasst werden. Damit ist der Kampf auf politischer Ebene eben doch ein Kampf der Ideologien, in dem es darum geht, die eigene Position in Rechten und Werteüberzeugungen zu verankern. Dabei lassen sich Zusammenschlüsse von Akteuren finden, die nicht mehr auf die typische Kategorisierung von Parteien, Staaten oder konservativ vs. progressiv zurückzuführen sind, wie der Fall Ungarn verdeutlicht. Rhetorisch bildet Ungarn als EU-Land damit einen Schulterschluss mit Russland bzw. sind es nicht die Länder, sondern ihre führenden Politiker*innen. Diese Unterscheidung ist essenziell.

Aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks lässt sich diese Rhetorik finden, die sich bis in konkrete Gesetzesentwürfe niederschlägt. So wurden seit Beginn dieses Jahres bereits mehr als 270 Gesetzesentwürfe in den Parlamenten der amerikanischen Bundesstaaten eingebracht, die laut der Organisation „Gay and Lesbian Alliance Against Defamation“ (GLAAD) als Anti- LGBTIQ* zu bewerten seien. Zwar scheiterte im letzten Jahr mit 93% die überwiegende Mehrheit solcher Gesetzesentwürfe, allerdings wirken sie dennoch auf psychologischer Ebene. So gaben beispielsweise 86% der sich als trans bzw. non-binär identifizierenden Jugendlichen an, dass die Gesetzesentwürfe ihrer psychischen Gesundheit sehr oder etwas schadeten (hier der Link zur Untersuchung).

Damit geht es beim politischen Kampf von Ideologien auch um eine psychische Zermürbung. “Their short-term goals change, but their long-term goals stay the same: to prevent LGBTQ people from having social and legal acceptance. That is what they are here for.”, so Cathryn Oakley, Direktorin der Landesgesetzgebung bei „Human Rights Campaign“ (HRC) gegenüber Them. Mit “they” meint Oakley konservative Politiker*innen.

Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Rede zum „State of the Union“ des amerikanischen Präsidenten Joe Bidon zwiespältig zu sehen. Zwar erwähnte er die Belange der LSBTIQ* Gemeinschaft, bezog z. B. das Gesetz zum Schutz gleichgeschlechtlicher Ehen explizit mit ein und forderte des Weiteren dazu auf, ein überparteiliches Gleichstellungsgesetz zu verabschieden, um sicherzustellen, dass LGBTIQ*-Amerikaner*innen, insbesondere junge Transgender, in Sicherheit und Würde leben können. Während Organisationen wie GLAAD oder auch HRC die Rede positiv konnotieren, bemerkten jedoch die Kritiker*innen, dass Biden das Thema der Zunahme von transphoben Gesetzesentwürfen vermieden habe und sich scheue, den politischen Gegner diesbezüglich direkt anzugehen. Dies nutzten „Ultra-rechts-Konservative“ wie Sarah Huckabee-Sanders, Gouverneurin von Arkansas, oder Donald Trump, um dem Präsidenten vorzuwerfen, „seine Präsidentschaft einem woken Mob zu überlassen, der nicht weiß, was eine Frau ist“ oder auch „die Kinder zu indoktrinieren und zu verstümmeln“.

Die Rhetorik ist scharf und macht deutlich, dass ideologische Kämpfe nicht nur auf Gesetzesebene geführt werden. Dabei bilden die Äußerungen eine deutliche Linie von der einen Seite des Landes zur anderen. Anhand dieser Linie wird deutlich, dass der Kampf um Grundwerte nicht nur zwischen den üblichen Grenzen geführt wird, sondern sich quer durch die Staaten, aber auch parteiliche und gesellschaftliche Gruppierungen erstreckt.

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