In seiner ersten Rede, die Keir Starmer am 3. Juli 2024 vor dem britischen Parlament hielt, betonte er die Vielfalt seines Parlaments. „Wir sind stolz auf die Vielfalt dieses Hauses, das die größte Vertretung von LGBT+-Menschen weltweit hat“, erklärte Großbritanniens neuer Premierminister.
In der Berichterstattung des Guardian findet sich die Rede im Original: Darin heißt es auch, Starmer hoffe, dass das neue Parlament eine Politik der “performance“ durch eine Politik des „service“ ersetzen werde. Im Klartext: Weniger Populismus und mehr nachhaltige und konkrete politische Handlungen. Allerdings sollte diese durchaus positive Gegebenheit nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch Starmer ein langjähriger Politiker ist, der weiß, wie man sich verkauft.
Im Gegensatz zum Guardian kommentiert der Advocate die Position Starmers daher kritisch. In Großbritannien gibt es erhebliche Kontroversen um die Rechte von LGBTIQ* und insbesondere Transgender-Personen. Auch auf echte vielfalt wurde schon des Öfteren darüber berichtet.
Erst kürzlich äußerte Starmer in einem Interview mit der Times, dass trans Frauen, die keine geschlechtsangleichende Operation durchlaufen haben, keinen Zugang zu reinen Frauenräumen haben sollten. Des Weiteren sprach sich Starmer nach einem Artikel des Independent gegen die Lehre von „Gender-Ideologien“ in Schulen aus. Bei einem Besuch einer Schule in Kettering antwortete Starmer auf die Frage, ob er das entsprechende Verbot aufheben würde, mit: „Nein, ich bin nicht dafür, dass in unseren Schulen Ideologie über Geschlecht gelehrt wird“. Aktuell sollen Schüler*innen über die Gesetzesgrundlage zur Geschlechtsumwandlung aufgeklärt werden, aber wenn sie zum Thema Geschlechtsidentität gefragt werden, sollten Schulen „die Fakten über das biologische Geschlecht lehren und keine Materialien verwenden, die umstrittene Ansichten als Tatsache darstellen, einschließlich der Ansicht, dass Geschlecht ein Spektrum ist“, so das Zitat des Independent [Übersetzungen durch d. Verf.]. Mit beiden Positionen steht Starmer deutlich im Widerspruch zu seinen früheren Aussagen, in denen er laut Advocate explizit eine LGBTIQ*-inklusive Bildung befürwortet hatte.
Traditionell gilt die Labour-Partei als eine Fraktion, die sich stets für LGBTIQ*-Rechte eingesetzt hat. Hinzu kommt, dass Starmer insbesondere mit dem hohen Wahlerfolg nun an der Spitze einer gestärkten Labour-Partei steht, die 412 von 650 Sitzen im Parlament gewonnen hat und von dem er betont, wie vielfältig es sei.
Am Ende war diese Rede zuallererst nur eine weitere politische „performance“. Wie nun der „service“ der kommenden Monate und Jahre aussieht und ob Starmer sich vielleicht doch auf eine offenere Bildung einlässt, wird wohl auch weiterhin vom öffentlichen Druck der Organisationen und Vertreter*innen der LGBTIQ*-Gemeinschaft in Großbritannien abhängen. Bis jetzt scheint mit dem Wahlsieg von „Labour“ aus Sicht von LGBTIQ* wenig gewonnen.