Was ist konkret passiert?
Der LSVD+ Verband Queere Vielfalt berichtet, dass das Bundesinnenministerium (BMI) im Juli Verordnungsentwürfe für mehrere Änderungen im Meldewesen vorlegte. Es sollen neue Datenblätter eingeführt werden, in denen „[…] die Angaben über den ehemaligen Geschlechtseintrag und die Änderung künftig zum persönlichen Datensatz einer Person gehören.“ (LSVD+).
Konkret bedeutet dies: Für Personen mit Einsicht ins Melderegister (auch Steuerbehörden und Rentenversicherung) ist unmittelbar sichtbar, wenn eine trans*, intergeschlechtliche und nicht-binär Person ihre Daten geändert hat. Das betrifft einen früheren Geschlechtseintrag sowie Vornamen und das Datum der Änderung dieser Daten. Die Möglichkeit der Einsicht ist nicht zweckgebunden (LSVD+, taz).
Die geplanten Änderungen bedeuteten, nach Ausführungen des LSVD+, einen unverhältnismäßigen Eingriff in Grundrechte von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen. Außerdem wecke die vorgeschlagene Meldestruktur die Erinnerung an „rosa Listen“ aus den Zeiten der Weimarer Republik, die es Nationalsozialist*innen erleichtert haben, LSBTIQ*-Personen zu identifizieren.
Anfang September wurden die überarbeiteten Entwürfe vom BMI an den Bundesrat weitergegeben und sollten geplant am 17.10.2025 zur Abstimmung kommen. Die Überarbeitung enthielt lediglich die Änderung, dass eine gezielte Suche nach den Eintragungen zu trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Merkmalen ausgeschlossen werden solle. Wie das konkret umgesetzt werden soll, ist nicht festgehalten (LSVD+).
Doch zur Abstimmung im Bundesrat ist es nicht gekommen. Der Tagesordnungspunkt Nr. 57 wurde abgesetzt und damit die Abstimmung vertagt. Vermutlich, weil zuvor keine ausreichende Mehrheit in den Landesregierungen gefunden werden konnte. Das Meldewesen ist Ländersache. Außerdem sollte in Betracht gezogen werden, dass die Verantwortlichen dem Druck aus den Communitys und Kritiker*innen nachgegeben haben könnten. Unter anderem der Bundesratsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte geraten, den Entwurf abzulehnen. Der Bundesverband Trans* und der LSVD+-Verband Queere Vielfalt kritisierten von Seiten der Community die ungeschützte Sichtbarkeit, die Sondermarkierung im Melderegister und ein unverhältnismäßiges Zwangs-Outing, da die Nachvollziehbarkeit einer Person durch das Geburtenregister bereits bestehe (LSVD+, taz). Außerdem sei es absurd, da durch das Transsexuellengesetz schon länger eine Änderung von Vornamen und Geschlecht möglich, aber die Identifizierbarkeit dabei keine Bedingung ist und diese Änderungen bisher immer mit einem Sperrvermerk gespeichert wurden (taz).
Robin Ivy Osterkamp (Vorstand Bundverband Trans*): „Das Ziel des Selbstbestimmungsgesetzes war es, Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen abzubauen. Wenn die geplanten Änderungen im Meldewesen umgesetzt werden, verletzen diese jedoch erneut die Grundrechte von trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen.“ (LSVD+)
Wie es mit den Entwürfen und Änderungen im Melderegister weitergeht ist noch unklar. Wir bleiben dran!
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