Echte Vielfalt

10. Mai 2024

Stellungnahmen queerer Verbände zum Bericht der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung zu Suiziden und Suizidprävention

Ende Januar wurde im Schleswig-Holsteinischen Landtag ein Bericht der Landesregierung zu Suiziden und zur Suizidprävention im Bundesland vorgestellt. Daraufhin fragte der Sozialausschuss die Geschäftsstelle Echte Vielfalt und die Fachstelle TRANS*SUPPORT an, aus einer queerpolitischen Perspektive Stellung zu dem Bericht zu nehmen.

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In dem Bericht der Landesregierung zu Suiziden und zur Suizidprävention in Schleswig-Holstein (Drucksache 20/1771) werden queere Menschen nicht explizit als besonders vulnerable Personen genannt. In den Stellungnahmen der Geschäftsstelle Echte Vielfalt Vielfalt in Kooperation mit SCHLAU SH, der Beratungsstelle NaSowas, dem Buntes Tischchen Neumünster und Jugendqueerfé Neustadt in Holstein sowie der Fachstelle für trans* Beratung und Bildung TRANS*SUPPORT wird das Suizidrisiko bei LSBTIQ*-Personen bewertet und Präventionsmaßnahmen vorgestellt.

In beiden Stellungnahmen wird klargestellt, dass Personen, die einer sexuellen, geschlechtlichen oder romantischen Minderheit angehören, vermehrt Stressoren begegnen würden, die zu psychischen Belastungssituationen führen können. Außerdem erfahren und/oder befürchten viele LSTBIQ*-Personen in ihrem Leben Diskriminierung. Verschiedene Studien zeigen, dass ein erhöhtes Risiko von Suizidalität bei queeren Personen besteht.

Dennoch betont die Geschäftsstelle Echte Vielfalt: „Einer Gleichsetzung von Varianten bei geschlechtlicher Identität, sexueller Orientierung und geschlechtlicher körperlicher Beschaffenheit mit Suizidalität gilt es zu vermeiden, um die Ablehnung von LSBTIQ* in der Gesellschaft nicht zusätzlich zu intensivieren und LSBTIQ*-Personen nicht zu pathologisieren“.

Dahingegen plädiert die Fachstelle TRANS*SUPPORT dafür, trans* und geschlechtsnonkonforme (TGD) Personen als Hochrisikogruppe für Suizidalität wahrzunehmen. Viele der Prädiktoren für Suizidalität, die im Bericht genannt werden, würden trans* und gendernonkonforme Personen verstärkt betreffen. Es komme in dieser Personengruppe ein „erhöhtes Erleben von Einsamkeit, Depressionen, Ängsten, Essstörungen, Süchten, einigen körperlichen Erkrankungen und Suizidalität und Suizide [vor].“

Alle zitierten Studien in der Stellungnahme von TRANS*SUPPORT zeigen auf, dass Suizidalität in der Gruppe von trans* Personen nicht nur im Vergleich zu hetero-cis Personen, sondern auch zu cis-geschlechtlichen lesbisch, schwulen und bisexuellen Personen ein vermehrtes Problem ist.

So wird betont, dass TGD nicht als reine Untergruppe von LSBTIQ* verstanden werden sollen, da hier noch weitere Aspekte mit einspielen und sie „massivere Diskriminierungsformen mit massiveren gesundheitlichen Folgen“ erleben würden: „TGD werden so umfassend unsichtbar gemacht und massiv diskriminiert, dass diese Gruppe bisher nicht einmal öffentlich als vulnerable Gruppe auftaucht, während gleichzeitig eine verletzende mediale Aufmerksamkeit trans*Personen ihre Existenz abspricht.“

Dass auch im Bericht zu Suiziden in Schleswig-Holstein durchgehend von Männern und Frauen gesprochen wird, beweise diese Unsichtbarmachung trans* und gendernonkonformen Personen. Denn es bleibt in dem Bericht unklar, ob sich ein bestimmtes erhöhtes Risiko bei trans* oder gendernonkonforme Personen in Schleswig-Holstein abzeichnet, jedoch betont die Fachstelle für trans* Beratung und Bildung, dass über 75 Prozent ihrer Klient*innen suizidal sind oder waren.

Die Geschäftsstelle Echte Vielfalt fordert eine Sensibilisierung von medizinischem, therapeutischem und beraterischem Fachpersonal – insbesondere jenen, die bei Suizidalität beraten – in Bezug auf geschlechtliche und sexuelle Vielfalt. Dies fordert auch TRANS*SUPPORT und weist auf die derzeitigen Missstände im medizinischen und psychologischen Bereich hin. Zusätzlich müsse es auch spezielle psychosoziale Angebote für trans*Kinder- und Jugendliche geben, wie beispielsweise Wohngruppen.

Generell brauche es weitreichendere Maßnahmen, die darauf hinzielen, die Diskriminierung von LSBTIQ* in verschiedenen Lebensbereichen abzubauen und somit präventiv wirken können, dabei sind sich die queeren Organisationen einig.

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