Echte Vielfalt

21. März 2024

Verbot von gendergerechter Sprache in Bayern

Das bereits Ende vergangenen Jahres vom bayerischen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigte „Gender“-Verbot tritt am 1. April 2024 in Kraft. Es betrifft Behörden, Schulen und Hochschulen in Bayern. Beamt*innen müssen bei Verstoß mit Konsequenzen rechnen. Zivilgesellschaftliche Organisationen beklagen die Unsichtbarmachung queerer Personengruppen durch das Verbot und fürchten die Verschärfung eines queerfeindlichen Klimas im Freistaat.

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Das Verbot betrifft die Verwendung von Sonderzeichen wie Gendersternchen „Schüler*in“, Doppelpunkt „Lehrer:innen“ oder Unterstrich „Beamt_in“, die dazu dienen, die Existenz von mehr als zwei Geschlechtsidentitäten sprachlich anzuerkennen. Die Wichtigkeit der Sichtbarmachung von Diversität in der Sprache haben wir in einem früheren Artikel ausführlich erläutert.

Markus Söder und sein Kabinett betiteln diese hingegen als „ideologiegetriebene“ Sprache, die Exklusion befördern würde und moralisch aufgeladen sei. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will damit „spracherzieherische Tendenzen“ vermeiden.

In einem offenen Brief eines Bündnisses aus Gewerkschaften, hochschulpolitischen Akteur*innen, queeren Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen (unter anderem der LSVD Bayern) wurde das angekündigte Gesetz bereits im Februar scharf kritisiert: „Die Verwendung von Sonderzeichen wie dem Genderstern, dem Doppelpunkt oder dem Unterstrich dient insbesondere der Sichtbarmachung und Adressierung von nichtbinären und agender Personen, von Menschen ohne Geschlechtseintrag oder mit dem Geschlechtseintrag divers. Ein Verbot geschlechterinklusiver Schreibweisen mittels Sonderzeichen macht diese Personen unsichtbar, verdrängt sie aus unserer Sprache und diskriminiert sie damit schlussendlich.“

Besonders an Schulen sei das Verbot problematisch, denn Gefühle von Ausschluss und die Diskriminierung queerer Jugendlicher könnten so verstärkt werden. Diese seien bereits eine besonders vulnerable Gruppe, die eigentlich mehr Schutz und Empowerment im schulischen Kontext bräuchten. Auch die Bundeschülerkonferenz kritisiert das Genderverbot, das sie als Bevormundung und Eingriff in die Freiheit verstehen. Der Bayerische Lehrerverband hingegen begrüßt die Entscheidung der bayerischen Regierung weitgehend (Deutschlandfunk).

Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks betonte Söder vor einigen Jahren noch, dass Sprache stets so verwendet werden solle, wie man es persönlich bevorzugt. Dabei schienen seine Aussagen eher einen vermeintlichen „Zwang“ zum Gendern zu fokussieren. Denn es war stets fraglich, worauf Konservative wie Söder mit dem Begriff „Genderpflicht“ abzielen, da diese weder auf Bundes- noch Landesebene existiert(e).

Dafür hat CSU-Chef Söder nun das bundesweit erste Verbot des „Genderns“ auf den Weg gebracht. Welche konkreten Konsequenzen bei Verstößen drohen, ist noch nicht ganz klar. Die Verwendung von Sonderzeichen in schriftlichen Prüfungen sollte für Schüler*innen wohl keine negativen Konsequenzen bei der Bewertung haben, jedoch könnte es als Fehler markiert werden. Bei Verstößen von Beamt*innen soll zunächst auf Dialog gesetzt werden. Lehrkräfte, die weiterhin Sonderzeichen zur gendergerechten Sprache verwenden, sollten von ihren Vorgesetzten auf die Einhaltung der vom deutschen Rechtschreibrat vorgegebenen Leitlinien angesprochen werden, so ein Sprecher des bayerischen Kultusministeriums (zitiert in BR).

Auch wenn die Konsequenzen nicht drastisch scheinen, wird mit dem Verbot ein klares Zeichen gesetzt. Kritiker*innen sehen hier die Durchführung eines konservativen Kulturkampfes, der „[d]ie über Jahrzehnte mühsam errungenen Fortschritte beim Abbau geschlechtsspezifischer Diskriminierungen und der Anerkennung von Geschlechtervielfalt“ unter Druck setzte (Zitat aus dem Offenen Brief). Dabei sollte es eigentlich in die andere Richtung gehen. Der Queer-Beauftragte des Bayerischen Jugendrings (BJR) Patrick Wolf betont: „Nicht weniger, sondern mehr Vielfalt wäre ein wichtiges Zeichen in Bayern“ (zitiert in Merkur.de).

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