Echte Vielfalt

29. Juni 2023

Bundesregierung macht den nächsten Schritt zur Bekämpfung von Hasskriminalität

Am 16. Juni 2023 fand in Berlin die Frühjahrskonferenz der Innenminister*innen von Bund und Ländern (IMK) statt. Dabei kamen die Minister*innen überein, die Bekämpfung von Hass und Gewalt gegen LSBTIQ* kontinuierlich verbessern zu wollen.

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In seiner Sitzung 22. Juni beschloss nun der Bundestag den von der Bundesregierung in diesem Zuge eingebrachten Entwurf „[…] zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“, so der offizielle Titel.

Nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wird u. a. der § 46 des Strafgesetzbuches um den Begriff „geschlechtsspezifisch“ ergänzt. Laut BMFSFJ werden damit nun explizite Hasstaten gegen Frauen und LSBTIQ* in die Strafzumessung mit aufgenommen:

„Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische, geschlechtsspezifische, gegen die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtende [Beweggründe und Ziele des Täters]“.

Wie der bereits vorab veröffentlichte Abschlussbericht des Arbeitskreises „Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt“ festhält, lässt sich seit Jahren eine eindeutige Zunahme von „[…] Gewalt gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere Personen (LSBTIQ*) in polizeilichen und zivilgesellschaftlichen Statistiken verzeichne[n]“. Auch wenn die Community mittlerweile immer häufiger und selbstbewusster Fälle zu Anzeige bringt, vermutet der Bericht ein Dunkelfeld von um die 90%, mit einem nicht zu unterschätzenden Anteil von Hasskriminalität auch aus dem nahen sozialen Umfeld der Betroffenen.

Auf der Seite des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland (LSVD) findet sich zu diesem Thema ein umfangreicher Artikel mit Zahlen und Erklärungen zum gesamten Komplex. So stieg etwa die Anzahl an „sexuell orientierten“ Straftaten im Bereich Hasskriminalität von 870 im Jahr 2021 auf 1.005 im Jahr 2022 um 15,52% an. 2022 waren 638 davon keiner bestimmten politischen Motivation zuzuordnen, allerdings gingen 321 auf rechts motivierte Gewalt als häufigster politischer Hintergrund zurück. Auf religiöse Motive als dritthäufigster Hintergrund entfielen noch 20 Fälle. Daran anschließend betont der Abschlussbericht, dass die Wahrscheinlichkeit, Opfer von Hasskriminalität zu werden, für Menschen zunimmt, die aufgrund mehrerer Merkmale Diskriminierung erfahren. Für die Verfasser*innen des Berichts war es daher essenziell, Maßnahmen gegen unterschiedliche Menschenfeindlichkeit miteinander zu verknüpfen. Nicht zuletzt stellen sie dabei fest: „LSBTIQ*-feindliche Hasskriminalität ist auch eine Gefahr für die innere Sicherheit und für unsere Gesellschaft.“ Ein Argument, das in der politischen Arbeit für die Rechte der LSBTIQ*-Gemeinschaft durchaus aufgegriffen werden sollte.

Dass also nun eine Gesetzesanpassung kam, war nicht nur überfällig, sondern sollte im vollen Interesse einer jeden demokratischen Partei liegen. Wie sich die Anpassung auf die Praxis auswirkt, bleibt dabei zu beobachten.

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