„Tradwife“ ist ein relatv junger Trend auf Plattformen wie TikTok, Instagram oder auch YouTube. Bereits 2020 berichtete der Guardian ausführlich über das Phänomen in Großbritannien und den USA, aber auch in Deutschland finden sich immer wieder Berichte zu diesem Begriff – zuletzt am 12. April dieses Jahres im Deutschlandfunk. Doch worum geht es dabei?
Der Begriff „Tradwife“ setzt sich auch den Begriffen „Tradition“ und „Wife“ (Englisch für Ehefrau) zusammen. Gemeint sind damit explizit Frauen, die ein konservatives Rollenbild propagieren. So schreibt Zeit Online: „Sie präsentieren sich in Petticoats und High Heels wie aus Hausfrauenwerbungen der Fünfzigerjahre, halten Selbstgebackenes in die Kamera, geben Tipps für ein gelingendes Eheleben und vertreten ihr Recht, als sogenannte Tradwives zu leben.“
Einige von ihnen halten sich dabei für die wahren Feministinnen, wie der Guardian berichtet. Sie behaupten, es „dem System“ zu zeigen, indem sie sich nicht in die Zwänge der doppelten Arbeit (Care-Arbeit und Job) einspannen lassen. Denn Frauen sind immer noch diejenigen, die den Großteil der Care-Arbeit leisten, aufgrund dessen häufiger in Teilzeit arbeiten und entsprechend weniger verdienen bei doppelter Belastung. Allerdings liegt das Problem vor allem in immer noch existierenden Rollenvorstellungen. „Doch statt Gleichberechtigung zu fordern, fliehen manche Frauen in eine längst vergangene Zeit: die Fünfzigerjahre“, so die Feststellung der Welt. Aber es sind nicht per se Frauen, die sich hier falsch entscheiden, sondern eher anhaltend verkrustete Strukturen, die dazu führen, dass eine „Flucht“ attraktiv erscheint. Und genau an dieser Stelle trifft es vor allem jene, die anfällig sind für vermeintlich einfache Botschaften. Wie der Guardian treffend feststellt, beruht das gesamte Ideal darauf, dass der Mann genug verdient. Damit entsteht eine Abhängigkeit, die Ungleichheiten hinter einer Fassade der vermeintlich „freien“ Entscheidung versteckt. Aber noch ein weiteres Versteckspiel ist hier zu finden – sind es doch insbesondere die erfolgreichen Tradwife-Influencerinnen, die ein gar nicht traditionelles eigenes Unternehmen als „Influencerin“ betreiben…
Doch das Problem reicht noch tiefer: So verweisen alle oben genannten Quellen auf die große Schnittmenge zwischen der Tradwife-Bewegung und der „Alt-Right“-Bewegung in den USA. Insbesondere die „white supremacists“ fördern dabei die Botschaft, dass weiße Frauen sich ihren Männern unterordnen und sich auf die Geburt möglichst vieler weißer Kinder konzentrieren sollen.
Dabei sind nicht automatisch alle Tradwives der rechten Bewegung zuzuordnen. Aber selbst wenn sie sich davon distanzieren (oder sich dessen nicht bewusst sind), machen sie mit ihrem Verhalten dennoch „Werbung“ für diese Rollen mit all ihren Assoziationen. Wie die Kommunikationswissenschaftlerin Julia Stüve gegenüber dem Deutschlandfunk erklärt, ist es dabei insbesondere die Weiße Rechte, egal wo auf der Welt, die dieses „hübsch verpackte“ Rollenbild nutzt, um gezielt junge Frauen von ihren eigentlich frauenfeindlichen Ideologien zu überzeugen. Auch wenn es sich dabei bis jetzt „nur“ um ein Randphänomen handelt, sollte ein solcher Trend nicht abgetan werden.
Aber nicht nur für Frauen geht es um Emanzipation und die notwendige Kritik an den immer noch existierenden Ungleichheiten. Auch die LGBTIQ* Gemeinschaft sollte die Entwicklung aufmerksam beobachten, bedeutet doch ein Zurück zum „traditionellen“ Rollenbild eine gleichzeitige Rückkehr zu einem binären Verständnis von Geschlecht und sexueller Identität. Dabei sind es insbesondere in den USA oftmals dieselben konservativen politischen Akteure, auf deren Kampf gegen die Rechte und Würde der LGBTIQ* Gemeinschaft hier bereits in früheren Artikeln aufmerksam gemacht wurde, die diesen Trend befürworten.