Diskriminierendes und ignorantes Verhalten sind grundsätzlich für Betroffene sehr belastend und haben konkrete Auswirkungen auf den beruflichen, behördlichen und sonstigen Alltag. Geht es allerdings um genderbezogene Diskriminierung in der Medizin, ist zusätzlich und ohne Umwege die Gesundheit in Gefahr.
Wie die Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) schreibt, beeinflusst allein der Anteil von Estrogen und Testosteron entscheidend das Immunsystem. Während Estrogen eher verstärkend wirkt, hat Testosteron den gegenteiligen Effekt. Frauen haben somit zwar ein stärkeres Immunsystem, gleichzeitig steigt bei ihnen allerdings auch das Risiko für Autoimmunerkrankungen.
„Auch die Wahrnehmung von Schmerz und Nebenwirkungen bei Arzneimitteln, etwa solchen, die das Immunsystem beeinflussen, kann sich zwischen Frauen und Männern stark unterscheiden.“
Dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, ist auch außerhalb von Fachkreisen nicht unbekannt. Weniger bekannt ist allerdings, dass auch das soziale Geschlecht nicht nur einen Einfluss hat, sondern dass dieser Einfluss auch noch größer ist als beim biologischen Geschlecht. Wie Prof‘in Gertraud Stadler (Professorin für geschlechtersensible Präventionsforschung an der Charité Universitätsmedizin Berlin) gegenüber der DAZ erklärte, werden, obwohl die biologischen und sozialen Unterschiede zwischen Frauen und Männern belegt sind, Nebenwirkungen allerdings immer noch nicht geschlechterspezifisch erfasst.
„Zugelassenen Dosierungen liegen in der Regel größtenteils Daten von Männern zugrunde. Selbst neue Wirkstoffe werden in der Regel zunächst an männlichen Versuchstieren untersucht, und in frühen Phasen klinischer Studien nur an jungen und gesunden Männern getestet.“
Aber nicht nur auf der Ebene von Wirkstoffen und Therapien spielt gendersensible Medizin eine wichtige Rolle. Wie der Wissenschaftspodcast der Zeitung Welt feststellt, ist ebenso der Umgang einer Person mit Krankheiten und Krankheitsrisiken sowie der Medikamenteneinnahme abhängig von den genderspezifisch erlernten Verhaltensmustern.
Gendergerechte Medizin bedeutet also nicht nur eine differenziertere Forschung und darauf aufbauend adäquate Therapie und Medikationen, sondern beginnt bereits bei einer gendergerechten Kommunikation, um den unterschiedlichen Bedarfen und Verhaltensweisen seitens der Ärzt*innen, Apotheker*innen und anderen Fachpersonals professionell begegnen zu können.