In unseren Berichten verwenden wir routinemäßig den Genderstern, eine Schreibweise, bei der wir selbstverständlich eine nicht abschließende Liste von Gender- und Geschlechtsidentitäten berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund war es besonders interessant, als am 18. Januar 2024 diverse Medien über die Bestätigung der Inklusivität des Gendersterns durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) berichteten.
Die Nachricht fand sowohl bei queer.de, Stern und Spiegel Erwähnung, die über die endgültige Entscheidung des BAGs in letzter Instanz informierten. In dem besagten Fall suchte eine Stadt in Hessen nach „Fallmanager*innen im Aufenthaltsrecht“. Eine intergeschlechtliche Person, die sich selbst als Hermaphrodit bezeichnet und zudem schwerbehindert ist, bewarb sich daraufhin. Als die Stadt die Person zu einem Bewerbungsgespräch einlud, teilte diese mit, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen anderen Termin in Brandenburg habe und bat um einen Ersatztermin. Die Stadt lehnte dies mit der Begründung ab, das Stellenbesetzungsverfahren solle nicht weiter verzögert werden.
Die Person reichte daraufhin Klage ein mit der Begründung, sie sei aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert worden und führte den Genderstern als Beweis an. Zudem habe ihr aufgrund der Behinderung ein Ersatztermin zugestanden. Nach einem Verfahren über mehrere Instanzen urteilte nun das BAG in letzter Instanz.
Das Gericht bestätigte zwar, dass es sich bei dem Nichtanbieten eines Ersatztermins durchaus um einen Nachteil handele. Allerdings habe die klagende Partei „[…] nicht hinreichend dargelegt, dass sie diese Benachteiligung iSv. § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bzw. wegen ihrer Schwerbehinderung nach § 164 Abs. 2 SGB IX erfahren hat“. Somit haben schwerbehinderte Menschen bei öffentlichen Arbeitgeber*innen das Recht, die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu verlangen, sofern sie die fachlichen Anforderungen erfüllen. Dabei müssen öffentliche Arbeitgeber*innen auch einen Ersatztermin anbieten oder zumindest prüfen, wenn die Bewerberin oder der Bewerber „hinreichend gewichtige“ Verhinderungsgründe angibt. Der „andere Termin in Brandenburg“ reiche allerdings nicht als „hinreichend gewichtiger“ Grund aus, so das Gericht. Im Gegenteil wiege die Bewältigung eines Einstellungsverfahrens und die Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Besetzung sogar schwerer.
Darüber hinaus betonte das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil die Inklusivität von Ausschreibungen mit Genderstern, welche auch die Gruppe der Hermaphroditen einschließt. Unabhängig von umstrittenen Ansichten zum Genderstern, so die Richter, beeinflussen solche Bedenken nicht das Verständnis des durchschnittlichen Adressat*innenkreises der Ausschreibung.
„Aus der Verwendung des Gendersterns bei der Stellenausschreibung („Fallmanager*innen“) kann nicht geschlossen werden, dass nicht eingestellte zweigeschlechtliche Menschen im Auswahlverfahren wegen ihres Geschlechts benachteiligt wurden. […] Der Genderstern drängt kein „drittes Geschlecht als Lückenbüßer zwischen Mann und Frau“ […]. Ebenso wenig verleugnet er die Existenz zweigeschlechtlicher Menschen“.
Wie sich zeigt, hat sich eine gendergerechtere Sprache im Alltag bereits etabliert und in formale Rechtsakte wie Ausschreibungen und Verträge Einzug gefunden. Doch je mehr Rechtssicherheit damit einhergeht, desto stärker zeigt sich eine gewisse rechtliche Starre. Dies bedeutet nicht das Ende des Diskurses, sondern markiert die Notwendigkeit, bestehende Lücken aufzuzeigen.. Je etablierter ein Begriff gerade im Arbeits- und anderen Reichsgebieten ist, umso eher kann eine Korrektur an einer Stelle einen ganzen Rattenschwanz an Ersetzungen an anderen Stellen nach sich ziehen.
Mit seiner Auslegung hat das BAG somit den Spagat geschafft, ein Zeichen in seiner Inklusivität zu setzen, ohne das Gesetz grundlegend zu verändern.