Dem ältesten queeren Wohnprojekt in Berlin droht möglicherweise das Aus, denn das Haus wurde im Februar verkauft. Die Bewohner*innen fürchten, dass sie aufgrund von Luxussanierungen und steigenden Mieten gezwungen sein könnten, das Haus zu räumen. Es gibt jedoch politische Maßnahmen, die die Stadt ergreifen könnte, um dies zu verhindern.
Das Tuntenhaus ist Teil des ehemals besetzten Haus Kastanienallee 86 im Prenzlauer Berg. Seit den 1990ern ist es ein „Ort des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Vielfalt“ an dem „queere, oft marginalisierte, Menschen aus vielen Teilen der Welt ein Zuhause“ finden würden, so die Selbstbeschreibung des Wohnprojekts. Das Tuntenhaus ist ein sicherer Ort für die queere Community und gilt als ihr Wahrzeichen in der Hauptstadt. Das Wohnprojekt beweist außerdem, wie durch kollektive Anstrengungen bezahlbarer Wohnraum für eine vulnerable Personengruppe erkämpft wurde.
Der Verkauf des Tuntenhauses könnte sein Ende bedeuten, da die Mieten durch Sanierungen rasant steigen könnten. Über die neuen Eigentümer*innen liegen keine Informationen vor; ein früherer Besitzer äußerte gegenüber der taz jedoch, dass keine Luxussanierungen geplant seien.
Dennoch setzt sich die Kampagne „Tuntenhaus Bleibt“ gegen den Verkauf ein. Nach einer Prüfung wurde festgestellt, dass der Bezirk Pankow von seinem kommunalen Vorkaufsrecht Gebrauch machen könnte, um das Haus beispielsweise in eine Genossenschaft zu überführen. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass das Haus in der Kastanienallee 86 nicht dem profitorientierten spekulativen Wohnungsmarkt überlassen wird, sondern als gemeinnütziges Projekt erhalten bleibt.
Die Grüne und Linke Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus unterstützen den Erhalt des Tuntenhauses und fordern den Senat auf, finanzielle Mittel für einen Vorkauf bereitzustellen. Der Abgeordnete Klaus Lederer (Die Linke) bekräftigt dies in einer Rede an den Senat: „Das Tuntenhaus kann ein Ort sein, an dem wir zeigen, dass es anders geht. Dass Stadtentwicklung nicht dem freien Kampf der großen Marktmacht überlassen wird, sondern wo Stadt auch gestaltet wird.“ (rbb)
Lederer appellierte an die Verantwortung der Regierungsparteien SPD und CDU, die sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet haben: „Safer Spaces und diskriminierungssensible Begegnungsräume schützen wir vor Verdrängung.“ Doch genau diese Verdrängung bedroht aktuell das Tuntenhaus.
Bis Anfang Mai besteht die Möglichkeit, das Haus durch den Vorkauf des Bezirks zu retten. Unter der Kampagne „Tuntenhaus Bleibt“ finden Veranstaltungen und Kundgebungen statt sowie eine Petition für den Erhalt des queeren Schutzraums und Wohnprojekts. Am 21. März versammelten sich rund 100 Personen vor dem Abgeordnetenhaus, um ihre Forderung nach Erhalt des Tuntenhaus zum Ausdruck zu bringen.