Echte Vielfalt

7. Dezember 2023

Bilanz nach zwei Jahren „queerpolitischer Aufbruch“ – LGBTIQ*-Verbände kritisieren Ampelregierung

Anlässlich der einjährigen Verabschiedung des Aktionsplans „Queer leben“ der Ampelregierung richten sich 36 queere Organisationen mit einem offenen Brief an Bundeskanzler Scholz und alle Kabinettsmitglieder. Darin fordern sie mehr Einsatz für die LGBTIQ* Gemeinschaft in Deutschland.

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Vor etwa zwei Jahren versprach die Ampelregierung mit ihrem Koalitionsvertrag einen „queerpolitischen Aufbruch“ (queer.de berichtete). Nun ziehen queere Organisationen Bilanz zu der Umsetzung des queerpolitischen Vorhabens und befürchten sein Scheitern. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) sowie 35 weitere zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren den unzureichenden Einsatz der Regierung in den folgenden Bereichen und stellen mit ihrem offenen Brief Forderungen an die Bundesregierung:

Queerfeindlichkeit

Die Verfasser*innen äußern ihre Besorgnis über die negative Entwicklung hinsichtlich der Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, was sich sowohl in den sozialen Medien, in queerfeindlichen Gewaltdelikten sowie in den Wahlerfolgen der AfD mit ihren queerfeindlichen Parolen abzeichne.

Selbstbestimmungesetz

Das geplante Selbstbestimmungesetz müsse vollständig diskriminierungsfrei sein, im aktuellen Gesetzesentwurf sehen die queeren Organisationen noch einige Mängel. Der LSVD fordert ein Selbstbestimmungsgesetz, „das trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen in ihren Grundrechten respektiert“. Konkrete Probleme und Änderungsvorschläge zum Entwurf der Bundesregierung hat der LSVD gemeinsam mit Intergeschlechtliche Menschen e.V. (IMeV) in einer Pressemitteilung veröffentlicht.

Reform des Familien- und Abstammungsrechts

Es wird ein konkreter Zeitplan für die Umsetzung der „längst überfälligen“ Reform des Familien- und Abstammungsrechts gefordert, derzeit gebe es hier noch keine Bemühungen seitens der Ampelregierung. Dies könne noch langjährigen negativen Einfluss auf die Anerkennung von Regenbogenfamilien haben.

Lücken im Gesetz zu Konversionsbehandlungen und im OP-Verbot schließen

Die Regierung habe versprochen, die Lücken im Gesetz zu Konversionsbehandlungen zu schließen, welches bis heute Strafausnahmen beinhalte. Auch Erwachsene müssten vor Konversionsbehandlungen geschützt werden, fordert der LSVD. Zudem müssten die Lücken im Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung geschlossen werden und die Kostenübernahme von geschlechtsangleichenden Maßnahmen durch die gesetzlichen Krankenkassen gestärkt werden – beides Versprechungen der Regierungen, die bisher nicht umgesetzt wurden.

Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und Ergänzung des Artikel 3 des Grundgesetzes um sexuelle und geschlechtliche Identität

Queere Personen stoßen immer noch auf Hindernisse bei der Durchsetzung ihrer Rechte gemäß dem AGG. Hier habe die Regierung noch keinen Gesetzesentwurf zur versprochenen Reform geliefert. Darüber hinaus fordern die queeren Verbände eine Ergänzung von Artikel 3 des Grundgesetzes um sexuelle und geschlechtliche Identität, sodass die Rechte von queeren Personen im Grundgesetz geschützt werden.

 

Zu den unterzeichnenden Organisationen gehören neben dem LSVD AllOut Deutschland, Deutsche Aidshilfe, BiNe – Bisexuelles Netzwerk e.V., Aktionsbündnis gegen Homophobie e.V., Lambda e.V. Jugendnetzwerk, LesbenRing e.V., QueerGrün – Bündnis 90/Die Grünen, SPD Queer, OutInChurch e.V. – Für eine Kirche ohne Angst, nonbinary.berlin und viele weitere. Zu den Forderungen, die im offenen Brief formuliert sind, haben der LSVD und AllOut gemeinsam die Petition „Schluss mit der Sabotage von Queerpolitik in Deutschland“ gestartet.

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