Echte Vielfalt

27. September 2021

Bundestagswahlkampf 2021: Pinkwashing bei der CDU?

Als es vor vier Jahren darum ging, ob es die Ehe für Alle geben sollte, wollte Armin Laschet noch verhindern, dass queere Paare heiraten dürfen. In einem neuen Wahlwerbespot präsentiert sich der Kanzlerkandidat jetzt als Verfechter für queere Rechte. Hat er seine Position grundlegend geändert, oder wird er zurecht für „Pinkwashing“ kritisiert?

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Pinkwashing (aus englisch pink „Rosa“ und whitewashing „Schönfärberei“; „Rosa-Färberei“) bezeichnet Strategien, die durch das Vorgeben einer Identifizierung mit der queeren Community bestimmte Produkte, Personen, Organisationen oder Staaten bewerben, um dadurch modern, fortschrittlich und tolerant zu wirken.

Dass also dieses Jahr ausgerechnet eine Partei, die vor vier Jahren noch mehrheitlich am Ehe-Verbot für Schwule und Lesben festhalten wollte, in einem am Wochenende veröffentlichten CDU-Wahlwerbespot mit einer Frau vor einer Regenbogenfahne wirbt, wirft Fragen auf. So suggeriert der Spot, dass sich der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens für Vielfalt einsetze – darunter eben auch für eine Frau vor einer im Wind wehenden Regenbogenfahne. Dabei erklärt Laschet: „Mein Deutschland ist ein weltoffenes Land, das für Freiheit einsteht. Und für unsere europäischen Werte. Ein Land, in dem sich jede und jeder sicher fühlen kann. Egal, woher man kommt, woran man glaubt oder wen man liebt“.

In der Vergangenheit jedoch hatte sich Laschet offen gegen LGBTI-Rechte gewandt: 2007 lud er etwa queere Organisationen bei der Auftaktveranstaltung zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit aus; 2017 behauptete Laschet im NRW-Wahlkampf die Ehe sei eine „Verbindung aus Mann und Frau“ – und dass das Grundgesetz ein verstecktes Verbot für gleichgeschlechtliche Hochzeiten enthalte. Nach seinem Wahlsieg bemühte seine Partei sich dieses vermeintliche Verbot aufrechtzuerhalten, indem seine Regierung im Bundesrat der vom Bundestag beschlossenen Ehe für Alle die Stimme verweigerte – erfreulicherweise unerfolgreich.

Doch so steht die 180-Grad Wendung zu einem „weltoffenen Land“ unabhängig von „wem man liebt“ vor dem Hintergrund von nicht nur einer Passivität, was die Belange queerer Menschen angeht, sondern tatsächlichen Beispielen seiner Ablehnung queerer Präsenz und Rechte. Kritisiert wird auch, dass Laschets wichtigster langzeit-Berater Nathaniel Liminski in der Vergangenheit durch konservativ-christlich motivierte homofeindliche Aussagen aufgefallen ist (wie: „Ich kenne viele Homosexuelle, und einige tun mir leid. Der Staat muss schon aus reiner Selbsterhaltung die natürliche Form der Ehe und Familie fördern“).

So bezeichnete auch NRWSPDqueer den Wahlwerbespot als „unglaubwürdig“ und kritisierte Laschet: „Der Aktionsplan gegen Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit, der unter Hannelore Kraft als erster seiner Art in einem Flächenland eingeführt wurde, wird nun ebenso mehr schlecht als recht und ohne neue, wichtige Impulse fortgeführt“. Eine gute Politik für queere Menschen braucht eben kein Pinkwashing – sondern laut Fabian Spies (Vorsitz NRWSPDqueer) „eine progressive Mehrheit ohne die Union und ohne Laschet, dessen Meinungen stärker im Wind wehen als die Regenbogenflagge in seinem Werbespot“.

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