Am vergangenen Donnerstag, 9. Januar 2025, fand mitten im Wahlkampf ein Gespräch zwischen der AfD-Parteichefin und Kanzlerkandidatin Alice Weidel und dem X-Eigentümer Elon Musk statt. Bereits im US-Wahlkampf hatte dieser aktiv Trump unterstützt. Inwieweit nun sein Gespräch eine unerlaubte Einmischung in den deutschen Wahlkampf darstellt, wurde in den letzten Tagen zwar immer wieder zur Debatte gestellt, muss aber zunächst offenbleiben.
Im Gegenteil: Kritik an den Inhalten sollte nicht an der Form geübt werden. Zum einen, weil das Gespräch bereits stattgefunden hat, und zum anderen, weil es in der Vergangenheit Wasser auf die Mühlen der „Meinungsunterdrückungsbehauptung“ war, wie sie die AfD gerne bespielt.
(Hier finden Sie einen kurzen NDR-Faktencheck zum Weidel–Musk-Interview.)
Bereits vor dem Interview erklärte Musk nach Angaben von Context (u. a.), nur die AfD könne Deutschland retten, und wies Vorwürfe zurück, die Partei sei rechtsextrem. Als Gegenargument führte er an, ihre Vorsitzende lebe mit einer gleichgeschlechtlichen Partnerin zusammen. Wie Context diesbezüglich hervorhebt, seien es allerdings nicht Musks Äußerungen, die die AfD mittlerweile – ebenso deutlich wie bedenklich – zur zweitstärksten Partei in den „Sonntagsumfragen“ machen (Überblick der Umfragen bei Statista).
Trotz ihrer offen lesbischen Kanzlerkandidatin, die mit einer aus Sri Lanka stammenden Frau zwei Söhne großzieht, ist die AfD die lauteste Stimme im Bundestag gegen LGBTIQ*-Rechte. Die Partei lehnte 2017 die Legalisierung der Ehe für alle und gemeinsamer Adoptionen ab und forderte 2019 erfolglos deren Rücknahme. 2022 versuchte die AfD wiederum ohne Erfolg, ein Gesetz zur vereinfachten Änderung des Geschlechtseintrags für trans Personen zu blockieren. 2023 bezeichnete Weidel in einem Interview die „trans Popkultur“ als Gefahr für Kinder in Kitas und Schulen. Darüber hinaus unterstützt die Partei Verbote von gendergerechter Sprache in öffentlichen Verwaltungen und Schulen, die in fünf Bundesländern, darunter Bayern und Sachsen, verabschiedet wurden.
Für die Zukunft will die AfD unter anderem das Selbstbestimmungsgesetz wieder abschaffen und fordert ein Ende der „Indoktrination“ von Kindern durch „Trans-Kult“, „frühe Sexualisierung“ und „Gender-Ideologie“ sowie die Streichung aller öffentlichen Gelder für diese Bereiche, so Context.
Die CDU/CSU schließt bis jetzt zwar offiziell eine Koalition mit der AfD aus, doch gibt es inhaltliche Überschneidungen bei konservativen Themen wie der Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes oder der Einschränkung genderneutraler Sprache. Das aktuelle Beispiel Österreichs – wo die rechtsextreme FPÖ nach dem Scheitern einer zentristischen Regierung den Auftrag zur Regierungsbildung erhielt – wirft in diesem Zusammenhang zumindest die Frage auf, ob Ähnliches in Deutschland denkbar wäre. Doch selbst ohne direkte Koalition könnte die AfD als potenziell stärkste Oppositionskraft im kommenden Bundestag die bereits erkämpften LGBTIQ*-Rechte gefährden, indem sie die CDU/CSU unter Druck setzt oder deren eigene Gesetzesinitiativen indirekt mitträgt. Die kommende Wahl könnte damit richtungsweisender denn je werden.