Echte Vielfalt

22. Oktober 2022

Die Fußball Weltmeisterschaft in Katar (Teil zwei): Zensur und Überwachung

Die Fußball-WM in Katar ist mittlerweile kaum noch als unumstritten zu bezeichnen. Die unwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter*innen und die geradezu lebensgefährdende Gesetzgebung, vor allem auch für die LSBTIQ* Community, sind keine Vermutungen.

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In einem früheren Artikel haben wir bei echte-vielfalt.de über die Situation und was sie für LSBTIQ* Besucher*innen sowohl aus dem Ausland als auch aus Katar bedeuten kann, berichtet. Nun spitzt sich die Lage zu. Nach einer Zusammenfassung des Magazins Schwulissimo sollen Filmaufnahmen in Privaträumen, Universitäten, Krankenhäusern sowie bei Unternehmen verboten werden. Gerade die erste Einschränkung erschwert es, hinter die Kulissen zu schauen. Damit betrifft diese Medienzensur zwar alle, allerdings bedeutet sie gerade für gefährdete Personen „Unsichtbarkeit“ in Sinne des Wortes.

Der Tagesspiegel merkt an, dass übertragende Medien wie ARD und ZDF oder auch die Telekom Magenta TV immer wieder versichert hatten, auch über die vorherrschenden Zustände berichten zu wollen. Dies wird ihnen nun zumindest massiv erschwert.

Aber damit nicht genug: Wie der Stern mit Verweis auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Norwegen „NRK“ berichtet, ist jede*r Besucher*in dazu verpflichtet eine App herunterzuladen, die weitreichende Zugriffe auf die privaten Daten erhält. Die App sei von einem „Trojaner“ kaum zu unterscheiden, so der Stern. Der NRK fasst zusammen:

„They can simply change the contents of your entire phone and have full control over the information that is there.”

Aus diesem Grund empfiehlt der norwegische Rundfunk, ein leeres bzw. neues Handy mitzunehmen, wenn man das Land besuchen möchte. Eine App, die einen fast uneingeschränkten Zugang hat, kann nicht nur auf vorhandene Daten zugreifen, sondern prinzipiell auch Gespräche. Wie schon in unserem vorherigen Bericht gilt hier: „Während die WM-Tourist*innen nach den Spielen das Land verlassen, bleibt das Gesetz gegen Homosexualität für die Menschen in Katar auch nach der WM, wenn die Welt nicht mehr zuschaut, bestehen.“ Und es ist unklar, welche Erkenntnisse die Führung in Katar über einige ihrer Bürger*innen daraus zieht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hingegen kündigte an, „vor Ort die Sicherheit von queeren Fans während des Turniers [zu] thematisieren.“ Sie wolle dafür zusammen mit der Menschenrechtsbeauftragten Luise Amtsberg (Grüne) sowie dem Eventmanager Bernd Reisig (Initiative „Liebe kennt keine Pause – gegen Homophobie in Katar„) Ende Oktober nach Katar reisen. Bereits zuvor hatte Faeser gefordert, „bei künftigen internationalen Sportevents […]  bereits die Vergabe ‚an menschenrechtliche Standards‘“ zu knüpfen, lehnte einen Boykott der WM jedoch ab.

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