Echte Vielfalt

4. Februar 2021

Gesetzentwurf zum Schutz von intergeschlechtlichen Kinder vor geschlechtsangleichenden Operationen

Anfang 2020 hatte das Justizministerium einen Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung vorgelegt. Nach diesem sollen chirurgische Eingriffe an den inneren und äußeren Geschlechtsmerkmalen von Kindern nur noch erlaubt sein, wenn die Gesundheit des Kindes gefährdet ist.

Weiterlesen

„In der Bundesrepublik Deutschland werden an Kindern, die nicht mit eindeutigem Geschlecht zur Welt kommen, immer noch geschlechtsverändernde Operationen vorgenommen, die medizinisch nicht notwendig sind“ heißt es in dem Entwurf.  Auch bestehende medizinische Leitlinien rieten davon ab, solche irreversiblen Eingriffe vorzunehmen.

Ziel des Gesetzentwurfes soll es sein, neben dem „Schutz der körperlichen Integrität des Kindes […] das Recht des Kindes auf geschlechtliche Selbstbestimmung zu schützen.“

Ab 14 Jahren sollen intergeschlechtliche Kinder mit Genehmigung eines Familiengerichtes dann selbst entscheiden, ob sie operiert werden möchten. Dafür müssen außerdem die Eltern einwilligen und der Eingriff dem Kindeswohl nicht widersprechen.

Im Dezember 2020 beriet des Bundestag über den Gesetzentwurf. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD] begrüßte in einer Pressemitteilung grundsätzlich den Entwurf. Er forderte jedoch Nachbesserungen, da zu befürchten sei, dass Eltern und Mediziner*innen versuchen, das Verbot zu umgehen.

In einer Expert*innen-Anhörung zum Gesetzesvorhaben im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, die am 13. Januar 2021 stattfand, stieß der inzwischen überarbeitete Entwurf bei den eingeladenen Expert*innen überwiegend auf Zustimmung, jedoch wurde auch ein hoher Nachbesserungsbedarf attestiert.
Die Meinungen verschiedener medizinischer Sachverständigen gingen mitunter auseinander. So sagte die Vertreterin der Bundesärztekammer, Dr. Wiebke Pühler, dass dem Regierungsentwurf die nicht durch Daten belegte Vermutung zugrunde liege, dass auch nach der Überarbeitung der medizinischen Leitlinien noch geschlechtsangleichende Operationen ohne Indikation vorgenommen würden. Ein Operationsverbot zum Beispiel bis zum 14. Lebensjahr entspreche zudem nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft und werde der Varianz von geschlechtlichen Ausprägungen der Betroffenen nicht gerecht.

Die Vertreterin der Kinder Endokrinolog*innen, Professorin Annette Richter-Unruh, sieht die Regierung auf dem richtigen Weg. Ebenso konstatierte die Psychologin Prof. Katinka Schweizer von der Hamburg Medical School: „Insgesamt sind der Gesetzentwurf und seine Ziele, den Schutz der geschlechtlichen Selbstbestimmung und leiblichen Souveränität zu gewährleisten, zu begrüßen.“ Es bestehe jedoch erheblicher Veränderungsbedarf an wichtigen Punkten. In der aktuellen Form sei der Gesetzentwurf widersprüchlich und schwer verständlich, und werde damit in der alltagsweltlichen Praxis von Familien nicht gerecht.

Schließen



Weitere interessante Beiträge zu diesem Thema finden Sie auch in: Beratung und Recht, Familie, Inter