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5. November 2021

Italien: Senat stimmt gegen anti-Homofeindlichkeits-Gesetz

Das italienische Parlament hat am vergangenen Mittwoch ein umfassendes Anti-Homofeindlichkeits-Gesetz abgelehnt. Das Gesetz hätte Homofeindlichkeit zu einem Verbrechen gemacht, das ähnlich wie Rassismus behandelt wird und Gefängnisstrafen für Straftäter*innen vorsieht. Es sollte diskriminierende Handlungen und die Aufstachelung zur Gewalt gegen Schwule, Lesben, trans* Personen und Menschen mit Behinderungen unter Strafe stellen.

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Im Senat, dem Oberhaus der italienischen Legislative, stimmten 154 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf, während 131 dafür votierten. Dabei waren die rechtsgerichteten Parteien Lega Nord und die Brüder Italiens sowie der Vatikan die schärfsten Gegner des Gesetzesvorschlags. Der Gesetzentwurf hatte im Herbst 2020 die untere Abgeordnetenkammer passiert, doch die beiden rechten Parteien, die gegen das Gesetz waren, erzwangen eine Abstimmung im Senat, nachdem es Kritiker*innen und Befürworter*innen nicht gelungen war, einen Kompromiss zu finden.

Kritiker*innen des Gesetzes hatten gesagt, dass es die Meinungsfreiheit gefährde und so zu vermeintlicher „Schwulenpropaganda“ in Schulen führen würde, ein Argument, das auch aus Ländern wie Polen und Ungarn bekannt ist. Auch der Vatikan reichte im Juni eine seltene formelle diplomatische Beschwerde gegen das vorgeschlagene Gesetz ein und behauptete, es verstoße gegen das Konkordat, den bilateralen Vertrag zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl. So sagte er, das Gesetz könne dazu führen, dass Katholik*innen strafrechtlich verfolgt werden könnten, wenn sie ihre Meinung zugunsten traditioneller heterosexueller Familienstrukturen äußern.

Das Parlament darf in den nächsten sechs Monaten nicht erneut über das vorgeschlagene Gesetz beraten, was eine Verabschiedung des Gesetzes vor Ablauf der Legislaturperiode Anfang 2023 nahezu unmöglich macht. Gleichzeitig berichtet die LGBTQ-Rechtsgruppe Arcigay, dass sie jedes Jahr mehr als 100 Fälle von Hassverbrechen und Diskriminierung registriert. Die Versuche der letzten 25 Jahre, homo- und transfeindliche Handlungen zu bestrafen, sind jedoch gescheitert, obwohl eine Umfrage vom Juli ergab, dass das Gesetz von 62 % der Italiener*innen unterstützt wird.

So merkte Giuseppe Conte, Vorsitzender der Fünf-Sterne-Partei an, dass einige Mitglieder des Parlaments wohl nicht so weit fortgeschritten seien wie der Rest der italienischen Gesellschaft. Auch Außenminister Luigi di Maio (Fünf-Sterne-Partei) äußerte sich und bezeichnete es als „Schande“, dass das Gesetz gescheitert ist, und betonte, dass homosexuelle Menschen in Italien durchaus immer noch diskriminiert würden. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Enrico Letta, sagte, die Leute, die Italien in der Zeit zurückdrehen wollten, hätten diese Runde gewonnen: „Aber das Land fühlt anders. Und das wird bald deutlich werden“.

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