Vierzig Jahre nach dem Beginn der AIDS-Pandemie steht die Welt vielleicht endlich vor dem Anfang ihres Endes. Moderna, das Pharmazie-Unternehmen, das im vergangenen Jahr einen der ersten COVID-19-Impfstoffe entwickelt hat, hat in dieser Woche begonnen neue Wege im Kampf gegen eine andere Pandemie zu beschreiten: HIV/AIDS.
Wie das Unternehmen letzte Woche in der Datenbank für klinische Studien des National Institute of Health (NIH) bekannt gab, erprobt es seinen neuen mRNA-basierten Impfstoff nun am Menschen. Voraussichtlich soll die Studie, die am 19. August begann, im Frühjahr 2023 abgeschlossen sein. Berichten zufolge entwickelt Moderna auch einen Grippeimpfstoff, der auf der gleichen Technologie basiert.
Die Impfstoffe von Moderna haben Anfang des Jahres die Phase-I-Tests bestanden, bei denen er nur an einer Handvoll menschlicher Freiwilliger auf ihre Sicherheit geprüft wird. In Phase II wird die Gesamtwirksamkeit des Impfstoffs getestet, und mit dem Übergang in Phase III wird Moderna die Wirksamkeit des Impfstoffs im Vergleich zu anderen derzeit auf dem Markt befindlichen Präventionsbehandlungen, wie der Präexpositionsprophylaxe, auch bekannt als PreP, untersuchen.
Seit den späten 1700er Jahren haben Forschende verschiedene Arten von Impfstoffen entwickelt, aber die meisten Impfstoffe für andere Viren haben sich als unwirksam gegen HIV erwiesen. Das Virus greift das Immunsystem selbst an und beeinträchtigt die Fähigkeit des Körpers, andere Krankheiten und Infektionen zu bekämpfen.
Anders als inaktive oder Lebendimpfstoffe enthalten mRNA-Impfstoffe keine Teile eines Virus. Stattdessen erzeugen sie Proteine, die selbst eine Immunreaktion im Körper auslösen. Auf diese Weise werden mehrere Nachteile anderer Impfstoffe beseitigt. Lebendimpfstoffe können verderben, wenn sie nicht kühl gelagert werden, was ein Problem für die weite Distribution darstellt, und gleichzeitig die Möglichkeiten der Hersteller zur Massenproduktion von Dosen einschränkt.
Derzeit sind 16 HIV-Mutationen bekannt. Sollten neue impfstoffresistente HIV-Formen auftreten, könnten die Forscher die mRNA so bearbeiten, dass sie mit weit weniger genetischem Material als andere Impfstoffe leicht veränderte Proteine produziert.
Obwohl es die mRNA-Impfstofftechnologie schon seit Jahrzehnten gibt, hat die lange Zulassungszeit bei der Food and Drug Administration (FDA) die Zahl der mRNA-Impfstoffe, die schließlich in den Vereinigten Staaten zum Einsatz kommen, begrenzt. Die COVID-19-Pandemie änderte dies jedoch, da das letztjährige öffentlich-private Partnerschaftsprogramm „Operation Warp Speed“ den Zeitplan für klinische Impfstoffversuche und die FDA-Zulassung beschleunigte.
„COVID-19 hat uns gezeigt, was wir tun können, wenn wir einen Impfstoff schnell auf den Weg bringen wollen“, sagte Dr. Andrew Pekosz, Virologe und Professor an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, gegenüber der Gesundheitsnachrichten-Website VeryWell. Sollte sich der HIV-mRNA-Impfstoff als wirksam erweisen, sagen Befürworter des Projekts, dass ein HIV-Impfstoff für die globale Gesundheit von entscheidender Bedeutung wäre.
„Die einzige wirkliche Hoffnung, die wir haben, um die HIV/AIDS-Pandemie zu beenden, ist der Einsatz eines wirksamen HIV-Impfstoffs, der durch die Arbeit von Partnern, Befürwortern und Gemeindemitgliedern erreicht wird, die sich zusammentun, um gemeinsam das zu tun, was kein Einzelner oder eine Gruppe allein tun kann“, schrieb der Präsident der International AIDS Vaccine Initiative (IAVI), Dr. Mark Feinberg, im Juni in einer Erklärung zum 40-jährigen Jubiläum der HIV-Epidemie.
Auch die Wissenschaftler von Moderna sind mit ihren Bemühungen nicht allein: Im Juli begannen an der Universität Oxford die Phase-I-Tests für einen „Mosaik“-Impfstoff. Beide könnten dazu beitragen, die Ausbreitung eines der heimtückischsten Viren der Welt im kommenden Jahrzehnt zu stoppen.