Echte Vielfalt

29. Dezember 2023

Offizielle Segnung homosexueller und unverheirateter Paare in der katholischen Kirche wird möglich

Noch bis vor kurzem war die offizielle Position von Papst und katholischer Kirche als Welt-Institution bei der Segnung homosexueller Paare ein eindeutiges „Nein“. Aber was nach Außen als Doktrin galt, war innerhalb der katholischen Kirche schon lange ein streitbares Thema.

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Bereits die deutsche Synode, über die echte vielfalt im September 2022 berichtete, hatte die Spaltung der Kirche deutlich gemacht. Damals zeigte sich zumindest in der deutschen katholischen Kirche eine Mehrheit der Bischöfe und Funktionsträger reformbereit. Zunächst wurde eine innerdeutsche Reform allerdings von einer kleinen Gruppe konservativer Bischöfe verhindert, während der Aachener Bischof Helmut Dieser, der den damaligen Co-Vorsitz innehatte, bereits im Vorfeld betonte, für sein Bistum gelte schon länger die Haltung, dass es eine Gewissensentscheidung des einzelnen Seelsorgers sei (zum Artikel).

Am 18. November 2022 fand dann in Rom ein Treffen von Vertretern verschiedener zentraler Behörden der katholischen Kirche statt, unter anderem mit der Beteiligung der 62 deutschen Bischöfe und Papst Franziskus. Dabei wurden u.a. auch die Themen „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ und „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft” aufgegriffen. Im Ergebnis wurde damals vieles besprochen, ohne eine Entscheidung zu treffen. Mit Verweis auf die verschiedenen Interessengruppen innerhalb der katholischen Kirche schlussfolgerten wir damals, dass der so gehaltene Schwebezustand vermutlich gewollt war.

Nun die Überraschung: Exakt ein Jahr und einen Monat, nachdem die Kirchenfunktionäre in Rom zusammengetreten waren und ergebnislos wieder auseinandergingen, unterschreibt der Papst die Möglichkeit zur allgemeinen Segnung. Der Deutschlandfunk stellt dazu passend fest: „Dass homosexuelle Paare sich nun ganz offiziell den römisch-katholischen Segen abholen dürfen, das kommt überraschend – nicht nur inhaltlich, sondern auch vom Zeitpunkt her. Kurz vor Weihnachten erwartet man von einem Papst nicht unbedingt, dass er ein kirchenpolitisch so brisantes Thema platziert.“

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Lehmann (Grüne), sieht diesen Schritt als „längst überfällig“. Und auch von Seiten der deutschen katholischen Kirche ließen sich Stimmen vernehmen, die diese überraschende Änderung begrüßten. „Es sei ein weiterer Schritt“, zitiert der Deutschlandfunk.

Kardinal Fernandez, Präfekt der Glaubensbehörde, gab zur Begründung an, die Kirche habe ihr Verständnis über die Eigenschaft des Segens erweitert. Im offiziellen Papier „Fiducia supplicans – über die pastorale Sinngebung von Segnungen“ wird allerdings deutlich, dass „Paare in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare“ den Segen zwar erhalten, jedoch „ohne deren Status offiziell zu konvalidieren oder die beständige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu verändern.“ Mit anderen Worten: Segnung Ja, Ehe Nein.

Damit entsteht zwar eine offizielle, aber immer noch eine Zweiklassen-Segnung. Ob und wann sich die Kirche an den nächsten Schritt wagt, auch diese zu überwinden, bleibt offen. Ganz im Gegenteil stellt die katholische Kirche selbst im Nachgang der diesjährigen Weltsynode fest, wie unversöhnlich die Lager innerhalb der Kirche teilweise sind. Insbesondere in den USA, aber auch in Europa zwischen den „traditionsfesten“ Bistümern Osteuropas und dem deutschen Synodalen Weggehen die Reformwillen weit auseinander.

Damit bleiben die nächsten Schritte nicht nur ungewiss, sondern selbst die bereits gegangenen „überfälligen“ Schritte müssen weiter aktiv verteidigt werden. Sicherlich könnte man aus der katholischen Kirch auch austreten. Aber unabhängig vom Einzelnen haben gläubige LGBTIQ* Katholik*innen das Recht, dass sich ihre Kirche ihnen zuwendet, anstatt sie auszuschließen.

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