Echte Vielfalt

25. Oktober 2022

Terror in Bratislava zeigt den strukturellen Ursprung von Hass und Gewalt gegen LGBTIQ+

Mittwoch, 12. Oktober 2022: Vor einer Schwulenbar in der slowakischen Hautstadt Bratislava erschoss ein 19-Jähriger einen Besucher und einen Kellner sowie verletzte eine weitere Angestellte. Nach Angaben der taz, mit Bezug auf Polizei und Staatsanwaltschaft, sei die Tat geplant gewesen, die Opfer jedoch zufällig gewählt. Noch am selben Abend soll der Täter ein Video über die sozialen Netzwerke verbreitet haben, in dem er sagte, er habe „keine Reue“. Anschließend tötete er sich selbst.

Weiterlesen

Im Licht dieses Ereignisses verabschiedete das Europäische Parlament am 20. Oktober eine Resolution, in der es die Tat als rechtsextremen Terrorakt bezeichnete und zutiefst verurteilte. Gleichzeitig zeigte es sich „besorgt über die Straflosigkeit, mit der LGBTIQ+-feindliche Gruppen und insbesondere rechtsextremistische Gruppen in einigen Mitgliedstaaten agieren“. Im aktuellen Fall hatte sich der Schütze sowohl an der White-Supremacy-als auch an der Incel-Ideologie orientiert. Das Parlament bestätigt damit, dass die Tat kein Einzelfall war, sondern ihren Ursprung in den ideologischen bis hin zu rechten LGBTIQ+-feindlichen Strukturen hat.

Wie die Magazine Schwulissimo und Queer berichten, sei die Resolution mit 447 zu 78 Stimmen und 45 Enthaltungen verabschiedet worden. Dabei kamen die Neinstimmen vor allem von Vertreter*innen aus Ungarn, Polen und Italien.

Dass es sich hierbei auch um ein strukturelles Problem handelt, macht ein Blick zurück in den März 2021 deutlich: Damals stellte das Europäische Parlament fest, dass es einen deutlichen Rückschritt bei den Rechten von LGBTIQ+ Personen gebe, der vor allem in Ungarn und Polen zu beobachten sei. In diese Situation von Hetze und Desinformation seinen auch Amtsträger*innen und Behörden involviert, heißt es. Auch in der Slowakei ist die Gesetzgebung weit hinter einem effektiven Schutz und Gleichbehandlung von LGBTIQ+ Personen zurück, daran ändert nichts, dass sich die Präsidentin und der Ministerpräsident solidarisch mit den Opfern zeigten.

Dabei verstoßen die Länder in ihrer Ignoranz bis hin zur aktiven Beschneidung von Rechten nicht „nur“ gegen ethische Prinzipien oder die „Allgemeine Menschenrechtserklärung“. Stattdessen missachten alle Länder, die sich LGBTIQ+ feindlich verhalten, eindeutig europäisches Recht.

In ihrer letzten Resolution verweisen die Parlamentarier*innen zuallererst auf die eigenen Grundrechte der EU, um sofort im Anschluss Bezug auf Art. 2 EUV zu nehmen, den Vertrag über die Europäische Union. Hierin stellt die EU klar, dass ihre Gründungswerte die „Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören“, und allen Mitgliedstaten gemein sind. Bereits in der Vergangenheit hatte die EU sowohl Ungarn als auch Polen mit Sanktionen belegt, weil diese gegen die Grundwerte verstoßen hatten.

Das Parlament ist sich der strukturellen Ursachen sehr bewusst. Ob die Sanktionen allerdings wirklich zu einer Verbesserung für die LGBTIQ+ Community in den einzelnen Mitgliedstaaten führen, bleibt abzuwarten. Die Mühlen mahlen langsam und bis dahin und darüber hinaus braucht es immer wieder die Stimmen der Zivilgesellschaft.

Schließen



Weitere interessante Beiträge zu diesem Thema finden Sie auch in: Lebensbereiche, LSBTIQ, Schwule