Echte Vielfalt

12. Oktober 2021

Koalitionssondierungen: Trans- und Inter-Rechte als Voraussetzung

Grüne Abgeordnete und Aktivist*innen zeigten auf einem von dem queerpolitischen Sprecher Sven Lehmann (Grüne) auf Twitter geteilten Foto ein Banner mit der Aufschrift: „Keine Koalition ohne Selbstbestimmung“. Auch die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) veröffentlichte nun ihre queerpolitischen Forderungen an die Koalitionsgespräche: Eine deutliche Verbesserung der Situation von trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Dafür müsse die sich noch zu bildende neue Regierung laut dgti einige Anforderungen erfüllen.

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Der Forderungskatalog, der in ganzer Länge auf der Homepage des Vereins eingesehen werden kann, versammelt politische Maßnahmen zu den Bereichen des Vornamens und des Geschlechtseintrags, der Gesundheitsversorgung, Entschädigungszahlungen aufgrund von Grundrechtsverstößen und zum Diskriminierungsschutz. In ihrer Länge zeigt die Auflistung, dass bis zur Gleichstellung noch ein weiter Weg zu beschreiten ist.

Noch regelt das Transsexuellengesetz, das nicht nur die dgti, sondern zahlreiche Abgeordnete wie Tessa Ganserer und Aktivist*innen abschaffen wollen, die Änderung des eingetragenen Namens und der Geschlechtseinträge. Nach einem neuen, offenen Geschlechtseintrag solle eine einfache Selbsterklärung auf einem Standesamt genügen, um diese Eintragungen korrigieren zu lassen.

Außerdem fordert die dgti die Unterversorgung mit Gesundheitsleistungen für trans und inter Personen zu beenden und eine flächendeckende Versorgung zu erschaffen. So soll unter anderem der Anspruch auf geschlechtsangleichende Operationen für transgeschlechtliche, nichtbinäre und intergeschlechtliche Personen im Sozialgesetzbuch verankert werden, welcher auch für einwilligungsfähige Minderjährige gelten soll. Gegenwärtige sind nichtbinäre Menschen von der Kostenübernahme solcher Operationen generell ausgegrenzt, und auch sonst beruhen die Richtlinien und Begutachtungen vor einer Übernahme auf vielen diskriminierenden Fragen und Annahmen (echte-vielfalt.de berichtete). Für intergeschlechtliche Kinder fordert die dgti hingegen einen wirksameren Schutz gegen geschlechtszuweisende Operationen, bevor diese Kinder selbst entscheiden können. Für Menschen, die solche Eingriffe jedoch im Kindesalter hinter sich hätten, fordert die dgti Entschädigungszahlungen. Dasselbe wird gefordert für Personen, deren Ehe wegen des Transsexuellengesetztes annuliert worden ist.

Für einen bessseren Diskriminierungsschutz fordert die dgti unter anderem einen nationalen Aktionsplan für die Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Weitere geforderte Maßnahmen, um Diskriminierung abzubauen sind unter anderem die gesonderte Erfassung von Straftaten wegen der geschlechtlichen Identität; die verpflichtende Einführung aller vier Personenstandseinträge (männlich, weiblich, divers, und nicht-binär) in Formularen staatlicher Institutionen; einen erweiterten Kündigungsschutz für Menschen im Transitionsprozess; und die Ausweitung des Rechts auf Abänderung von Dokumenten auf Heirats-, Geburts- und Abstammungsurkunden.

Welche Chancen auf Umsetzung diese Forderungen bei der neuen Regierung, die sich gegenwärtig bildet, haben werden, wird sich erst zeigen, doch der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte kurz vor den Wahlen zum Bundestag in der ZDF-Wahlsendung „Klartext“ die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes zugesagt. Nun gilt zu hoffen, dass er und seine Partei dies entsprechend den Vorstellungen und Forderungen Betroffener umsetzen werden.

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