Echte Vielfalt

15. Juli 2022

Türkei: Behörden lassen verhaftete Pride-Demonstrierende frei

Nach Angaben der Organisator*innen einer Pride-Parade in Istanbul wurden 373 Personen, die dort am Sonntag festgenommen worden waren, wieder freigelassen. Eine Menschenrechtsgruppe erklärte jedoch, die hohe Zahl der Verhaftungen zeige, dass die Regierung der queeren Community den „Krieg“ erklärt habe.

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Pride-Märsche, die in der Türkei seit 2003 mehr als ein Jahrzehnt lang erlaubt waren, sind seit 2015 jedes Jahr verboten worden. Auch der diesjährige Sonntagsmarsch wurde zusammen mit allen LGBTQ-Veranstaltungen in der Pride-Woche vom 20. bis 26. Juni von den Bezirksgouverneuren in den Istanbuler Bezirken Beyoglu und Kadiköy verboten.

So nahm Polizei 373 Personen fest, die sich in der Nähe des Taksim-Platzes versammelt hatten, um für bessere LGBTQ*-Rechte zu protestieren, und verfrachtete sie dann in Busse, um sie abzutransportieren, so die Organisator*innen. Zudem schilderten sie, die Polizei habe den Festgenommenen den Zugang zu ihren Anwält*innen verweigert. Zuvor hatte die Polizei eine Reihe von Straßen und U-Bahn-Stationen abgesperrt, um zu verhindern, dass sich Menschen versammeln.

KAOS GL erklärte, die Zahl der Verhaftungen sei höher als je zuvor bei einer Pride-Parade in der Türkei. Amnesty Türkei bezeichnete das Verbot als „extrem hart“ und „willkürlich“. Die Türkei-Referentin der Menschenrechtsorganisation, Milena Buyum, twitterte, die Verhafteten seien „ihrer Freiheit beraubt worden, nur weil sie von ihrem Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht haben“.

Homosexualität war während der gesamten Zeit der modernen türkischen Republik legal, doch der Marsch wird jedes Jahr aus Sicherheitsgründen offiziell verboten. Zudem berichten Menschen aus der LGBTQ*-Gemeinschaft in der Türkei, dass sie regelmäßig belästigt und misshandelt werden. So haben auch türkische Spitzenbeamte LGBTQ*-Personen als „pervers“ bezeichnet und ihnen vorgeworfen zu versuchen, die „traditionellen Familienwerte“ zu untergraben. Ein weiteres Zeichen der offiziellen Intoleranz trotz Legalität ist, dass Produkte mit der symbolischen Regenbogenflagge der queeren Bewegung nicht an Personen unter 18 Jahren verkauft werden dürfen.

Doch obwohl Märsche verboten sind und die Politik Stimmung gegen die Rechte von LGBTQ* zu machen scheint, haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder Menschenmengen in der Nähe des Taksim-Platzes versammelt, um das Ende des Pride-Monats zu feiern.

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