Am Sonntag, den 13. Februar ist Frank-Walter Steinmeier auf weitere fünf Jahre zum Bundespräsidenten gewählt worden. Der 66-jährige ehemalige Außenminister und Vizekanzler war von den Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP sowie von der CDU/CSU-Opposition nominiert worden. Von der Dragqueen Gloria Viagra beispielsweise, die von den Linken als Wahlperson aufgestellt wurde, gab es jedoch keine Stimme für Steinmeier. Was bedeutet seine Wiederwahl für queere Themen?
Zunächst offenbarte schon der Wahlprozes, dass vor dem Bundespräsidenten als repräsentativer Figur die Aufgabe liegt, für eine weniger menschenfeindliche Einstellung zu queeren Menschen in der Bundesversammlung zu sorgen. So tweetete die AfD-Bundestagsabgeordnete Christina Baum in Reaktion auf Aufstellung von Dragqueen Gloria Viagra und Rapperin Reyhan Şahin alias Lady Bitch Ray als Wahlleute: „Nichts könnte deutlicher den kulturellen #Verfall unserer #Nation sichtbar machen.“ Ferner erklärte die AfD-Abgeordnete Nicole Höchst in einem Interview über Bitch Ray, dass „eine junge Dame – mehr oder weniger, so genau hab ich da nicht mehr geguckt nach dem ersten Anblick“ sie traumatisiert hätte, das habe ausgesehen „wie aus der Freakshow“. Und auch AfD-Parteivizechefin Beatrix von Storch, welche stets einen vermeintlichen „Gender-Wahn“ fürchtet, zeigte sich auf Twitter empört über „diese Clowns“. Außerdem teilte sie mit, dass sie Lady Bitch Ray „immerhin“ ihre „Nazis Raus – #NoAfD“-Tasche abnehmen ließ und fügte hinzu: „Da hat sie (er? es?) vielleicht rumgeheult.“
Vor dem Hintergrund solch hasserfüllter und Menschenwürde-verachtender Aussagen in der Bundesversammlung, scheint es also mehr als notwendig, dass Steinmeier als Bundespräsident Stimmung gegen Queerfeindlichkeit macht. Doch, obwohl er laut AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah als „Linksradikaler“ gilt, lässt sich abwarten, ob Steinmeiers Wahl eine gute Nachricht für queere Menschen ist, wie es ein Artikel auf Queer.de https://www.queer.de/detail.php?article_id=41174 bezeichnet. So bat er am 3. Juni 2018 als erster Bundespräsident queere Menschen um Vergebung für die staatliche Verfolgung in Deutschland, auch nach 1945: „Ihr Land hat Sie zu lange warten lassen. Wir sind spät dran. Was gegenüber anderen gesagt wurde, ist Ihnen bisher versagt geblieben. Deshalb bitte ich heute um Vergebung – für all das geschehene Leid und Unrecht, und für das lange Schweigen, das darauffolgte.“ Es folgten weitere öffentliche Statements für die Rechte queerer Menschen, wie die Bezeichnung homofeindlicher Herabsetzungen als „Anschlag auf unsere Demokratie“ und Meinungsfreiheit als „keine Legitimation“ für Queerfeindlichkeit. Zum 30. Jubiläum des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) bedankte er sich ausdrücklich für deren Engagement und sagte in einer Ansprache. „Ein Skandal liegt dann vor, wenn Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität verächtlich gemacht oder benachteiligt werden. Was für eine zivilisatorische Wendung! Welch ein Fortschritt!“
Gerade beim zu erwartenden heftigen Widerstand gegen die queerpolitischen Reformen der Ampelkoalition, vor Allem aus den Reihen der Union und AfD, wird sich zeigen, ob Steinmeier diese „Wendung“ und diesen „Fortschritt“ auch weiterhin unterstützen wird, indem er die Rechte und Würde von queeren Menschen öffentlich verteidigt.