Echte Vielfalt

31. August 2023

Vom Rechtsruck zum Hashtag „Stolzmonat“ – Rechtspopulismus als gemeinsamer Gegner

Auf Twitter wird bereits seit einiger Zeit das Hashtag „Stolzmonat“ verwendet als Versuch, ein Gegennarrativ zum #Pridemonth aufzubauen. Solche Posts sind allerdings weniger ein realer Trend, sondern vielmehr das geschickte Ausnutzen von Algorithmen und sozialen Medien durch Rechtspopulisten.

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Wie die Amadeu Antonio Stiftung in ihrer Analyse schreibt, gibt es Hinweise auf eine Koordinierung im Hintergrund mit dem Ziel, dem Hashtag und der dahinter stehenden Queerfeindlichkeit eine Größe zu geben, „[…] die so (zum Glück) nicht gegeben ist. […] Hashtag und Memes werden von einschlägig bekannten faschistischen Trollen, dem Blogger Miro Wolfsfeld, rechten Influencern und Mitgliedern der AfD verbreitet.“ Doch leider bedeutet das nicht, dass solche Hashtags wirkungslos bleiben. Welches Publikum sie liest, ohne sofort selbst aktiv zu werden, und was dieses Publikum denkt, bleibt eine Blackbox. Mit der Begriffsübernahme von Pride zu „Stolz“ entstehe zudem eine Täter-Opfer-Umkehr, so die Bildungsstätte Anne Frank: Der „deutschnationale Stolz“ schließe die LGBTIQ+ Community nicht bloß aus, sondern simuliere eine „Rebellion“ gegen einen vermeintlichen „Genderwahn“. Aber auch außerhalb der digitalen Welt nutzen die Rechten einschlägige Symbolsprache. So wurden im Juni von der AfD in München Plakate aufgehängt, auf denen Dragqueens als Gefahr für Kinder dargestellt wurden. In der Zwischenzeit erstattete ein katholischer Priester gegen diese Plakate Anzeige, wie der Bayrische Rundfunk (BR) berichtet.

Auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) berichtet über eine Vielzahl von Taten, die einen klaren Angriff gegen die LGBTIQ*-Gemeinschaft darstellen. In Berlin wurde ein Denkmal von im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen attackiert, in Schwerin wurde queerenfeindliche Hetze an Büros demokratischer Parteien und Vereine geklebt oder in Düsseldorf die Aidshilfe zum Ziel von queerfeindlichen und rechtsextremistischen Angriffen. Der LSVD titelt: „Unsere Community wird angegriffen und die Gesellschaft schweigt“ und weiter heißt es, „[…] queere Räume, Beratungsstellen, Demonstrationen, Gedenkstätten und Orte der demokratischen Zivilgesellschaft [geraten] in den Fokus von Tätern aus einem vermutlich rechtsextremen sowie religiös-fundamentalistischen Umfeld […].“

Aber es ist eben nicht nur die LGBTIQ*-Gemeinschaft, die angegriffen wird. Im Hintergrund stehen ein europäischer Rechtsruck und eine reale Zunahme an rechtspopulistischen Strömungen in Deutschland, unterstützt von einer alarmierenden Haltung des konservativen Lagers. Nach Angabe der Deutsche Welle (DW) sind sich „viele konservative Politiker […] uneinig, welchen Kurs sie einschlagen sollen.“ Der Kulturkampf mag sich zwar an den Gruppen zeigen, die schon immer um ihre Rechte und ihre Würde kämpfen mussten. Dazu zählt die LGBTIQ*-Gemeinschaft ebenso wie Geflüchtete, religiöse Minderheiten und andere Gruppen. Was allerdings tatsächlich angegriffen wird, ist die demokratische Verfassung, die die Würde jedes Menschen als unantastbar sieht (Art 1 GG). Daher ist es legitim „die Politik“ von Konservativ bis Links daran zu erinnern, dass sie, wenn sie aufgefordert wird, ihre Bürger*innen vor rechten Übergriffen (auch symbolischer Art) zu schützen, dies nicht nur für eine Gruppe zu tun. Dazu zählt insbesondere auch eine Sozialpolitik, die es den Menschen in Deutschland ganz allgemein ermöglicht, ein würdevolles Leben zu gestalten, um sie nicht den Populisten in die Arme zu treiben. In dem Artikel auf echte vielfalt zur Parlamentswahl in Spanien wurde die Parallele zwischen Rechtspopulismus mit der höchsten Zahl an jungen Followern und gleichzeitig der höchsten Jugendarbeitslosigkeit Europas angerissen.

Für Träger und Aktivist*innen der LGBTIQ*-Gemeinschaft ergeben sich damit Argumentationsketten und Schnittstellen mit anderen Gruppen für ein gemeinsames Ziel. Für die Politik ergibt sich hingegen ein klarer Auftrag zum Schutz seiner Bürger*innen vor Rechtspopulismus.

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