Echte Vielfalt

12. September 2023

Eine Einrichtung für Senior*innen in Schleswig-Holstein

Die LGBTIQ* Gemeinschaft wird in ihrer öffentlichen Darstellung zumeist bunt und aktiv wahrgenommen. Eine vielfältige Gemeinschaft, die sich selbstbewusst ihre Selbstverständlichkeit in der Gesellschaft erkämpft. Aber es gibt auch leise Mitglieder. Nicht nur solche, die sich dafür entscheiden, sondern auch solche, die es nicht (mehr) anders können.

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Nach einer Studie des AWO Bundesverbands e.V. von 2020 liegt die bundesdeutsche Gesamtzahl der über 65-Jährigen, die sich als LGBTIQ* identifizieren, bei geschätzt über einer Million. Hierzu wurde auf echte vielfalt bereits im November letzten Jahres ein Artikel veröffentlicht. Das Fazit dabei war, dass ein aktives Leben im Alter etwas Wünschenswertes, allerdings nicht für alle erreichbar ist. Damit muss auch in der LGBTIQ* Community im besonderen Maße ein Blick auf diejenigen gerichtet werden, die körperlich weniger aktiv sind, sich evtl. aufgrund ihrer Biografie nie geoutet haben oder beginnen, sich im Alter zurückzuziehen. Dies betrifft nicht nur den privaten, sondern auch den professionellen (Pflege-)Kontext.

Dabei sind „queersensible Pflegekräfte […] das eine – die anderen Bewohner das andere. Das verstärke die Einsamkeit noch. […]. Finde ich keinen Anschluss bei den anderen, ziehe ich mich zurück – oder ich passe mich an und verstecke mich.“ So Friedrich Wagey (69 Jahre) in einem Interview mit der Tagesschau. Auch wenn Friedrich Wagey selbst noch keine Pflege benötigt, so ist sein Gedanke zentral. Er macht deutlich, dass Engagement wie auch professionelle Konzepte ganzheitlich gedacht werden müssen und nicht beim Personal aufhören.

In Kiel-Ellerbek hat dieses Jahr nun das erste LGBTIQ*-freundliche Pflegeheim in Schleswig-Holstein eröffnet. Ausgezeichnet wurde die Einrichtung der AWO durch die Schwulenberatung Berlin mit dem „Qualitätssiegel Lebensort Vielfalt®“.

Wie Simon Lang, Sprecher der Schwulenberatung Berlin, gegenüber dem NDR Schleswig-Holstein Magazin beschreibt, sollte ein Rahmen geschaffen werden, der über ein bloßes Lippenbekenntnis hinausgeht. Dabei sollten auch jene Menschen mitgedacht werden, die sich nicht, nicht mehr oder noch nicht outen wollen bzw. können. Es gehe um eine proaktive Vermittlung von Sicherheit, die dazu beiträgt, dass Menschen mit Diskriminierungserfahrungen auch ohne Outing in ihren Befürchtungen ernst genommen werden und ihnen ein Umfeld geboten wird, das Willkommensein vermittelt und damit Sicherheit schafft. Eine wichtige Haltung, die sich allerdings vor dem Hintergrund des Pflegenotstands in Deutschland auch praktisch bewähren muss.

Interessierte Einrichtungen der stationären und ambulanten Altenpflege, Hospize und Krankenhäuser können als ersten Schritt auf der Seite der Schwulenberatung Berlin kostenlos und ohne Anmeldung den „Diversity Check Compact“ durchführen.

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