Zu Beginn des Jahres hatten wir über die LGBTIQ*-Wahlstudie der Justus-Liebig-Universität Gießen in Kooperation mit dem LSVD+ – Verband Queere Vielfalt berichtet und zur Teilnahme angeregt. Nun erschien am 07. Februar das Ergebnis der Studie. Untersucht wurden die Parteipräferenzen queerer Menschen in Deutschland zur kommenden Bundestagswahl, welche politischen und gesellschaftlichen Themen sie bewegen und welche Faktoren wahlentscheidend sind.
„Die Ergebnisse zeigen, dass LGBTIQ*-Wählerinnen eine klare Präferenz für Die Grünen haben. Auffällig sind auch die starken Wählerwanderungen im Vergleich zur letzten Bundestagswahl. Deutlich wird, dass die Regierungspolitik der vergangenen drei Jahre für die Parteien der Ampelregierung nicht zu mehr Rückhalt in der LGBTIQ*-Community sorgte.“ (LSVD+)
Auf der Seite des LSVD+ findet sich dazu ein Überblick der Ergebnisse. Hier heißt es neben den eben genannten Informationen, dass regionale Unterschiede kaum eine Rolle spielten. Bis auf Die Linke haben alle Parteien an Rückhalt unter den LGBTIQ*-Wähler*innen verloren. Das gilt auch für Die Grünen, auch wenn sie immer noch im Vergleich die meisten Stimmen erhalten würden. „So geben ganze 26,7 % derjenigen Befragten, die am 23. Februar voraussichtlich Die Linke wählen möchten, an, 2021 bei der letzten Bundestagswahl noch die Grünen gewählt zu haben.“ Ebenfalls deutlich wird in diesem Zusammenhang, dass die Ampelparteien in den letzten Jahren nicht überzeugen konnten. Laut der Studie gelang es SPD, Grünen und Linken nicht, einen deutlichen Teil ihrer potenziellen Wähler zu mobilisieren.
Die traditionellen Volksparteien finden bei LGBTIQ* somit weniger Anklang als in den Jahren zuvor. Insbesondere Trans* und Queere favorisieren Die Linke. Schlüsselt man die Buchstaben weiter auf, so zeigt sich:
- Schwule Männer stellen mit 1.926 Personen die größte Gruppe der befragten LGBTIQ* dar. Gleichzeitig zeigen sie eine größere Präferenz für SPD, CDU/CSU, AfD und FDP im Vergleich zur gesamten Stichprobe und insbesondere zu Lesben.
- Die Gruppe der lesbischen Frauen mit 755 Personen bevorzugt stärker Die Grünen: Mehr als die Hälfte (52,5 %) gaben an, voraussichtlich Bündnis 90/Die Grünen wählen zu wollen. Auch bei Die Linke ist der Anteil höher als bei den Schwulen, aber unter dem Durchschnitt der Gesamtstichprobe.
- Personen mit queerer sexueller Orientierung, die nicht der zweigeschlechtlichen, cis-geschlechtlichen und/oder heterosexuellen Norm entsprechen, zeigen mit 40,3 % eine deutliche Präferenz für Die Linke. Trans* Personen, insbesondere Trans*männer (57,3 %), präferieren Die Linke mit insgesamt 49,8 %. Bei Bisexuellen sind es immer noch 29,5 %, die Die Linke bevorzugen.
Bildungspolitik, Gesundheitspolitik und Rechtsstaatlichkeit sind die wichtigsten Themen bei der Bundestagswahl 2025 für LGBTIQ*-Wähler*innen. Explizit LGBTIQ*-bezogene Themen sind Homofeindlichkeit, Diskriminierung und LGBTIQ*-Rechte. Insgesamt spalten sich die Parteien mit ihren Programmen für LGBTIQ* damit grob in zwei Lager:
- Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, SPD, FDP und Volt: Diese Parteien fordern Reformen wie die Anpassung des Artikels 3 des Grundgesetzes, Ausbau der Familienrechte für Regenbogenfamilien, Erhalt bzw. Verbesserung des Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) und Weiterführung des Aktionsplans „Queer leben“.
- CDU/CSU, AfD und BSW: Diese Parteien haben keine konkreten Maßnahmen für LGBTIQ* in ihren Wahlprogrammen, möchten aber bestehende Politiken ändern, einschließlich einer Einschränkungen des Selbstbestimmungsgesetzes und der Ablehnung gendersensibler Sprache.
Für Personen, die sich näher mit den Ergebnissen befassen möchten oder Informationsmaterial benötigen, findet sich hier eine weitergehende grafische Aufschlüsselung der Ergebnisse im Detail.