Der Bundestag diskutierte Mitte November 2025 einen Antrag der Linksfraktion, der darauf abzielt, queere Menschen besser vor Gewalt zu schützen und insbesondere die Sicherheit von CSD- und Pride-Veranstaltungen zu verbessern. Anlass ist ein deutlicher Anstieg queerfeindlicher Übergriffe: Laut Linken wurden 2025 so viele rechtsextreme Angriffe auf Pride-Events registriert wie nie zuvor, nahezu jeder zweite CSD war betroffen.
Forderungen der Linken
Im Antrag verlangt die Fraktion, dass die Bundesregierung queerfeindliche Gewalt stärker in den Blick nimmt. Sie schlägt unter anderem vor,
- queerfeindliche Tatmotive systematischer zu erfassen,
- polizeiliche Meldedienste zu verbessern,
- Betroffene von Hasskriminalität besser zu unterstützen und
- eine umfassende Sicherheitsstrategie für 2026 zu entwickeln, um die Versammlungsfreiheit queerer Menschen zu gewährleisten.
Position der Linken in der Debatte
Maik Brückner, queerpolitischer Sprecher der Linken, eröffnete die Debatte mit dem Hinweis, dass sich viele queere Menschen in Deutschland nicht sicher fühlten. Er machte vor allem rechtsextreme Gruppen für Angriffe verantwortlich. Zudem kritisierte er konservative Politiker dafür, mit Polemik gegen queere Themen wie das Selbstbestimmungsgesetz oder die Regenbogenflagge den öffentlichen Diskurs weiter nach rechts zu verschieben.
Reaktionen der Union
CDU und CSU wiesen die Vorwürfe zurück und bezeichneten den Antrag der Linken als „Symbolpolitik“. Der CSU-Abgeordnete Siegfried Walch sprach von fundamentalistischen Einstellungen unter Teilen der Zugewanderten und betonte, dass in Deutschland „unsere Regeln und unser Wertesystem“ gälten, zu rechtsextremen Anschlägen äußerte er sich nicht.
Trotz der Kritik erklärten beide Unions-Politiker, dass queere Menschen selbstverständlich gleichberechtigt seien und offen leben und lieben können sollten.
Kritik der Grünen
Nyke Slawik, queerpolitische Sprecherin der Grünen, warf der Union vor, durch rechtspopulistische Ablenkungsdebatten gesellschaftliche Feindbilder zu schüren, statt reale Probleme anzugehen. Sie warnte vor der Verschiebung des Diskurses nach rechts, die durch Kampagnen gegen trans Personen oder Geflüchtete verstärkt werde. Laut Slawik wird dieser Trend von Rechtsextremen und der AfD aktiv befeuert.
Positionen der AfD
Die Redebeiträge der AfD waren geprägt von starker Abwertung queerer Menschen.
Christopher Drößler nannte Dragqueens „oft pervers“ und sprach von einer „gesellschaftszersetzenden Agenda“. Beatrix von Storch machte vor allem „muslimische Gewalt“ für Übergriffe verantwortlich — eine Behauptung, die wissenschaftlich nicht gedeckt ist und sich in die rechtspopulistische Erzählung einfügt, Migration sei das Kernproblem.
Zudem wurde daran erinnert, dass Drößler selbst zuvor auf Social Media antisemitische und rechtsextreme Verschwörungstheorien über CSDs verbreitet hatte, etwa die Behauptung, Pride-Events seien von „globalistischen Kapitalkräften“ gesteuert.
Stellungnahmen der SPD
SPD-Abgeordneter Helge Lindh kritisierte die AfD scharf dafür, CSDs bewusst als „hypersexualisierte Veranstaltungen“ zu diffamieren. Er warf der Partei vor, selbst die Sexualisierung zur Diskreditierung queerer Menschen zu betreiben.
Sein Parteikollege Hakan Demir betonte, dass der Staat ein verlässlicher Schutzmechanismus für Minderheiten sein müsse.
Weiteres Verfahren und aktuelle Entwicklungen
Nach Abschluss der Debatte wurde der Antrag der Linken zur detaillierten Prüfung in den Innenausschuss überwiesen. Dort wird er weiter beraten, hat jedoch derzeit keine erkennbare Mehrheit im Bundestag.
Der queere Dachverband LSVD⁺ begrüßte grundsätzlich, dass das Thema im Parlament behandelt wurde, sieht aber weiterhin erheblichen Handlungsbedarf. Bislang hat die Bundesregierung keine neue umfassende Sicherheitsstrategie für CSDs vorgelegt, jedoch betonen einzelne Regierungsvertreter, das Thema sei „auf dem Radar“.
