Am 12. Juni 2025 stellte die Antidiskriminierungsstelle Schleswig-Holstein ihren 15. Tätigkeitsbericht für die Jahre 2023/24 vor. Trotz des Rückgangs pandemiebedingter Anfragen stieg laut Bericht die Zahl der bearbeiteten Fälle spürbar: Für den Zeitraum 2023/24 wurden insgesamt 459 neue Anfragen registriert. Die Schwerpunkte der Beratung liegen weiterhin bei Diskriminierung aufgrund von Behinderung, ethnischer Herkunft und Geschlecht. Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 hat die Stelle bis Ende 2024 bereits 2.629 Petitionen bearbeitet – ein deutlicher Indikator für den anhaltenden Bedarf an niedrigschwelliger Unterstützung im Kampf gegen Diskriminierung.
Der Tätigkeitsbericht hebt laut Pressemitteilung insbesondere die „vielen Anfragen zum Umgang mit sexuellen Belästigungen durch Arbeitskollegen im Privatleben und die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis“ hervor. Ein weiteres wiederkehrendes Thema ist Mobbing, das ebenfalls in den Fokus der Arbeit rückt.
Positiv bewertet wird, dass Arbeitgeber*innen sich im Rahmen von Schulungen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zunehmend für diese Problematik sensibilisieren. Auch außerhalb des Arbeitsplatzes werden die Schulungen und Beratungsangebote weiterhin stark nachgefragt und als wirksame Instrumente wahrgenommen.
Gleichzeitig weist der Bericht darauf hin, dass trotz der seit 2006 gesetzlich vorgeschriebenen betrieblichen Beschwerdestellen weiterhin zahlreiche Anfragen bei der Antidiskriminierungsstelle eingehen. Zudem zeigt sich, dass das AGG in bestimmten Bereichen – etwa im schulischen Kontext, bei Behörden oder in Vereinskonflikten – häufig nicht anwendbar ist.
Vor diesem Hintergrund berät der Landtag derzeit über ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG). Eine finale Entscheidung steht noch aus. Das LADG soll sich dabei am Berliner Vorbild orientieren – bislang das einzige Landesgesetz, das Bürger*innen bei Benachteiligung durch Behörden aufgrund bestimmter Merkmale einen Schadensersatzanspruch zuspricht. Dabei läge es eigentlich im eigenen Interesse von Unternehmen, aber auch von Behörden, sich gegen Diskriminierung aufzustellen: Eine diskriminierungssensible Unternehmens- und Behördenkultur steigert laut der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Samiah El Samadoni nicht nur die Mitarbeiter*innenbindung und Fachkräftegewinnung, sondern auch das Ansehen bei Kund*innen und Geschäftspartner*innen.
Gleichzeitig warnt El Samadoni eindringlich vor einem gesellschaftlichen Klima, das durch sprachliche Verrohung und menschenverachtende Äußerungen zunehmend belastet wird – wie etwa rassistische Inhalte in Stellenanzeigen oder diskriminierende Gesänge, jüngst beobachtet auf Sylt. Um solchen Entwicklungen zu begegnen, fordert sie mehr Sensibilisierung, Gesetzeserweiterungen und aktives Engagement für eine respektvolle und vielfältige Gesellschaft, um verletzendes Verhalten nicht zu normalisieren. Dabei ist es wichtig, die Adressat*innen der Forderungen klar zu trennen.
- Gesetzeserweiterungen richten sich eindeutig an den Landtag und die dortigen Entscheidungsträger*innen. Die Dienststelle empfiehlt ausdrücklich die Aufnahme des Vereinslebens in den Schutzbereich des AGG.
- Sensibilisierung zielt vorrangig auf Arbeitgeber*innen und Institutionen, die Raum, Zeit und fachliche Begleitung bereitstellen sollten, um entsprechende Prozesse zu fördern.
- Engagement für Vielfalt betrifft alle Menschen. Schon kleine Gesten – wie höflicher Umgang im öffentlichen Raum und solidarisches Verhalten über eigene Interessengruppen hinaus – leisten einen wirksamen Beitrag zu einem respektvollen Miteinander.
Hier geht es zur Pressemitteilung zum Bericht.
Hier gibt es den Jahresbericht 2024 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.