Echte Vielfalt

Jugend

Im Juni kündigte die US-amerikanische Regierung unter Donald Trump an, die Finanzierung für die nationale Suizidpräventions-Hotline für LSBTIQ*-Jugendliche zu streichen. Nun gibt es parteiübergreifende Bemühungen, das Programm wieder einzuführen.

Weiterlesen

Als Partner der nationalen Krisenhotline „988“ bietet The Trevor Project rund um die Uhr vertrauliche Beratung und Unterstützung per Telefon und Chat für junge LSBTIQ*-Personen, die unter psychischen Belastungen leiden oder suizidgefährdet sind. Wie dringend solche Angebote gebraucht werden, zeigt eine landesweite Befragung zur psychischen Gesundheit: Demnach gaben fast 40 Prozent der jungen LSBTIQ* in den USA an, im Jahr 2024 Suizidgedanken gehabt zu haben. Von jenen, die professionelle Hilfe suchten, erhielt die Hälfte jedoch keine Unterstützung. Bei Jugendlichen im Alter von 10 bis 14 Jahren ist Suizid die zweithäufigste Todesursache. Queere Jugendliche sind dabei laut The Trevor Project viermal häufiger betroffen als ihre cis- und heterosexuellen Altersgenossen.

Im Sommer kündigte die Trump-Regierung jedoch an, die Finanzierung für die Hotline einzustellen. Während die allgemeine Krisen- und Suizidhotline weitergeführt wird, soll es keine spezialisierten Angebote für junge LSBTIQ* mehr geben. Laut BBC erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums der Vereinigten Staaten, dass das Angebot eine „radikale Genderideologie“ befördere.

In einer Pressemitteilung reagiert der CEO von The Trevor Projekt, Jaymes Black, mit scharfer Kritik: „Das Programm wurde mit überwältigender Unterstützung beider Parteien ins Leben gerufen, denn trotz unserer politischen Differenzen sollten wir uns alle einig sein, dass das Leben jedes jungen Menschen es wert ist, gerettet zu werden. Ich bin zutiefst betrübt darüber, dass diese Regierung laut und deutlich erklärt hat, dass sie glaubt, dass das Leben einiger junger Menschen es nicht wert ist, gerettet zu werden.“

Die Entscheidung der Trump-Regierung wird von vielen Seiten kritisiert, auch innerhalb der eigenen Partei. Von den Senatorinnen Tammy Baldwin (Demokraten) und Lisa Murkowski (Republikaner) wurde nun parteiübergreifend ein Gesetzesentwurf vorgestellt, der die Finanzierung der spezialisierten Hilfehotline für junge LSBTIQ* rechtlich absichern will. Der Vorstoß wird von vielen Seiten begrüßt.

So erklärt der Vizepräsident für Regierungsangelegenheiten bei Human Rights Campaign David Stacey: „Wir sind stolz darauf, dass führende Politiker*innen beider Parteien die Bedeutung von 988, wofür es steht und welche Leben es verändert, anerkennen. Ihre Unterstützung hilft uns dabei sicherzustellen, dass jeder Mensch die Chance hat, seinen amerikanischen Traum zu leben“.

Derzeit wird die Hotline mithilfe von Spenden weiterbetrieben. Zudem wurde eine Petition gestartet, die politischen Druck erzeugen soll, um das Angebot zu sichern. Eine Finanzierung dieser wichtigen Arbeit muss gewährleistet werden, um vulnerable Gruppen gerade in Zeiten wachsender Queerfeindlichkeit bei psychischen Belastungen und akuter Suizidgefahr zu unterstützen. Die Krisenhotline rette Leben, betont Stacey.

Schließen


Wie können Lehrkräfte LSBTIQ*-Schüler*innen besser unterstützen? Dazu veranstaltet der Verband Queere Bildung e.V. am 24. September 2025 von 17:30–19:00 Uhr einen Onlineaustausch für Lehrkräfte.

Weiterlesen

Mobbing und Diskriminierung gegenüber LSBTIQ*-Schüler*innen sind weiterhin ein ernstes Problem in Schulen. Laut Ergebnissen des LGBTIQ-Survey der EU-Grundrechteagentur haben rund zwei Drittel der befragten queeren Menschen von Mobbingerfahrungen in ihrer Schulzeit berichtet – ein Anstieg im Vergleich zur letzten Studie von 2019. Trotz positiverer Diskussion von queeren Themen in Schulen werden Diskriminierungserfahrungen nicht weniger.

Schulen und Lehrkräfte tragen eine besondere Verantwortung, Kinder und Jugendliche für die gesellschaftliche Vielfalt zu sensibilisieren und gegen Diskriminierung einzustehen. Im Rahmen des 2. Regenbogen-Parlaments wurde in einer Diskussion zum Thema Regebogen-Kompetenz in Schule und Unterricht hervorgeheben, dass Schulen und Lehrkräfte den Auftrag hätten, Kinder und Jugendliche auf diese Themen vorzubereiten. Lehrkräfte müssten aktiver gegen Diskriminierung von LSBTIQ*-Schüler*innen vorgehen, beispielsweise bei queerfeindlichen Schimpfwörtern.

Zur Frage, wie gelebte Vielfalt im Schulalltag konkret aussehen kann, findet am 24. September ein Online-Austausch für Lehrkräfte statt. Die Referent*innen Magnus Osterkamp und Christiane Morlock bieten in einem Input erste Impulse zum Thema. Danach soll es vorrangig um den Austausch unter den Teilnehmenden gehen. Lehrkräfte sind eingeladen, eigene Projekte, Herausforderungen und Ideen miteinander zu teilen und voneinander zu lernen. Im Rahmen der Veranstaltung sollen verschiedene Möglichkeiten diskutiert werden, um LSBTIQ*-Personen in Schulen zu fördern und empowern.

Die Anmeldung erfolgt über die Webseite des Fachverbands Queere Bildung e.V.

Queere Bildung e. V. ist der Fachverband für Bildungsarbeit zu sexueller, romantischer und geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland. Die Veranstaltung ist Teil des Projekts „Selbstverständlich Vielfalt – Kooperationsverbund für sexuelle, romantische und geschlechtliche Selbstbestimmung“ und wird durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) gefördert.

Schließen


Der Bundesverband Trans* e. V. hat eine Broschüre mit dem Titel „Wir reden mit! Warum trans* Kinder und Jugendliche ernst genommen und unterstützt werden müssen“ veröffentlicht. Darin werden die Lebensrealitäten von inter*, trans* und nicht-binären Kindern und Jugendlichen sichtbar gemacht und Möglichkeiten zur Unterstützung aufgezeigt.

Weiterlesen

Die Broschüre bezieht sich auf die Aktion #WirRedenMit, die im Frühjahr 2022 durchgeführt wurde.  An einer Online-Umfrage haben sich 576 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von fünf bis 26 Jahren beteiligt. Aus den Antworten ergab sich ein vielfach geäußerter Wunsch nach mehr Selbstbestimmung. Zudem möchten die Kinder und Jugendliche in ihren Belangen ernst genommen werden und benötigen mehr unterstützende Strukturen. Die zwölf zentralen Forderungen, die sich aus der Umfrage ergeben haben, können auf der Webseite der Aktion #WirRedenMit nachgelesen werden.

Erlebnisse wie Diskriminierung im Alltag, Mobbing in der Schule oder Konflikte in den Familien führen zu erhöhten psychischen Belastungen für trans*, inter* und nicht-binäre Kinder und Jugendliche. Wenn sie in ihrem Umfeld Unterstützung erfahren, ist die Gefahr psychischer Probleme nicht höher als bei cis-geschlechtlichen Kindern und Jugendlichen.

Ein zentraler Teil der Broschüre behandelt, wie Unterstützung aussehen kann: Geschlechtliche Vielfalt sollte selbstverständlich thematisiert und allgemein berücksichtigt werden. Dazu zählen kleine Maßnahmen wie geschlechtsneutrale Optionen bei Anmeldeformularen sowie die Möglichkeit, Pronomen und selbstgewählte Vornamen eintragen oder mitteilen zu können – sei es in der Schule, im Sportverein oder zu Hause. Die Repräsentation von Vielfalt in Büchern und Serien sowie im Unterrichtsmaterial kann ebenfalls zur Normalisierung von trans* und nicht-binären Identitäten beitragen, was sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene wirkt.

Ebenfalls wird betont, dass Diskriminierung zu entgegnen und sich gegen Trans*feindlichkeit zu positionieren ein relevanter Aspekt der Unterstützung von trans* Kindern und Jugendlichen ist. „Zu wissen, dass jemand hinter uns steht und wir uns immer an jemanden wenden können, ist unfassbar viel Wert!“, so ein*e Jugendliche*r in der Broschüre.

Zudem wird die Frage nach Selbstbestimmung ab 14 Jahren diskutiert. Dabei werden diverse Verbände und Organisationen zitiert, die durchaus dafür plädieren, dass Personen ab 14 Jahren selbstbestimmt ihren Vornamen und Geschlechtseintrag ändern dürfen sollten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beispielsweise fordert eine Stärkung der Selbstbestimmung von Minderjährigen. Im aktuellen Selbstbestimmungsgesetz können Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren ihren Antrag selbst stellen, benötigen jedoch das Einverständnis ihrer Sorgeberechtigten.

In der Broschüre wird betont: „Entgegen weit verbreiteter Missverständnisse hat das Selbstbestimmungsgesetz allerdings nichts mit körperlichen oder medizinischen Änderungen zu tun. Beim Selbstbestimmungsgesetz geht es nur um Bürokratie: die Änderung von Vorname(n) und Geschlechtseintrag im Geburtenregister, was eine Änderung in den Dokumenten wie Geburtsurkunde oder Personalausweis zur Folge hat.“

In Bezug auf geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen bei Minderjährigen wird in der Broschüre die Behandlungsleitlinie des Deutschen Ethikrates angeführt. Darin wird die besondere Verantwortung für Minderjährige genauso wie deren Mitbestimmungsrecht betont. Der Bundesverband Trans* e. V. spricht in diesem Zusammenhang von einem Entscheidungsprozess, "in dem alle Beteiligten ihren Teil der Verantwortung tragen (Shared Decision Making)". Dafür braucht es passende und diskriminierungsfreie Beratungsangebote, die sich auf die individuellen Fälle einlassen. So würde eine pauschale Altersgrenze keinen Sinn machen. Ein*e trans* und nicht-binäre junge*r Erwachsene*r sagt dazu: „Transition ist individuell. Es gibt mehr als nur ‚ganz oder gar nicht‘. ‚Was brauchst du?‘ ist daher immer wieder eine enorm wichtige Fragestellung.“

Schließen


Schüler*innen sollten grundsätzlich in einem diskriminierungsfreien Umfeld lernen können. Aber das „Recht auf diskriminierungsfreie Bildung“ und dessen Praxis gehen nicht immer Hand in Hand.

Weiterlesen

Dennoch gibt es „in Deutschland bereits viele Schulen, die Diskriminierungen erfolgreich vorbeugen und die Schule damit zu einem sichereren Ort für alle machen.“ Aus einigen dieser Schulen hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) am 05. September 2024 eine Sammlung „guter Beispiele“ gegen Diskriminierung veröffentlicht.

Mit dieser Sammlung „bewährter Praxisbeispiele“ will die ADS eine Sammlung konkreter Handlungsansätze zur Verfügung stellen, die als Inspiration und Orientierungshilfe für eigene Projekte dienen, aber auch mögliche Stolpersteine aufzeigen.

Insgesamt werden 31 Praxisbeispiele vorgestellt, die Schüler*innen, Pädagog*innen, Schulleitungen und andere Akteur*innen im schulischen Umfeld dabei unterstützen, aktiv gegen Diskriminierung vorzugehen. Diese Beispiele umfassen Maßnahmen wie Schüler*innen-Arbeitsgemeinschaften, Empowerment-orientierte Angebote, Workshops sowie Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte.

Über die Suchfunktion können Interessierte gezielt nach bewährten Maßnahmen suchen, die auf ihre Schulform und die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dabei befassen sich 23 der 31 Beispielprojekte auch mit den Themen „Geschlecht/Geschlechtsidentität“ sowie „sexuelle Identität“.

Wie Ferda Ataman, die Leiterin der ADS, nach einem Artikel von queer.de betont, sollten Schulen grundsätzlich das Thema Diskriminierung ernst nehmen. Dabei komme es laut ADS auf die Befürwortung und Unterstützung der gesamten Schule und insbesondere die Schulleiter*innen an - zumindest mittel- bis langfristig.

Am Ende geht es bei Projekten gegen Diskriminierung schließlich immer auch darum, dass sie über die Initiator*innen und den aktiven Kern hinaus mitgetragen werden.

Schließen


Im Rahmen der „Queerfilmnacht“ wird jeden Monat ein herausragender (internationaler) queerer Film ausgewählt, der in über 40 teilnehmenden Kinos in ganz Deutschland und Österreich gezeigt wird. Im Juli wurde der Film „Fireworks“ (im Original: Stranizza d’amuri) von Giuseppe Fiorello ausgewählt, der die Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern auf Sizilien in den 1980ern erzählt.

Weiterlesen

„Fireworks“ wird vom Online-Magazin queer.de als „einer der eindruckvollsten und wichtigsten queeren Film[e] in diesem Jahr“ gelobt. Der Film von Guiseppe Fiorello bezieht sich auf einen wahren Vorfall; den Mord an zwei jungen Männern, der im Nachhinein als „delitto di Giarre“ bezeichnet wurde. 1980 wurden in der Stadt Giarre die Körper der beiden Männer, Hand in Hand, aufgefunden. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt.

Das Ereignis gilt als Startpunkt der Mobilisierung der italienische Homosexuellenbewegung: als eine der heute wichtigsten queeren Organisationen in Italien gründete sich als Reaktion auf das Verbrechen die „Arcigay – Associazione LGBQTIA+ Italiana“, außerdem fand 1981 der erste Gay Pride in Palermo statt (für einen Bericht über den Kriminalfall sowie der queeren Bewegung in Italien siehe einen Artikel des Libertine Magazin).

Der Film wird auf der Webseite der Queerfilmnacht folgendermaßen beschrieben:

„Sizilien im Sommer 1982. Während ganz Italien vom Gewinn der Fußball-WM träumt, träumen Gianni und Nino von einer Liebe ohne Angst. Die beiden Teenager lernen sich mit einem großen Knall kennen, als sie auf einer Landstraße mit ihren Mopeds zusammendonnern. Um den Unfall wieder gut zu machen, bietet Nino dem anderen Jungen einen Job bei seinem Vater an, der Feuerwerke veranstaltet. Gianni und Nino werden erst Freunde und bald Geliebte. Doch als ihre konservativen Familien von der Beziehung erfahren, sehen sich die beiden brutalen Anfeindungen ausgesetzt. Wild entschlossen wollen Gianni und Nino für ihre Liebe kämpfen – und bringen sich damit in Lebensgefahr.“

Hier die Termine für Schleswig-Holstein und Bremen:

  • Flensburg: 17.07. um 20:30 Uhr im Kino 51 Stufen
  • Bremen: 19.07. um 20:00 Uhr im City 46
  • Kiel: 29.07., um 20:30 Uhr im Kommunalen Kino in der Pumpe

Weitere Termine, Infos und Tickets auf der Webseite der Queerfilmnacht.

Auch die Filme der Queerfilmnacht im August und September 2024 sind bereits bekannt: im August wird „Patagonia“ von Simone Bozzelli  gezeigt, im September „Der Sommer mit Carmen“ von Zacharias Mavroeidis.

Außerdem findet vom 5. bis 11. September das Queerfilmfestival 2024 in elf Städten statt.

Schließen


Am 20. März 2024 wurde eine neue Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur Geschlechtsinkongruenz und -dysphorie im Kindes- und Jugendalter vorgestellt. Die Verfasser*innen der neuen S2k-Leitlinie haben nun noch etwa drei Wochen Zeit das Ergebnis zu kommentieren, bevor es zur endgültigen Fassung kommt.

Weiterlesen

Wie das Ärzteblatt am 22. März berichtete, wird die neue Leitlinie im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wie etwa Schweden, Finnland oder Großbritannien für den deutschsprachigen Raum weniger restriktiv ausfallen. Während in den genannten Ländern die Vergabe von Pubertätsblockern nur noch im Rahmen von Studien zulässig ist, dürfen sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter bestimmten Auflagen weiter eingesetzt werden. Voraussetzung ist eine angemessene kinder- und jugendpsychiatrische beziehungsweise psychotherapeutische Einschätzung. Hinzu kommt eine Beratung durch eine pädiatrisch-endokrinologische Fachperson. Hierbei müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: Es muss eine anhaltende Geschlechtsinkongruenz festgestellt werden und gleichzeitig ein geschlechtsdysphorischer Leidensdruck bestehen.

Dass eine Geschlechtsinkongruenz zum Leidensdruck führt, ist nicht unplausibel, aber auch nicht zwangsläufig gegeben. Ein zentraler Punkt bildet dabei das Verhältnis von Risiko und Nutzen. Wie die Direktorin des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Göttingen, und Autorin der Leitlinie Claudia Wiesemann gegenüber dem Ärzteblatt betont, seien die Nebenwirkungen im Vergleich zur Krisensituation der Geschlechtsdysphorie in der Regel unerheblich. Dem gegenüber stellt die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), die auch auf Wiesemann verweist, die Kritik von Florian Zepf, Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Jena und früher selbst Mitglied in der Leitlinienkommission: Zepf mahnt an, dass sich auch mit der neuen Leitlinie die medizinische Datenlage nicht verbessert habe. Insbesondere Langzeitfolgen wie Unfruchtbarkeit und Auswirkungen auf den Hirnreifungsprozess müssten bei der Risiko-Nutzen-Analyse berücksichtigt werden.

Bereits im vergangenen Jahr 2023 hatte das Ärzteblatt eine Entscheidung des National Health Service (NHS) in Großbritannien aufgegriffen, wonach Pubertätsblocker nur noch in Ausnahmefällen Minderjährigen verschrieben werden dürfen. Auch hier lautete die Begründung eine zu geringe Forschungslage in puncto Sicherheit und Wirksamkeit. Aber auch bei Nutzerstudien ist die Situation nicht eindeutig. Während eine Studie aus Amsterdam zeigt, dass 98% der Jugendlichen, die Pubertätsblocker und Hormone einnahmen, die Therapie über mindestens vier Jahre fortsetzten, fragen laut einer US-Studie etwa 25,6 % derjenigen, die vor dem 18. Lebensjahr eine Therapie begannen, innerhalb von vier Jahren keine weiteren einschlägigen Rezepte mehr nach. Zudem macht der Artikel des Ärzteblatts vom letzten Jahr mit Bezug auf einen Artikel von Reuters zum Thema Detransition deutlich, dass nur ein Viertel der Betroffenen ihre Detransition den behandelnden Ärzt*innen kommunizieren. Damit könnte die tatsächliche Anzahl derer, die sich umentscheiden, unterschätzt sein. Auch wir hatten bereits das Thema Detransition aufgegriffen und waren zu dem Schluss gekommen, dass vor allem die Tabuisierung von Detransition Gefahren birgt, indem sie Leidenswege verdecken kann.

Mit dem Spannungsfeld dieser z.T. widersprüchlichen Studien ist es umso wichtiger klarzustellen, dass die S2k-Leitlinie kein Garant für absolute Sicherheit ist, sondern laut AWMF auf dem Konsens der beteiligten Fachleute beruht. Daher bleibt weiterhin eine genaue und situationsabhängige Abwägung der individuellen Umstände erforderlich.

Und genau an dieser Stelle kommt die Frage der Selbstbestimmung in den Diskurs. Auch wenn Minderjährige ein Recht auf Selbstbestimmung haben, obliegen Pflege und Sorge laut Art. 6 GG nicht umsonst den Eltern, und die Gesellschaft hat die Pflicht, darüber zu wachen. Selbstbestimmung erhält also insbesondere dann Grenzen, wenn die Selbstfürsorge in Frage steht. Das bedeutet aber auch, dass im gleichen Moment die Verantwortung auf die Entscheidungsträger übertragen wird. Selbst wenn zukünftig die Datenlage verbessert wird, bleibt dieser Umstand erhalten. Umso jünger und größer die Unsicherheit, umso geringer der Einfluss auf eine Behandlungsentscheidung. Damit ist explizit ein Einbezug nicht ausgeschlossen. Eltern und Expert*innen spielen daher eine entscheidende Rolle, sei es durch direkte Entscheidungen für Minderjährige oder durch ihre Autorität in Beratungssituationen. Damit wird es aber umso notwendiger, dass alle Beteiligten, einschließlich der Fachkräfte, ihre Rolle reflektieren und sicherstellen, dass die Bedürfnisse und Rechte der Minderjährigen angemessen berücksichtigt werden. Dies erfordert Selbstdisziplin, um persönliche Überzeugungen nicht über das Wohl der Minderjährigen zu stellen. Diese Prinzipien gelten allerdings ebenso für erwachsene Personen, die Rat und Hilfe bei solchen Entscheidungen suchen.

Schließen


Auf unseren Seiten haben wir schon über einige Angebote der queeren Jugendarbeit in Schleswig-Holstein berichtet. Hier wollen wir näher auf die Gruppenangebote des Jugendnetzwerk lambda::nord e.V. in Lübeck eingehen.

Weiterlesen

Jeden Mittwoch finden in Lübeck zwei Treffen für junge Queers statt. Die Kinder- und Jugendgruppe „Dino-Zug“ richtet sich an LGBTQIA* zwischen 12 und 16 Jahren und die „Rosa Einhorn Brigade“ an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 17 und 27 Jahren. Der Verein möchte Schutzräume für junge queere Personen schaffen, in denen Bildung, Austausch und Empowerment stattfinden kann.

Unter Leitung der Sozialarbeiter*innen Julia Ostermann und Rebecca Herzberg haben die Gruppen einen monatlich wiederkehrenden Ablaufplan erarbeitet. Dabei wechseln die Termine wöchentlich zwischen Basteln, Spielen, gemeinsamem Kochen und Backen und Filmnachmittagen/-abende. Zudem wird einmal im Monat ein Thema besprochen, welches sich die Kinder und Jugendliche gewünscht haben, beispielsweise zum aktuellen politischen Geschehen. Im Schnitt nehmen an der Kinder- und Jugendgruppe Dino-Zug sechs Personen und an der Rosa Einhorn Brigade zehn Personen teil.

Das Angebot sei aus vielen Gründen notwendig, betont Gruppenleiterin Julia Ostermann. Im Rahmen der Gruppentreffen und im Austausch mit anderen jungen queeren Personen haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre eigene Identität in einem sicheren Rahmen zu erforschen und entfalten. So soll ein Safer Space geschaffen werden, was nach Angaben der Teilnehmenden auch gelingt. Eine*r der Jugendlichen hebt positiv hervor, dass in den Gruppen die Identität und Pronomen der Teilnehmenden stets respektiert werden und keine Diskriminierung stattfinde. „Ich gehe in die Jugendgruppe, weil ich einen Platz gesucht habe, wo ich komplett sein kann, ohne verurteilt zu werden“, so ein*e andere*r Teilnehmer*in. Der Austausch mit Personen, die die eigene Situation nachempfinden können, scheint für die Jugendlichen von hoher Bedeutung.

Das Jugendnetzwerk schafft auch einen Ort, an dem soziale Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden können. Somit soll der Isolation von Kindern und Jugendlichen vorgebeugt werden, was insbesondere bei jungen LGBTQIA* Personen ein Risiko sei. Auch bei Diskriminierung und Mobbing können die Gruppen die Betroffenen auffangen und unterstützen.

Außerdem sollen die Gruppen Bildungs- und Aufklärungszwecke erfüllen: „Durch Workshops, Diskussionen und informative Veranstaltungen, wie z. B. unsere Thementage, können die Kinder und Jugendlichen ein tieferes Verständnis für ihre eigene Identität und die queere Community entwickeln“, so Ostermann. Von den Fachkräften bekommen die Teilnehmenden auch psychosoziale Unterstützung. Zudem bietet das Jugendnetzwerk lambda::nord mit der Beratungsstelle NaSowas auch konkrete Unterstützung bei Fragen rund um sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität an.

Die Kinder- und Jugendgruppe „Dino-Zug“ findet immer mittwochs von 16:00 bis 18:00 Uhr statt, die Gruppe für ältere Teilnehmende „Rosa Einhorn Brigade“ mittwochs von 18:30 bis 21:00 Uhr.

Weitere Informationen auf der Webseite des Jugendnetzwerks lambda::nord.

Auf Instagram werden regelmäßig News und Termine zu den Treffen sowie anderen Angeboten des Vereins gepostet: @queere_jugendarbeit_hl

Schließen


Mit dem Republikaner Ron DeSantis als Gouverneur wurden die Rechte von LGBTIQ* im US-Bundestaat Florida immer mehr eingeschränkt. Nun wird ein Verbot der Pride-Flagge besprochen.

Weiterlesen

Es ist nicht das erste Mal, dass Florida mit queerfeindlichen Gesetzesentwürfen Schlagzeilen macht. Nach dem sogenannten „Don‘t Say Gay“-Gesetz, das die Aufklärung zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Schulen verbietet sowie Gesetze zur Einschränkung der medizinischen Versorgung von trans Jugendlichen könnte nun auch queere Symbolik kriminalisiert werden.

Der Gesetzesentwurf zielt zunächst auf öffentliche Institutionen ab. An öffentlichen Gebäuden, Schulen und Universitäten sollen die Flaggen nicht gehisst werden dürfen.  Zudem sollen auch Lehrer*innen und Beamt*innen keine Symbole tragen, die „ideologische” Standpunkte repräsentieren würden. Dies betrifft unter anderem Symbole bezüglich sexueller Orientierung und Gender. Neben der Regebogenflagge gehören dazu trans, inter und bisexuelle Pride-Flaggen. Auch Flaggen in Verbindung mit der Black-Lives-Matter Bewegung sollen verboten werden.

Als Begründung wird der Bildungsaspekt herangezogen. Schüler*innen und Studierende würden in Floridas Klassenzimmern „radikalisiert“ werden, so der Republikaner David Borrero (zitiert in The Guardian). Dabei verfolgt er ein Narrativ des Kulturkampfes, in dem Republikaner gegen die vermeintliche Infiltrierung von Kindern und Jugendlichen durch linke, marxistische, „woke“ und Gender-Ideologien angehen müssten. Unter demselben Vorwand soll die Finanzierung von Diversitäts- und Inklusionsprogrammen an Universitäten gestrichen werden (NBC News).

Der demokratische Senator Shevrin D. Jones reagiert empört auf den Gesetzesentwurf: „Sind wir in Russland? Sind wir in Cuba? Das ist Autoritarismus. Das ist Faschismus.“ (zitiert in PinkNews). Die Regenbogenflagge solle Hoffnung bedeuten, so Jones. Indem die LGBTIQ* Pride-Flag als Zeichen von Radikalisierung interpretiert wird, werden im Bundestaat immer mehr Ressentiments gegenüber queeren Personen geschürt.

Schließen


Dass Google, YouTube und Co. Algorithmen unterliegen, deren Suchkriterien nicht für alle sofort ersichtlich sind, ist keine Neuigkeit - auch, dass dabei die Gefahr von Selektion und Diskriminierung besteht. Aber nicht nur können die Algorithmen selbst einen Selektionsbias erzeugen, sondern über die ökonomische Notwendigkeit der Reichweite und den damit verbundenen Druck kann es zu einer vorweggenommenen Selektion durch die Content Creator kommen.

Weiterlesen

Bereits im Juli 2021 berichtete das RedaktionsNetzwerk Deutschland (rnd) über diese Art der Selbstzensur des YouTubers Rezo. Herausgenommen hatte dieser Worte wie: „Homosexualität, homosexuell, schwul und Homophobie.“ Wie Rezo in dem Bericht beschreibt, liegt das Problem darin, Themen anzusprechen, ohne sie beim Namen zu nennen, um nicht herabgestuft zu werden. Ob dies die richtige Vorgehensweise ist oder nicht, sei an dieser Stelle dahingestellt. Laut rnd gibt es allerdings zumindest Indizien dafür, dass der YouTube-Algorithmus Videos mit den eben genannten Buzzwords herunterstufe.

Doch auch der umgekehrte Sachverhalt lässt sich bei den Algorithmen finden. Vergisst man beispielsweise auf YouTube bei der Suche nach „LGBTIQ“ das „I“ einzugeben, durch einen Tippfehler oder aus Unkenntnis, so werden vom Algorithmus unter dem Schlagwort „LGBTQ“ mit fünf von sieben Ergebnissen eindeutig rechtspopulistische und menschenverachtende Anti-LGBTIQ*-Inhalte gezeigt. Hierbei ist anzumerken, dass der PC, mit dem diese Recherche vollzogen wurde, in keinen spezifischen YouTube-Account eingeloggt war. Bei einer Wiederholung auf einem anderen Gerät und einem anderen Anschluss zeigte sich ein ähnliches Bild. Besonders für Kinder und Jugendliche, die nicht in ihrem direkten Umfeld Bezugspersonen haben, die sich mit LGBTIQ* auseinandersetzen oder selbst dazugehören, entsteht hier eine ideologische Gefahr.

Daran zeigt sich abermals die Bedeutung medialer Bildung, die über eine bloße Anwendung von Medien hinausgeht und stattdessen auch Mechanismen und Inhalte reflektiert. Gleichzeitig zeigt es die Verantwortung der großen LGBTIQ*-Verbände und Vereine sowie ihrer Träger, sich stellvertretend für die gesamte Comunity auf eine juristische Auseinandersetzung auch mit großen Konzernen wie YouTube einzustellen, um für ein Regelwerk in der digitalen Welt zu kämpfen, das die Prinzipien von Würde und Demokratie hochhält. Etwas, dass Einzelne nicht leisten können. Ein zugegebenermaßen ambitioniertes und langwieriges Unterfangen, bei dem der teilweise geäußerte Vorwurf des „Canceln“ mutmaßlich ein ständiger Begleiter bleiben wird. Aber ohne diese Auseinandersetzung wird in einer Welt der digitalen Information der Einsatz für ein neues gesellschaftliches Selbstverständnis kaum gelingen.

Schließen


Mit dem EU-Austauschprogramm Erasmus+ werden Auslandsaufenthalte von jungen Menschen zu Lern- und Ausbildungszwecken gefördert. Vor allem bei Studierenden ist ein Auslandssemester im Rahmen von Erasmus+ beliebt, da das Programm finanzielle Unterstützung bietet sowie organisatorische Aspekte erleichtert. Doch Erasmus+ fördert auch kürzere Auslandsaufenthalte und Projekte, worunter einige queere Personen adressieren.

Weiterlesen

Mit Erasmus+ sollen nicht nur interkulturelle Kompetenzen vermittelt werden, die junge Menschen in einer globalisierten Gesellschaft benötigen, sondern es geht auch um die Stärkung ihrer gesellschaftlichen und politischen Partizipation. Das Programm legt außerdem einen stärkeren Fokus auf Chancengleichheit und Inklusion. Organisationen und informelle Gruppen können sich beispielsweise auf Fördermittel im Rahmen der Aktion “DiscoverEU Inclusion Action” bewerben, die auf Inklusion, Chancengleichheit und Empowerment von Jugendlichen und jungen Erwachsenen abzielt. Dabei werden kurzzeitige Auslandsaufenthalte von einzelnen Personen oder Gruppen finanziert.

Wie steht es um die Förderung von Projekten, die sich für queere Personen einsetzen? Nach Angaben des Tagesspiegel wurden in den Jahren 2021 und 2022 fast 150 Projekte mit LGBTIQ*-Fokus mit einer Gesamtsumme von 8,83 Millionen Euro gefördert. Mehr als doppelt so viele Projekte haben sich beworben.

Unter den geförderten Projekten ist „Wikipedia for Peace: Queer“, ein von 2020 bis 2023 angesetztes Austauschprogramm, in dem sich 35 junge Menschen aus sechs EU- und Nicht-EU-Ländern in Österreich getroffen haben, um Artikel zu queeren Themen zu verfassen. Dabei lernen die Teilnehmer*innen nicht nur selbst relevante Inhalte im Bereich LGBTIQ* kennen, sondern tragen auch zur erhöhten Sichtbarkeit dieser Themen im Internet bei. Ein weiteres gefördertes Projekt ist „Queer Rural Identities“, das sich an queere junge Erwachsene insbesondere aus ländlichen Regionen richtet. Hier wurden verschiedene Fragen rund um LGBTIQ* diskutiert. Das Projekt zielt darauf ab, LGBTIQ*-Netzwerke und Aktivismus in ländlichen Gebieten zu fördern und queere Menschen in multikulturellen Umgebungen wie Erasmus+ einzubeziehen.

Diese Beispiele zeigen, dass die Förderung von queerpolitischen Projekten einen Beitrag zur Sichtbarkeit und Unterstützung von LGBTIQ*-Personen leisten kann. So wäre eine weitere und umfassendere Unterstützung von Projekten für junge queere Menschen im Rahmen des Erasmus+-Programms wünschenswert.

Schließen

         

Echte Vielfalt
Datenschutzübersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir Ihnen die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in Ihrem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Erkennen von Ihnen, wenn Sie zu unserer Website zurückkehren, und helfen unserem Team zu verstehen, welche Bereiche der Website für Sie am interessantesten und nützlichsten sind.

.moove-gdpr-branding-cnt,.moove-gdpr-company-logo-holder {display: none;} #moove_gdpr_cookie_info_bar p{text-shadow: none;}