Echte Vielfalt

12. Dezember 2023

Gendern in Schule und Verwaltung: Neue Runde, altes Lied.

Mit seiner Antrittsrede am 05. Dezember 2023 drohte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ein weiteres Mal, „[…] das Gendern in Schule und Verwaltung [zu] untersagen“. Ein altes Lied, dessen Missklänge allerdings die immer noch aktuellen Problemlinien des Diskurses zum Vorschein bringen.

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Aufschluss bieten dabei die Interviews des Münchner Merkur im Nachklang der Antrittsrede mit Verantwortlichen aus Schule und Politik. So äußert sich beispielsweise Andrea Bliese, Schulleiterin am Camerloher-Gymnasium Freising gegenüber der Zeitung, dass sie zwar grundsätzlich dafür sei, dass jede Lehrkraft in Eigenverantwortung entscheide, ob sie gendern wolle. Als Germanistin sei sie allerdings noch unschlüssig, ob ein grundsätzliches Gendern gut wäre. Sollte allerdings ein Verbot kommen, müsste sich die Schule als Teil Behörde daran halten.

Allerdings ist Sprache ebenso fluide wie wirkmächtig in ihren Be- und Zuschreibungen. Die deutsche Rechtschreibung beweist, dass Sprache bereits zuvor und auch in Zukunft aktiv gestaltet werden kann und wird. Und natürlich haben sich Schulen schon jetzt an die deutsche Rechtschreibung zu halten. Echte Vielfalt hatte bereits im November letzten Jahres dazu berichtet, als es um ein Genderverbot beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ging. Laut Verfassungsgericht sind staatliche Sprach- und Schreibverbote (abgesehen von strafbaren Beleidigungen) in der privaten Kommunikation ausgeschlossen. Behörden und staatliche Einrichtungen – und damit auch Schulen – haben sich allerdings an die aktuelle Rechtschreibung zu halten.

Es Lehrer*innen selbst zu überlassen, ob sie im Unterricht eine gendergerechte Sprache verwenden, selbst wenn Bayern ein Verbot des Genderns verabschieden würde, ist damit ebenso eine Entscheidung wie die Beibehaltung der bisherigen Praktik (die rechtliche Debatte noch nicht mit einbezogen).

Ein weiteres Argument, das so alt ist wie die Debatte selbst, führt Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher in den Diskurs: „Viele Jugendliche haben bereits jetzt Sprachprobleme, da Deutsch keine so einfache Grammatik hat. Wenn sich die Schülerinnen und Schüler dann zusätzlich mit Gendern auseinandersetzen müssten, werde es noch komplizierter“, so Eschenbacher gegenüber dem Münchener Merkur und impliziert damit, dass die schulischen Leistungen ohne Gendern besser wären. Er konterkariert seine Behauptung allerdings selbst, wenn er feststellt: „In den derzeitigen Krisen wäre es mir lieber, ich bekomme pädagogisches Personal, als dass ich mit dem vorhandenen diskutiere, ob sie gendern oder nicht.“

Egal wie der Diskurs geführt wird, festzuhalten ist, dass die Umsetzung gendergerechter Sprache Zeit braucht, denn wie jedes Erlernen von Sprache bleibt es immer auch eine Frage der Gewöhnung und Wiederholung.

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