Echte Vielfalt

28. Juli 2021

Budapest Pride: Regenbogen gegen Orbán

Zehntausende Menschen haben am Samstag mit dem 26. CSD in Budapest – dem wahrscheinlich größten in seiner Geschichte – ein friedliches Zeichen gegen die queer-feindliche Regierung gesetzt. Diese hatte vor wenigen Wochen ein Gesetz beschlossen, welches das Verbot gewisser Inhalte, die bei Minderjährigen für Homosexualität und Geschlechtstransitionen „werben“, generell ermöglicht. Nun hetzt Orbáns Regierung gegen Brüssel, keine EU-Corona-Hilfen annehmen zu wollen, wenn sie mit einer Rücknahme des Gesetzes gegen Homo- und Trans-„Propaganda“ verknüpft würden.

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Doch während die Solidarität unter und mit queeren Menschen im In- und Ausland größer, und die Kritik an dem Gesetz lauter wird, hat das Gesetz auch zu einer Zunahme queer-feindlicher Rhetorik durch rechte Parteien in ganz Europa geführt. AfD-Chef Jörg Meuthen erklärte so etwa, dass „wenn die Ungarn die Einflüsse der LGBT-Ideologie als schädlich erachten und ihre Bürger, Werte und Traditionen vor diesen schützen möchten, dann ist das deren gutes Recht“, auch die AfD-Bundestagskandidatin Christina Baum betonte „Homo-Propaganda“ abzulehnen.

Die EU-Kommission hingegen hatte vergleichsweise schnell auf das Gesetz reagiert und vor rund zehn Tagen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn gestartet, worauf Orbán in dieser Woche mit der Ankündigung eines Referendums reagierte. Damit soll die Bevölkerung über die vermeintlichen „Kinderschutz“-Pläne der Regierung und indirekt über das Gesetz abstimmen. Außerdem kündigte Orbán an, dass Ungarn keine Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der EU annehmen wolle, falls Brüssel dies von einer Abschaffung des Gesetzes abhängig macht.

In diesem Jahr fand also der CSD vor dem Hintergrund dieser queer-feindlichen Politik statt, eine Politik, die sich auch in der Gesellschaft spiegelt: Als LGBTQI*s und ihre Allys zu hochsommerlichen Temperaturen mit Regenbogenflaggen und Plakaten durch die Innenstadt zogen, gab es am Rande (unter anderem von Rechtsradikalen) auch kleinere Gegenproteste, die homofeindliche Sprechchöre skandierten und Plakate wie „Stop LGBT“ hielten. Sie seien jedoch von der Hauptstadt-Polizei auf sicheren Abstand zu den queeren Demonstrierenden gehalten worden. Doch viele queere Menschen können sich auch im Alltag nicht mehr in ihrer Heimat sicher und wohl fühlen: So plant Boldizsar Nagy, welcher das queer- und Roma-inklusive Kinderbuch „Wonderland Belongs to Everyone“ mitveröffentlichte, das Land zu verlassen. Der schwule ungarische Publizist erhält noch immer täglich Morddrohungen auf Sozialen Medien und fühlt sich nicht mehr sicher – außerdem verwehrt die ungarische Regierung ihm und seinem Partner ihren Wunsch ein Kind zu adoptieren – auf Basis eines Gesetzes, welches voraussetzt: „Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann“. Mit dem neuesten Gesetz könne nun alles passieren, so Nagy: „Wir haben Angst alles zu verlieren“. Doch Nagy sagte der Deutschen Welle zwei Tage vor der Pride-Parade in Budapest auch, dass das Gesetz viele Menschen, die dagegen sind, vereinen würde. „Jetzt sind wir endlich sichtbar“, erklärte er, und sprach die Hoffnung aus, dass deswegen am Samstag viele erscheinen würden – eine Hoffnung die sich, wie oben beschrieben, erfüllte.

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