Mit dem Rückzug von Präsident Joe Biden aus dem US-Wahlkampf soll nun die bisherige Vizepräsidentin Kamala Harris in den Ring gegen Trump steigen. Am 7. August soll sie auf dem Parteitag der Demokrat*innen offiziell nominiert werden. Ohne offizielle*n Gegenkandidat*in und mit der Zeit im Nacken ist ihre Kandidatur damit bereits ziemlich gesichert. Doch wofür steht Harris in Bezug auf LGBTIQ*-Politik?
Laut Angaben der NGO „Human Rights Campaign“ (HRC) erfährt Harris derzeit massive Unterstützung aus der amerikanischen LGBTIQ*-Gemeinschaft: „The community is sending a message loud and clear: we are united in support of the experienced, tough, pro-equality Vice President Kamala Harris and will do everything it takes to defeat Donald Trump and JD Vance.“, zitiert die HRC ihre Präsidentin Kelley Robinson und nimmt einen Blick in ihre Vergangenheit vor, um zu zeigen, dass Harris sich bereits früher immer wieder aktiv für LGBTIQ*-Belange eingesetzt hat:
- 2004 gründete sie eine Einheit zur Untersuchung und Verfolgung von Hassverbrechen gegen LGBTQ*.
- 2010 wurde sie Staatsanwältin in Kalifornien und eröffnete eine Kampagne gegen die Verteidigung der Proposition 8, die gleichgeschlechtliche Ehe verbot.
- Als Senatorin von Kalifornien war sie zudem 2018 Mitunterzeichnerin des Equality Act.
- Sie verteidigte den Zugang zur Gesundheitsversorgung unter dem Affordable Care Act.
Auch ihre möglichen Vizepräsidenten gelten als Verfechter der Rechte von LGBTIQ*. Eine Liste der Kandidaten (alles Männer) und ihrer Positionen hat das Magazin queer zusammengestellt.
Dennoch – um, wie Kelley Robinson betont, Donald Trump and JD Vance zu „besiegen“, sind viele zu allem bereit. Gerade aus europäischer oder deutscher Sicht sollten wir uns erlauben, auch Harris kritischer zu betrachten. Wie wir bereits in unserem Artikel zur „USA als Weltbühne“ thematisiert haben, haben die USA durchaus einen richtungsweisenden Effekt im internationalen Kampf um Anerkennung und Würde.
Auch abseits von LGBTIQ*-Rechten findet sich bei Harris eine progressive Agenda. So sprach sie sich laut dem Magazin Jacobin „[…]für eine Reform des sogenannten Three-Strikes-Gesetzes in Kalifornien aus und verhängte dementsprechend keine lebenslangen Haftstrafen für Personen, die zum dritten Mal straffällig geworden waren. Außerdem führte sie 2004 das Programm »Back on Track« ein. Damit werden Ersttäter zwischen 18 und 24 Jahren in 18-monatige Ausbildungsprogramme der lokalen City Colleges vermittelt. Dies trug dazu bei, dass die Rückfallquote in der Stadt innerhalb von sechs Jahren von 54 Prozent auf 10 Prozent sank“.
Wie wichtig eine gesamtheitlich progressive Sozialpolitik ist, wenn es darum geht, die Rechte und Würde von Menschen zu erkämpfen und zu sichern, ist kaum zu unterschätzen. Allerdings ist auch Harris durchaus zu Opportunismus bereit. Wie Jacobin in seinem Artikel weiter zeigt, fiel sie in ihren Äußerungen oft progressiv, in ihren Handlungen jedoch immer wieder durch eine „harte, strafende Politik“ auf. „So stehen ihre konservativen Taten ihren progressiven Worten entgegen. Es ist auch nicht unbedeutend, dass Harris dies manchmal unnötigerweise tat und dabei eine härtere Haltung als ihre rechte Konkurrenz einnahm.“
Auch wenn Trump und Vance sicherlich die deutlich ungünstigere Wahl für die LGBTIQ*-Gemeinschaft bedeuten, sollte sich die Community dennoch keine Illusionen machen. Vermutlich wird es nie eine*n amerikanische*n Präsidentin geben, der*die nicht auch Opportunist*in und Machtmensch ist. Aus diesem Grund lohnt sich ein Blick in den Artikel „Wofür steht Kamala Harris?“ des Jacobin Magazins, um sich trotz – oder gerade wegen – des momentanen Hypes etwas nüchterner mit der Zukunft des immer noch stärksten „westlichen“ Staates zu befassen.