Echte Vielfalt

2. November 2021

Polen: Parlament debattiert Gesetzentwurf zum Verbot von LGBTQ*-Paraden

Das polnische Parlament hat am Freitag abgestimmt ein Gesetz, das Pride-Paraden und andere öffentliche Gesten zur Unterstützung von LGBTQI*-Rechten verbietet, zur weiteren Beratung in die Ausschüsse zu überweisen. Es wird davon ausgegangen, dass der Entwurf nun dort bis zum Ablauf der Legislaturperiode (Herbst 2023) „geparkt“ wird.

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Am Donnerstag davor war es im Parlament zu einer emotionalen Debatte zu diesem Thema gekommen: Krzysztof Kasprzak, einer der Aktivisten, die den Gesetzentwurf eingebracht haben, begann seine Rede damit, dass er die LGBT-Rechtsbewegung als eine Form des Totalitarismus bezeichnete und sie mit dem Nazismus verglich. Er beschuldigte die Bewegung, „die natürliche Ordnung umstürzen und Terror einführen“ zu wollen.

Der stellvertretende Parlamentssprecher der Linken, Wlodzimierz Czarzasty, bezeichnete dies als die „widerwärtigste Rede“. Ihm schlossen sich eine Reihe von Abgeordneten der Opposition aus der Linken, der Mitte und sogar der konservativen Fraktion an, die den Gesetzesvorschlag als unmenschlich, homophob oder als Verstoß gegen das in der Verfassung des Landes garantierte Versammlungsrecht bezeichneten.

Mehr als 300 Menschen gingen in der polnischen Hauptstadt auf die Straße, um gegen den Gesetzentwurf „Stop LGBT“, der Gleichstellungsmärsche verbieten würde, zu protestieren. Sie versammelten sich vor dem Parlament in Warschau, schwenkten Regenbogenfahnen und hielten Transparente mit der Aufschrift: „Liebe kennt kein Geschlecht“.

Doch die Annahme des Gesetzentwurfs in erster Lesung ist bereits ausgrenzende Symbolpolitik seitens der Regierungsfraktionen. Zugleichen gehen Beobachter*innen aber davon aus, dass der Entwurf nun bis zum Ablauf der Legislaturperiode in den Ausschüssen „geparkt“ wird. So könne die queerfeindliche PiS einerseits dem rechten und besonders religiösen Lager in der Gesellschaft und in der eigenen Koalition entgegenkommen, ohne andererseits einen weiteren Konflikt etwa mit Brüssel oder mit Gerichten fürchten zu müssen.

Erst Ende September hatten drei Regionalräte in Polen die Anträge zurückgezogen, die ihre Regionen zu „LGBT-freien Zonen“ erklärt hatten, weil die Europäische Union damit gedroht hatte, den fast 100 Städten, Gemeinden und Provinzen, die diese Erklärung abgegeben haben, die Mittel zu entziehen. Ein landesweites Gesetz gegen vermeintliche LGBTQI*-„Propaganda“ wie in Russland oder seit diesem Jahr in Ungarn gibt es in Polen jedoch bislang noch nicht.

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