Einen Tag nach einer emotionalen Debatte zum Thema wird das polnische Parlament am morgigen Freitag über ein Gesetz abstimmen, das Pride-Paraden und andere öffentliche Gesten zur Unterstützung von LGBTQI*-Rechten verbieten würde. Die neue Änderung des Versammlungsrechts sieht vor, dass öffentliche Versammlungen künftig nicht mehr „die Ehe als Beziehung zwischen einer Frau und einem Mann in Frage stellen“ oder „die Ausdehnung der Ehe auf Personen des gleichen Geschlechts propagieren“ dürften.
Demonstrationen wie Pride-Paraden würden demnach verboten, weil sie „eine andere als die heterosexuelle Orientierung“ fördern würden. Wie die Deutsche Welle berichtete begann Krzysztof Kasprzak, einer der rechtskonservativen Aktivist*innen, die den Gesetzentwurf eingebracht haben, seine Rede damit, dass er die LGBT-Rechtsbewegung als eine Form des Totalitarismus bezeichnete und sie mit dem Nazismus verglich. Er beschuldigte die Bewegung, „die natürliche Ordnung umstürzen und Terror einführen“ zu wollen. Diese Rede bezeichnete Wlodzimierz Czarzasty, der stellvertretende Parlamentssprecher der Linken in Polen, wiederum als „widerwärtig“. Ihm schlossen sich eine Reihe von Abgeordneten der Opposition aus der Linken, der Mitte und sogar der konservativen Fraktion an, die den Gesetzesvorschlag als unmenschlich, homofeindlich oder als Verstoß gegen das in der Verfassung des Landes garantierte Versammlungsrecht bezeichneten. Demnach bleibt es unklar, ob der Vorschlag die nötige Rückendeckung hat, um voranzukommen.
Hunderte von Menschen gingen bereits in der polnischen Hauptstadt auf die Straße, um gegen den Gesetzentwurf zu protestieren. Mehr als 300 Menschen versammelten sich vor dem Parlament in Warschau, schwenkten Regenbogenfahnen und hielten Transparente mit der Aufschrift: „Liebe kennt kein Geschlecht“. Nils Muiznieks von Amnesty International forderte die polnischen Gesetzgeber auf, „anzuerkennen, dass Liebe Liebe ist, und diesen hasserfüllten Vorschlag, der durch und durch diskriminierend ist, zurückzuweisen“. Er fügte hinzu: „Diese Initiative geht zwar nicht von der polnischen Regierung aus, aber wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass die Normalisierung hasserfüllter Rhetorik durch die Regierung ein Umfeld geschaffen hat, in dem sich Menschen ermächtigt fühlen, Bigotterie zu verbreiten“.
Der Gesetzentwurf würde das Recht der Pol*innen auf Versammlungsfreiheit ändern und das Land zweifellos in einen neuen Konflikt mit der EU bringen, die bereits über die Unabhängigkeit der Justiz im Land sowie über ein aktuelles Urteil des polnischen Verfassungsgerichts besorgt ist, in dem erklärt wurde, dass polnisches Recht über dem EU-Recht stehe. Zudem hatten sich vor zwei Jahren mehr als 100 Gemeinden und Regionen in Polen zu „LGBT-ideologiefreien Zonen“ erklärt. In jüngster Zeit haben jedoch einige Orte diesen Status wieder aufgehoben, da Kommission rechtliche Schritte gegen Polen ergriffen hatte. Um EU-Mittel zu beschaffen hatten einige polnische Regionen die „LGBT-freie Zonen“ so sehr schnell wieder aufgehoben. Nun gilt es also zu hoffen, dass die EU auch im Falle einer Bestätigung diesen Gesetzes wieder gegen die darin enthaltenen menschenverachtenden Inhalte vorgehen und queere Rechte so stärken können wird.