Aktuell laufen in den USA die Vorwahlen für die anstehenden Präsidentschaftswahlen im November. Dabei nominieren üblicherweise Demokraten und Republikaner jeweils ihren Kandidaten. Während bei den Demokraten Joe Biden bereits als gesetzt gilt, fand am vergangenen Dienstag (05. März), dem sogenannten Super Tuesday, die erwartete Vorentscheidung zwischen Donald Trump und Nikki Haley statt. Dabei hatten bereits die meisten Wahlbeobachter*innen Haley kaum Chancen eingeräumt, was sich im Nachhinein als korrekt erweisen sollte.
Laut der Tagesschau gelang es Trump, 14 der 15 Wahlstaaten für sich zu gewinnen, womit er seinen Vorsprung komfortabel ausbaute. Die Wahlbeobachter*innen betonen, dass in den vergangenen Jahrzehnten kein anderer Kandidat die Vorwahlen so klar dominiert hat. Trump konnte Texas, Oklahoma, Tennessee, Alabama und North Carolina mit einem Vorsprung von jeweils 50 Prozentpunkten und mehr vor Nikki Haley gewinnen, indem er vor allem Wähler*innen ohne Hochschulabschluss mobilisierte. Haley kündigte noch am selben Tag den Rückzug ihrer Kandidatur an, jedoch rief sie ihre Wähler*innen nicht dazu auf, stattdessen Trump zu unterstützen, und auch Trump erwähnte Haley nicht in seiner Siegesrede.
Damit läuft alles scheinbar auf ein erneutes Duell zwischen Biden und Trump im Herbst 2024 hinaus. Während die Tagesschau allerdings über eine Spaltung der Republikanischen Partei spekuliert und betont, dass Trump auch diejenigen braucht, die ihn nicht als Kandidaten gewählt haben, bleiben trotz zahlreicher Gerichtsverfahren die Mobilisierung, die er bei seinen Anhänger*innen erreicht, und seine mediale Präsenz weiterhin hoch. Selbst wenn also ein Teil der republikanischen Basis gegen Trump ist, bleibt die Frage, wie sich die Wahlleute und Gouverneure verhalten, die ein Interesse an einem Gewinn ihrer Partei haben könnten, egal wer Präsident wird. Ob sie also am Ende ihre Partei opfern, um Trump zu verhindern, und wie hoch die allgemeine Wahlbeteiligung sein wird, sind alles sehr ungewisse Faktoren.
Doch was hat das nun mit Deutschland zu tun? Bereits letzte Woche wurde auf echte vielfalt darauf hingewiesen, dass eine gerechte und offene Gesellschaft nicht nur davon lebt, dass man sich symbolisch gegen rechtspopulistische Bewegungen stellt, sondern ebenso ein institutionelles Fundament benötigt, das die Schwächsten schützt – und zwar alle. Schafft das unsere Gesellschaft nicht, zeigt Trumps Mobilisierung der „Wähler ohne Hochschulabschluss“, wie sich die Tagesschau ausdrückt, oder um in Europa zu bleiben, die Mobilisierung von Spaniens Jugend durch die rechtspopulistische VOX bei gleichzeitig hoher Jugendarbeitslosigkeit, dass Abgehängte und Marginalisierte sich eben nicht automatisch solidarisieren.
Ein weiteres Mal präsentieren sich die USA somit als Bühne für den ideologischen Kampf im „Westen“. Dabei kamen wir letztes Jahr bereits zu dem Schluss, dass es um mehr geht als Wahlen und Gesetze, sondern dass Werte wie die Würde aller immer wieder aufs Neue aktiv verteidigt werden müssen. Gelingt es hier nicht, die Schwächsten und Abgehängten mit an Bord zu holen, bleibt die Frage nach einer offenen Gesellschaft auch für LGBTIQ* unbeantwortet. Das „Bord“ meint damit den Grundsatz der Menschenwürde, auf dessen Fundament sich gerne und viel gestritten werden darf. Am Ende steht das Ideal, über Positionen des Miteinanders streiten zu können, ohne dass auch nur implizit die Existenzberechtigung einer Gruppe oder Person infrage gestellt wird.