Weiterlesen Wie aus einer Auswertung der Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, wurden zwischen 2005 und 2016 im Schnitt jährlich 1871 „normangleichende“ Operationen an unter 10-Jährigen in Deutschland verzeichnet. Doch obwohl inter* Menschen in Deutschland (und weltweit) schon seit Jahren das Verbot unfreiwilliger Eingriffe im Kindesalter fordern, und im schwarz-roten Koalitionsvertrag ein Gesetzeserlass noch in dieser Legislaturperiode vorgesehen ist, ist seit über einem Jahr kein Fortschritt des Gesetzes bekannt gegeben worden – trotz der Wichtigkeit eines gesetzlichen Verbots. Wie Grünen Queer-Politik-Sprecher Sven Lehmann kommentiert, können unfreiwillige Genitaloperationen für viele Menschen Leid verursachen. So auch für den inter* geborenen Christian, der heute als Mann lebt, dessen äußerliche Geschlechtsmerkmale jedoch mit einem Jahr operativ „feminisiert“ wurden, und dessen Arzt seinen Eltern empfahl, ihn als Mädchen zu erziehen. Er selbst erfuhr erst mit elf Jahren von seinen Eltern, dass er inter* geboren worden war. Doch auch dann blieb es für Freund*innen und Familie ein „Tabu-Thema“: „Eigentlich gibt es uns gar nicht für die Gesellschaft. Wir sind so gesehen unsichtbar. Viele wissen auch gar nicht, was das ist“, schildert Christian der Deutschen Welle in einer Kurz-Reportage – obwohl in Deutschland etwa 160.000 Menschen inter* sind und fast jeden Tag ein inter* Kind geboren wird. Deren Eltern wird oft empfohlen ihr Kind entweder als Mädchen oder Jungen zu erziehen, wie auch bei Christian, der unter dem ihm auferlegten und an-operierten Geschlecht in der Jugend sehr litt. Als erwachsener Mann konfrontierte er die Chirurgin, die ihn als Säugling operiert hatte – eine Operation, die Grund dafür ist, dass er heute nicht, wie er sich eigentlich wünscht, Kinder wird zeugen können. Dass die Chirurgin sich laut Christian zwar bei ihm entschuldigte, dabei aber „kühl und distanziert“ blieb, unterstreicht die Notwendigkeit eines Gesetzes deutlich. Nicht nur für das Verbot „normangleichender“ Eingriffe an Kindern, sondern, wie Sven Lehmann fordert, auch der Auflegung eines Fonds für die Entschädigung intergeschlechtlicher Menschen, „die unter den Folgen von nicht medizinisch indizierten geschlechtsangleichenden oder -verändernden Operationen leiden“.
Gesundheit
Weiterlesen LSBTIQ*-Menschen leider häufiger an psychischen und körperlichen Erkrankungen, so das Ergebnis der Studie. Bei ihnen wird zum Beispiel dreimal so häufig Depressionen oder Burnout diagnostiziert. Doppelt so viele von ihnen wie im Vergleich zur Mehrheitsgesellschaft, rund 10-15 Prozent, empfinden Einsamkeit, bei trans Menschen ist der Anteil sogar bei rund einem Drittel. Auch Schlafstörungen und allgemeine Niedergeschlagenheit sind unter LSBTIQ* überdurchschnittlich verbreitet. Auch bei körperlichen Erkrankungen mit potenziell stressbedingten Auslösern lassen sich klare Unterschiede feststellen: LSBTIQ*-Menschen leiden im Schnitt doppelt so oft an Herzerkrankungen wie die restliche Bevölkerung, auch chronische Rückenschmerzen kommen deutlich häufiger vor. Die Autor*innen der Studie sehen die psychischen Belastungen und körperlichen Symptome von LSBTIQ* in einem Zusammenhang mit Diskriminierung, da es erwiesen sei, wie Diskriminierungserfahrungen die psychische und auch die körperliche Gesundheit beeinträchtigen können. Weitere Studien belegen außerdem, dass LSBTIQ* -Menschen in vielen Lebenssituationen Ablehnung und Diskriminierung ausgesetzt sind. „Die Gleichstellung von LGBTQI*-Menschen ist politisch seit Jahren auf der Agenda, der Fortschritt ist aber sehr zäh“, sagt Studienautorin Mirjam Fischer. „Unsere Studie offenbart, welche tiefgehenden psychischen und körperlichen Auswirkungen anhaltende Diskriminierungen haben können. Der Weg zu gleichen Chancen auf ein gesundes Leben ist steinig.“ Insbesondere in Zeiten der Corona-Pandemie geben die Studienergebnisse Anlass zur Sorge: „Die Ergebnisse sind bereits jetzt alarmierend“, so Studienautor David Kasprowski. „Wir müssen aber damit rechnen, dass depressive Symptome und Gefühle der Isolation unter LGBTQI*-Menschen während der Corona-Pandemie weiter zunehmen. Die Forscher*innen formulierten auch Handlungsempfehlungen, die einen Beitrag zur Prävention leisten können. So bewerten die Wissenschaftler*innen die beschlossenen Gesetze zur Gleichstellung von LSBTIQ*-Menschen zwar positiv, sehen aber in vielen Bereichen Nachholbedarf. Zudem könnte die Resilienz von LSBTIQ*-Menschen zum Beispiel über mehr sogenannte „Safe Spaces“, also z.B. Vereine, Treffpunkte und kulturelle Angebote, gestärkt werden. Auch Initiativen zur Förderung gesellschaftlicher Akzeptanz von LSBTIQ*-Menschen könnten einen Beitrag leisten.
Weiterlesen Denn durch die Pandemie sind viele LSBTIQ-Vereine in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Wie Queer.de berichtete hatte die Hannchen-Mehrzweck-Stiftung (hms) deswegen schon im vergangenen Jahr 20.000 Euro in Unterstützungen ausgezahlt. Diese Jahr läge der Fokus jedoch auf dem Erhalt queerer Räume außerhalb der Großstädte, und auf der Aufrechterhaltung von Angeboten für von der Krise besonders betroffene LSBTIQ, wie unter anderem queere Geflüchtete, Sexarbeiter*innen, und Obdachlose. Warum die Unterstützung queerer Projekte so wichtig ist, geht aus der Erzählung der promovierenden Person Francis Seeck hervor, die*der in einem Interview zu den Effekten der Pandemie auf queere Menschen schildert: „Für eine Interviewpartnerin, die chronisch krank, älter und von Klassismus betroffen ist, hatte die Krise ganz dramatische Auswirkungen. Sie musste aus einem Hausprojekt in der Großstadt zurück in ihr Heimatdorf ziehen, wo sie nicht mehr geoutet als trans* Person leben kann und von Isolation und Ausgrenzung betroffen ist. Sie meldete sich mit suizidalen Gedanken bei mir.“ Außerdem seien überdurchschnittlich viele trans und nicht-binäre Personen von Einkommensausfällen betroffen, da sie oft im sogenannten „purple collar“-Dienstleistungssektor arbeiten, zum Beispiel in queeren Bars oder prekär freiberuflich. Seeck sieht daher in der Krise eine große Gefahr für die queere Gemeinschaft: „Ich frage mich, welche queeren Bars und Räume nach der Corona-Krise noch bestehen werden“. Deswegen sind Soli-Fonds wie die der hms von so großer Wichtigkeit für den Fortbestand solcher Räume. Gemeinnützige Vereine können hier einen Antrag stellen, wenn sie den folgenden Förderkriterien entsprechen:
Kampagne #Blutsbruder gegen das Blutspende-Verbot für Schwule
28. Dezember 2020Weiterlesen Danner, der den Titel „Mr. Gay Germany 2019“ hält, will die Social-Media-Aufmerksamkeit, die er genießt, zur Aufklärung über diese Thematik nutzen. In einem Interview mit dem Online-Netzwerk Funk erklärt er deshalb, warum es ungerecht sei, dass homosexuelle Männer durch das Transfusionsgesetz „über einen Kamm geschert“ würden. Demnach dürfen Schwule erst nach 12 Monaten der sexuellen Enthaltsamkeit Blut spenden. Zwar gäbe es beim Analsex das höchste Infektionsrisiko für sexuell übertragbare Krankheiten, Danner weist jedoch darauf hin, dass nicht alle Schwule das gleiche Sexverhalten hätten. Erstens könne man sich durch Kondome oder die Einnahme des Vorsorge-Medikaments PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe) vor einer HIV-Ansteckung schützen. Und zweitens bedeute Sex zwischen zwei Männern nicht immer gleich Analsex: „Sex ist vielfältig, wie jeder Mensch vielfältig ist“, so Danner. Deswegen rief er 2019 die Social-Media-Kampagne #Blutsbruder zur Unterstützung einer Online-Petition ins Leben, die darauf aufmerksam machen soll, dass es nicht um sexuelle Orientierung, sondern um das individuelle Sexualverhalten gehen sollte: „Denn wir Schwule sind mehr als eine Risikogruppe“. Solche Herangehensweisen gäbe es auch bereits in anderen Ländern wie Spanien und Portugal: Dort werde man nicht danach gefragt mit wem man Sex habe, sondern wie oft und unter welchen Umständen. Dies schaffe Bedingungen, unter denen mehr Menschen Blut spenden könnten. Bislang dürften in Deutschland nur 33% der Bevölkerung Blut spenden, nur 3-4% täten es tatsächlich. Die bestehenden Regelungen für Schwule würden dies nicht nur noch weiter einschränken, sondern auch das falsche Bild untermauern, dass HIV eine „Schwulen-Krankheit“ sei: Jede*r könne HIV bekommen. Aber jede*r sollte auch Blut spenden dürfen, sofern er*sie sich schützt. Finden Sie hier einen Überblick über HIV/Aids Präventions- und Therapie-Maßnahmen und Möglichkeiten.